Protocol of the Session on March 2, 2016

und uns gemeinsam in diesem Stadtmodell treffen.

(Jörg Hamann CDU: Ich habe schon welche gemacht! Erkundigen Sie sich mal! – André Trepoll CDU: Die Vorschläge von Herrn Ha- mann sind doch bekannt!)

Dann sehen wir, Herr Hamann, welche zusätzlichen Flächenvorschläge Sie machen. Denn das ist relevant, um die Grundrechte, die unteilbar sein sollen, auch umzusetzen, Herr Hamann. Ich habe versucht, die ausgestreckte Hand Ihrer Fraktion zu ergreifen, Herr Hamann,

(Zuruf von Jörg Hamann CDU)

während Sie hier nur herumkrakeelen. Ich weiß nicht, ob das in dieser Debatte zielführend ist.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Abschließend möchte ich Folgendes sagen: Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass man sich dann auf eine gemeinsame Realität verständigt. Die Realität wirft auch die Frage auf, wie viele Flüchtlinge am Ende des Tages kommen werden. Wir alle sind keine Propheten; das wird man vielleicht im Mai oder Juni besser sehen können. Nur hilft es halt nicht, Herr Hamann, dass Ihr Parteivorsitzender, Herr Heintze, gesagt hat, die Zahlen des Senats seien falsch. So lässt er sich im "Hamburger Abendblatt" zitieren, und auf Nachfrage konnte Herr Heintze leider keine anderen Zahlen nennen.

(Zuruf von Jörg Hamann CDU)

Das hilft einem dann auch nicht weiter in der Sache, sondern man muss schon seriös planen und mit den Menschen, die kommen, umgehen. Wenn wir da auf einem gemeinsamen Weg sind, kommen wir auch zu einem gemeinsamen Ergebnis. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Frau Suding von der FDP-Fraktion bekommt das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt unzählige Protestinitiativen, die sich in den Stadtteilen über ganz Hamburg hinweg gegründet haben, Dutzende von Klagen gegen Flüchtlingsunterkünfte, nicht wenige davon erfolgreich, rapide sinkende Umfragewerte für die regierende SPD bei gleichzeitigem Erstarken der Extremen am rechten Rand, und nun den Start einer Volksinitiative gegen die Flüchtlingspolitik des Senats, die offenbar schon am ersten Wochenende weit mehr als die notwendigen 10 000 Unterschriften erreicht hat. All das ist die verdiente Quittung für diesen rot-grünen Senat, die er für unterlassene und ausgehebelte Bürgerbeteiligung, für seine Basta-Politik und die offen zur Schau getragene Hilfs- und Konzeptlosigkeit erhalten hat.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Das ist ein furchtbar lauter Warnschuss, den auch dieser Senat nicht mehr überhören kann und darf. Mit der Augen-zu-und-durch-Politik dieses Senats muss jetzt endgültig Schluss sein. Wir wollen, dass sich der Senat nun endlich ernsthaft mit der Frage auseinandersetzt, wie Integration nachhaltig gelingen kann. Der Bau von Großsiedlungen in dafür völlig unzureichender Infrastruktur ist jedenfalls die absolut falsche Antwort. So leicht dürfen Sie auf den Senatsbänken es sich nicht machen.

Wir teilen die Sorgen, die sich die vielen Initiativen unter dem Dachverband Hamburg für gute Integration machen. Auch wir wollen darauf hinwirken, dass Flüchtlinge dezentral in möglichst kleinen Einheiten untergebracht werden. Auch wir befürchten, dass die vom Senat geplanten Großunterkünfte Integration fast unmöglich machen. Und auch wir machen uns deshalb Sorgen, dass in den Stadtteilen Parallelgesellschaften entstehen, die ein gemeinschaftliches Miteinander von neuen und angestammten Bewohnern so gut wie unmöglich machen. Die Aufenthaltsdauer in den Zentralen Erstaufnahmeeinrichtungen zu verkürzen, die Zahlen der Menschen pro Unterkunft zu verringern und einen räumlichen Abstand zwischen größeren Unterkünften zu halten finden wir sinnvoll. Diese For

(Dr. Anjes Tjarks)

derungen unterstützen wir übrigens auch, wie Sie wissen, schon lange mit Initiativen in diesem Haus.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Welche denn?)

Ob die im Text des Dachverbands genannten Beschränkungen aber tatsächlich 1:1 umgesetzt werden können und ob eine so strikte Festlegung sinnvoll ist angesichts der Tatsache, dass wir heute noch gar nicht wissen, wie viele Menschen morgen zu uns kommen werden, das kann und muss sicherlich hinterfragt werden.

Und darin sind sich offenbar alle Redner bisher einig, dass Grundrechte nicht verhandelbar sind.

(Beifall bei der FDP)

Die Zielrichtung der Forderung der Initiative stimmt jedenfalls. Auch die Forderung nach einer besseren Kooperation der norddeutschen Länder bei der Flüchtlingsunterbringung und nach einem neuen bundesweiten Schlüssel für die Verteilung von Flüchtlingen, der auch die besondere Situation von Stadtstaaten berücksichtigt, unterstützen wir. Deshalb ist es gut, dass mit der Gründung des Dachverbands "Hamburg für gute Integration" und der Anmeldung dieses Volksentscheids die öffentliche Debatte jetzt noch einmal weiter an Fahrt aufgenommen hat. Sie ist nämlich wichtig für Hamburg, weil sie den Fokus der Öffentlichkeit auf eine für diese Stadt so zentrale Frage lenkt und Druck auf den Senat ausübt.

Dennoch sehen wir einen Volksentscheid in dieser Frage sehr kritisch. Ich denke, es gibt in diesem Hause wohl niemanden – vielleicht einmal abgesehen von den Kollegen auf der ganz rechten Seite des Hauses –, der, falls es denn in dieser Sache so weit kommt, nicht zumindest große Bauchschmerzen hat. Es braucht nicht wirklich viel Fantasie, um sich auszumalen, dass die komplexen Inhalte am Ende auf die Frage heruntergebrochen werden könnten: Flüchtlinge Ja oder Nein? Daraus werden vor allen Dingen diejenigen Honig saugen, die schon jetzt am rechten Rand sitzen und die Flüchtlingsdebatte als Geschenk bezeichnen. Die Volksinitiative wird sich daher auch am Ende daran messen lassen müssen, ob sie ihr selbst gestecktes Ziel erreicht, die AfD und ähnliche Gruppen fernzuhalten.

Der Volksentscheid wird jedoch kommen, wenn der Senat nicht endlich von seinem hohen Ross steigt und sich verhandlungs- und kompromissbereit zeigt. Das gestern vom Bürgermeister vorgestellte Stadtmodell ist jedenfalls nicht dazu geeignet, die Bürgerinnen und Bürger jetzt noch wirklich einzubinden. Auf Dauer wird es auch nicht ausreichen, nur die Fraktionschefs von SPD und GRÜNEN ins Feld zu schicken; da muss dann schon der Bürgermeister selbst ran. Deshalb werden wir unseren Druck auf den Senat weiter erhöhen und ihn erneut nachdrücklich dazu auffordern, seine Basta-Politik zu beenden, die berechtigten Sorgen

der Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt ernst zu nehmen und auf die Forderungen der Initiative einzugehen. Tun Sie das nicht, dann riskieren Sie die Entstehung von Parallelgesellschaften. Sie würden damit einen riesengroßen Fehler machen, der unsere Stadt über viele Jahrzehnte zum Schlechten verändern würde. Lassen Sie es nicht so weit kommen! – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort bekommt Herr Nockemann von der AfD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das von der LINKEN angemeldete Thema, Hamburg, Stadt des Ankommens, alle sind gefragt, Grundrechte sind nicht verhandelbar, ist einmal wieder ein typisches Beispiel für eine naive und unkritische Willkommensromantik, die weder die Stimmungslage noch die Realität in dieser Stadt und in Deutschland widerspiegelt.

(Beifall bei Dr. Alexander Wolf AfD)

Im Gegensatz zu Ihnen sind wir in diesen Zeiten der Massenzuwanderung der Auffassung, dass Hamburg nicht nur eine Stadt des Ankommens sein darf, sondern für diejenigen, die kein Daueraufenthaltsrecht haben, in der Tat auch eine Stadt des Abschiednehmens ist. Wenn ich dann sehe, dass sich über 7 000 ausreisepflichtige Flüchtlinge in dieser Stadt aufhalten, dann ist das in der Tat ein gewaltiges Versäumnis seitens des Senats. Dieser Senat hat seine Hausaufgaben nicht gemacht. Und wenn DIE LINKE sagt, alle seien gefragt, dann kann ich in diesem Zusammenhang nur Folgendes sagen: Hier hat Frau Schneider wieder deutlich gemacht, was sie von Menschen hält, die ihre eigenen Rechte als selbstbewusste Bürgergesellschaft wahrnehmen, die sich organisieren und innerhalb kürzester Zeit über 10 000 Unterschriften zusammenbringen. Frau Schneider, dass Ihnen das nicht passt, ist mir klar. In diesem Zusammenhang aber noch einmal eine ausdrückliche Gratulation an diese Bürgerinitiativen,

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Darüber freuen die sich sehr!)

die es geschafft haben, diese Unterschriften so schnell zu sammeln. Niemand lässt sich von Ihrer linkselitären Arroganz, Frau Schneider, beeindrucken. Wenn Sie die Bürger, auch die in den Bürgerinitiativen, nicht mitnehmen, dann schadet das der Akzeptanz der Flüchtlingsunterbringung in dieser Stadt, dann schadet es auch der Integration.

Sehr geehrter Herr Dr. Dressel, es überrascht mich natürlich nicht, dass Sie im Angesicht dieses Drucks, der von den Bürgerinitiativen ausgeht, jetzt plötzlich Gesprächsbereitschaft signalisieren. Die

(Katja Suding)

se haben Sie über ein Jahr deutlich vermissen lassen. Sie haben alle möglichen Rechte der Bürger, der Bezirksversammlung in dieser Stadt eingeschränkt, Mitwirkungsrechte eingeschränkt, bis zur Einschränkung von Grundrechten, als es darum ging, Baumärkte zu beschlagnahmen, und jetzt plötzlich sagen Sie, man könne es nur gemeinsam schaffen. Hätten Sie das eher gemacht, dann müssten Sie sich jetzt nicht mit Bürgerinitiativen auseinandersetzen.

(Beifall bei der AfD)

Frau Suding, auch meine Fraktion hat Bauchschmerzen, wenn wir sehen, dass Flüchtlinge oder Flüchtlingsfamilien nicht angemessen untergebracht werden. Dieses Recht können Sie nicht ausschließlich für sich und die anderen Parteien in diesem Raum reklamieren.

(Beifall bei Dr. Alexander Wolf und Dr. Jörn Kruse, beide AfD – Zuruf von Christiane Schneider DIE LINKE )

Grundrechte sind nicht verhandelbar. Artikel 12 ist auch für mich nicht verhandelbar. Aber Sie von der LINKEN wollen etwas völlig anderes. Sie wollen jeden Flüchtling, der nach Deutschland kommt, egal auf welchem Wege, egal ob legal oder illegal, hierbehalten, und das, muss ich Ihnen sagen, fällt nicht unter den Regelungsgehalt des Artikel 12.

Ich will Ihnen einmal sagen, was für uns nicht verhandelbar ist, nämlich dass ein Staat seine Grenzen dauerhaft öffnet. Grenzen müssen behutsam und kontrolliert geöffnet werden.

(Farid Müller GRÜNE: Die waren letztes Jahr offen!)

Was im Augenblick passiert, ist fortwährender Rechtsbruch.

Für nicht verhandelbar halten wir darüber hinaus, dass grundlegende demokratische oder zentrale Prinzipien dieses Rechtsstaats ausgehebelt werden, dass Gewaltenteilung im Zusammenhang mit Flüchtlingen überhaupt nicht mehr stattfindet, sondern dass Frau Merkel eine Art One-Woman-Show macht und die Grenzen in Deutschland ungehindert für den Zugang offen lässt. Das ist für uns nicht verhandelbar.

(Beifall bei der AfD)

Es ist für uns auch nicht verhandelbar, wie Herr Seehofer es sagt, dass es in Deutschland mittlerweile Räume gibt, in denen Recht und Ordnung nicht mehr gelten.

(Dirk Kienscherf SPD: Meinen Sie Sach- sen?)

Auch deswegen müssen wir die Massenzuwanderung nach Deutschland begrenzen. Es ist nicht verhandelbar, dass die uneingeschränkte Funktionsfähigkeit dieses Staats – sie leidet im Augenblick –

über dem Artikel 16a des Grundgesetzes steht. Denn – das ist natürlich die normale Logik – wenn die Funktionsfähigkeit dieses Staats eingeschränkt wird, dann haben wir auch Probleme, um das Asylgrundrecht durchzusetzen.

Darüber hinaus sind nicht verhandelbar die Gleichberechtigung von Mann und Frau, die Trennung von Staat und Religion und die Sicherheit und Stabilität in diesem Staat. Meine Fraktion hat ganz erhebliche Bedenken, ob im Zuge dieser gigantischen Zuwanderungswelle diese Grundrechte auf Dauer nicht unter die Räder kommen. Warum sonst sagt die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Frau Özoguz, die Bedingungen des Zusammenlebens in Deutschland müssten täglich neu ausgehandelt werden? Das ist doch Nonsens, das ist doch Mumpitz. Die Grundlagen des Zusammenlebens ergeben sich aus der Verfassung. Wenn man die Grundlagen des Zusammenlebens täglich neu aushandeln muss, dann legt man die Axt an diesen Rechtsstaat.

(Beifall bei der AfD – Glocke)

Herr Nockemann, ein allerletzter Satz, bitte.