Frau Senatorin und Herr Kühn, nehmen Sie das doch einmal auf. Sie haben einen ehemaligen Bürgermeister und zwei Senatoren aus drei verschiedenen Parteien, Sie haben drei Oppositionsparteien, vielleicht auch vier, die das unterstützen und nicht sagen, dass sie das alles schon wüssten, sondern sie wollen mit Experten die Leitlinien öffentlich diskutieren. Frau Senatorin, Sie können doch nachher davon profitieren, wenn wir eine Expertenanhörung haben und Sie sich dann dafür einsetzen, dass deren Ergebnisse schnell umgesetzt werden. Das ist eine Steilvorlage der Opposition für Sie, eine Steilvorlage von Herrn von Dohnanyi, Herrn Peiner und Herrn Maier. Nehmen Sie das auf, überweisen Sie diesen Antrag an den Ausschuss. Alles andere zeigt, dass Sie es im Grunde genommen nicht interessiert. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Im April haben Peiner, Maier und Dohnanyi einen Appell vorgelegt mit dem Titel "In Sorge um Hamburg". Wir haben das schon einmal in einer Aktuellen Stunde diskutiert. Ich habe mich damals gefragt, von welchem Hamburg die drei Herren eigentlich sprechen, weil ziemlich klar durchschimmerte, dass es um die kulturelle und wirtschaftliche Elite geht. Inzwischen haben mehrere Einzelpersonen und auch Gremien auf diesen Appell geantwortet, zum Beispiel der Präsident der Hamburger Universität, Professor Lenzen. Ich zitiere, was er zu diesem Appell sagt:
"Die Universität hätte erwartet, dass die Autoren sich vorher ein bisschen informieren, wie es in den Hochschulen tatsächlich aussieht. Wenn man so etwas in die Welt setzt, muss man doch vorher mit den Hochschulleitungen reden. Da war aber kein Anruf, kein Brief, keine Mail. Stattdessen hat man sich, wie jetzt bei einer Veranstaltung der Grünen zu hören war, angeblich mit dem Bürgermeister abgestimmt."
Da muss man sich wirklich fragen, von welcher Hochschule oder Universität die drei Herren denn gesprochen haben.
Wenn man sich das Papier einmal genau anschaut, dann findet man dort ziemlich viele alte Kamellen. Zum Beispiel finden wir die Idee, dass die Universität im Hafen versenkt werden solle, was nach wie vor als eine gute Idee dargestellt wird. Wir finden dort die ganz klare Forderung an die Hochschulen, dass es mehr Führung geben solle, mehr Wirtschaftsorientierung, mehr Stiftungen und dass es mehr Drittmittel über privates Geld geben solle, das heißt also Privatisierung. Das sind Din
Auch die Landeshochschulkonferenz Hamburg hat in einer Sitzung zu dem Papier Stellung genommen. Ich zitiere aus Teilen des Ergebnisses:
"Die Landeshochschulkonferenz der Freien und Hansestadt Hamburg, in der die Leitungen der Hamburger Hochschulen zusammengeschlossen sind, nimmt mit großer Irritation zur Kenntnis, dass einige ehemalige Politiker mit einem Papier 'Aus Sorge um Hamburg' in die Entwicklung des Wissenschaftssystems einzugreifen versucht haben. Dieses ist nicht ohne Wissen des Senats der Freien und Hansestadt geschehen. Das Memorandum enthält Einschätzungen zur Qualität des Hochschulsystems, für die es keinerlei empirische Evidenzen gibt und die insofern nicht zu verantworten sind.
Sie sind im Gegenteil geeignet, den Hochschulstandort schlechtzureden und den Hochschulen bei ihren Versuchen zu schaden, ihren Erfolgsweg, z.B. bei der Einwerbung von Drittmitteln (von der DFG) […] zu schaden."
"Die Leitungen der Hochschulen sehen nun mit Sorge, dass die Intervention von Dritten weitere externe Versuche der Einflussnahme auslöst und Pläne und Empfehlungen für die Strukturen der Hochschulen entwickelt werden, sowohl aus dem politischen als auch aus dem privaten Raum. […]
Die Hochschulleitungen werden sich deshalb an solchen Plänen nicht beteiligen. Was die Hochschulen benötigen, ist eine auskömmliche Finanzierung und keine Projektemacherei bei sinkenden Zuschüssen."
Nun hat die CDU einen Antrag eingebracht. Selbstverständlich sind auch wir der Auffassung, dass man im Wissenschaftsausschuss über die Hochschulentwicklung reden sollte. Sie reden von Experten, aber dann doch bitte Experten, die auch im aktuellen Sachzusammenhang reden können. Und das scheint bei Peiner, Maier und Dohnanyi nicht der Fall zu sein. Mit diesen drei Leuten exklusiv eine Anhörung im Wissenschaftsausschuss zu machen, halten wir für absolut kontraproduktiv.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte kurz auf die Art und Weise eingehen, wie Herr Kühn unseren Antrag abgelehnt hat. Wenn Sie die Anregung oder, politisch formuliert, die Aufforderung einer Fraktion, eine Sache im Ausschuss zu behandeln, als Angriff auf Ihre Fraktion verstehen und als Attacke auf drei Jahre Zusammenarbeit in dem Ausschuss, dann haben Sie die Zusammenhänge an dieser Stelle überhaupt nicht richtig wahrgenommen, sondern sehr schräg dargestellt.
(Beifall bei der CDU und bei Dr. Eva Gümbel GRÜNE – Jan Quast SPD: Herr Kleibauer, das ist schräg von Ihnen dargestellt!)
Man kann Anträge nicht lesen, man kann sie oberflächlich lesen und man kann sie bewusst missverstehen und missinterpretieren. Ich weiß nicht, für welche Variante Sie sich entschieden haben, aber dann ist verständlich, dass Sie auch von uns in den letzten Jahren keinen Vorschlag wahrgenommen haben, weil Sie alle Anträge, die die CDUFraktion in dieser Bürgerschaft
zur Entwicklung der Hochschulen, zur Nachverhandlung der Hochschulvereinbarungen, zur Sanierung der Hochschulgebäude, zur internationalen Ausrichtung der Hochschulen, zur Personalautonomie und zu vielen anderen Dingen regelmäßig vorgetragen hat, ohne Kommentar und ohne Beratungen im Ausschuss jeweils schlank beerdigt haben. Das ist schlechter Stil, Herr Kühn.
Sie müssen sich noch einmal anschauen, was Sie zu Protokoll gegeben haben mit Ihrer Rede, als wir dieses Thema beim letzten oder vorletzten Mal in der Bürgerschaft hatten. Da haben Sie nämlich gesagt, dass dieses Papier der Herren Dohnanyi, Peiner und Maier wertvolle Anregungen für unsere Diskussion liefere und dass Sie sehr dankbar dafür seien. Wir sollten diese Debatte in jedem Fall weiterführen, dafür sei nur die Aktuelle Stunde nicht der geeignete Rahmen. Also bitte ich Sie, darauf zurückzukommen und uns diese Expertenanhörung im Ausschuss durchführen zu lassen. Wir sind im Übrigen, Frau Heyenn, als Ausschuss autonom, wen man dazu einlädt, und es ist nicht exklusiv; das haben Sie da hineingelesen.
Man kann jetzt fragen, ob das eine oder das andere weitergehender ist, aber es steht doch nicht im Widerspruch zu Ihrem Antrag, Herr Dr. Schinnenburg. Wir haben diesen Appell so verstanden, dass wir uns als Politik, als Stadt, als Gesellschaft und auch als Bürgerschaft damit befassen sollten. Und
das tun wir nicht, indem wir den Senat auffordern, Herr Dr. Schinnenburg. Man sieht doch, wie stark er bei diesem Thema vertreten ist. Trauen Sie dem Senat wirklich zu, ein Zukunftskonzept für die Hochschulen bis zum Jahr 2025 vorzulegen und das bitte schön bis zum 30. November dieses Jahres? Ich habe da meine Bedenken.
Meine Damen und Herren! Gibt es nun weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung.
Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 20/11908 an den Wissenschaftsausschuss zu? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieses Überweisungsbegehren abgelehnt.
Wer möchte dem CDU-Antrag aus Drucksache 20/11908 seine Zustimmung geben? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist auch dieser Antrag als Ganzes abgelehnt.
Wir kommen nun zum Tagesordnungspunkt 31, Drucksache 20/12033, Antrag der GRÜNEN Fraktion: Bund übernimmt Finanzierung des BAföG – freie Mittel zur Stärkung von Forschung und Lehre verwenden.
Als Drucksachen 20/12150 und 20/12171 liegen Ihnen hierzu Anträge der Fraktionen der LINKEN und der SPD vor.
[Antrag der GRÜNEN Fraktion: Bund übernimmt Finanzierung des BAföG – freie Mittel zur Stärkung von Forschung und Lehre verwenden! – Drs 20/12033 –]
[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Gespartes BAföG soll in Hochschulen und Schulen fließen! – Drs 20/12150 –]
[Antrag der SPD-Fraktion: Bildungspaket des Bundes und Entlastung der Länder – Hamburg wird Anstrengungen im Bereich Bildung und Wissenschaft weiter verstärken – Drs 20/12171 –]
27. Mai verständigten sich die Koalitionsvertreterinnen- und -vertreter von Bund und Ländern auf die Finanzierung der im Koalitionsvertrag vorgesehenen prioritären Maßnahmen im Bildungsbereich. Das haben wir außerordentlich begrüßt.
(unterbrechend) : Frau Dr. Gümbel, einen Moment bitte. Meine Damen und Herren! Auch bei der dritten Hochschuldebatte ist das Thema doch weiterhin spannend. – Frau Dr. Gümbel, Sie haben das Wort.
Der wesentliche Bestandteil dieser Einigung beinhaltet ab dem kommenden Jahr die vollständige Übernahme der Finanzierung des BAföG für Schüler und Studierende durch den Bund. Der Hamburger Haushalt wird durch diese Neuregelung im kommenden Jahr, auch nach Aussage des Senats, um etwa 36 bis 38 Millionen Euro entlastet, und allein der Etat der Wissenschaftsbehörde dürfte um etwa 30 Millionen Euro entlastet werden. Das Bundesfinanzministerium schreibt dazu, dass die Länder die frei werdenden Mittel zur Finanzierung der Bildungsausgaben im Bereich Hochschule und Schule verwenden werden.
Leider wurde eine verbindliche Festlegung zur Umsetzung dieser Zielvorgabe nicht getroffen. Folgerichtig scheinen die Länder diese Vereinbarungen auch unterschiedlich umsetzen zu wollen. Während Hessen – wohlgemerkt – die volle Summe der frei werdenden Mittel in einen Sonderfonds für die Hochschulen bindet, wird das rot-grün regierte Rheinland-Pfalz von den frei werdenden Mitteln 7 Millionen Euro für die Umsetzung der Inklusion an den Schulen bereitstellen und den Rest in Höhe von 27 Millionen Euro für die Erhöhung der Grundfinanzierung der Hochschulen einsetzen – so die sozialdemokratische Ministerpräsidentin Dreyer am 27. Mai im Südwestrundfunk.
Wir haben einen Antrag gestellt, diese Mittel für den Etat der Behörde für Wissenschaft und Forschung zu sichern, weil offensichtlich ist, welchen enormen materiellen Nachholbedarf es für die Hamburger Hochschulen gibt. Nicht zuletzt wurde das auch in den vergangenen beiden Debatten deutlich. Die Übernahme der Studiengebühren durch den Senat hat den Hochschulen keine zusätzlichen Mittel eingebracht, es wurde nur der Auftraggeber der Zahlungen ausgetauscht. Diese Maßnahmen fanden wir richtig, aber es ist auch immer wichtig zu betonen, dass dadurch die Hochschulen keine zusätzlichen Mittel erhalten haben.
deutet heute schon Personal- und Studienplatzabbau. Mit der voraussichtlichen Fortsetzung der Hochschulpakte und damit der Kofinanzierungen durch die Stadt kommen zusätzliche Herausforderungen auf den Haushalt zu. Und bei der Forschungsförderung fehlt das notwendige Geld, was sehr schade ist. Die Mittel der Landesforschungsförderung werden künftig überwiegend für die Kofinanzierungen der erfolgreichen Exzellenzcluster verwendet. Ich will an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen, dass dafür Landesforschungsförderung eigentlich nicht gedacht ist.