Protocol of the Session on May 11, 2016

Deswegen kürzen wir das jetzt ab. In der Sache, das wurde bereits gesagt, gab es zwei Versäumnisse.

(Michael Kruse FDP: Bei Herrn Müller war es nur eins!)

Aus diesen Versäumnissen wurden die entsprechenden Konsequenzen gezogen; das haben Sie nicht hören wollen. Wir sind in der Sache froh, dass dieser Mann wieder hinter Gittern sitzt, übrigens wegen der guten Zusammenarbeit zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Als Nächster begehrt Herr Martin Dolzer von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

Ich möchte ausdrücklich Herrn Pein loben, denn es ist ihm gelungen, die Debatte zu versachlichen. Es geht ihm um das, was wir wirklich diskutieren müssen. Es stünde auch der Opposition und Ihnen, Herr Trepoll, gut zu Gesicht, sachliche Argumente auszutauschen.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Als ob ihr das machen würdet!)

Es ist nun einmal so, dass das Bundesverfassungsgericht 2004 und 2011 Entscheidungen getroffen hat, bei denen die Sicherungsverwahrung in

einem Spannungsfeld zwischen Sicherheitsbedürfnis und den Grundrechten der dort Inhaftierten, die es abzusichern gilt, steht. Genau in diesem Spannungsfeld hat auch das OLG eine Entscheidung getroffen und nicht zu Unrecht gesagt, die Anforderungen der JVA an die Sicherung mit fünf Beamtinnen und Beamten seien überproportional unverhältnismäßig und grenzten fast schon an eine Provokation, weil sie in der Praxis nicht einhaltbar seien. Wenn wir eine sachliche Debatte über das, was passiert ist, führen, müssen wir uns genau mit dieser Praxis auseinandersetzen und auch langfristig Perspektiven diskutieren. Auch das habe ich bei Ihnen, Herr Trepoll, wirklich vermisst. Schade, dass Sie mir nicht zuhören, sondern sich mit Ihrem Nachbarn unterhalten. Ich habe bei Ihnen auch vermisst, dass Sie überhaupt eine Perspektive aufzeigen, die jenseits einer Sackgasse von Ressentiments und Rücktrittsforderungen ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Als Nächste hat sich Frau Anna von Treuenfels-Frowein von der FDP-Fraktion gemeldet.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich finde es interessant zu sehen, wer hier wen verteidigt und vor allen Dingen auch nicht verteidigt. Sie meinen versachlichen; das fordern immer all diejenigen, die selbst nie sachlich sind, und immer dann, wenn es für sie brenzlig wird. Aber wollen wir jetzt einmal ein bisschen sachlich bleiben.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Ich kann das, wenn ich es will, das wissen Sie doch. Mir geht es – und wir haben dieses Thema auch angemeldet, und da kommt Herr Steffen nicht so einfach davon – um seine Verantwortung. Mir geht es nicht darum, ob Herr Tabbert etwas dazu sagt oder ob Herr Farid Müller einen Sofort-Senator fordert. Ich könnte jetzt meine fünf Minuten darauf verschwenden, das alles rhetorisch lustig abzuklappern. Aber wissen Sie was? Das möchte ich gar nicht. Ich möchte stattdessen sehr gern einmal beim Thema bleiben. Einzig und allein auf Sie, Herr Tjarks, könnte ich eingehen, wenn Sie mir unterstellen, ich wechsele meine Gründe.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Ja! Weil Sie nicht recht haben!)

Und wenn schon. Wissen Sie, wie viele Gründe es dafür gibt, dass Herr Steffen zurücktritt? Ich könnte Ihnen sehr viele nennen. Die Spitze seiner ganzen Skandale ist dieser Skandal. Es gibt so viele Gründe.

Wenn Sie schon den Vollzug so sehr loben, Herr Steffen, dann muss ich dazu sagen, dass viele innerhalb der Gefängnisse das gar nicht so sehen wie Sie, denn sie müssen jetzt auch noch Gewalt

(Dr. Anjes Tjarks)

von Gefangenen erdulden, weil sie zu wenig Personal und einen ziemlich hohen Krankheitsstand haben.

(Urs Tabbert SPD: Jetzt geht aber alles durcheinander!)

Da sagen Sie im Justizausschuss – in dem Sie auch nicht waren, Herr Tjarks –, Sie wüssten nicht, warum Ihnen niemand etwas sage. Und dann beschuldigen Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und sagen, Sie müssten das unbedingt aufklären. Heute bedanken Sie sich bei Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Diese Linie kann ich nicht so ganz verstehen, ich finde das ziemlich kläglich.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Fakt ist doch, dass Sie – dabei bleiben wir – eine ganze Reihe von Skandalen zu verantworten haben. Ein Beispiel ist der U-Bahn-Schubser. Man braucht dabei gar nicht polemisch zu werden. Ich könnte jetzt eine Black List herunterzitieren,

(Dirk Kienscherf SPD: Haben wir schon drei- mal gehört!)

dann wären meine fünf Minuten schon wieder um. Deswegen gibt es viele Gründe, warum jetzt einfach Ende mit Wende ist. Herr Steffen, wenn Sie jemanden, der Ihnen dienstlich untersteht, damit beauftragen, diesen Fall aufzuklären, was soll das denn wieder werden? Warum beauftragen Sie nicht jemand Externen mit der Aufklärung? Wieso muss es jemand sein, der zu Ihnen zumindest in beruflicher Beziehung steht? Das kann ich gar nicht verstehen. Es gibt dieses Sprichwort: Frösche werden nicht ihren eigenen Teich austrocknen. Genauso wird es in diesem Fall sein, und deswegen fordern wir diese Aktenvorlage.

Ich bin wirklich sehr erstaunt darüber, dass Herr Steffen sich in seiner Rede heute überhaupt nicht zu diesem Thema geäußert hat, sondern uns eine Vision davon gegeben hat, was er im Jahr 2020 erreichen möchte, und erzählt hat, was er schon erreicht hat. Das hört sich an, als habe er gerade sein Amt angetreten und wolle uns erklären, was er vorhabe. Zum Thema spricht er nur sehr kurz, nämlich dass es sehr komplex ist. Ja, das ist es auch, das weiß ich. Das haben wir auch verstanden, wir sind schließlich Juristen. Aber dass Sie sich aus der Verantwortung ziehen, lassen wir nicht zu. Deswegen haben wir das heute hier angemeldet. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Als Nächster erhält das Wort Herr Nockemann von der AfD-Fraktion.

Verehrtes Präsidium! Sehr geehrter Herr Dr. Tjarks, es ist wirklich erstaunlich, dass Sie mir das Recht absprechen, zum Thema

zu reden, weil ich im Ausschuss keine Frage gestellt habe. Aber Sie höchst selbst sind noch nicht einmal in diesem Ausschuss gewesen und meinen, Sie könnten die Bürgerschaft mit Ihren Thesen aufrollen.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Hab ich auch nicht gemacht!)

Das geht knallhart am Thema vorbei. Ich stelle im Innenausschuss die meisten Fragen.

(Kazim Abaci SPD: Was?)

Das können Sie nachlesen.

Wissen Sie, warum ich Herrn Steffen keine Fragen stelle? Weil er im Gegensatz zu Herrn Grote, dem neuen Innensenator, immer nur sagt: Weiß ich nicht, kann ich nicht, habe ich nicht, tut mir leid, das ist nicht mein Ding. Wenn Sie Herrn Grote etwas fragen – der erst ein paar Tage im Amt ist –, kann er Ihnen genau Auskunft geben. Das ist der Unterschied. Und da macht das Fragestellen auch Spaß, aber nicht bei jemandem, der immer sagt: Weiß ich nicht, ich bin substanzlos und völlig überfordert. Sehr geehrter Herr Senator, was Sie abgeliefert haben, war ein absolut substanzloses Schaulaufen, immer scharf am Thema vorbei.

Wie Herr Trepoll bereits erwähnt hat, haben Sie die eigene Behörde in, wie ich finde, unverhältnismäßiger Art und Weise kritisiert. Eigentlich sind Sie doch darauf angewiesen, dass Sie in der Behörde Vertrauen schaffen, denn dann greift auch einmal jemand, der eigentlich nicht zum Hörer greifen müsste, zum Hörer und informiert Sie. Was Sie aber gemacht haben, ist Porzellan zerschlagen. Damit werden Sie in Zukunft noch wesentlich weniger Rückhalt in Ihrer Behörde haben, aber auf das Vertrauen sind Sie bitterlich angewiesen.

Herr Tabbert erwähnte vorhin, es habe Fehler gegeben, weil man hier auch Neuland betreten habe.

(Urs Tabbert SPD: Ja!)

Neuland, ja, juristisches Neuland. Aber gerade wenn man Neuland betritt, muss man doch als Behördenleiter aktiv werden. Da muss man doch zusehen, was man veranlasst, damit dieses Neuland auch für die Verwaltungsbeamten handhabbar wird. Dann kann ich mich nicht auf meiner Lieblingsspielwiese bewegen und, wie gesagt, nicht in die Niederungen der Ebene gehen.

Sie, Herr Senator, haben vorhin angesprochen, es sei ein Knochenjob, im Strafvollzug tätig zu sein. Das ist es in der Tat. Wir bekommen sehr viel Besuch von Strafvollzugsbeamten, wir können das nachvollziehen. Um diesen Knochenjob etwas zu erleichtern, bedürfte es wesentlich mehr Personals, das Sie nicht zur Verfügung stellen. Sie können es vielleicht nicht zur Verfügung stellen, weil wir mit den Stimmen der FDP und der CDU eine Schuldenbremse haben, mit der man die Ausga

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein)

ben des Staates mindern wollte. Man wollte einen starken Staat zu einer Firma umgestalten, in der nicht die normalen Verwaltungsgrundsätze gelten, sondern eine Firma eben wie eine Firma arbeitet. Aber Sie haben keinen schlanken Staat geschaffen. Was Sie alle miteinander nicht nur in Hamburg, sondern in ganz Deutschland geschaffen haben, sind sogenannte Hungermodelle. Das sind Bundesländer, die nicht mehr in der Lage sind, ihre originären Aufgaben zu erfüllen. Sie sparen diesen Staat kaputt, und das Ergebnis sieht man in der zunehmenden Verfahrensdauer. Das allein kann man dem Senator nun wirklich nicht anlasten.

Vorhin kam Folgendes vielleicht ein bisschen zu kurz, weil meine Zeit um war; deshalb möchte ich es jetzt noch einmal genauer darlegen. Herr Bürgermeister, Sie persönlich tragen jetzt, nachdem diese mehrfachen, schweren Versäumnisse des Justizsenators offensichtlich geworden sind, die Verantwortung für jedes weitere Versäumnis in der Justizbehörde. Beim nächsten Fehler sind die bundespolitischen Ambitionen nämlich ausgeträumt. Deswegen: Entlassen Sie diesen Senator, bevor Sie von ihm herabgezogen werden.

(Beifall bei der AfD)

Jetzt erhält das Wort Richard Seelmaecker von der CDUFraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Kollegen! Lieber Urs Tabbert, ich war eben etwas erschrocken ob der angeführten Argumente, denn es hieß, jetzt sei alles gut. Das haben auch Sie, Herr Steffen, einleitend und auch vor dem Justizausschuss am vergangenen Montag zur Presse gesagt. Jetzt sei alles gut. Das ist doch die völlig falsche Herangehensweise. Erstens: Wir können doch nicht anfangen mit "jetzt ist gut". Zuerst wird fahrlässig ein Feuer entzündet, dann wird gelöscht und gesagt, wie toll man das Feuer gelöscht habe. Das ist doch eine Verdrehung der Tatsachen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Zweitens: Es war ein Chaos in der Behörde, im Übrigen auch in der Innenbehörde. Das sehen wir schon daran, dass die einberufene Fallkonferenz zunächst ohne Beteiligung der Innenbehörde stattfand. Also die Polizei war an der ersten Fallkonferenz gar nicht beteiligt. Das stellte man offenbar kurz danach fest und sagte, es müsse schnell eine neue Fallkonferenz geben. Dagegen ist nichts einzuwenden. Aber wie brenzlig die Lage war, kann man dem Vermerk entnehmen, in dem es heißt:

"Herrn B. wird dennoch eine hohe Rückfallgefahr hinsichtlich von Sexualstraftaten gegen Kinder und Jugend seitens des Gerichts

beziehungsweise der bestellten Gutachter prognostiziert."

Und jetzt kommt es, 22. April 2016, die hochoffizielle Mitteilung: