Protocol of the Session on October 12, 2016

Aber vor dem Hintergrund, dass wir jetzt sechs Alternativszenarien vorgelegt haben, ist es eben auch nicht so einfach, wie wir es uns wünschen. Ich würde das Fernwärmenetz auch gern mit der kompletten Aurubis-Abwärme speisen, aber das ist eben nicht so einfach möglich. Wir versuchen das jetzt, um weitere Potenziale für erneuerbare Wärme anzureichern, die Stadtreinigung mit ins Spiel zu bringen, um den Anteil der erneuerbaren Wärme zu steigern. Klar ist schon jetzt, dass das Großkraftwerk Wedel nicht mit einem Großkraftwerk erneuert wird, was, glaube ich, eine gute Nachricht ist, aber gleichzeitig auch eine Nachricht, die unabdingbar ist bei dem aktuellen Energiewirtschaftsmarkt. Deswegen versuchen wir in dieser komplexen Situation, vernünftig aufbereitete Szenarien zur Entscheidung vorzulegen. Dafür sollte man sich ein bisschen Zeit lassen, denn schließlich treffen wir Entscheidungen für 40 Jahre. Diese 40 Jahre sollen dann vernünftig sein, und zwar auch vernünftig in einem klimaverträglichen Sinn. Ich glaube, dann sind wir gut unterwegs.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Der letzte Punkt betrifft die Frage der sozialen Verträglichkeit. Es ist meiner Meinung nach nicht sinnvoll, davon auszugehen, dass die Strompreise in Hamburg sinken werden, weil die Stadt das Strom

netz gekauft hat. Aber man muss, da hat Herr Gamm durchaus recht, in diesem Dreieck natürlich auch immer die Preisstabilität mitdenken. Das bedeutet, dass, wenn man über klimaverträgliche Lösungen nachdenkt, diese auch preisstabil sein müssen, insbesondere für an Fernwärme angeschlossene Mieterinnen und Mieter; das versteht sich von selbst. Vor dem Hintergrund kann man noch die Sozialverträglichkeit nach innen beleuchten. Es stellt sich nämlich die Frage, wie man mit den Beschäftigten umgeht. Auch da kann ich zur Kenntnis nehmen, dass bei Stromnetz Hamburg eher ein moderater Stellenaufbau stattgefunden hat. Insofern kann man trotz einiger Befürchtungen auf Betriebsratsebene Entwarnung geben. Deswegen sind wir im Großen und Ganzen auf einem guten Weg. Aber man muss auch sagen, dass insbesondere bezüglich der Wedel-Nachfolgeentscheidung noch ein großer Berg Arbeit vor uns liegt, den wir gemeinsam produktiv angehen müssen, schließlich wollen wir alle nicht, dass Hamburgs Westen am Ende des Tages kalt bleibt. – Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Tjarks. – Das Wort hat Herr Kruse von der FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Tjarks, solche Reden hält man, wenn man die Große Anfrage gar nicht gelesen hat. Ich habe den Eindruck, dass die Debatte, die Herr Jersch angezettelt hat, insbesondere die Frage nach der Option des Kraftwerks Moorburg und des Anschlusses an das Fernwärmenetz, im Wesentlichen Vergangenheitsbewältigung ist, ich sage mal, im Pingpong-Verfahren zwischen der LINKEN und der GRÜNEN Fraktion. Das Kraftwerk steht; ich bin kürzlich dort gewesen und konnte mich davon überzeugen. Auch Wedel steht noch, das Sie, Herr Tjarks, eigentlich längst abgeschaltet haben wollten.

(Zuruf)

Das ist kein Witz auf unsere Kosten, sondern einer auf Ihre, ehrlich gesagt.

(Dr. Monika Schaal SPD: Sie wissen ja auch, wie das Verfahren ist, Herr Kruse!)

Also das Kraftwerk steht da; das sollten Sie zur Kenntnis nehmen. Ich möchte nicht alles wiederholen, was Herr Gamm gesagt hat, denn seine Reden sind analytisch wirklich exzellent. Wenn man jetzt einmal davon ausgeht, dass es da steht, dann wäre es eigentlich sinnvoll und würde den Effizienzgrad des Kraftwerks anheben, wenn es an das Fernwärmenetz angeschlossen werden würde. Auch das hat etwas damit zu tun, Ressourcen zu

sparen. Die Ressourcen werden verwendet, sie können den Effizienzgrad steigern. Sie machen Vergangenheitsbewältigung auf Kosten derjenigen, die die Fernwärme und auch den Strom günstiger haben könnten. Das ist nicht fair und auch nicht sozialverträglich.

(Beifall bei der FDP und bei Birgit Stöver CDU – Dr. Monika Schaal SPD: Solche Re- den hält man, wenn man die Anfrage nicht gelesen hat! – Glocke)

Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Tjarks?

Sehr gern.

Herr Kruse, ich hatte mich gemeldet, als Sie beim Kohlekraftwerk in Wedel waren. Wie steht denn die FDP dazu? Sollen wir ein weiteres Großkraftwerk in Wedel bauen oder wie hätten Sie es gern?

Wir sind gerade bei der Fernwärme gewesen. Es ist nett, dass Sie jetzt auf einen anderen Punkt eingehen. Sie haben eine sehr lange Rede gehalten, bei der es nicht um den Punkt ging. Unser Punkt ist folgender: Schließen Sie das Kraftwerk, das in Betrieb ist und Wärme in die Elbe einleitet, ans Fernwärmenetz an – dass sehr viel Wärme in die Elbe eingeleitet wird, können Sie nicht ernsthaft wollen –, dann haben Sie sowohl den Fluss ein bisschen entlastet, denn wir haben da ein Temperaturproblem im Sommer, als auch eine Effizienzsteigerung herbeigeführt. Um dieses Thema geht es. Danke, dass ich das jetzt noch einmal wiederholen konnte.

(Beifall bei der FDP – Dr. Monika Schaal SPD: So redet man, wenn man die Anfrage nicht gelesen hat!)

Das ist der erste Punkt. Zum zweiten Punkt, den mantramäßig vorgetragenen Argumenten, die sowohl von links als auch grün zur Fragestellung kamen, ob das Netz denn eigentlich eine Cashcow sei: Dazu kann man mittlerweile sehr klar sagen, nein. Sie setzen zwar den Volksentscheid um, Frau Schaal, aber es stellt sich die Frage, ob Sie ihn denn auch gut umsetzen. Was müsste das Stromnetz abwerfen, damit wir den Rückkauf 30 Jahre lang mit jährlich 30 Millionen Euro finanzieren können? Das ist der Preis, den wir reinholen müssen. Sie wissen hoffentlich so gut wie ich, dass wir das mitnichten reinholen. In der Vorschau des Haushaltsplans Ihres Senats ist sogar ein Verlust vorgesehen, eine negative Gewinnabführung in Höhe von 6,7 Millionen Euro an die HGV im Jahr 2018.

(Dr. Monika Schaal SPD: Sie wissen es ganz, ganz genau!)

Wir machen also Verlust nach Zins und Tilgung; das ist das Gegenteil von einer Cashcow. Wir werden unter Umständen sogar noch Geld zuführen müssen, das ist die Realität.

(Dr. Monika Schaal SPD: Das ist dann lo- gisch, was Sie da machen!)

Sie haben mit Ihrer Demagogie aus den Jahren vor dem Netzrückkauf – da sind Sie als SPD gar nicht angesprochen; ich weiß nicht, warum Sie sich jetzt so ärgern – die Wähler in Hamburg hinter die Fichte geführt. Das muss einmal festgehalten werden.

(Beifall bei der FDP)

Sie haben falsche Versprechungen abgegeben. Ja, ich weiß warum, Frau Schaal. Ich habe es gestern im Ausschuss angesprochen. Ich habe gefragt, wie es sein kann, dass darin ein negativer Betrag steht, wie es sein kann, dass wir auch noch Verluste ausgleichen müssen. Und die Antwort war, es gebe eine Umstellung bei den Berechnungen zu den Pensionslasten. Genau, die Pensionslasten sind für dieses Unternehmen ein sehr großes Thema.

(Dr. Monika Schaal SPD: Für andere nicht!)

Der Effekt, den wir dort haben, ist allerdings der gleiche Effekt, mit dem Sie beim Rückkauf der Energienetze argumentiert haben. Sie haben gesagt, man könne das sehr günstig finanzieren, weil die Zinsen so niedrig sind. Ja, die Zinsen sind niedrig, aber weil die Zinsen niedrig sind, müssen wir immer mehr Geld für die Pensionslasten, die bei den Unternehmen und den Vorgängerunternehmen aufgelaufen sind, zurücklegen. Somit ist das ein Effekt, der sich komplett aufholt und im Ergebnis für das Jahr 2018 gibt es eine negative Zuführung. Das kann wohl allen Ernstes nicht das sein, was Sie uns versprochen haben, nämlich 30 Jahre lang 30 Millionen Euro an Einnahmen. Stattdessen haben wir einen Verlust im Haushalt. Das ist nicht das, was Sie uns versprochen haben, das muss einmal sehr deutlich gesagt werden.

(Beifall bei der FDP)

Was hat Netzaktivist Kerstan im Jahr 2011 erzählt? Ich habe mir die Reden aus der Zeit noch einmal angesehen; das war richtig unterhaltsam. Er sagte unter anderem im Jahr 2011 – ich zitiere –:

"Die Regulierungsbehörde garantiert eine Verzinsung des eingesetzten Kapitals."

Diese Aussage ist schlicht falsch, es sei denn, Sie begreifen eine Verzinsung des eingesetzten Kapitals so, dass es auch eine negative Verzinsung sein kann. Das ist aber nicht das, was Sie gemeint haben. Nein, Sie haben fette Gewinne versprochen. Diese fetten Gewinne wird es nicht geben. Das hat Frau Bödeker-Schoemann gestern im

Ausschuss übrigens auch eingeräumt und sie ist, glaube ich, nicht verdächtig, eine Liberale zu sein. Ich glaube, sie ist woanders zuzuordnen. Das wissen Sie auch.

Dann kommen wir zum Aspekt der Transparenz, der mir ein bisschen zu kurz gekommen ist. Wie steht es denn um die Transparenz? Die Erfolgsplanungen für das Stromnetz liegen immer noch nicht vor. Herr Kerstan, Sie wollten sie zu den Haushaltsberatungen vorlegen. Dann wollten Sie sie zur ersten Lesung vorlegen. Ich glaube, die erste Lesung hat letzte Woche im Haushaltsausschuss stattgefunden. Was es nicht gab, ist die Erfolgsplanung für das Stromnetz. Wir kennen also immer noch nicht die Rahmendaten und wenn Sie Herrn Jersch, den ich fast schon in Schutz nehmen muss, vorwerfen, dass er über ungelegte Eier spricht, dann kann ich nur sagen, legen Sie das Ei endlich.

(Dr. Monika Schaal SPD: Gucken Sie doch in den Geschäftsbericht rein!)

Nein, das steht nicht im Geschäftsbericht.

Sie hatten eine Menge Zeit und es ist auch Ihre Pflicht, es zu tun. Ich kann nur feststellen, dass die Heißdüse dieses Senats den Prozess der Transparenz, den er selbst immer eingefordert hat, behindert statt beschleunigt. Wir müssen handeln, statt darüber zu quatschen. Deswegen brauchen wir keine Überweisung dieser in der Tat inhaltlich interessanten Anfrage, sondern einen Senat, der endlich aus dem Knick kommt und einmal sagt, was er in diesem Bereich machen möchte. Probleme hat er genug produziert. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU und bei Dr. Joachim Körner AfD)

Vielen Dank, Herr Kruse. – Das Wort hat Frau Oelschläger von der AfD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Der Rückkauf der Energienetze wurde vom Hamburger Volk gewünscht. Der Senat setzt diesen Volkswillen nun Stück für Stück um. In einer 34 Seiten umfassenden Großen Anfrage geht der Senat ausnahmsweise einmal nicht lieblos ausgiebig auf die Fragen ein. Die Debatte, die hier stattgefunden hat, hätte ich mir eigentlich im Ausschuss gewünscht. Ich habe gehört, eine Überweisung werde nicht gewünscht; das ist schade. Eines ist klar: Hamburg benötigt über den Rückkauf der Netze hinaus eine zukunftsfähige Strom- und Wärmeversorgung und ein bezahlbares Gesamtkonzept, das frei von ideologischen Denkmustern und Vorbedingungen ist und natürlich dem Volkswillen entsprechen sollte. Wir würden einer Überweisung zustimmen. Schade, dass das nicht mehr sein soll. – Danke.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank. – Herr Jersch von der Links-Fraktion hat nun das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal das Thema Energie bewegen und hoffe auch, dass der Senat sich an dieser Stelle bewegen wird. Frau Dr. Schaal, Ihre Bemerkungen zur Zukunft der Fernwärme in Hamburg haben mich etwas irritiert. Woher nehmen Sie eigentlich diese diversen Rahmenparameter dessen, was wir und sicherlich sehr viele in Hamburg wollen? 100 Prozent erneuerbare Energien ist das Ziel, aber das wird nicht von heute auf morgen gehen. Das beste dieser sechs Szenarien erreicht mit Rechentricks gerade einmal 42 Prozent und das ist zu wenig.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Monika Schaal SPD: Sehen Sie einmal, wo die Probleme sind!)

Wir stehen deutlich weiter unten, nur, lieber Kollege Tjarks, da ist eine Menge mehr drin. Es gibt die Vorschläge und nach wie vor sagen wir, dass es zu intransparent ist. Wir brauchen eine unabhängige Beurteilung dieser Daten. Es kann nicht sein, dass sich die Behörde und alle anderen, die im Senat etwas zu sagen haben, ständig auf die von Vattenfall vorgelegten Zahlen hinsichtlich der Ertüchtigung der Netzanbindung an den Hamburger Westen zurückziehen. Das bedarf wirklich einer besseren Kontrolle. Wenn darauf verwiesen wird, dass auch die zurückgekauften Energienetze hier im Hause kontrolliert werden, dann würde ich das mit einem gewissen Schmunzeln entgegennehmen. Wir wissen genau, wie die personelle Situation ist, wie viele öffentliche Unternehmen es gibt und wie die Kontrolle wirklich aussieht. Da ist ein Steuerprüfer wahrscheinlich öfter bei den Unternehmen und davon sollte man sich nicht viel versprechen. Aber ich denke, wir werden das Thema weiterbewegen. Keiner darf sich gemütlich auf diesem Votum ausruhen und Hamburg wird in den Energien erneuerbar werden. Dafür werden wir und die Bevölkerung sorgen. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Jersch. – Nun liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor und wir kommen zur Abstimmung.

Wer möchte die Drucksache 21/5758 an den Ausschuss für Umwelt und Energie überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mehrheitlich abgelehnt worden.

(Michael Kruse)

Ich stelle fest, dass die Bürgerschaft von der Großen Anfrage aus der Drucksache 21/5758 Kenntnis genommen hat.

Jetzt rufe ich den Tagesordnungspunkt 32 auf, Drucksache 21/6147, Antrag der FDP-Fraktion: Hamburger Innenstadt stärken und Überseequartier anbinden.

[Antrag der FDP-Fraktion: Hamburger Innenstadt stärken und Überseequartier anbinden – Drs 21/6147 –]