Protocol of the Session on May 12, 2016

(Beifall bei der FDP und bei Philipp Heißner und Karin Prien, beide CDU)

Wir haben in Hamburg Bauüberhänge von über 18 000 Wohnungen, Stand Ende 2014, und es ist dem Senat angeblich nicht möglich darzustellen, wie viele Wohnungen planmäßig in diesem und im nächsten Jahr fertiggestellt werden können.

(Zurufe von der SPD – Milan Pein SPD: Die baut doch der Senat! Haben Sie nicht richtig zugehört?)

Ohne Zahlen lässt sich bekanntlich keine Aussage tätigen, wie viele der fertiggestellten Wohneinheiten Flüchtlingen zur Verfügung gestellt werden können. Der Eindruck, dass hier alle Optionen geprüft werden, um Flüchtlinge in Wohnraum zu integrieren, entsteht bei solchen Antworten nicht.

Vierter Punkt: Bisher hat der Senat keine rechnerische Kalkulation und Abwägung der Integrationsund Baukosten mehrerer kleiner Unterkünfte im Vergleich zu den geplanten Großquartieren vorgenommen. Stichwort Kosten unzureichender Integration: Es gibt eine interessante Bertelsmann-Studie, gucken Sie doch einfach einmal in sie hinein. Zur Frage nach dem Stellenwert von frühzeitiger Integration der Flüchtlinge in die hiesige Gesellschaft wird auf ein Integrationskonzept verwiesen, das so alt ist, dass es die Herausforderungen der aktuellen Unterbringungskrise gar nicht berücksichtigt. All das ist kein Beleg dafür, dass hier ernsthaft an Lösungsoptionen gearbeitet wird.

(Dr. Monika Schaal SPD: Sie denken, wir drehen Däumchen, oder was?)

Das ist weder transparent noch sonderlich ehrlich, sondern entmutigend.

(Beifall bei der FDP und bei Philipp Heißner CDU)

Es gilt nun, Informationsdefizite aufzuarbeiten und klar und offen darzulegen, welche Vorschläge machbar sind und welche nicht, und zwar anhand von Fakten. Uns ist die Komplexität der Problemlage, glaube ich, allen in Gänze bewusst. Es muss nun darum gehen, Lösungen zu finden, die für den Großteil der Bürger in dieser Stadt tragbar sind. Dabei darf nicht der Eindruck entstehen, dass der Senat nur an seinen Expressbauplänen festhält, weil er ein Einlenken als Gesichtsverlust empfände.

(Ksenija Bekeris SPD: Haben Sie Ihr Zei- tungsabo abbestellt? – Wolfgang Rose SPD: Überheblich!)

Im Gegenteil, Sie haben die Gelegenheit, Einsicht zu zeigen, einzulenken und damit tatsächlich einmal Größe zu demonstrieren. "Das Wir entscheidet", war doch einst der Slogan der SPD. Zeigen Sie, dass das Wir Politik und Gesellschaft sind und Sie nicht die Sozialdemokraten damit meinten.

Es liegt nun vor allem an den Kollegen von RotGrün, unseren Vorschlag anzunehmen, es mit einer Mediation zu versuchen und für das große Ganze, für unsere Stadt, für die Bürgerinnen und Bürger und für die Flüchtlinge, die hier auf eine Zukunftsperspektive und Integration hoffen, das Richtige zu tun. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Philipp Heißner und Karin Prien, beide CDU – Dirk Kien- scherf SPD: Das machen wir!)

Das Wort bekommt Herr Dr. Dressel von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Da wir nun schon so viel über Protest und Kritik gehört haben, möchte ich mit einer Aussage des Vorsitzenden des Mietervereins zu Hamburg beginnen, die Sie im "MieterJournal" nachlesen können, ich glaube, Ausgabe 1/ 2016, wo er schreibt:

"Aus diesem Grund ist der Senat trotz des sich abzeichnenden Widerstands gut beraten, an seinem Vorhaben festzuhalten, die Express-Wohnungen umgehend zu errichten. Das schließt natürlich die Aufnahme guter und kreativer Vorschläge zur Zielumsetzung nicht aus. Es wird sich sehr schnell zeigen, dass der Bau der Express-Wohnungen nicht nur kurzfristig die Unterbringungsmisere der Flüchtlinge lindern und deren Integration fördern, sondern durch die neu entstandenen Wohnungen insbesondere der Wohnungsmarkt im unteren Preissegment entlasten wird. Und das wiederum kommt allen Hamburger Mieterhaushalten zugute."

Auch auf diese Stimme sollten wir hören.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Gerade in einer Debatte, die sich an eine Debatte anschließt, in der stark beschworen wurde, was wir alles für Mieter in dieser Stadt tun sollten, sollten wir auch immer einen Blick auf die Mietervertreter haben. Der Mieterverein vertritt immerhin 65 000 Mitgliedshaushalte. Addiert man das alles einmal, so haben wir viele Hunderttausend Mieterinnen und Mieter in dieser Stadt. Wir müssen immer an alle in dieser Stadt denken,

(Dennis Gladiator CDU: Dann sollten Sie es auch tun!)

das sollten wir alle in diesem Haus berücksichtigen.

(Jennyfer Dutschke)

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Jetzt erfolgte gerade ein Zwischenruf zu der rechtlichen Frage. Auch dazu haben sich in diesen Tagen Klarstellungen ergeben. Wir hatten vor einigen Wochen eine Entscheidung vom Oberverwaltungsgericht zum Fiersbarg. Wir hatten gestern eine, wie ich finde, sehr deutliche Klarstellung des Oberverwaltungsgerichts zum Anzuchtgarten. Auch da empfehle ich einfach einmal die Lektüre zur Entscheidung, liebe Opposition.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Anjes Tjarks GRÜNE – Zuruf von Dennis Gladiator CDU)

Es geht um die Anwendung des Paragrafen 246, Absatz 14.

(André Trepoll CDU: Das hat das Gericht doch gar nicht gemacht! – Karin Prien CDU: Das wurde nicht geprüft!)

Regen wir uns doch einfach einmal gar nicht so auf, sondern lesen wir die Oberverwaltungsgerichtsentscheidung und das, was dort zu der erstinstanzlichen Entscheidung des Verwaltungsgerichts steht. Ich glaube, das ist an Klarheit und Deutlichkeit auch für Sie nicht zu überbieten.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Auch bei den anderen inhaltlichen Punkten sollten wir die Fakten berücksichtigen. Über Dachgeschossausbau haben wir im Ausschuss und auch mit Herrn Schomacker und den Mitstreitern vom Dachverband geredet. Es gibt übrigens schon seit vielen Jahren Förderprogramme der Investitionsund Förderbank. In den Neunzigerjahren gab es eine große Inanspruchnahme auch im äußeren Bereich der Stadt, wo sehr viel gemacht wurde. Dort sind sehr viele Potenziale ausgeschöpft worden.

(Birgit Stöver CDU: Da geht noch mehr!)

Natürlich sollten wir gemeinsam weiter schauen, wo noch weitere Potenziale ausgeschöpft werden können. In der Bewertung dessen sind wir noch etwas unterschiedlicher Auffassung, aber es gibt Instrumente. Ob wir eine Unterbringungsleistung von vielen Tausend Menschen über Dachgeschossausbauten realisieren können, zweifeln wir allerdings erheblich an.

(Birgit Stöver CDU: Das ist nur ein Bau- stein!)

Es kann ein Beitrag sein, nicht mehr und nicht weniger. In diesem Rahmen halte ich das für vernünftig.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Kommen wir zu den Baulücken. Auch da muss man doch sehen, wie viele Baulückenprogramme es in den diversen Wohnungsbauoffensiven gegeben hat. Irgendwann, glaube ich, haben auch CDU-Senate versucht, Wohnungsbauoffensiven zu starten. Wir haben das schon vorher gemacht,

dann haben die anderen auch einmal ein paar Wohnungen realisiert. Man muss doch einmal zur Kenntnis nehmen, dass im inneren Bereich der Stadt schon so viele Baulücken geschlossen worden sind. Auch da können wir weiter schauen,

(Birgit Stöver CDU: Genau!)

was wir an Potenzialen heben können, aber auch das wird nicht allein ausreichen, um den Bedarf an Unterbringung und Wohnungszubau zu realisieren. Auch da müssen Sie einfach einmal die Fakten zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Dann zu dem Punkt, wir würden keine Flüchtlinge in normale Wohnungen integrieren wollen. Auch in diesem Punkt muss man sich die Realitäten ansehen. Die Realitäten sind, auch dank der Gesetzgebung, die wir gemeinsam in Berlin auf den Weg gebracht haben, künftig so, dass wesentlich mehr Flüchtlinge wesentlich schneller ganz normal wohnberechtigt für unseren Sozialwohnungsmarkt sind. Das wird dazu führen, dass viel mehr Flüchtlinge ganz normal in bestehende und auch in neue Sozialwohnungen integriert werden können. Und, by the way, das passiert doch schon überall, vor allem bei SAGA GWG, die seit Jahrzehnten eine unglaubliche Integrationsleistung für Menschen mit Migrationshintergrund erbringt und das weiterhin tun wird. Darauf können wir vertrauen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Wie hat sich dieses Programm entwickelt? Auch in diesem Punkt möchte ich Sie darum bitten, noch einmal ein wenig durchzuatmen und die Fakten zur Kenntnis zu nehmen. Im vergangenen Herbst sind wir in einer Phase gestartet, in der wir tatsächlich nicht genau wussten, wie wir durch das Jahr 2016 hindurch kommen. Denn hätte sich alles auf dem Niveau des Herbsts 2015 entwickelt, wäre das eine große Anspannung gewesen. Wir haben jetzt eine Atempause. Wie lange sie andauert, wird nicht in diesem Hause entschieden, sondern an den Außengrenzen, an vielen Stellen. Wir müssen bei all dem, was wir tun, eine Prognoseunsicherheit einkalkulieren. Es wäre voreilig, irgendwelche Dinge abzublasen, weil wir für diejenigen, die hier ankommen und eine Bleibeperspektive haben, die moralische und rechtliche Verpflichtung haben, eine ordentliche langfristige Unterbringung zu gewährleisten, und zwar am besten auch in ordentlichen Wohnungen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Zum Thema, wie sich die Planungen entwickelt haben, empfehle ich die Lektüre des "Hamburger Abendblatts" vom 20. April 2016 – Frau Dutschke, Sie haben dazu nichts weiter gesagt. Da kann man nämlich wunderbar sehen, wo überall vor Ort dis

kutiert wird, wo unsere Bezirkspolitiker diskutieren, wo die Behörden diskutieren, wo die Bürgerschaftsfraktionen diskutieren. Deklinieren wir das einmal durch und sehen wir uns die Fakten an. In Altona zum Beispiel war anfangs angedacht, den Expresswohnungsbau an einem Standort zu errichten. In der Bezirkspolitik hat es dann die Diskussion gegeben, das an dem einen Standort zu reduzieren und weitere Standorte zu entwickeln, um das dezentraler und kleinräumiger zu machen. Diese kluge Entscheidung aus Altona haben Sie nicht erwähnt, Frau Dutschke. Das wäre aber wichtig gewesen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Gehen wir auf der Karte weiter, gehen wir nach Eimsbüttel, Hörgensweg. Die Diskussion vor einigen Wochen in Eidelstedt haben Sie vielleicht zur Kenntnis genommen, bei der gesagt wurde, man wolle dort gleich ein gemischtes Quartier entwickeln, nicht nur Wohnungen für Flüchtlinge, sondern eine gemischte Situation mit 350 Wohnungen für Flüchtlinge und dann auch gemischte Bestände. Das zeigt doch, dass wir genau diese Anforderungen für gemischte, integrationsfreundliche, stadtteilverträgliche Lösungen wollen.

(Zuruf von Philipp Heißner CDU)

Da sollten Sie doch applaudieren.