Meine Damen und Herren! Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein, dann können wir beginnen. Die Sitzung ist eröffnet.
Bevor wir in die heutige Tagesordnung einsteigen, möchte ich gern Geburtstagsglückwünsche an unseren Kollegen Hauke Wagner richten. Lieber Herr Wagner, im Namen des ganzen Hauses alles Gute zum Geburtstag.
Bevor wir nun gleich mit der Aktuellen Stunde beginnen, möchte ich Ihnen vorab noch mitteilen, dass die Fraktionen abweichend von der Empfehlung des Ältestenrats übereingekommen sind, die Tagesordnung um weitere Punkte zu ergänzen. Hierbei handelt es sich zum einen um die Deputationswahl aus Drucksache 21/4326, die als Punkt 3a nachträglich in unsere Tagesordnung aufgenommen wurde; die Drucksache liegt Ihnen vor. Und des Weiteren sind die Fraktionen übereingekommen, die Drucksache 21/4421 in die heutige Tagesordnung aufzunehmen. Auch diese Drucksache liegt Ihnen vor. Die Fraktionen sind übereingekommen, über diese Drucksache am Ende des heutigen Sitzungstags zu entscheiden.
Des Weiteren teile ich Ihnen mit, dass bei TOP 34 unserer Tagesordnung die antragstellende Fraktion DIE LINKE ihren Antrag aus Drucksache 21/ 4189 zurückgenommen hat.
Falsche Richtung des Senats in der Wohnungspolitik: zu viel teure Wohnungen, zu wenig Schutz für MieterInnen mit geringem Einkommen
Gerade jetzt: Hamburg steht für die Grundwerte der Europäischen Union: Freizügigkeit, Toleranz und Solidarität
Die Fraktionen sind übereingekommen, das erste und vierte Thema gemeinsam debattieren zu wollen. Zu dieser Debatte rufe ich nun auf. – Das Wort bekommt Herr Seelmaecker von der CDU-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Senator Steffen, Sie sind knapp ein Jahr lang im Amt und seit Ihrem Amtsantritt reiht sich ein Justizskandal an den nächsten. Immer wenn wir denken, es könne nicht schlimmer kommen, kommt es schlimmer. Und das ist auch nur die Spitze des Eisbergs, den Sie und dieser Senat in der Justizpolitik träge wie die Titanic gerammt haben.
Ich will nur kurz die drei wesentlichen Fälle ansprechen. August 2015: Entlassung zweier verurteilter Totschläger aus der Untersuchungshaft wegen unverhältnismäßig langer Verfahrensdauer. Ihr erster Kommentar, Herr Senator, war: "Ich bin sehr beunruhigt." Ihr zweiter Kommentar: "Selbstverantwortung des Landgerichts. Sie haben gerade eine Baukammer eingerichtet." Auf Deutsch übersetzt heißt das, das Landgericht kann sich nicht ordentlich organisieren. Unglaublich.
Oktober 2015: Entlassung eines wegen versuchten Totschlags in der Untersuchungshaft sitzenden Gefangenen. Zur Erinnerung: Dieser Mann hatte mehrfach in einem Bus auf einen anderen Passanten mit einem Messer eingestochen.
Und last, but not least im Mai 2016 der traurige Höhepunkt: Entlassung eines wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in fünf Fällen verurteilten Sicherungsverwahrten, dem Gericht und Sachverständige attestiert hatten – ich zitiere –:
"Homosexuell dominierte Pädophilie, schwere dissoziale Persönlichkeitsstörung und Alkohol- und Cannabismissbrauch".
Hochgefährlich und nicht therapiert. Der Fall ist rund ein Jahr lang nicht ordentlich behandelt worden. Ihr Kommentar im Ausschuss am Montag dazu war, Landgericht und Oberlandesgericht hätten früher anders entschieden, JVA und Staatsanwaltschaft hätten handeln müssen, und Sie seien erst im März 2016 informiert worden. Dabei verschweigen Sie geflissentlich, dass Sie die Aufsichtsbehörde über Justizvollzugsanstalt und Staatsanwaltschaft leiten. Sie schlagen sich seitlich in die Bü
sche. Sie suchen die Verantwortung bei den überlasteten Mitarbeitern und versuchen sich zu retten, indem Sie immer neue Kommissionen einsetzen. U-Bahn-Schubser aus Berlin-Untersuchungskommission; Justizvollzugsreform-Untersuchungskommission; Sicherungsverwahrter-Untersuchungskommission. Die Verantwortung eines Hamburger Senators sieht anders aus.
Wollen Sie wissen, was die Bürger dieser Stadt denken? Warum bekommt der Steffen die Sicherheit hier nicht in den Griff? Und wollen Sie wissen, was die Mitarbeiter im Vollzug, die Richter dieser Stadt und die Staatsanwälte denken? Sie denken, warum der Steffen die Sicherheit nicht in den Griff bekommt. Und wollen Sie letztlich wissen, was die Polizisten denken? Warum halten wir unseren Kopf hin, wenn die Justiz wegen Fehlern dauernd schwere Straftäter auf freien Fuß setzt?
Diese grün gestaltete und rot geduldete Justizpolitik der Stadt mit Ihnen als Kapitän an der Spitze ist zum Sicherheitsrisiko geworden, nichts anderes. Und wenn schon Ihre eigene Behörde Sie nicht rechtzeitig informiert, lesen Sie doch wenigstens die Zeitung; da steht es drin.
Herr Senator, in Hamburg droht nicht ein Chaos in der Justiz, wir haben bereits ein Chaos in der Justiz, sonst würden sich die Fälle nicht so häufen. Die Überlastung ist unerträglich und dagegen müssen wir etwas tun. Sie müssen etwas dagegen tun.
Wir sind doch in Hamburg keine Bananenrepublik. Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger ist so erheblich erschüttert, wozu Sie mit Ihren Fehlern, mit Ihren Versäumnissen in der Amtsführung und auch mit Ihrer katastrophalen Kommunikation beigetragen haben. Hören Sie endlich auf, bei sinnlosen Podiumsdiskussionen mitzumachen, wo es um die Legalisierung von Cannabis geht, hören Sie auf, wiederholte absichtliche Schwarzfahrer entkriminalisieren zu wollen, und hören Sie auch auf, die Verantwortung bei anderen zu suchen.
Sie müssen sich endlich um die Justizpolitik in Hamburg kümmern, um die wesentlichen Dinge. Es muss eine Entlastung stattfinden, es darf keine Entlassung schwerer Krimineller mehr stattfinden und letztlich müssen Sie zusehen, dass Sie die Probleme in Hamburg lösen und nicht Ihren Wünschen in Berlin nachgehen.
Herr Senator, ab heute sind Sie Senator auf Bewährung. Und weil wir fürsorglich sind, stellen wir Ihnen zwei Bewährungshelfer an die Seite,
nämlich Herrn Bürgermeister Scholz und den Fraktionsvorsitzenden Dressel. Mit ihnen haben Sie zwei Leute, die aufpassen und auch Mitverantwortung für die Zukunft tragen.
Ihre Bewährungsweisungen und -auflagen – keine freigelassenen Straftäter mehr, eine gewissenhafte Amtsführung und eine ordentlich arbeitsfähige Gerichtsbarkeit – sind ein weiterer Skandal, Herr Steffen, und wir werden diese Bewährung widerrufen. Dann können Sie sich beruflich neu orientieren. – Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor knapp zwei Wochen hat das Hanseatische Oberlandesgericht entschieden, dass ein in der Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel Sicherungsverwahrter auf Bewährung zu entlassen ist. Die Haftstrafe hatte der Mann zwar schon 2008 vollständig verbüßt, allerdings wurde nach der Haftstrafe sein Verbleib in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Sicherheit im Justizvollzug hat für uns oberste Priorität.
Die Entscheidung, dass der Mann auf Bewährung aus der Sicherungsverwahrung zu entlassen ist, weil nach Auffassung des Gerichts dessen Therapievorgaben nicht hinreichend umgesetzt worden sind, hat uns deshalb sehr besorgt. Wir müssen und werden nun selbstverständlich alles dafür tun, dass sich ein solcher Vorfall nicht wiederholt.