Protocol of the Session on July 3, 2014

Die CDU-Fraktion möchte diese Drucksache federführend an den Haushaltsausschuss und mitberatend an den Kulturausschuss überweisen. Vonseiten der FDP-Fraktion liegt ein Antrag auf Überweisung der Drucksache an den Kulturausschuss vor.

Frau Suding von der FDP-Fraktion hat das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt wohl keine Fraktion in diesem Haus, die nicht schon an der einen oder anderen Stelle die durchaus klammen Kassen unserer Kultureinrichtungen beklagt hätte, und das ganz zu Recht. Vor allem die finanzielle Situation vieler kleiner Projekte und Träger ist oft schlecht und daher immer wieder Thema im Kulturausschuss.

(Glocke)

Erster Vizepräsident Frank Schira (unterbre- chend): Ich bitte die Gruppe von mir aus gesehen rechts, sich aufzulösen oder eventuell hinauszugehen, Herr Abaci. – Frau Suding, bitte fahren Sie fort.

Danke schön.

Gleichwohl wissen wir auch, dass die Möglichkeiten der Stadt insgesamt begrenzt sind. Wie kann es also gelingen, mehr Geld für die Kultur in unserer Stadt zu bekommen?

(Dirk Kienscherf SPD: Ja, da sind wir ge- spannt jetzt!)

Jeder, der sich intensiver mit Kulturfinanzierung befasst, wird schnell erkennen, dass Kulturfinanzierung schon jetzt längst nicht mehr allein durch den Staat zu leisten ist. Das ist auch eine gesamt

gesellschaftliche Aufgabe, und gerade in einer Stadt der Mäzene, wie Hamburg es dankenswerterweise ist, ist das heute schon gelebte Realität. Um das zu erkennen, genügt schon ein kurzer Besuch bei Herrn Gaßner in der Kunsthalle. Aber es geht eben nicht nur um die Kunsthalle in Hamburg, die durch eine mehr als großzügige Spende und auch die Bereitschaft aller hier im Hause künftig in ganz neuem Glanz erstrahlen wird.

Mit dem vorliegenden Antrag meiner Fraktion soll ein neuer Kulturverstärkungsfonds aufgelegt werden. Wir wollen private Spenden an kulturelle Einrichtungen unserer Stadt durch einen städtischen Beitrag ergänzen. Konkret bedeutet das, dass dem jährlichen Spendenaufkommen für kulturelle Einrichtungen ein Betrag aus der Hand der Stadt gegenübersteht, der dann am Ende eines jeweiligen Jahres gemäß der anteiligen Höhe der eingeworbenen Spenden auf die Einrichtungen aufgeteilt wird. Angenommen, es sind 2 Millionen Euro an Spenden geflossen, dann wird jeder Euro davon aus dem Fonds, der 1 Million Euro enthält, durch 50 Cent ergänzt. Dieser Fonds soll diskriminierungsfrei allen gemeinnützigen Trägern und Projekten und auch den städtischen Einrichtungen offenstehen. Wir wollen sowohl die Kleinund Kleinstspender als auch die Mäzene dieser Stadt motivieren. Natürlich sollte aber eine Großspende, wie sie kürzlich dankenswerterweise von der Dorit & Alexander Otto Stiftung zur Verfügung gestellt wurde, nicht dazu führen, den Fonds schlagartig zu leeren. Wir schlagen daher vor, Spenden nur bis maximal 100 000 Euro pro Person und Einrichtung zu berücksichtigen.

Die Idee des Fonds mag auf den ersten Blick nicht so bedeutsam erscheinen, zumal er nur 1 Million Euro enthält. Ein solcher Fonds aber setzt Anreize, sowohl auf der Seite der potenziellen Spender als auch auf der Seite der Einrichtungen, und hat damit das klare Ziel, am Ende mehr Geld für die Kultur zu haben als vorher.

(Beifall bei der FDP)

Was erreichen wir damit? Erstens motivieren wir die Einrichtungen, sich noch aktiver um private Spenden zu kümmern, denn jeder Euro, der eingeworben wird, wird durch die Stadt aufgestockt und ist somit mehr wert. Ich weiß, dass viele Einrichtungen inzwischen genau wissen, wie wichtig Fundraising ist, und sie sind sogar gut darin. Darin sollten wir sie bestärken und weiter motivieren. Zweitens signalisieren wir möglichen Spendern, dass wir ihren Beitrag zur Kulturfinanzierung wertschätzen. Das gilt sowohl für die vielen kleinen Kulturprojekte als auch für die größeren Häuser dieser Stadt. Wir geben privaten Spendern eine Möglichkeit, die Zuweisung der Stadt zu steuern, ein klein wenig jedenfalls, denn mit jedem Euro, den sie an eine Einrichtung spenden, erhöhen sie deren Zuweisungen von der Stadt. Wir sind uns

(Erster Vizepräsident Frank Schira)

natürlich bewusst, dass ein Kulturverstärkungsfonds die Probleme und Engpässe der Kulturfinanzierung nicht vollständig beseitigen kann, aber es ist ein richtiger Schritt in die richtige Richtung.

(Beifall bei der FDP)

Ich will noch einige Fragen aufgreifen, die sich stellen können und die wir leider, weil die SPD wieder einmal eine Ausschussüberweisung verweigert, dort nicht weiter diskutieren und beraten können.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Was heißt hier wieder? Wir überweisen doch viele Drucksa- chen an den Ausschuss!)

Der Kulturverstärkungsfonds ist keine Konkurrenz zum Sanierungsfonds. Niemand wird bestreiten, dass aus dem Sanierungsfonds auch viele Investitionen in Kultureinrichtungen finanziert werden, in der Regel mit einer breiten Zustimmung der Bürgerschaft. Allerdings handelt es sich dabei stets um Investitionen, die für die laufenden Projekte nicht verwendet werden können. Mit dem Kulturverstärkungsfonds geht es aber genau darum. Er soll Anreize schaffen, zusätzliche Mittel für die kulturellen Aktivitäten zu generieren. Wir wollen mehr Raum für Kreativität und Qualität. Wir wollen mit unserem Fonds noch mehr Hamburger Bürger motivieren, Verantwortung für die kulturelle Landschaft in unserer Stadt zu übernehmen.

(Beifall bei der FDP)

Das ist dann auch der wesentliche Unterschied zum Sanierungsfonds. Ich möchte noch einmal betonen, dass der Kulturverstärkungsfonds nicht dafür gedacht ist, den Anfang des Ausstiegs aus der staatlichen Kulturfinanzierung zu machen.

(Jan Quast SPD: Ist ja beruhigend!)

Ganz im Gegenteil wollen wir mit einer zusätzlichen Million, die gar nicht aus dem Haushalt der Kulturbehörde stammt, sondern aus der allgemeinen zentralen Reserve, eben mehr Geld für die Kulturfinanzierung bereitstellen.

(Jan Quast SPD: Das hat ja Tradition!)

Über die Details und die Funktionsweise könnten – und sollten wir sogar – im Ausschuss reden. Ich möchte daher die SPD tatsächlich bitten, noch einmal in sich zu gehen, ob sie nicht doch das Überweisungsbegehren unterstützen will. Lassen Sie uns gemeinsam im Ausschuss intensiv über diesen Weg diskutieren, die Situation der Kultur in dieser Stadt zu verbessern. Das sollte uns die Kultur doch wert sein. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Jetzt hat das Wort Frau Dr. Vértes-Schütter von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die deutsche Kulturförderlandschaft ist tatsächlich einzigartig. Nirgendwo sonst ist der staatliche Kulturfinanzierungsanteil so hoch wie in Deutschland, und anders als in manchem europäischen Nachbarstaat konnte die deutsche Kulturförderung bislang von massiven Einschnitten verschont werden. Auch die Partnerschaft zwischen öffentlicher und privater Kulturförderung hat in Deutschland Tradition. Das hat zuletzt Bundespräsident Joachim Gauck im Mai in seiner Eröffnungsrede zum Deutschen StiftungsTag im Deutschen Schauspielhaus ausdrücklich gewürdigt. Hamburg als Stadt der Stifter und Mäzene lebt diese Partnerschaft ganz vorbildhaft.

(Beifall bei der SPD)

Die Idee eines Kulturverstärkungsfonds ist auf den ersten Blick einnehmend, gerade im Hinblick auf den Vorschlag, die öffentliche Hand in die Pflicht zu nehmen. Sie lässt jedoch weitgehend außer Acht, dass jenseits vorgegebener Strukturen schon jetzt zahllose Hamburger Kulturprojekte und -einrichtungen von Stadt und privaten Förderern gemeinsam getragen werden. Das gilt im Großen wie im Kleinen. Und auch die 1988 von der Freien und Hansestadt Hamburg gegründete Hamburgische Kulturstiftung folgt diesem Kofinanzierungsgedanken. Ausgestattet mit Stiftungskapital aus öffentlichen Mitteln akquiriert sie private Mittel für die junge Kunst und Kultur in Hamburg und ergänzt so gezielt die staatliche Förderung. Insgesamt existiert in Hamburg bereits eine gut funktionierende, deutschlandweit als einzigartig wahrgenommene Praxis öffentlich-privater Partnerschaft in der Kulturförderung.

(Beifall bei der SPD)

Wesentlich für das Zusammenspiel öffentlicher und privater Förderung sind in den meisten Fällen Innovation und Anstoßfunktionen, Verlässlichkeit, Expertise und die Bereitschaft, sich Neuem zu öffnen. Das geht nur über einen intensiven Austausch. Es setzt Vertrauen voraus und die Bereitschaft zur Kooperation. Die Frage lautet also, welche Vorschläge diesem wertvollen gewachsenen Netzwerk in unserer Stadt nützen oder aber schaden. Das Zusammenspiel von Zivilgesellschaft und Staat ist ein Balanceakt. Auch hierauf hat Joachim Gauck im Mai hingewiesen. Wir können uns in Hamburg dieser Diskussion nicht entziehen. Und es trifft zu, dass sich Stifter, Spender und Sponsoren immer wieder ein stärkeres Engagement der öffentlichen Hand gerade in den von ihnen favorisierten Feldern wünschen. Sie tun dies immer auch mit dem Ziel, Planungssicherheit und ein verlässliches Auskommen für Kultureinrichtungen zu gewährleisten, die ihnen am Herzen liegen.

Genau hier fangen die Probleme mit dem heute zur Debatte stehenden Antrag der FDP an. Auch

(Katja Suding)

wenn Sie am Ende den Senat ersuchen, ein Modell für einen Fonds zu entwickeln, beschreiben Sie doch ein erstaunlich technokratisches Verfahren. Die im Antrag selbst skizzierten Mechanismen klammern alle qualitativen Fragen aus und würden, anders als in allen anderen Vergabeverfahren, ohne Jury und externe Expertise auskommen. Verständigungsprozesse und Schwerpunktsetzungen sind ausgeschlossen. Ihr Vorschlag ist nicht geeignet, einen substanziellen Beitrag zur Verbesserung der Kulturförderung in unserer Stadt zu leisten. Wir lehnen ihn daher ab. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt hat das Wort Herr Wankum von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Suding, selbstverständlich unterstützen wir Ihre Gedanken in Zeiten gebotener Haushaltsdisziplin,

(Jan Quast SPD: Aber nicht Ihren Antrag!)

angesichts einer chronischen Unterfinanzierung der Kultur einerseits die private Spendenbereitschaft zu fördern und andererseits auch zu sehen, wie gefördert werden kann, indem die Stadt Gelder dazugibt.

(Jan Quast SPD: Herr Heintze ist rausge- gangen, der weiß schon, warum!)

An dieser Stelle möchten wir ausdrücklich der großen Anzahl privater Förderer nicht nur in Deutschland, Frau Vértes-Schütter, sondern gerade in Hamburg für ihre großzügige Unterstützung in all den Jahren danken.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der FDP)

Sicher ist es wichtig und richtig, nicht immer nur dieselben Spendergruppen anzusprechen, sondern sich auch umzuschauen, welche Spendergruppen man zusätzlich akquirieren kann, und da kann so ein Fonds sicherlich dazu beitragen, zusätzliche Spendergruppen zu akquirieren. Auf der anderen Seite – ich will hier nicht im Detail auf Ihren Antrag eingehen – gibt es noch einige Fragen. Deshalb werden wir Sie insoweit unterstützen, dass wir der Überweisung zustimmen und auch die Kollegen von der SPD bitten, dieser Überweisung zuzustimmen, denn sich Gedanken darüber zu machen, wie wir zusätzliche Gruppen und Menschen dazu bringen, die Kultur zu unterstützen, das ist es immer wert.

Wir haben etwa die Frage, wer wann darüber entscheidet, ob Geld dazugegeben wird. Ich will im Detail nicht darauf eingehen, aber ich denke, mein kurzer Beitrag zeigt, dass es wichtig ist, Ihr gutes Anliegen im Ausschuss zu diskutieren, vielleicht auch noch etwas zu modifizieren und praxisnäher

zu gestalten. Auf jeden Fall danken wir Ihnen für die Initiative. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Frau Goetsch von den GRÜNEN hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich drücke das einmal nicht so vornehm aus wie Isabella Vértes-Schütter, deren Worten ich mich anschließe. Ich finde diesen Antrag richtigen Kokolores. Das ist so ein unsinniger Fensterantrag. Sie müssen sich das einmal vorstellen: Die FDP bekämpft unentwegt die Kulturtaxe, und da geht es um 15 Millionen Euro, wenn sich das einmal entsprechend entwickelt hat. Eine FDP, die dies bekämpft, geriert sich jetzt mit diesem Antrag als öffentlicher Kulturförderer und will einem Privaten dann gerade einmal 100 000 Euro geben.

(Finn-Ole Ritter FDP: Das trifft Sie hart!)