Protocol of the Session on June 15, 2016

Liebe Bürgerinnen und Bürger! In diesem Zusammenhang möchte ich eine persönliche Bitte an Sie richten: Bitte lassen Sie Ihren Ärger und Frust nicht bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Kundenzentren aus.

(Beifall bei der SPD, der FDP und vereinzelt bei den GRÜNEN – Michael Kruse FDP: Nein, beim Senat! – Glocke)

Sie geben ihr Bestes und versuchen mit aller Kraft, die anfallenden Aufgaben zu erledigen.

(Glocke)

Das rote Licht bedeutet, dass Ihre Redezeit zu Ende ist.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Herr Trepoll von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Herr Schmitt, natürlich lasse ich meinen Frust bei Ihnen ab, das ist gar keine Frage.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Sie tragen ja auch die Verantwortung für diese katastrophalen Zustände.

Am Wochenende war wieder einmal Jubelparteitag der SPD.

(Martina Friederichs SPD: War gut!)

Alle loben sich, Probleme gibt es nicht, man geht glücklich nach Hause. Der Bürgermeister hat eine lange, lange Rede zur Hoffnungsstadt Hamburg gehalten. Man fragt sich natürlich: Was kann er damit gemeint haben? Wir wissen es: Es ist die Hoffnung auf einen Termin in einem Kundenzentrum. Das kann er gemeint haben.

(Beifall bei der CDU und bei Michael Kruse FDP)

Denn natürlich: In allen Dingen ist Hoffen besser als Verzweifeln. Das ist also jetzt das Motto. Hoffen und Verzweifeln. Terminchaos und Wartehorror an den Hamburger Kundenzentren. Die Hoffnung stirbt zuletzt. In den Warteräumen der Hamburger Kundenzentren stirbt sie jeden Tag, und sie stirbt, weil Sie Ihr Versprechen gebrochen haben. 2014 haben Sie sich noch groß für die Einführung der Online-Terminvergabe feiern lassen. Eine teure Plakatkampagne, die da lautete: "Tschüs, Wartezeit!",

(Heiterkeit bei der CDU)

kam noch obendrauf, Herr Dressel.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Sie haben viel versprochen. Niemand sollte mehr unnötig warten. Heute ist der Terminwahnsinn traurige Realität in den Kundenzentren. Die Menschen warten Monate auf einen Termin, und wer einen hat, darf sich nicht wundern, wenn er dann doch vor verschlossenen Türen steht. Von Hoffnung ist da nicht viel zu spüren.

Wir haben eben gehört, wer die Verantwortung dafür trägt: der Bürger wegen der großen Nachfrage, weil er seinen Personalausweis ja freiwillig verlängern will.

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU)

Das ist eine hervorragende Argumentation.

Wir haben chaotische Zustände dort, lange Warteschlangen, und selbst die Bearbeitung von Anträgen auf Elterngeld, Sterbeurkunden und viele andere Dienstleistungen der Stadt lassen teilweise mehrere Wochen auf sich warten. Das muss man sich einmal vorstellen: In Hamburg müssen Familien, die einen Trauerfall zu beklagen haben, inzwischen zum Teil wochenlang auf die für die Beerdigung notwendige Sterbeurkunde warten. Das ist nicht nur grotesk, das ist unwürdig.

(Beifall bei der CDU)

Die Hinterbliebenen können die Trauerfeier nicht organisieren, können nicht Abschied nehmen, nicht loslassen. Das ist den Menschen nicht zumutbar, und ich finde, das ist auch einer Stadt wie Hamburg nicht zumutbar.

Hamburg ist für seine Bürger unter Ihrer Regierung, unter Rot-Grün, zu einer Servicewüste verkommen. Soll das denn die moderne Verwaltung des 21. Jahrhunderts sein, die moderne Smart City, die Scholz vollmundig versprochen hat? Sie scheitern schon am analogen Standardgeschäft, von der digitalen Zukunft mal ganz abgesehen; das werden Sie auch nicht schaffen.

(Beifall bei der CDU und bei Jennyfer Dutschke FDP)

Sie haben es gesagt: Die Leidtragenden dieser Situation sind natürlich die zu Recht verärgerten Bürger. Und es sind die überlasteten Mitarbeiter in den Bezirksämtern, die diesen planlosen Personalabbau, den sie Ihnen zu verdanken haben, ausbaden müssen. Das ist eben auch Zeugnis einer falschen Personalpolitik. Und daran sieht man auch, was es bedeutet, dass Sie die Bezirksämter sozusagen glattgezogen haben, dass Sie überall die unabhängigen Bezirksamtsleiter ausgetauscht haben. So bekommen Sie keine Warnsignale mehr, weil dort nur noch mundtote Sozialdemokraten sitzen, die nicht mehr auf diese Dinge hinweisen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

(Frank Schmitt)

Sie müssen den Menschen in Hamburg einmal erklären, wie die wachsende Stadt mit immer mehr Einwohnern und immer mehr Wohnungen mit einer schrumpfenden Verwaltung in Einklang gebracht werden soll. Mir erschließt sich das nicht, und ich hätte dazu durchaus einmal von den Bezirksamtsleitern klare Worte erwartet, für die Bürger vor Ort und natürlich auch für die eigenen Mitarbeiter.

Viele Bürger kommen wahrscheinlich nur einmal im Jahr mit der Verwaltung in Kontakt. So fängt Politikverdrossenheit im Kleinen an. Wie sollen wir den Menschen erklären, wir schaffen das mit der Integration und den vielfältigen Aufgaben und Herausforderungen, die vor uns stehen, wenn Sie noch nicht einmal in der Lage sind, die einfachsten Verwaltungsdienstleistungen zu organisieren? Deshalb darf man das nicht als kleines Thema abtun. Das ist Ihre ureigene Verantwortung. Vielleicht fangen Sie damit an, das A-Team zur Bearbeitung der Anträge als Sachbearbeiter zu schicken.

(Heiterkeit bei der CDU)

Da könnten Sie loslegen und der Stadt einen weiteren Dienst erweisen. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Wort bekommt Frau Gallina von der GRÜNEN Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Auch ich möchte zunächst feststellen, dass ich mit der derzeitigen Situation in den Kundenzentren nicht zufrieden bin. Auch ich halte sie für untragbar. Aber ich möchte auch ganz klar sagen: Eine Verbesserung dieser Situation hat für uns Priorität.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Michael Westenberger CDU)

Herr Trepoll, Sie haben es richtig beschrieben: Die Kundenzentren sind der Ort, wo Staat und Bürgerinnen und Bürger unmittelbar aufeinandertreffen, manchmal nur einmal im Jahr. Der Staat definiert sich über sein Staatsvolk, und im Kundenzentrum wird der Staatsbürger oder die Staatsbürgerin mit dem Ausweis der Staatsangehörigkeit ausgestattet, hier wird die Wohnadresse registriert. Wenn dieser Austausch gestört ist, dann ist das zu Recht extrem frustrierend für die Bürgerinnen und Bürger, die stundenlang warten müssen, mit ihren Anliegen wieder nach Hause geschickt werden oder hundertmal die Termin-Website neu laden. Aber

(Birgit Stöver CDU: Jetzt kommt das Aber!)

auch Sie haben keine konkreten Vorschläge gemacht, wie Sie meinen, dass sich dieses Problem kurzfristig lösen lassen sollte. Also stelle ich fest, auch die CDU ist in der Hoffnungsstadt Hamburg

angekommen. Auch Sie hoffen, dass wir das regeln werden. Und ich kann Sie beruhigen: Sie können nicht nur hoffen, Sie können darauf vertrauen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Denn wir lassen die Menschen nicht im Regen stehen.

(Joachim Lenders CDU: Nein! Auf keinen Fall!)

Die Finanzbehörde hat sich eingeschaltet und treibt die Neueinstellungen massiv voran. Mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kasse.Hamburg sind die Kundenzentren im Backoffice entlastet worden. Dass Sie dieses Thema jetzt anmelden, kommt insofern ein bisschen spät; vielleicht ist es vorher an Ihnen vorbeigegangen.

(Jörg Hamann CDU: Haben wir doch wieder- holt gemacht!)

Inzwischen ist, das ist bereits angesprochen worden, das Prinzip der internen Ausschreibung aufgegeben worden und wir suchen händeringend auf dem freien Arbeitsmarkt nach geeigneten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Aber es ist doch auch klar, dass es Leute sein sollen, die dann bitte auch die nächsten Jahre in diesem Bereich für uns tätig sind, und dass es Menschen sein sollen, die auch unseren Anforderungen entsprechen.

Ich weiß genau, wie überlastet die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kundenzentren sind. Ich habe dort in der letzten Zeit selbst Termine wahrgenommen, ohne Wartezeit.

(Zurufe von der CDU)