Protocol of the Session on January 29, 2020

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Aber Sie tun so, als hinge die Einreise auch nur eines einzigen unbegleiteten Minderjährigen davon ab, dass wir uns heute auf die willkürlich gegriffene Zahl 70 festlegen, und Sie wissen genau, dass das nicht stimmt. Sie sagen, es gehe um ein Bekenntnis, um ein Symbol, um Druck, aber es wäre ein Zeichen ohne praktischen Effekt und damit genau das, was Sie eigentlich in Ihrer Anmeldung bemängeln, nämlich unverbindliche Worte.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Warum also das Ganze? Es geht Ihnen augenscheinlich darum, wider besseres Wissen in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, SPD und GRÜNE in Hamburg seien konkret dafür verantwortlich, dass keine unbegleiteten Minderjährigen aufgenommen werden. Wegen der Kaltherzigkeit der SPD leiden dort weiterhin Kinder in überfüllten Lagern im Schlamm und in der Kälte, das ist das Bild, das Sie erzeugen, ob Sie es wollen oder nicht. Ganz ehrlich, das ist angesichts der Energie, mit der der Senat und die Verwaltung die Unterbringung geleistet haben, mit der die Integration

(Christiane Schneider)

vorangetrieben wird, aber auch angesichts des Engagements vieler meiner Kolleginnen und Kollegen aus den Koalitionsfraktionen, die sich vor Ort in unzähligen Gesprächen für ein gelingendes Zusammenleben einsetzen, so etwas Ähnliches wie das Gegenteil der Realität, wenn es um tatkräftige Hilfe geht, und fast schon ein bisschen infam. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei Ewald Aukes und Carl-Edgar Jarchow, beide FDP)

Herr Heißner bekommt erneut das Wort für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist doch schon zum Teil eine besorgniserregende Debatte gewesen.

(Zurufe von der SPD)

Jetzt hören Sie doch erst einmal zu.

Also erst einmal zu Frau Schneider: DIE LINKE fischt nicht am linken Rand, DIE LINKE ist der linke Rand.

(Beifall bei der CDU)

Insofern habe ich da überhaupt keine Rechtfertigungsbedürfnisse. Aber was doch problematisch ist: Da hält man eine Rede, in der man etwa die Hälfte der Redezeit darauf verwendet, den rechten Rand für seine totale Ablehnungshaltung zu geißeln. In der man die Entscheidung der CDU-geführten Bundesregierung aus 2015 verteidigt. In der man die humanitäre Verpflichtung Deutschlands, auch unserer Partei, betont und auch sagt, einmalige humanitäre Gesten seien wichtig. In der man sagt, man müsse es aber in einen verantwortungsvollen Kontext einbetten. Und dann fällt das Wort Kopftuch,

(Cansu Özdemir DIE LINKE: Was hat das Kopftuch mit dem Thema zu tun?)

und ein Viertel des Saals hört den Rest der Rede nicht mehr und regt sich nur darüber auf, dass man gesagt hat, es wäre für viele in diesem Land ein Problem, wenn alle Kopftuch tragen würden.

(Zurufe von der SPD)

Das ist doch ein Problem in der Debatte, da kommen wir doch nicht weiter.

(Zuruf von Anna Gallina GRÜNE)

Das möchte ich nur einmal sagen. Man muss schon weiter zuhören, man muss schon die ganze Debatte verfolgen, die ganze Rede anhören.

Deswegen möchte ich auch noch einmal klar sagen: Ich bedauere sehr, dass dem Antrag der Regierungskoalition heute jeder europäische Kontext

im Beschlusstext fehlt. Da haben Sie einen wesentlichen Teil der Problematik überhaupt nicht erfasst. Sie erwähnen auch mit keinem Wort, dass man vielleicht in Hamburg, wenn man das macht, Ressourcen bereitstellen müsste. Das wären Punkte, die man hätte bedenken können, die man hätte debattieren können, und das ist nicht möglich, wenn Sie das am Vorabend der Sitzung einreichen. Das ist ein Problem hier in der Debatte, nicht das Grundsätzliche, auf dass Sie, Frau Gallina, das schieben wollten; da gibt es den grundsätzlichen Dissens nicht. Man muss schon zu Ende zuhören, auch wenn jemand einmal das Wort Kopftuch gebraucht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Frau Möller bekommt jetzt das Wort für die GRÜNE Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Langsam, muss ich sagen, wird diese Debatte wirklich ärgerlich und der Not der Menschen, über die wir eigentlich reden wollen, überhaupt nicht mehr gerecht,

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, der LIN- KEN und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

wenn hier in der zweiten Runde von der linken Seite gesagt wird, Hamburg sei einfach im falschen Bündnis, und alles, was dieses Bündnis will und macht, ist es nicht wert, von Ihnen ernst genommen zu werden, sondern wir müssten genau das tun, was Sie vorschlagen, nämlich in das Bündnis "Städte Sicherer Häfen" gehen. Das sind 41 Städte von den insgesamt 122 Städten, die sich in dem Bündnis, in dem Hamburg ist, nämlich "Sicherer Hafen" bewegen. Was soll denn das? Das ist materiell überhaupt kein Unterschied.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und ver- einzelt bei der FDP)

Sie sind eben noch auf die Initiative Solidarische Stadt eingegangen, die einen, wie ich finde, im Ton völlig daneben liegenden offenen Brief

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

an den Bürgermeister und damit an uns alle geschrieben hat, die die Zahl 100 ins Spiel bringt. Das ist wirklich völlig daneben. Sie wissen genauso gut wie wir, denn Sie machen lange genug Politik, dass die Zahl der Geretteten, die Deutschland erreichen und die Hamburg erreichen, mitnichten von Hamburg vorgegeben wird, sondern es liegt an der Verteilungspraxis, um dieses hässliche Wort in ganz dicke Anführungszeichen zu setzen, aber zu benutzen, die Seehofer und sein Ministerium vornimmt. Deshalb hat Hamburg bis jetzt tatsächlich nicht viel mehr als zehn Geflüchtete aus dieser

(Uwe Giffei)

Initiative "Sicherer Hafen" heraus aufnehmen können.

Jetzt sagen wir, wir wollen auch für die Minderjährigen, über deren Situation wir hier ausführlich gesprochen haben, etwas tun. Das reicht Ihnen immer noch nicht; wir sind ja noch nicht in diesem Bündnis "Städte Sicherer Häfen". Das ist schlicht und einfach unseriös, und wir bleiben bei unserer Kritik: Das ist vor allem Wahlkampf.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und ver- einzelt bei der FDP)

So geht die konkrete Hilfe nicht. Man muss über den Bund kommen. Heute diskutiert der Bundestag eine Vorlage der LINKEN und der GRÜNEN; mal sehen, wie weit die kommen. Es muss gelingen, dass man mit möglichst vielen Bündnissen – da sind wir uns einig – gemeinsam den Druck auf das Seehofersche Ministerium verstärkt, aber nicht, indem wir uns hier gegenseitig ausgrenzen und sagen, die einen sind in dem einen Bündnis und die anderen sind in dem anderen, und deshalb …

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Zu- ruf)

Das ist was? Sie sind unsolidarisch, nicht wir.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das Wort, meine Damen und Herren, bekommt noch einmal Herr Dr. Flocken.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Frau Güçlü, ich hatte Ihnen ja schon einmal geraten …

(Glocke)

So. Bitte, noch einmal.

… Ihre Kritik sachlich zu halten. Ich mache es Ihnen einmal vor. Sie haben gesagt, die Judenvernichtung hätte es nicht durch die Araber in Deutschland gegeben. Jetzt lese ich Ihnen einmal vor, was über den Großmufti von Jerusalem, Mohammed Amin al-Husseini, bei Wikipedia steht:

(Zuruf von der LINKEN: Zur Sache!)

"Vom Oktober 1941 bis Ende des Zweiten Weltkriegs lebte er in Deutschland. Von dort aus verbreitete er die Nationalsozialistische Propaganda im arabischen Raum. Er war überzeugter Befürworter der Vernichtung der europäischen Juden und wirkte aktiv daran mit, indem er Fluchtwege für Juden aus Osteuropa zu blockieren suchte und tausende […] Juden dem NS-Regime auslieferte."

Er mobilisierte Mohammedaner für die Waffen-SS auf dem Balkan und war selbst Waffen-SS-Mitglied. – Vielen Dank.

Das Wort bekommt Frau Senatorin Leonhard.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zwei Dinge möchte ich gern an dieser Stelle noch einmal sagen, die eben dankenswerterweise schon einmal sehr deutlich von Frau Möller angesprochen worden sind: Ja, die Zustände in den Lagern in Griechenland sind für die Kinder und Jugendlichen unerträglich und ehrlicherweise nicht mehr hinnehmbar,

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei Carl-Edgar Jarchow FDP)

und man muss nicht nur den Bund, sondern alle anderen europäischen Länder auffordern, sich energisch dafür einzusetzen, dass sich die Zustände entweder verbessern und stabilisieren oder wir durch die Aufnahme von Kindern und Jugendlichen hier bei uns dazu beitragen, dass es ihnen besser geht, und zwar ganz konkret. Diese Frage wird nicht dadurch entschieden, welchem Städtebündnis man angehört, und noch nicht einmal dadurch, welchen Antrag wir in der Bürgerschaft beschließen, wenn man einmal richtig ehrlich ist, sondern nur dadurch, ob es uns gelingt, mit all den Ländern, die solche Initiativen jetzt auch schon gestartet haben, die – anders als im Internet von einigen Parteien hier im Haus behauptet – aber noch kein einzigen griechischen Jugendlichen aufgenommen haben und auch kein einziges griechisches Kind, weil sie es nämlich nicht konnten. Weil der Weg übers Bundesministerium führt,