Die Entscheidung, dass der Mann auf Bewährung aus der Sicherungsverwahrung zu entlassen ist, weil nach Auffassung des Gerichts dessen Therapievorgaben nicht hinreichend umgesetzt worden sind, hat uns deshalb sehr besorgt. Wir müssen und werden nun selbstverständlich alles dafür tun, dass sich ein solcher Vorfall nicht wiederholt.
Wir werden außerdem alles daran setzen, um den Vorfall umfassend aufzuklären. Gesagt werden muss an dieser Stelle aber auch, dass ab dem Moment der Entlassung ein gutes und effektives Zusammenspiel der Sicherheitsbehörden dazu geführt hat, dass der Mann nunmehr wieder in Haft sitzt.
(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Mi- chael Kruse FDP: Der hätte doch gar nicht heraus gedurft!)
Der Justizsenator hat im Justizausschuss am Montag glaubhaft vermittelt, dass er durch entsprechende Anordnungen dafür Sorge getragen hat, dass sich ein solcher Vorfall in Zukunft nicht noch
einmal wiederholen kann. So werden künftig sämtliche Gerichtsbeschlüsse, die Sicherungsverwahrte betreffen, an die Aufsichtsabteilungen der Justizbehörde versandt. Zudem wird der Austausch zwischen Justizbehörde und der Justizvollzugsanstalt künftig weiter intensiviert werden. Das alles befreit nicht davon, den jetzt vorliegenden konkreten Einzelfall genau aufzuklären. Politische Effekthascherei, wie soeben geschehen, der Ruf nach Rücktritt,
wie die Kollegin von Treuenfels-Frowein das gestern gemacht hat, oder das Herbeireden chaotischer Zustände, auch chaotisches Verhalten der Opposition sind eher hinderlich, um den Fall genauer unter die Lupe zu nehmen.
So ernst zu nehmen solche Ereignisse sind und so viel Handlungsbedarf sie auch auslösen, muss doch eines im Mittelpunkt stehen: Sachlichkeit und kühler Verstand. Dabei sollten wir, und dabei meine ich vor allem die Opposition, der Versuchung widerstehen, in die üblichen Rituale zu verfallen, von Rücktrittsforderung bis Chaos-Vorwurf.
Verzeihung, Herr Tabbert, Sie sind wirklich kein leiser Redner, ich verstehe Sie aber kaum mehr. Meine Damen und Herren! Können Sie ein bisschen leiser werden, damit Herr Tabbert besser durchdringt?
Wenn es einmal zu einer derartigen Situation gekommen ist, die sich keiner von uns wünscht – und das unterstelle ich natürlich auch der Opposition –, so wurde heute in der "tageszeitung" noch einmal ganz gut aufgearbeitet, wie diese Rituale lauten. Und Sie halten sich genau an die Handlungsanweisung, die in der "tageszeitung" steht – sehr überraschend für CDU und FDP, das muss ich schon sagen.
(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Mi- chael Kruse FDP: Und in dem gleichen Arti- kel steht, dass der Senator fällig ist, wenn das noch einmal passiert!)
Ich habe vor dem Hintergrund der gestrigen Rücktrittsforderung der FDP einmal versucht, mir einen Überblick über die Entweichungen seit 2005 zu schaffen.
(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Immer schön zurück in die Vergangen- heit, Herr Tabbert!)
ansehen. Damals waren es ungefähr 20 Entweichungen, mittlerweile sind wir Gott sei Dank im niedrigen einstelligen Bereich. Das sage ich nur deswegen, weil es nicht angehen kann, ausgerechnet jetzt den Rücktritt des Senators zu fordern, in dessen Amtszeit es seit 2005 die wenigsten Entweichungen gegeben hat, und ihm auch noch ein angebliches Justiz-Chaos in die Schuhe zu schieben. In einem so kurzen Zeitraum hat noch kein Justizsenator seit 2000 so viele Stellen ermöglicht. Das zeigt doch eigentlich, worum es Ihnen als Opposition geht. Jedenfalls steht Sachorientierung bei Ihnen nicht im Vordergrund.
(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Mi- chael Kruse FDP: Schutz der Bevölkerung steht bei Ihnen nicht im Vordergrund!)
Zu behaupten, es habe vorher festgestanden, wie die Entscheidung genau ausgehen würde, kann, wenn man ehrlich ist, niemand von uns für sich in Anspruch nehmen. Jeder und jedem, die oder der den Beschluss gelesen hat, ist die Komplexität der Entscheidung bekannt. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts stellt insbesondere klar – und diese Klarheit gab es eben vorher nicht –, wie das rechtliche Zusammenspiel der einzelnen Akteure in Fällen wie dem vorliegenden zu funktionieren hat. Unklar war insbesondere, dass die Justizvollzugsanstalt verpflichtet gewesen wäre, Rechtsmittel gegen eine aus ihrer Sicht nicht tragfähige Entscheidung einzulegen. Hier wurde juristisches Neuland betreten. Die nunmehr eindeutig aufgearbeiteten gerichtlichen Vorgaben, die wir nicht infrage stellen und die für uns auch plausibel und voll vertretbar sind, müssen eins zu eins umgesetzt werden, damit daran kein Zweifel aufkommt.
Tatsächlich ist es zudem so, dass jede gerichtliche Entscheidung ihre Vorgeschichte hat, bei der sehr häufig verschiedene Interessen aufeinandertreffen. Die Justizvollzugsanstalt selbst war über einen langen Zeitraum hinweg immer darum bemüht – das muss man nämlich auch einmal sehen –, dem ehemals Sicherungsverwahrten verschiedene Therapieangebote zu machen und dessen Anspruch auf Resozialisierung entgegenzukommen.
Herr Tabbert, die Redezeit in der Aktuellen Stunde beträgt fünf Minuten. Ihre fünf Minuten sind abgelaufen.
(Zuruf: Es reicht! – Heiterkeit bei allen Frak- tionen – Michael Kruse FDP: Herr Tabbert, nichts passiert, Sie können sich wieder schlafen legen!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle, auch die Opposition, sind aufgerufen, uns konstruktiv und hart an der Sache orientiert bei der Aufklärung einzubringen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Seelmaecker, wenn man lange in Hamburg lebt, weiß man, dass Chaos in der Justiz in sich ein Widerspruch ist. Es gibt kein Chaos in der Hamburger Justiz, und das wissen Sie auch, und ich würde Sie herzlich bitten, das nicht herbeizureden, auch wenn es Ihnen in der Opposition in den Kram passt.
Und weil Sie sich so sicher fühlen, was die Hamburger denken und fühlen, haben Sie vielleicht die jüngste veritable NDR-Umfrage gelesen, in der sich 78 Prozent der Hamburgerinnen und Hamburger bei diesem Senat in Sicherheit fühlen. Das zeigt einiges an Ihrer Verbindung, die Sie noch in diese Stadt haben.
(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Mi- chael Kruse FDP: Die fühlen sich jedenfalls nicht mehr sicher!)
Aber jetzt kommen wir einmal zum eigentlichen Thema, denn es war schon sehr bezeichnend, dass Sie ein ganzes Jahr aufzählen müssen, um ganz zum Schluss den aktuellen Fall noch einmal am Rande zu erwähnen.
Das zeigt, dass Sie es auf alles hinausdehnen. Deswegen werde ich mich auf den aktuellen Fall beschränken. Senator Till Steffen hat nämlich sofort und entschlossen gehandelt; vielleicht ist das noch nicht allen Kollegen bekannt.
Am 1. März 2016 hat er veranlasst, dass gegen das Urteil des Oberlandesgerichts sofort Beschwerde eingelegt wird. Am 1. März 2016 hat er ebenfalls sofort eine Untersuchung im Haus ange
schoben, die jetzt, wie wir alle wissen, zu einer weiteren Untersuchung geführt hat. Nach dem Urteil hat er aber außerdem sofort veranlasst, dass diese maßgeblichen Urteilsbestandteile sofort Politik des Hauses in der Hamburger Justiz werden, und zwar auf allen Ebenen. Er hat ferner sofort veranlasst, dass alle vollzugsrelevanten Informationen zu Sicherheitsverwahrten in dieser Stadt in der Aufsichtsbehörde landen und dort regelmäßig besprochen werden.
Er hat weiter angeordnet, dass sämtliche Gerichtsurteile zu Sicherungsverwahrten ab sofort auch der Aufsichtsbehörde vorgelegt werden. Er hat weiter angeordnet, dass nun die Vorgangsaufarbeitung der Leiterin der Personalabteilung überantwortet wird, und zwar inklusive der Frage von Disziplinarverfahren. Mit der anstehenden Freilassung hat er ebenfalls in Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden veranlasst und sichergestellt, dass hier die elektronische Fußfessel zum Tragen kommt
und dass die Auflagen so gestaltet sind, wie wir sie jetzt erlebt haben, und die berechtigt waren. Die Realität hat bei diesem Menschen gezeigt, dass die Auflagen innerhalb weniger Tage sozusagen missachtet worden sind, was zu dem Ergebnis geführt hat,