Kanadische Miteigentümer des Flughafens könnten wegen eines Nachtflugverbots oder weiterer menschenschonender, gesundheitsfördernder Regelungen, die wir in Hamburg haben, klagen. Private Bildungsanbieter könnten wegen der Förderung von Hochschulen klagen, Medien- und Eventkonzerne wie unsere in Hamburg ansässigen Musical-Konzerne könnten wegen der Förderung von Theater und Kultur klagen und entsprechend die gleiche Förderung beanspruchen. Das sind alles Punkte, über die Sie gern lachen können. Das ist aber nicht zum Lachen, sondern etwas, das die Bürgerinnen und Bürger und die Verbände, die ich vorhin aufgezählt habe, besorgt. Ihnen müssen wir ein Ohr schenken und sie nicht einfach ignorieren.
Das kann auch die Förderung von Krankenhäusern und auch die Förderung von mittelständischen Unternehmen betreffen. Gerade die FDP oder die CDU müssten da doch hellhörig werden. Es sind wirklich nur die großen Konzerne, die bevorteilt werden. Sehen Sie sich die Folgen von NAFTA an. Die regionale Förderung der kleinen und mittelständischen Unternehmen könnte durch CETA ausgehebelt werden. Das ist gravierend, das dürfen wir nicht übersehen.
Jetzt komme ich zu einem Punkt, der leider selten benannt wird, wenn es um Abkommen wie CETA und TTIP geht. Ihre Ratifizierung würde dazu führen, dass die durch diese Abkommen ausgelösten Konkurrenz- und Preiskämpfe die Ökonomien und Gesellschaften in Afrika und im Mittleren Osten noch stärker als jetzt ruinieren werden und auf beiden Seiten des Atlantiks naturschonend wirtschaftende Bauernhöfe massenhaft zur Aufgabe gezwungen werden. Wer sich jetzt also nicht gegen CETA und TTIP stellt, provoziert weitere Destabilisierungen und Unruhen und ist deshalb auch insgesamt mitverantwortlich für die nächsten großen Flüchtlingsströme, die absehbar hierher kommen werden.
Ich wiederhole es noch einmal: Wenn wir jetzt nicht stopp zu CETA sagen, dann entmachten wir die Parlamente und liefern die Menschen den Interessen großer Konzerne weitgehend schutzlos aus. DIE LINKE fordert deshalb dazu auf, auf Bundestags- und Bundesratsebene darauf hinzuwirken, dass eine Ratifizierung des CETA-Abkommens nicht zustande kommt. Das ist unsere Pflicht, ansonsten entmachten wir uns selbst. – Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lässt man die beiden vergangenen Tage Revue passieren, gewinnt man den Eindruck, dass die Links-Fraktion einen Neuzugang bekommen hat, und zwar eine Kristallkugel in der letzten Reihe, die die absolute Wahrheit für sich gepachtet hat, aber nur zugänglich für Abgeordnete der LINKEN ist.
Ich muss ganz ehrlich sagen, ich fand einen der Schlusssätze von Herrn Dolzer, in dem er einen Zusammenhang zwischen CETA und den Flüchtlingsströmen hergestellt hat, mehr als fahrlässig.
Die Schriftliche Kleine Anfrage der LINKEN im Deutschen Bundestag hat ergeben, dass der zu gründende Hauptausschuss für CETA nur begrenzte Kompetenzen hat, die größtenteils technischer Natur sind, und dass der Hauptausschuss überhaupt keine Befugnis hat, völkerrechtlich verbindliche Entscheidungen über eine Änderung der Anhänge, der Protokolle und der Anmerkungen von CETA zu treffen. Er kann lediglich Empfehlungen an die Vertragsparteien aussprechen.
Die Wirtschaftsminister der norddeutschen Länder haben zu TTIP und CETA eine Erklärung abgegeben, die ich in dem Zusammenhang für sehr wichtig halte, weil sie verdeutlicht, dass es unglaublich viele Geschichten über diese Sache gibt, die immer mit "Könnte" und "Würde" anfangen.
Niemand hat jemals darüber nachgedacht, ob dieses "Könnte" und "Würde" eigentlich auch der Realität entspricht.
Die Wirtschaftsminister haben gesagt, es sei auch aus Sicht der Bundesländer wichtig, dass es einer demokratischen Legitimierung bedarf – das ist das eine – und dass es ihnen wichtig sei, dass die Beteiligung des Bundesrats in allen Fragen unabdingbar ist. Ich denke, das ist doch schon eine Aussage, bei der man dieses "Könnte" und "Würde" dann auch zu den Legendenbildungen packen kann.
Der Parteitag der SPD Hamburg hat am 19. September einen Antrag zu TTIP und CETA verabschiedet. Ein paar Punkte aus diesem Antrag möchte ich noch einmal deutlich machen und damit auch, wie die SPD in dieser Frage denkt. Zum einen geht es um die Investor-Staat-Schiedsverfahren. Da heißt es:
"… in jedem Fall sind Investor-StaatSchiedsverfahren und unklare Definitionen von Rechtsbegriffen, wie 'Faire und Gerechte Behandlung' und 'indirekte Enteignung' abzulehnen."
"[…] im Bereich der nicht-tarifären Handelshemmnisse die Sicherheit höchster Verbraucher-, Umwelt-, Sozial- und Gesundheitsstandards; beispielsweise ist der EU-Standard, dass Babynahrung absolut frei von Pestiziden sein muss, unbedingt zu über
Ich denke, das sind Bereiche, bei denen deutlich wird, dass wir uns diese Beschlüsse nicht leicht gemacht haben. Und wir sagen – das ist auch ein Punkt, den Herr Dolzer angesprochen hat –, dass die Bereiche der kommunalen Daseinsvorsorge wie Energie, Wasserversorgung, Abwasserentsorgung, Abfallentsorgung, ÖPNV, Bildung, Gesundheit und Kultur nicht verhandelbar sind. Vertragsklauseln, die eine Rekommunalisierung einmal privatisierter Bereiche verbieten, sind auszuschließen.
Und – auf diese Punkte weisen immer wieder viele in der Diskussion hin – auch den Verzicht auf außergerichtliche Investor-Staatsklage-Schiedsverfahren sowie die in diesem Zusammenhang vorgesehenen einklagbaren Rechte, den Verzicht auf die Einrichtung eines Regulatorischen Rats und eines sogenannten Regulatorischen Mechanismus vor Verabschiedung von Gesetzen in den USA und in der EU gibt es.
Abschließend möchte ich ein paar Bemerkungen zum Petitum der Links-Fraktion machen. Ein solches Petitum hat man lange nicht gelesen, um es einmal deutlich zu sagen. Es besteht aus zwei Sätzen. Der erste Satz lautet, wir sollten mit unseren Bundestagsabgeordneten darüber reden. Ich denke, jeder Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft redet mit seinen Bundestagsabgeordneten. Da ist nun natürlich die Rolle der FDP und die der AfD besonders misslich, weil sie keine Bundestagsabgeordneten haben, mit denen sie reden können, aber die sind dafür auch nicht zuständig.
Es werden hier in einer relativ populistischen Art und Weise Ängste, die man nicht richtig belegen kann, geschürt. Dann könnten wir alle eine Delegationsreise vor das kanadische Parlament machen, vielleicht hätte das auch eine hohen Unterhaltungswert.
Wir werden diesen Antrag ablehnen. Und damit endet meine Rolle als außenpolitische Sprecherin heute. – Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube schon, dass der Ansatz von Herrn Dolzer, in diesem Hause einmal über ein solches gemisch
tes Abkommen nach Artikel 59 Absatz 2 Grundgesetz zu reden, durchaus sinnvoll ist. Hamburg hat im Bundesrat zusammen mit einigen anderen Bundesländern, bei denen die GRÜNEN jeweils in der Regierung vertreten sind, einen Antrag in den Bundestag eingebracht, dass festzustellen sei, ob CETA und TTIP Verträge sind, die nach Artikel 59 Absatz 2 Grundgesetz durch den Bundesrat zustimmungspflichtig sind.
Ich finde, wenn Hamburg im Bundesrat politisch tätig wird, dann sollte meines Erachtens zumindest über die Grundzüge dessen, was Hamburg im Bundesrat abstimmen will, in diesem Hause gesprochen werden. Es ist zudem traurig, dass unser Wirtschaftssenator – wahrscheinlich weiht er mal wieder eine Busbeschleunigungsspur ein – gerade nicht anwesend ist.
Aber eigentlich sollten wir zu einem solch wichtigen Thema hier auch sprechen, insbesondere, wenn es um Hamburg als Logistikdrehscheibe geht; ich glaube, da kommt eine ganze Menge Positives auf uns zu. Und wir sollten hier eine Art von demokratischer Resolution abgeben.
Erlauben Sie mir zu dieser etwas späteren Zeit, auf den Antrag von Herrn Dolzer einzugehen, denn er öffnet doch die eine oder andere Möglichkeit, die parlamentarische Diskussion zu führen. Lieber Herr Dolzer, das alles erinnert ein bisschen sehr an die Neunzigerjahre, als wir über Biotechnologie gesprochen haben. Damals wurden Schreckensbilder an die Wand gemalt: Riesige Ameisen und Spinnen wie in diesem hervorragenden Trashfilm der Fünfzigerjahre laufen durch unsere Straßen, fressen uns und unsere Kindeskinder, und am Ende haben wir nur Schäden durch Biotechnologie. Was haben wir jedoch heute? Start-up-Unternehmen, bei denen Arbeitsplätze geschaffen worden sind. Und wir haben das erste Mal die Möglichkeit, Krankheiten, von denen man in den Achtzigerjahren dachte, man würde sie niemals bekämpfen können, zu heilen. All das haben wir heute geschafft, und Biotechnologie hätte DIE LINKE in den Achtzigerjahren bestimmt abgelehnt. Aber wir haben das gemeinschaftlich auf den Weg gebracht, und dafür bedarf es manchmal eben zweier großer Volksparteien, die dafür Verantwortung übernehmen.
Kommen wir einmal zu den Kernfakten, sofern man sie herauskristallisieren mag, zu den wesentlichen Punkten. Sie haben ein Bild gezeichnet, auf dem sich Mütterchen Müh in Ihrem Wahlkreis mit dem Bohrhammer einer großen amerikanischen Firma, deren Nachname vielleicht mit "Decker" endet, den Finger absägt. Sie muss später nicht nach
Chicago gehen und gegen die Kanzlei Freshfields und 700 Anwälte klagen. Sie geht einfach zu ihrem Hausanwalt und sagt, pass mal auf, hier ist der Finger weg, ich glaube, das liegt an der Bohrmaschine.
Der ordentliche Rechtsweg wird nicht ausgeschaltet, weder durch CETA noch durch TTIP. Die Schiedsgerichte dienen einzig und allein einem Zweck. Lassen Sie uns das Beispiel Vattenfall nehmen. Vattenfall klagt vor der WTO gegen eine Ausländerdiskriminierung. Das heißt, alle anderen Unternehmen innerhalb des Geltungsbereichs des Deutschen Grundgesetzes würden besser oder anders behandelt. Das kann ich nicht erkennen. Alle mussten ihre Atomkraftwerke abschalten, alle anderen müssen auch Umweltstandards einhalten, die auf öffentlich-rechtlichen Vorschriften beruhen. Das ist keine Ausländerdiskriminierung, das ist die Anwendung von deutschem öffentlichem Recht. Und ich bin beeindruckt davon, dass Vattenfall diesen Weg gegangen ist. Es soll, wie Sie sagten, Druck ausüben. Aber Vattenfall wird den Prozess nicht gewinnen können, weil weder TTIP noch CETA überhaupt in der Lage sind – das müssten Sie als Mitglied des Europaausschusses wissen –, deutsches öffentliches Recht außer Kraft zu setzen. Die Europäische Union kann überhaupt nur Verträge schließen, die unter dem Zustimmungsvorbehalt der deutschen Parlamente stehen. Das wissen alle, die im Europaausschuss sitzen.
Wir werden im Europaausschuss gefragt, ob wir eine Verordnung umsetzen wollen. Und wenn wir das nicht wollen, dann wird diese Verordnung nicht in hamburgisches Landesrecht umgesetzt. Der gesamte Vertrag, CETA und TTIP, steht unter dem Parlamentsvorbehalt des Deutschen Bundestags und des Deutschen Bundesrats. Wenn dort keine Zustimmung erteilt wird, dann werden diese Positionen nachverhandelt werden müssen, oder sie werden gestrichen.
Frau Duden sagte es richtig, das schärfste Schwert, von dem Sie meinen, es in der Hand zu haben, war nicht einmal ein Plastikschwert, wie kleine Kinder es auf dem Jahrmarkt bekommen. Das ist die Re- oder Entkommunalisierung unserer Daseinsvorsorge. Frau Duden hat es gesagt, es gibt eine Passage, die sowohl für TTIP als auch für CETA gilt. Die Kommunalisierung wird nicht zurückgefahren, Monopole im Bereich der Daseinsvorsorge bleiben erhalten und können kein Gegenstand von Schiedsgerichtsverfahren sein. Sie können auch kein Gegenstand ordentlicher Gerichtsverfahren sein.
Damit lasse ich es für heute bewenden. Ich freue mich auf die weitere Diskussion mit Herrn Dolzer an vielen, vielen Abenden, zu denen wir gemeinsam eingeladen werden. Ich bin für das Thema gerüstet. – Vielen Dank.