Protocol of the Session on September 8, 2016

Diesen Umstand würden wir gern verändern wollen. In dem Antrag haben wir bereits deutlich gemacht, was wir mit dieser Initiative bezwecken wollen. Wir wollen Menschen mit geringem Einkommen den Erwerb einer Wohnimmobilie ermöglichen, die unter den jetzigen Bedingungen nicht oder nur schwer Wohneigentum erwerben könnten, indem wir, wie gesagt, die Nebenerwerbskosten beim Kauf einer Immobilie reduzieren.

Wir wollen die Eigentumsquote an Wohnungen erhöhen und dadurch Menschen ermöglichen, eine wertbeständige Vermögensbildung vorzunehmen. Dies führt zu zwei weiteren, relativ wichtigen Nebenaspekten, und zwar zum einen dazu, dass wir mehr Menschen in Eigentum bringen und damit einen Beitrag, auch wenn es vielleicht nur ein kleiner ist, zur Vermögensumverteilung leisten. Ein kleiner Beitrag, um die Schere zwischen Arm und Reich nicht weiter auseinanderklaffen zu lassen. Gleichzeitig wird dadurch ein Beitrag zu der immer wieder vom Staat geforderten Altersabsicherung geleistet, denn ein eigenes Haus, in dem ich dann

(Karin Prien)

im Alter wohne und für das ich keine Miete zahlen muss, ist eine erhebliche finanzielle Erleichterung. Das sind unsere erklärten Ziele.

Wie Sie dem Antrag ferner entnehmen können, haben wir Bedingungen formuliert, unter denen der Verzicht auf die Grunderwerbssteuer erfolgen soll: eine Einkommensgrenze von 80 000 Euro, die Pflicht der Selbstnutzung, der Ersterwerb einer Immobilie und der Umstand, dass es sich nachweislich um einen Mehrpersonenhaushalt handelt. Der Antrag sieht bewusst keine Gegenfinanzierung vor, sondern ist als Steuersenkungsmaßnahme gedacht. Denn wenn nicht in dieser Zeit, wann dann können Steuern überhaupt gesenkt werden?

Wenn Sie mit dem Antrag und den aufgeführten Bedingungen so nicht einverstanden sind oder andere vermissen und Sie aufgrund dessen diesem nicht zustimmen können, hoffen wir zumindest, dass Sie die Idee hinter diesem Antrag verstanden haben und zumindest einer Überweisung an den Ausschuss zustimmen werden. Und da weniger auch manchmal mehr ist, beende ich hiermit meinen Vortrag. – Danke.

(Beifall bei der AfD)

Von der SPD-Fraktion bekommt nun Herr Quast das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Unsinn, den Sie im Vorwort dieses Antrags geschrieben haben, wird nur noch durch das getoppt, was Sie im Petitum verlangen, Herr Ehlebracht. Dort verlangen Sie, dass der Senat die Grunderwerbssteuer für eine bestimmte Personengruppe erlässt. Wenn Sie sich einmal mit dem deutschen Recht auseinandersetzen würden, was Sie doch sonst gern von Migranten und Zuwanderern verlangen, und diesen Maßstab an sich selbst legen und die Abgabenordnung aufschlagen würden, in der geregelt wird, unter welchen Bedingungen Erlasse von Steuern möglich sind, dann würden Sie dort in Paragraf 227, aber auch an anderen Stellen lesen, die Finanzbehörden könnten Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre und so weiter. Wenn wir also abgleichen, was Sie hier fordern, dann stellen wir erstens fest, dass die Finanzbehörden in diesem Fall nicht der Senat sind, auch nicht die Hamburger Finanzbehörde als Senatsbehörde, dass zweitens ein Einzelfall Grundlage ist und nicht eine Zielgruppe, die Ihnen gerade ins Bild passt, und drittens, dass es unbillig sein muss, diese Steuer zu erheben. Also kompletter Unsinn, was Sie hier von uns verlangen.

(Beifall bei der SPD und bei Farid Müller GRÜNE)

Sie verlangen vom Senat im Prinzip, dass er rechtswidrig handelt, zur Untreue rufen Sie ihn auf. Ich weiß nicht, ob Sie die Medien verfolgt haben. Bei der Kieler Oberbürgermeisterin, wo es zumindest um einen Einzelfall ging, hat es eine Rolle gespielt, sie ist dann zurückgetreten. Und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie Ihre nächsten Anträge mit etwas mehr Substanz unterlegen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Von der CDU-Fraktion bekommt nun Frau Stöver das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Vor etwas über einem Jahr führten wir dieselbe Debatte. Damals hat auch auf Initiative der AfD hin schon einmal eine Debatte stattgefunden zur Freistellung des Erwerbs selbstgenutzter Immobilien von der Grunderwerbssteuer. Damals wie heute halten wir das nicht für den richtigen Lösungsweg. Dieses Mal haben Sie es sogar noch ergänzt um eine Einkommensgrenze beziehungsweise um Bedingungen. Diese Bedingungen sehen wir als sehr willkürlich angesetzt an. Wir verstehen sie, können sie aber nicht unbedingt nachvollziehen.

Klar ist, wenn man sich starkmacht für die Abschaffung oder Senkung von Steuern, macht man sich natürlich erst einmal beliebt. Das mag richtig sein, aber Politik muss natürlich immer grundsätzlich darüber nachdenken, wann und unter welchen Umständen Steuern auch gerechtfertigt sind. Sie müssen dazu da sein, dem Allgemeinwohl zu dienen, aber sie sollen auch nicht über Gebühr beansprucht werden. Herr Quast hat dazu schon etwas gesagt, was das Allgemeinwohl angeht.

Die Idee, grundsätzlich die Eigentumsquote zu erhöhen, unterstützen wir. Wir haben heute in unserer Pressekonferenz zum Wohnungsbaukonzept genau dieses gefordert. Hamburg hat eine zu geringe Eigentumsquote, und der Senat hat im Haushaltsplan-Entwurf sogar noch die Eigentumsförderung gesenkt von 200 geförderten Wohnungen auf 100. Das halten wir für den absolut falschen Weg. Aber, liebe Kollegen der AfD, wir sehen die Grunderwerbssteuer im Bundesvergleich ungefähr im Mittelfeld, weder zu hoch noch zu niedrig. Wir sind nicht ganz am unteren Ende der Skala, aber im Mittelfeld. Also wir glauben, dass dieses der falsche Ansatz, der falsche Weg ist. Wir glauben, dass tatsächlich eine Eigentumsförderung erfolgen muss, und fordern den Senat auf, Förderkonzepte auch für Gering- und Mittelverdiener und insbesondere für junge Familien zu schaffen. Aber die Grunderwerbssteuer ist hier nicht das richtige Instrument. Wir können uns aber auch vorstellen, dass das Programm der CDU zum Verkauf von SAGA-Mietobjekten noch einmal wieder aufgelegt wird.

(Detlef Ehlebracht)

Also damals wie heute – seinerzeit hat der Fraktionskollege Hamann die Debatte hier geführt – halten wir den Lösungsvorschlag für den falschen Weg. Wir werden ihn dieses Mal dementsprechend genauso ablehnen wie im letzten Jahr und wir lehnen auch eine Überweisung an den Ausschuss ab. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Von der GRÜNEN Fraktion bekommt nun Herr Duge das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zu der fachlichen Qualität oder Nichtqualität dieses Antrags hat Herr Quast schon einiges sehr deutlich gemacht, aber ich möchte noch einmal kurz darauf eingehen, was mich besonders am Inhalt dieses Textes stört. Auf der einen Seite wird hier so getan, als würde man als Wohltäter für Steuersenkungen auftreten, und stellt dann den Staat als Preistreiber dar. Das ist völliger Unsinn, denn wir haben in der gesamten Zeit dieses Jahrzehnts nicht eine Grunderwerbssteuererhöhung hier gehabt, und wir liegen im unteren Teil der Grunderwerbssteuersätze. Da kann man nicht davon sprechen, dass wir als Preistreiber aufgetreten sind, wie es hier steht.

Als Zweites wundert mich schon die Eindimensionalität der Schlussfolgerungen, wie sie in dem Text auftreten. Wenn man davon ausgeht, dass sich seit 2005 bis heute die Grunderwerbssteuer verdoppelt hat, dann kann das natürlich nicht auf die Erhöhung von Grunderwerbssteuersätzen zurückzuführen sein, sondern, um ein einfaches Beispiel zu nehmen, bei 4,5 Prozent Grunderwerbssteuer und einem Grundstückspreis einfach gerechnet von 100 000 Euro sind das 4 500 Euro Grunderwerbssteuer. Nun kommt die Erhöhung natürlich häufig da zustande, und das ist gar nicht so schlecht, dass nicht nur ein, sondern vielleicht auch zwei Grundstücke verkauft werden. Und dann hat man 9 000 Euro Grunderwerbssteuer an Einnahmen. Und so ist es auch, dass sich im Laufe der Zeit – man kann es auch an den Grundstücksverkäufen der Stadt Hamburg sehen – die Aktivität bei den Immobilienverkäufen und -käufen in den letzten Jahrzehnten deutlich gesteigert hat und es damit eine Grundlage für die Erhöhung der Grunderwerbssteuereinnahmen gegeben hat, nicht aber, weil die Grunderwerbssteuersätze etwa erhöht worden sind. Hier wird ein falscher Eindruck erweckt, und ich denke, das hat nichts mit seriöser Politik zu tun, sondern hier ist offenbar etwas anderes im Gange, deswegen werden wird diesen Antrag ablehnen.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Von der Fraktion DIE LINKE bekommt nun Herr Hackbusch das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Ich finde, zu dem Antrag im Konkreten hat im Wesentlichen Herr Quast gesagt, warum er formal nicht trifft. Ich will trotzdem darauf eingehen, da diese Diskussion im Zusammenhang mit der Grunderwerbssteuer auch gestern Teil der Diskussion geworden ist, weil der Rechnungshof unter anderem vorgeschlagen hat, die Grunderwerbssteuer in Hamburg zu erhöhen, da man in der Lage wäre, dort einiges mehr an Einnahmen zu generieren. Von daher wird diese Diskussion uns in den nächsten Wochen sowieso beschäftigen. Deswegen will ich an die Fragestellung mit zwei Sachen grundsätzlich anders herangehen.

Die erste Fragestellung lautet doch, warum sollen eigentlich für den Grunderwerb weniger Steuern bezahlt werden als für mein tägliches Brot? Für mein Brot, das ich täglich brauche, muss ich 7 Prozent Steuern bezahlen. Das ist der geringste Mehrwertsteuersatz, den es gibt.

(Michael Kruse FDP: Null Prozent ist der niedrigste Steuersatz!)

Es gibt keine Begründung dafür, warum in der Grunderwerbssteuer nicht der normale Mehrwertsteuersatz erfüllt und eingebracht werden sollte, es ist einfach eine Subventionierung der Immobilienwirtschaft und nichts anderes.

(Beifall bei der LINKEN)

Deswegen ist eine Erhöhung durchaus vernünftig, und Hamburg steht insgesamt im Vergleich zu allen Bundesländern im unteren Drittel, wie der Rechnungshof völlig richtig festgestellt hat. Es ist nicht einzusehen, warum in Hamburg 4,5 Prozent veranschlagt werden, während in Schleswig-Holstein 6,5 Prozent und in Niedersachsen 5,5 Prozent gefordert werden. Das ist überhaupt nicht einzusehen, und dementsprechend finden wir diese Forderung insgesamt richtig.

Es ist die folgende Situation, die wichtig ist und die vernünftig wäre. Das sozial Ungerechte ist an der Stelle, dass große Unternehmen, die Grundstücke mitkaufen, und zwar dadurch, dass sie gesamte Gesellschaften kaufen, von dieser Mehrwertsteuer ausgenommen sind. Das ist eine der großen Ungerechtigkeiten, die dringend verändert werden müssen, nur das kann man nicht in Hamburg, sondern das muss man auf Bundesebene machen. Von daher ist das meiner Meinung nach eine wichtige Fragestellung, die werden wir in der nächsten Zeit auch sehen.

Ich will aber noch etwas Grundsätzliches dazu sagen, weil ich insgesamt meine, Ihre Eigentumsvorstellungen und Grund- und Bodenvorstellungen

(Birgit Stöver)

kommen aus dem letzten Jahrhundert und können mit moderner Politik nichts mehr zu tun haben. Ich will Ihnen das einmal sagen, weil diese Gesellschaft nämlich insgesamt noch so stark auf Grund und Boden und Eigentum basiert.

(Farid Müller GRÜNE: Es gibt schon Grün- de!)

Ich will Ihnen ein Beispiel geben. Die Situation meines Vaters, der wie viele oder fast alle Menschen in dieser Stadt in einer Mietwohnung wohnt, ist die, dass er nicht in der Lage ist, eine Klage gegen Airbus einzureichen, obwohl dort direkt Flugzeuge darüber fliegen, im Gegensatz zu seinem Nachbarn, dem der Grund und Boden gehört. Die Argumentation dafür ist, er hätte gar keinen Grund dafür, also er hätte keinen Grund und Boden. Ich halte das für eine hohe Ungerechtigkeit, die dringend verändert werden muss.

(Beifall bei der LINKEN)

Warum darf mein Vater nicht klagen, obwohl er dort seit 60 Jahren zur Miete wohnt, sondern nur derjenige, der Grund und Boden hat? Ich halte das für eine Ideologie aus dem letzten Jahrhundert, die nicht in der Lage ist, mit moderner Politik zusammenzugehen. Dementsprechend meine ich auch, dass wir dort einen Schritt vorwärtsgehen müssen, und ich hoffe, dass wir den in diesem Haus in einiger Zeit machen können.

(Beifall bei der LINKEN)

Von der FDP-Fraktion bekommt nun Herr Meyer das Wort.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, verehrtes Präsidium! Auch wenn es mir in Anbetracht der bedenklichen Wahlergebnisse in Mecklenburg-Vorpommern heute besonders schwerfällt, der AfD auch nur irgendetwas Positives zuzusprechen, so ist der, wenn auch nicht sehr neue Gedanke des vorliegenden Antrags vernünftig. Die FDP fordert schon seit Langem die Förderung von Wohnungseigentumsbildung zum Beispiel mit einem Freibetrag von 500 000 Euro für eine selbstgenutzte Wohnimmobilie, wie es unser Bundesvorsitzender Christian Lindner mit den Worten, Deutschland müsse ein Volk von Grundeigentümern werden, erst vor wenigen Tagen eingefordert hat.

(Beifall bei der FDP)

Während aber die rot-grüne Koalition gemäß vorliegendem Haushaltsplan-Entwurf, es wurde schon erwähnt, die Förderung von Wohnungseigentum noch einmal deutlich reduzieren will, sollte das Gegenteil, nämlich die Wohnungseigentumsbildung, gefördert werden. Verglichen mit anderen europäischen Ländern gehört Deutschland immer noch zu den Schlusslichtern hinsichtlich der Wohnungsei

gentumsquote, das wurde schon gesagt. Und auch Hamburg könnte hier wesentlich mehr tun, wenn nicht Rot-Grün ideologisch verbrämt dagegen agieren würde.

(Farid Müller GRÜNE: Wir sind nie ideolo- gisch!)

Sie auch.

Wohnungseigentum ist und bleibt das beste Mittel gegen Altersarmut, schlägt jede Lebensversicherung und ist bei Weitem beständiger als Aktien oder irgendwelche Wertpapiere. Wer es also gut meint mit der Absicherung im Alter, müsste jedem jungen Menschen dringend empfehlen, Wohnungseigentum zu bilden. Manche schaffen das aus eigener Kraft, andere Einkommensschwächere dagegen, insbesondere Alleinerziehende oder junge Familien, haben es da schwer, und somit ist die Förderung durch Freistellung von der Grunderwerbssteuer für selbstgenutzte Wohnimmobilien nachhaltig sinnvoll.

Allerdings, und das ist im Fall des AfD-Antrags auch wieder bezeichnend, kann man dem vorliegenden Antrag, so richtig er in seiner Zielsetzung ist, nicht zustimmen, weil Hamburg keine Ausnahmen von der Grunderwerbssteuer erteilen kann. Allein die Höhe der Grunderwerbssteuer wird in Hamburg festgelegt, nicht aber die von Ihnen angedachte Ausnahmeregelung, die im Bund beschlossen werden muss. Mich erinnert der Antrag daher etwas an die bezirkliche Forderung nach einer atomwaffenfreien Zone in Eimsbüttel aus den Achtzigerjahren.

(Milan Pein SPD: Das ist doch umgesetzt worden!)

Nun könnte man zwar insgesamt eine Reduzierung der Grunderwerbssteuer fordern, müsste dann ehrlicherweise aber auch einen Finanzierungsvorschlag machen.

(Glocke)