Ich finde es sehr schade, dass wir über dieses Papier nur wenig inhaltlich gesprochen haben, denn es ist sehr fundiert, es ist sehr kenntnisreich, es gibt uns sehr viele Informationen, es gibt uns so viel auch an Ausblick und an Möglichkeiten, weitere Schritte zu gehen. Das würdigen und respektieren Sie überhaupt nicht. Und es ist ein Treppenwitz der Geschichte, wenn Sie behaupten, Sie seien mit den Schulleitungen in guten Gesprächen. Wir wissen alle, wie fatal der Auftritt von Schulsenator Rabe in Jesteburg bei den Schulleitern der Stadtteilschulen war.
Ich war nicht dabei, aber ich rede auch mit Menschen in dieser Stadt, nicht nur Sie, Frau Duden, stellen Sie sich das einmal vor.
Ich habe keine Ahnung, welche Traumata Sie mit sich herumtragen, aber eine Schule für alle ist im Prinzip unsere Grundschule. Zum Glück habe ich in der Bürgerschaft noch nie einen Antrag auf Abschaffung der Grundschule vorgefunden. Von daher könnten wir überlegen, wie wir die Pädagogik, die in der Grundschule gemacht wird, weiterentwickeln für die weiterführenden Schulen.
Und wenn Sie als Argument gegen eine Schule für alle ins Feld führen, dass wir sehr viele Kinder und Jugendliche mit unterschiedlichen Begabungen und Fähigkeiten hätten, wie viele Schulformen bräuchten wir dann? 100? 200? 1 000? Von daher ist insbesondere die Schule für alle der Rahmen für Vielfalt, für viele unterschiedliche Begabungen, Talente und Fähigkeiten.
Ich würde gern mit Ihnen einmal eine solche Debatte führen, denn ich bin es wirklich leid, mir immer anzuhören, dass eine Schule für alle Einheitsbrei sei und bedeute, alle gleich zu machen. Das ist schlicht Demagogie.
Frau Boeddinghaus, ich erinnere an den parlamentarischen Sprachgebrauch. – Herr Petersen von der SPDFraktion, Sie bekommen das Wort.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Ich würde einmal sagen, ich rede hier als Abgeordneter und in diesem Fall nicht für die SPD-Fraktion, sondern vielleicht als Hausarzt oder Vater. Ich habe bei all den Reden im Grunde von keinem Einzigen gehört, wie es den Kindern und den Schülern geht. Deshalb will ich Ihnen einmal eine Patientin beschreiben, die ich betreue. Sie ist zwölf Jahre alt und aufgrund einer Gymnasialempfehlung aufs Gymnasium gekommen. Dort hat sie immer gute Leistungen erzielt und auch im Halbjahreszeugnis keine Hinweise erhalten, dass irgendetwas problematisch ist. Ende März 2016 bekam sie einen Anruf beziehungsweise eine E-Mail von der Klassenlehrerin und erfuhr, dass sie in drei Fächern nicht ganz so gut dasteht, und im April 2016 erhielt sie einen Hinweis, dass es schiefgehen könnte. Bis dahin hatte sie nicht eine Stunde Förderunterricht oder dergleichen erhalten, und jetzt hat sie im Konferenzbeschluss einen Hinweis bekommen, dass sie nicht mehr auf dem Gymnasium bleiben kann.
Was mir dabei fehlt, ist, dass irgendjemand in den Schuldebatten – ich bin seit 19 Jahren in diesem Parlament – sich zu irgendeinem Zeitpunkt Gedanken darüber gemacht hat, was ein Kind fühlt, denkt, empfindet, wenn es seit vielen …
Ich bin bei jeder Debatte anwesend. Ich habe seit 19 Jahren in keiner Debatte gefehlt. Und die Schuldebatten habe ich mir sehr genau angehört, weil es meiner Ansicht nach unsere Aufgabe ist, für unsere Kinder das Beste zu erreichen. Was ich damit sagen will, ist, dass die Schulpolitikerinnen und Schulpolitiker im gesamten Parlament bisweilen die ideologische Brille absetzen, sich in einen Raum begeben und einmal versuchen sollten, das Beste für alle zu erzielen, für alle Kinder und Jugendlichen in Hamburg. Auch in der heutigen Debatte habe ich wieder nur mitbekommen, dass der eine auf den anderen einhaut und jeder versucht, sein Modell als das allerbeste darzustellen. Keiner hat in dieser Debatte vorgeschlagen, einmal die Kinder danach zu fragen, was sie brauchen oder möchten.
Ich finde es zum Beispiel unmöglich, in diesem Raum zu hören, dass man Behinderte nicht aufs Gymnasium geben könne. So etwas kann man doch nicht sagen, zu keinem Zeitpunkt.
Nicht so aufregen. Kann sein, kann gut sein. Aber ich wollte hier nicht ideologisch reden, das sollten Sie berücksichtigen.
Ich mache jetzt zwei Vorschläge, über die die Schulpolitikerinnen und Schulpolitiker einmal intern reden könnten. Der erste Vorschlag: Wenn es auf der Grundschule eine Empfehlung zum Gymnasium gibt, ist ein Abschulen im Gymnasium nicht mehr möglich. Und der zweite Vorschlag ist, dass wir die Aufteilung in der Inklusion so aufteilen wie die Aufteilung der Schülerinnen und Schüler pro Schulform ist.
setzt. Sie hilft nämlich keinem einzigen Kind. Und ich würde mich freuen, wenn wir in den nächsten Jahren, solange ich diesem Parlament noch angehören darf, die eine oder andere Debatte führen könnten, bei der Schulpolitikerinnen und Schulpolitiker gemeinsam versuchen, ein Ziel zu erreichen, nämlich das Beste für unsere Kinder. Ich hoffe, ich erlebe es noch. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, jetzt sehe ich keine weiteren Wortmeldungen zu den Themen 1, 4 und 5, und ich rufe die Themen 2 und 3 ebenfalls gemeinsam auf, von der AfD-Fraktion
Brexit: Nur wer drin ist, kann auch mitgestalten. Unsere Haltung bleibt: mit Herz und Vernunft für ein starkes, solidarisches Europa
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Brexit ist eine veritable Katastrophe, und zwar sowohl für Großbritannien als auch für Deutschland und Hamburg. Auch die AfD empfindet keine Schadenfreude über den Brexit. Andere Töne, zum Beispiel von Herrn Höcke oder Frau von Storch, sind Einzelmeinungen, die nicht die Meinung der Partei widerspiegeln. Auch die AfD möchte nicht, dass Deutschland aus der EU austritt. Wir wollen sie gründlich reformieren in Richtung mehr Demokratie, weniger Macht für Brüssel und mehr Vielfalt und Differenzierung in Europa.
Eine Katastrophe ist der Brexit wirtschaftlich und politisch, wobei Letzteres schwerer wiegt. Wirtschaftlich ist es vor allem die Reduzierung des Binnenmarktes, und der Binnenmarkt ist der bei Weitem beste Teil der EU. Hamburg hat besonders viele Vorteile durch den Binnenmarkt gehabt und deshalb besonders viel zu verlieren durch den Brexit. Ob es tatsächlich dazu kommt, ist eine Frage der Verhandlungen zwischen beiden Seiten. Wenn die Verhandlungspartner vernünftig sind, also anders als der unselige Herr Juncker, dann kann man die meisten Nachteile noch vermeiden. Politisch wird Großbritannien uns in der EU enorm fehlen. Ich will vier Punkte nennen.
Erstens: Wirtschaftspolitisch ist Großbritannien immer pro Marktwirtschaft ausgerichtet. Das ist die
Basis unseres Wohlstands. Wenn der Club Med, also Italien, Spanien, Portugal, Griechenland, mehr Gewicht bekommt, droht Schlimmes für die internationale Wettbewerbsfähigkeit und für unseren Wohlstand. Und das betrifft Hamburg in besonderem Maße. Das Gleiche gilt für eine solide Schulden- und Finanzpolitik. Seit wir uns per Euro an die südlichen Schuldenstaaten gekettet haben, tragen wir einen großen Teil der Folgen unsolider Finanzpolitik mit, auch wenn Großbritannien selbst gar nicht Mitglied im Euro war und ist. Die schlimmste Folge betrifft das künftige Fehlen Großbritanniens bei der Reform der EU. Es dürfte kein Zweifel bestehen, dass institutionell ein riesiger Reformbedarf besteht. Die EU muss wesentlich demokratischer werden und viele Kompetenzen an die Mitgliedstaaten zurückgeben.
Ein weiterer Punkt, über den ich mir Sorgen mache, ist die Tatsache, dass Deutschland jetzt relativ größer und stärker wird in der EU. Das wird politisch vieles schwieriger machen. Die anderen werden Deutschland mehr fürchten, zumal wenn die deutsche Regierung so selbstherrlich agiert wie bei der Energiewende oder in der Flüchtlingspolitik.
Die Briten haben vom Brexit ebenfalls überwiegend Nachteile, aber das war bei ihrer Entscheidung eher weniger wichtig. Es ist im Wesentlichen bestimmt worden durch zwei große Beweggründe, die nicht nur in Großbritannien, sondern auch in Deutschland und anderswo von Bedeutung sind und stetig größer werden. Das erste Motiv ist die übertriebene Verlagerung von Kompetenzen nach Brüssel via a) De-facto-Aneignung durch Brüssel selbst, oft durch die Hintertür, und b) durch willfährige Übertragung durch Berlin und andere gegen den Willen der Bevölkerung in Großbritannien, Deutschland und anderswo. Insofern sind auch die Bundesregierungen der letzten Jahrzehnte für den Brexit mitverantwortlich und natürlich die EU-Kommission selbst, deren Präsident Juncker nach seinem Brexit-Versagen jetzt zurücktreten sollte.