Protocol of the Session on October 13, 2016

Denn es ist verdammt schwierig, die Sache mit den Schülerinnen und Schülern wirklich sehr genau bis zum Ende durchzurechnen. Da müssen wir auch einmal ehrlich sein. Die Rucksackressourcen, über die auch ich geredet habe, sind durchaus Ge

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein)

danken, denen man nahestehen kann, die aber auch ihre Grenzen haben. Wie förderbedürftig ist der einzelne Schüler? Besucht er eine Ganztagsoder eine Halbtagsschule? Hat er zusätzlichen Sprachförderbedarf und so weiter? Wir kommen vom Tausendsten ins Abertausendste. Und ich sage sehr offen: Wir haben hier gesagt, jetzt müsse es auch einmal gut sein mit der genauen Abrechnung. Wir sind der festen Überzeugung, dass es sich für beide Seiten lohnt, und deswegen gehen wir hier diesen mutigen Schritt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Richtig ist, dass wir darauf achten wollen, dass Hamburgs Interessen nicht unter die Räder kommen. Zweifellos haben wir deshalb auch eine Landeskinderklausel durchgesetzt, die gewährleistet, immer wenn eine Schule sehr stark angewählt ist, dann haben die Hamburgerinnen und Hamburger selbstverständlich dort den Vortritt.

Wir sind zudem in einem offenen Prozess, denn es sind in der Tat noch weitere Fragen, die schon am Horizont schimmern. Ich will nennen: Was machen die Grundschüler eigentlich? Sie bleiben meist in ihrem Wohnort. Daher haben wir zurzeit hier keine drängenden Fragen. Dennoch hat der gewaltige Ganztagsausbau in Hamburg auch in SchleswigHolstein Eindruck hinterlassen und viele Fragen aufgeworfen. Oder: Was machen die Berufsschülerinnen und Berufsschüler? Auch eine Sache, die nicht ganz einfach ist. Hier gilt zurzeit die alte Regelung. Da, wo man seine Firma hat, wo man lernt, dort besucht man auch die Berufsschule. Das bedeutet, dass junge Menschen, die möglicherweise aus Bergedorf kommen und in Reinbek Erzieher lernen, dann nach Mölln zur Berufsschule fahren. Auch hier gibt es Fragen, die wir perspektivisch klären müssen.

Sicherlich können wir uns auch mit den Privatschulen beschäftigen. Ich will allerdings deutlich machen, dass das Kernproblem woanders liegt. Hier haben wir eigentlich nur die alte Regelung weitergeführt. Und die alte Regelung lautet: Schleswig-Holstein zahlt für Privatschüler, ausschließlich Schleswig-Holstein, an die Hamburger Privatschulen genau den Beitrag, den man auch in Schleswig-Holstein an der schleswig-holsteinischen Privatschule pro Schüler zahlt. Und wir alle wissen – Herr Wolf hat es eben angesprochen –, in Hamburg ist der Schüler teurer, und deswegen gibt es für den Schüler vom Hamburger Staat auch mehr Geld. Hamburgs Privatschulen haben schnell gemerkt, für die Hamburger Schüler gibt es vom Hamburger Staat mehr Geld, als die SchleswigHolsteiner für Schleswig-Holsteiner Schüler bezahlen.

Aber ehrlicherweise hat es auch einen Grund, dass es in Hamburg teurer ist. Und das ist vielleicht kein unvernünftiger Grund, nämlich dass wir mehr Lehrerinnen und Lehrer pro Schüler einsetzen, dass

wir höhere Fördermittel einsetzen, dass wir für den Schulbau mehr investieren. Das sind die Gründe. Und ich finde, die sollten wir auch so beibehalten, aber das wird dazu führen, dass wir bei den Privatschulen vermutlich keine andere Regelung gut finden können als die, die – das darf ich sagen – Herr Wersich damals verhandelt hat. Wir finden sie vernünftig und haben sie deshalb so gelassen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wenn ich vorhin sagte, dass wir im Kleinen durchaus gelassen sein wollen, dann sage ich sehr offen, dass wir natürlich darauf achten, dass im Großen und Ganzen diese Zahlen auch passen. Deswegen haben wir vereinbart – ich bin Frau Duden dankbar dafür, die das gesagt hat –, dass 2019 dies einmal genau angeschaut wird und wir dann noch einmal bewerten können, ob dieser mutige Schritt auch finanziell und organisatorisch funktioniert.

Sie sehen also, wir sind in einem Prozess. Sie sehen aber auch, dass wir einen, wie ich finde, doch großen Schritt getan haben, einen Schritt zur Anerkennung und zum Respekt gegenüber der Lebenswirklichkeit zwischen zwei Bundesländern, aber auch einen Schritt hin zur Normalität guter nachbarschaftlicher Beziehungen zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Jetzt sehe ich keine weiteren Wortmeldungen, damit kommen wir zur Abstimmung.

Wer möchte nun die Drucksache 21/6007 an den Schulausschuss überweisen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das war sehr einmütig, nämlich einstimmig.

Dann kommen wir damit zum Tagesordnungspunkt 51, Drucksache 21/6172, Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Maritimes Erbe der Hansestadt erhalten und unterstützen – Sicherheitsrichtlinie für Traditionsschiffe mit Augenmaß überarbeiten.

[Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Maritimes Erbe der Hansestadt erhalten und unterstützen – Sicherheitsrichtlinie für Traditionsschiffe mit Augenmaß überarbeiten – Drs 21/6172 –]

Wird dazu das Wort gewünscht? – Frau Martin von der SPD-Fraktion, Sie bekommen es.

(Senator Ties Rabe)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wissen es alle: Schiffe, Schifffahrt und Hafen prägen Hamburg seit Jahrhunderten. Unsere Museums- und Traditionsschiffe sind dabei längst zum Wahrzeichen der Stadt geworden, die viele Besucher anziehen und Veranstaltungen wie den Hafengeburtstag oder das Elbfest, das gerade vor einigen Wochen Premiere feierte, sehr bereichern.

Der Frachter MS Bleichen, Dampfer Schaarhörn, Lotsenschoner No. 5 Elbe, Hochseekutter Landrath Küster oder auch der gesamte Bestand, den die Museumshäfen Övelgönne und am Sandtorhafen haben – jedes dieser Schiffe hat seine eigene Geschichte, die die Geschichte unseres Hafens und Hamburgs geprägt hat. Sie sind Teil unseres kulturellen Erbes, das auch für die nachfolgenden Generationen erhalten werden muss.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Dafür engagieren sich allein in Hamburg Hunderte von Ehrenamtlichen, die sich mit sehr viel Engagement und Herzblut für den Erhalt und die Pflege dieser Schiffe einsetzen. An dieser Stelle einen sehr herzlichen Dank an alle Aktiven dafür.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Im Koalitionsvertrag auf Bundesebene haben SPD und CDU/CSU die Erarbeitung dauerhafter Regelungen für den Erhalt der Traditionsschifffahrt und für mehr Rechtssicherheit auch bei der sicheren Schiffsführung vereinbart. Das ist grundsätzlich zu begrüßen, und es spricht aus unserer Sicht auch überhaupt nichts gegen eine maßvolle Neuerung von Sicherheitsauflagen mit Augenmaß. Die Betonung liegt auf Augenmaß. Denn natürlich – das ist selbstredend – hat Sicherheit auf See oberste Priorität und meine Wahrnehmung ist, dass das von dem Betreiber der Traditionsschiffe auch gelebt wird. Das spiegelt sich nämlich auch in den doch recht geringen Unfallzahlen der letzten 15 Jahre wider, in denen es auf den gut 100 in Deutschland angemeldeten Traditionsschiffen gerade einmal zu circa 910 gemeldeten Vorfällen kam mit noch nicht einmal sechs oder sieben verletzten Personen. Wie gesagt, in 15 Jahren.

Was nun Ende September 2016 aus dem Hause von Bundesminister Dobrindt in Form des Entwurfs einer neuen Sicherheitsverordnung vorgelegt wurde, ist in Teilen begrüßenswert, aber auch in Teilen völlig überzogen und konterkariert gerade das Ziel, die Traditionsschiffe langfristig zu erhalten, und zwar auch in dem Sinne zu erhalten, dass die Schiffe weiterhin fahren können, weil das essenziell auch für die Einnahmenseite ist, und eben nicht nur im Hafenmuseum bewundert werden können. Diese Neuregelung schafft im Gegenteil weit mehr bürokratische Hürden und Kosten für die Schiffsbetreiber als einen tatsächlichen sicherheitsrelevan

ten Nutzen. Und ich bin überzeugt, würde diese Sicherheitsverordnung in der vorliegenden Form so wie geplant ab Anfang 2017 in Kraft treten, müssten sehr viele unserer historischen Dampfer, Motorschiffe oder Segelschiffe stillgelegt werden. Das möchten wir verhindern.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Im Kern geht es darum, dass der Entwurf eine Vielzahl von Neuregelungen im Bereich Sicherheit enthält, die der Berufsschifffahrt entsprechen, ohne dabei aber die Unterschiedlichkeit der Schiffe in Bauart, Größe, Fahrgebiet oder Art des Mitfahrens zu berücksichtigen. Und genau diese unmittelbare Regelübertragung der Berufsschifffahrt auf die ehrenamtliche Traditionsschifffahrt ist nicht angemessen und stellt die kleinen Betreibervereine vor enorme bis gar unlösbare Herausforderungen.

Seit dem Bekanntwerden des Entwurfs gab es auch einiges an Presseberichterstattung – das haben Sie vielleicht gelesen –, und mich haben daraufhin sehr viele Vereine oder auch Einzelpersonen, die bei der Traditionsschifffahrt tätig sind, angesprochen, unter anderem die Stiftung Hamburg Maritim, der Verein Clipper Deutsches Jugendwerk zur See, der Dachverband der Traditionsschiffe oder – das fand ich besonders spannend – auch eine Traditionsseglerin aus dem tiefsten Bayern. Die haben mir alle ihre Einschätzung gegeben und der Tenor war und ist im Kern immer der gleiche.

Da sind zum einen die enormen Kosten für die neuen geforderten Schiffsumbauten oder -einbauten, wie zum Beispiel eine wasserdichte Unterteilung durch Schotten, die finanziell kaum zu stemmen sind oder auch technisch nicht möglich sind und – das fand ich auch sehr spannend – zudem auch das Aussehen der Schiffe so nachhaltig verändern könnten, dass diese ihren ursprünglichen historischen Charakter verlieren. Dabei muss man auch sagen, dass die aktuelle Richtlinie aus dem Jahr 2003 gerade diese Historizität der Schiffe ausdrücklich vorsieht.

Der andere für mich sehr entscheidende Punkt sind eben diese neuen Anforderungen analog der Berufsschifffahrt an regelmäßige und sehr intensive medizinische, sicherheitsrelevante Ausbildungen der Schiffsbesatzungen, die von den ehrenamtlichen Aktiven schlichtweg nicht zu leisten sind.

Damit man sich das einmal ein bisschen besser vorstellen kann, was das eigentlich für so ein Traditionsschiff heißt, möchte ich Ihnen ein konkretes Beispiel mit ein paar Zahlen geben. Ich hatte nämlich vor ein paar Wochen das große Vergnügen, im Harburger Hafen das schöne Segelschiff Johann Smidt zu besichtigen, einen alten Zweimastschoner, betrieben vom Verein Clipper. Für den Betrieb dieses Schiffs Johann Smidt werden benötigt ein Kapitän oder eine Kapitänin, drei Steuerfrauen oder Steuermänner, ein Maschinist und natürlich

ein Smut für die Kombüse. Ich wollte Heike doch noch einen Einsatz geben.

Das Schiff ist ungefähr 20 Wochen im Jahr mit einer wöchentlich wechselnden Besatzung unterwegs, da es wie gesagt nur von ehrenamtlichen, zumeist beruflich normal aktiven Menschen betrieben wird. Viele nehmen dafür auch extra Urlaub. Das sind also, wenn man das einmal hochrechnet, 120 Personen, die notwendig sind, um das Schiff den Sommer über zu betreiben.

Die neuen Anforderungen der Berufsschifffahrt bedeuten für diese Ehrenamtlichen jetzt Folgendes für das Schiff: Circa 80 Mann und Frau nautisches Personal muss alle zwei Jahre die große Seetauglichkeitsuntersuchung machen, sofern es sich eben nicht um aktive Berufsseeleute handelt, was aber kaum der Fall ist. 40 Personen müssen zu Brandschutzgeräteträgern ausgebildet sein, die nach dem Lehrgang hierfür jährlich eine Überprüfung über sich ergehen lassen müssen sowie auch ein ärztliches Attest benötigen. Und zudem müssen rund 20 Personen eine Ausbildung gemäß dem Standard der Maritimen Medizinverordnung erhalten, und das ist weiß Gott mehr als nur ein ErsteHilfe-Kurs. Ich denke, es ist sehr fraglich, ob die Johann Smidt mit diesen Anforderungen jemals wieder auslaufen könnte. Das ist so ein Unsinn.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Kurzum: Es ist unseres Erachtens für die Betreibervereine gar nicht darstellbar, derartiges Schiffspersonal ständig vorzuhalten, auszubilden und auch noch die Einhaltung dieser Fortbildungsveranstaltungen zu überprüfen, und das nach der Verordnung eigentlich schon ab Januar 2017. Viele Schiffe werden im Hafen bleiben müssen. Und für Ehrenamtliche, denke ich, sind diese Einstiegshürden auch nicht gerade attraktiv. Das würde das Ehrenamt weiter erschweren. Das kann auch nicht im Sinne des Verfassers sein. In unserem Sinne ist es jedenfalls nicht.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Fraglich ist auch, wenn man sich diesen 147 Seiten langen Entwurf einmal durchschaut, was denn überhaupt konkret Anlass gegeben hat für diese Verschärfung, denn über konkrete Fälle oder Erkenntnisse konnte ich nichts lesen. Es ist also völlig unverständlich, warum das auf einmal so hochgeschraubt wurde. Wie gesagt: Sicherheit hat immer Priorität, aber ich bin auch überzeugt, dass die notwendigen Anforderungen mit wesentlich maßvolleren und maßgeschneiderteren Regelungen erreicht werden können.

Wie geht es nun weiter mit der neuen Sicherheitsverordnung? Die Stellungnahmefrist ist vor eineinhalb Wochen abgelaufen, und neben vielen Verbänden und Vereinen haben auch die deutschen Bundesländer eine gemeinsame Stellungnahme abgegeben. An dieser Stelle noch einmal vielen

Dank an Herrn Horch und die Wirtschaftsbehörde für die Beteiligung Hamburgs. In dieser Stellungnahme ist durchaus Kritik, aber auch Anregung zu lesen. Und es werden jetzt viele Diskussionen auf Bundesebene geführt. Die sogenannte Küstengang, also die SPD-Abgeordneten der norddeutschen Bundesländer, hat auch nächste Woche ein Gespräch mit dem Ministerium. Ich hoffe, dass dort noch viel bewirkt werden kann.

Wir mit unserem Antrag heute fordern, dass das Bundesverkehrsministerium erst einmal einen Stopp einlegt, einen Gutachterausschuss aus Sachkennern und Sachverständigen einsetzt, der dann wirklich differenzierte und tatsächlich praktikable Vorschläge zu den rechtlichen und sicherheitsrelevanten Vorgaben für Traditionsschiffe und deren Besatzung erarbeitet. Denn wir brauchen wirklich keine überbordenden Regularien, die etwas zerstören, was die Tradition Hamburgs und des gesamten Nordens ausmacht. Wir brauchen eine Verordnung, die die Traditionsschifffahrt als Bereicherung unseres kulturellen Erbes versteht und sichert. Ich denke, der Fortbestand dieses Erbes liegt in unser aller Verantwortung, und daher würde ich mich über breite Unterstützung aus dem Hause sehr freuen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Von der CDU-Fraktion bekommt nun Herr Wersich das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch wir von der CDU wollen die Traditionsschifffahrt erhalten. Sie gehört zu Hamburg wie Alster, Michel, Ole.

(Dorothee Martin SPD: Olaf! Olaf!)

Nein, auf das F können wir gut verzichten.

Deswegen möchte ich das auch verbinden mit dem Dank an diejenigen, die in so vielen Vereinen diese Traditionsschiffe erhalten, pflegen und sie fahren lassen. Also auch der Dank der CDU-Fraktion an die Menschen, die das machen.

(Beifall bei der CDU)

Diese Schiffe sind in der Tat wirklich sehr beliebt zu allen möglichen Anlässen – auch dadurch, dass sie sich bewegen – mit Schulklassen, Hochzeitsgesellschaften und so weiter. Aber ich glaube, wir dürfen auch nicht ganz außer Acht lassen, dass vor 100 Jahren die Anforderungen an die Sicherheit nicht so waren wie heute und dass vor 100 Jahren ein Menschenleben auch nicht so viel wert war wie heute. Ich glaube, wir alle möchten hier nicht stehen und einen Unglücksfall im Hause diskutieren, der dadurch entstanden ist, dass eine Schulklasse auf einem Schiff geblieben ist, wo etwas passiert ist.