Das Wort bekommt erneut Frau von Treuenfels-Frowein. Wenn Sie sich anders einigen, dann Herr Seelmaecker von der CDU-Fraktion. Bitte.
Erst einmal hören, was er so sagt, das kann ja auch gut sein. Vielen Dank. – Frau Präsidentin, meine Damen und Her
ren Kollegen! Das war mir, ehrlich gesagt, eben ein bisschen zu dünn, was ich hier gehört habe. Denn wir haben ganz konkret nicht nur die Vorschläge gemacht, sondern wir haben ganz konkret benannt, bis auf die Haftplatzzahl genau, was wir aus welchen Gründen wollen oder für möglich oder für nicht möglich halten. Und das beruht auch nicht auf den Ist-Zahlen, sondern berücksichtigt das, was hier schon in den Planungen drin ist.
Das ist in Ordnung, aber wenn wir hier schon eine Debatte führen, dann können wir sie auch konkret führen.
Das Zweite, was ich nicht verstehe, wo Sie doch immer von einer offenen Planung sprechen: Warum eigentlich Gott gegeben Schleswig-Holstein? Wir haben Hahnöfersand. Sie haben festgestellt: Mensch, das liegt in Niedersachsen. Warum wurden die Niedersachsen eigentlich nicht auch gefragt? Wäre das vielleicht nicht auch eine Option gewesen? Wenn man schon ganz offen länderübergreifend schauen will, was ist das Beste, was ist vorhanden, warum spricht man nicht mit denen?
Und da sind wir wieder bei den Kosten. Sie sagen, es koste viel Geld, das Ding zu renovieren. Ja, 16,5 Millionen Euro ist viel Geld. Aber bei der gesamten Planung ist bislang komplett beiseite geschwiegen worden, was denn mit den Folgekosten ist, wenn wir das Ding loswerden wollen. Hahnöfersand befindet sich auf niedersächsischem Staatsgebiet. Es gibt einen Staatsvertrag, und die Planungshoheit liegt beim Land Niedersachsen. Das Land Niedersachsen hat ein Vorkaufsrecht, und derzeit können Sie dort nur eine JVA betreiben. Ich glaube nicht, dass Niedersachsen dort beabsichtigt, in der näheren Zukunft ab 2020 eine Justizvollzugsanstalt zu betreiben, die im Übrigen in Teilen dann auch noch sanierungsbedürftig ist. Mit anderen Worten: Ich bin interessiert an den Zahlen, die mir der Senat bislang nicht geliefert hat, obwohl ich gefragt habe. Was ist das Ding eigentlich wert? Was kostet uns der Rückbau des Ganzen? Und wie sieht es aus, nimmt uns das Niedersachsen dann ab? Die haben ja ein Vorkaufsrecht, also können sie das machen, und dann sicherlich besenrein und ohne Gebäude. Das wird nicht für 18,50 Euro zu machen sein.
Dann zur Qualität von Neumünster, Frau Dr. Timm. Daran habe ich mich insofern etwas gestoßen, weil wir in Neumünster 500 Erwachsene und dann 80 Jugendliche haben werden und wir Berührungspunkte an allen Ecken und Enden haben. Ich will sie konkret benennen: die Schule, bei den beruflichen Qualifikationen, bei den Werkstätten, beim Gottesdienst und bei den Besucherräumen. Da können Sie mir doch nicht sagen, dass die Binnendifferenzierung und die Separation so gewährleistet sind, dass die sich nicht über den Weg laufen.
Ich kann letztlich nur sagen: Geben Sie diese Planung in dieser Form auf. Wenn Sie richtig ergebnisoffen planen wollen, dann …
Natürlich gibt es eine Planung. Es gibt einen Planungszwischenbericht, also gibt es eine Planung, wie das Ganze passieren soll, insofern verstehe ich Sie nicht. Wenn es keine Planung gibt, brauchen Sie jedenfalls keine 430 000 Euro Personalkosten zusätzlich aufwenden und keine 6,5 Millionen Euro. Also stampfen Sie das ein.
Herr Seelmaecker, Sie meinen, dass das in Neumünster problematisch sei mit dem Verhältnis Jugendliche/ Erwachsene. Sie schlagen vor, dass die Jugendlichen nach Fuhlsbüttel sollen. Das wäre dann doch ähnlich. Was sagen Sie dazu?
Nein, das ist komplett getrennt dort. Das ist dort komplett getrennt. Das ist getrennt herstellbar. – Danke.
Jetzt hat sich zunächst der Senat gemeldet, Frau von Treuenfels-Frowein. Herr Dr. Steffen bekommt das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will nur drei Punkte ansprechen, weil ich es außerordentlich begrüße, dass wir diese Debatte, die wir schon hier sehr differenziert führen, im Ausschuss fortsetzen. Wir haben als Senat großen Wert darauf gelegt, unsere bisherigen Erkenntnisse transparent zu machen und mit dem von uns vorgelegten Zwischenbericht eine vernünftige Beratungsgrundlage zu liefern. Aber ich habe den Eindruck, dass ein paar Dinge durcheinander laufen und es doch ein bisschen das Kirchturmdenken ist, das eine Rolle spielt.
Der erste Punkt. Warum sollen zwei Bundesländer, die beide nicht besonders groß sind, die ähnliche Probleme im Jugendvollzug haben und ähnliche Probleme im Frauenvollzug haben, die beide Erfahrungen haben mit langen Entfernungen zu ihren
bisherigen Haftanstalten, diese Probleme nicht gemeinsam lösen? Wenn man sich zusammensetzt und wenn man die Anforderungen gemeinsam formuliert – es ist ja nicht gesagt, dass in dem Land, das eine bestimmte Aufgabe übernimmt, alles so bleibt, wie es ist –, warum sollen dann gemeinsame gute Lösungen nicht möglich sein?
Der zweite Punkt bezieht sich auf etwas, das ich außerordentlich begrüße. Hier ging es im Vorwege tatsächlich ein bisschen durcheinander. Ich habe in Pressemitteilungen von CDU und FDP gelesen, der Jugendvollzug müsse in Hamburg bleiben und wir müssten dafür sorgen, dass weiterhin die Wohnortnähe gewährleistet bliebe. Von allen Varianten, die jetzt in der Diskussion sind, ist die Beibehaltung des Standorts Hahnöfersand diejenige, die die längsten Wegezeiten zu allen Hamburger Quartieren hat, abgesehen vielleicht von Finkenwerder und den unmittelbar anliegenden Ortschaften. Das ist sicherlich die Variante, die für all das, was uns so wichtig ist – Reintegration in die Gesellschaft, Kontakt zur Familie, Kontakt zu Verteidigern, Kontakt zum Bewährungshelfer – die allerschlechteste Voraussetzung mitbringt.
Und der dritte Punkt – Herr Dolzer, Sie haben es hergeleitet –: Es geht um menschlichen Vollzug, und menschlicher Vollzug geht nur mit Menschen, geht nur mit Personal. Wir haben die Frage erörtert, wie die perspektivische Personalentwicklung ist, und wir wissen aus allen Bereichen, dass es nicht leicht werden wird bei der demografischen Entwicklung, Fachkräfte für unsere öffentlichen Aufgaben zu gewinnen. Das erleben wir bei der Polizei, das erleben wir bei allen möglichen öffentlichen Dienstleistungen, das erleben private Arbeitgeber, das erleben Rechtsanwälte und so weiter und so fort. Wir wissen alle, dass wir um die Nachwuchskräfte ringen. Wenn wir wissen, dass Personal eine knappe Ressource bleiben wird, dann ist doch die Frage: Wenn wir einen menschlichen Vollzug wollen, warum setzen wir dann die Menschen in überflüssige Pfortenbereiche, überflüssige Monitorräume, überflüssige Infrastrukturen, die wir brauchen, wenn wir mehr Haftanstalten betreiben, als es unbedingt notwendig ist? Mein Ziel ist, dass wir das Personal dort einsetzen, wo der Kontakt zu den Gefangenen besteht. Und das müssen die Alternativen natürlich darlegen, dass sie in der Lage sind, zu solchen Effizienzgewinnen zu kommen,
Ich finde es spannend, das zu prüfen. Wir werden diese Alternativen alle nebeneinander legen. Ich möchte aber sehr dafür plädieren, dass für diese Variante – wir gucken einmal über unseren Tellerrand und schauen, ob wir das nicht mit dem Nachbarbundesland Schleswig-Holstein auch gut geregelt bekommen – auch bei den Oppositionsparteien eine Offenheit besteht. – Vielen Dank.
Jetzt hat sich schon einiges angesammelt; ich versuche einmal, es so zu sortieren, dass jeder meine Gedanken nachvollziehen kann.
Ich fange einmal ganz untypisch mit Herrn Dolzer an. Ich habe den Film nämlich auch gesehen, den Sie heute schon zwei Mal erwähnt haben, und kann Ihnen sagen: Wenn wir da jemals hinkommen sollten, wären wir so einen großen Schritt weiter – ich glaube, diese Basis haben wir hier noch nicht. Ich finde es sehr richtig, was Sie gesagt haben, und kann nur allen empfehlen, sich diesen Film einmal anzusehen. Wir werden das hier nicht machen können, aber diese Vision zu haben, dass wir irgendwann einmal so weit sind, dass die nicht alle einfach nur irgendwie weggesperrt werden und wenn sie wieder rauskommen, neue Straftaten begehen, weil sie sowieso keine andere Chance mehr haben, da bin ich wirklich sehr bei Ihnen. Das wollte ich einmal so frei sagen.
Zu Ihnen, Herr Tabbert. Das ist eigentlich immer recht lustig; ich habe mit André Trepoll eine Wette laufen, wann Sie das erste Mal das Wort "Kusch" in Ihrer Rede fallen lassen. In der Aktuellen Stunde haben Sie uns leider enttäuscht, aber dieses Mal habe ich gewonnen, Sie haben es nämlich gleich in der ersten Runde gesagt.
Ihr Redebeitrag war wie immer eine Rückschau. Sie schauen immer weiter, weiter, weiter zurück, bis Sie endlich die FDP treffen, die Billwerder hochgezogen hat. Ich weiß gar nicht, wie oft ich das hier schon gesagt habe: Ich habe das damals schon für einen großen Fehler gehalten. Aber ich glaube nicht, dass es etwas bringt, wenn ich hier jedes Mal zu Kreuze krieche und sage, Billwerder ist so groß, das ist sehr schlecht und war ein Fehler. Wir leben hier und jetzt.
Und damit komme ich gleich zu Frau Dr. Timm, die einfach diese Anträge nicht gelesen hat. Sie stellt sich hin und sagt zu mir: Frau von Treuenfels, zu Hahnöfersand … Das wollen wir doch gar nicht; darauf habe ich sie aufmerksam gemacht und gefragt, wie es denn wäre, wenn sie den Antrag einmal lesen würde. Wir wissen, dass Hahnöfersand eine unglaublich teure Version wäre. Sie wissen, dass ich sehr für diese Insellösung gekämpft habe, weil ich sie wirklich gut fand. Mit dem Weggang der Frauen und weil wir wissen, dass dort jetzt ein hoher Sanierungsbedarf ist, ist für uns klar, dass das nicht mehr funktionieren wird. Deswegen schauen wir nach vorn. Aber wir wollen nicht den nächsten großen Fehler machen. Deshalb haben wir eben nicht darauf bestanden, auf Hahnöfersand zu bleiben, dieser schönen, kleinen Insel, sondern wir sagen, was wir gern möchten, und dieser Vorschlag wird von Professor Maelicke gestützt. Er ist eine Koryphäe. Er hat Sachkompetenz. Wenn Sie uns immer unterstellen, wir hätten einfach nur blöde Ansätze, dann glauben Sie wenigstens ihm. Er kommt aus dem Vollzug, er weiß sehr genau, wovon er spricht. Und was schlägt er vor? Den Jugendvollzug nicht zu zersplittern. Halten Sie sich einfach einmal daran. Wenn Sie wirklich an Resozialisierung glauben, dann machen Sie diesen Fehler nicht und klammern Sie einfach diese Möglichkeit aus.
Niemand hat übrigens hier davon gesprochen, Dr. Steffen, dass der Vollzug in Schleswig-Holstein ein schlechter sei oder dass wir denen nichts zutrauten. Wir wollen einfach nur diese Diskrepanz nicht. Wir wollen diese Diskrepanz nicht; wir wollen gern, dass es hier konzentriert in Hamburg stattfindet. Deswegen muss der Jugendvollzug in Schleswig-Holstein nicht schlecht sein. Denen traue ich alles zu, mehr als uns im Moment. – Vielen Dank.
Herr Tabbert von der SPD-Fraktion, Sie haben das Wort. Sie wollen nicht mehr? – Dann, meine Damen und Herren, präsentiere ich Ihnen Herrn Dolzer von der Fraktion DIE LINKE.
Es wird auch nicht besonders lang. Kurz zu Ihrem Redebeitrag, Frau von Treuenfels. Ich finde es gut, dass Sie auch richtig finden, was in diesem Film postuliert beziehungsweise beschrieben wird. Und ja, ich glaube auch, dass wir das hier nicht 1:1 reproduzieren und umsetzen können. Dafür haben wir die Bedingungen nicht. Aber wir können sehr stark in diese
Richtung gehen, und ich glaube, darum müssten wir kämpfen und dafür müssten wir uns einsetzen. Es würde mich freuen, wenn Sie noch viel stärker in diese Richtung mitgehen würden. – Danke.