Protocol of the Session on June 18, 2014

fallversicherung ist der richtige Ansatz. Wir würden uns wünschen, dass Hamburg diesen Kurs unterstützt. Die Senatorin hat sich da noch nicht eindeutig geäußert, aber zumindest Offenheit signalisiert.

Ich möchte noch einen Satz zum Zusatzantrag der LINKEN verlieren. Wir werden uns hier enthalten, weil wir auch nicht glauben, dass beispielsweise die Stillquote einen geeigneten Indikator für die Messung von Hebammenversorgung darstellt. Auch die Frage der Ausbildung und einer möglicherweise notwendigen Weiterentwicklung wird nicht fundiert geklärt. Es gibt hier keine ausreichenden und wirklich weiterhelfenden Antworten. Deswegen werden wir uns hier enthalten. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Herr Dr. Schinnenburg von der FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Wowretzko, ich habe mir aufgeschrieben, dass Sie gesagt haben, in Hamburg seien wir gut aufgestellt. Das muss vielleicht eine Regierungsfraktion auch so sagen, aber ich darf Ihnen mitteilen, wenn Sie es denn noch nicht wissen, dass es auch in Hamburg eine Menge Hebammen gibt, die um ihre Existenz fürchten. Sie können doch nicht ernsthaft sagen, in Hamburg seien wir gut aufgestellt. Wir sind in Hamburg nicht gut aufgestellt ebenso wie bundesweit nicht. Das ist kein Fehler von Hamburg, bundesweit fürchten Hebammen um ihre Existenz, und ebenso fürchten Patientinnen, die diese Hebammen in Anspruch nehmen wollen, dass sie nicht mehr die Hebamme ihrer Wahl bekommen können. Das ist ein Notstand, der auch in Hamburg besteht. Es hat keinen Sinn, daran vorbeizureden.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben es schon im Gesundheitsausschuss besprochen, es gibt mehrere Modelle, die diskutiert werden. Das ist einmal die Globalprämie durch Hebammenverbände. Ich sage ganz offen, dass ich da sehr skeptisch bin, denn das ist eine Haftungsverwässerung. Es muss, gerade wenn es um Selbstständige geht, jeder Einzelne sein persönliches Risiko versichern. Ich halte wenig davon, eine Globalprämie zu vereinbaren.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Jede Einzel- ne!)

Interessant hört sich die Prämie pro Geburt an. Dann würden nämlich diejenigen Hebammen, die wenige Fälle haben, nur entsprechend ihrer Fallzahl eine Prämie zahlen müssen. Dazu sagen uns die Fachleute, diese Prämienhöhe sei schwierig zu kalkulieren. Den Punkt würde ich gern noch einmal

diskutiert haben, das würde mich persönlich ansprechen.

Der dritte Vorschlag ist – das habe ich gerade wieder von Frau Schmitt gehört – eine Begrenzung des Regresses der GKV über Paragraf 116 SGB X. Erst einmal halte ich sowieso nichts davon, denn warum sollen irgendwelche Menschen auf Regressrechte verzichten? Und zum anderen müssten Sie mir dann sehr schnell begründen, warum das nur für Hebammen gelten soll. Warum soll es dann nicht auch für Ärzte gelten, die Geburten durchführen, oder sämtliche medizinischen Berufe? Da würden Sie sehr schnell rechtliche und auch verfassungsrechtliche Probleme bekommen.

Der vierte Punkt, ein Haftungsfreistellungsfonds. Ein Fonds ist wohl mittlerweile das Allheilmittel in Zeiten der Schuldenbremse. Für alles Mögliche werden Fonds eingerichtet, bei denen nur sehr diffus geregelt ist, wer eigentlich für was verantwortlich ist. Auch da bin ich sehr skeptisch. Auch hier gilt: Wieso sollte das nur für Hebammen sein und nicht auch für Gynäkologen oder andere medizinische Berufe?

(Heike Sudmann DIE LINKE: Zahnärzte!)

Auch dieses ist wenig überschaubar, es wäre bestenfalls eine Flickschusterei.

Meine Damen und Herren! Die Lösung ist an sich doch viel einfacher. Die Kosten der Haftpflichtversicherung sind die ganz normalen Kosten, die jeder Arzt und auch jede Hebamme hat, um seine oder ihre Praxis zu führen und beispielsweise als Hebamme tätig zu sein, und diese Kosten müssen natürlich von den Honoraren abgedeckt werden. Die einzige Frage, die zu entscheiden ist: Man kann doch nicht ernsthaft verlangen – ich übertreibe mal ein bisschen –, dass für eine Hebamme, die einmal pro Jahr eine Geburt durchführt, das Honorar ausreicht, davon noch eine komplette Haftpflichtprämie zu bezahlen. Es muss eine politische Entscheidung getroffen werden, welche Mindestzahl von Geburten eine Hebamme machen muss, damit sie von den Honoraren ihre Haftpflichtbeiträge zahlen kann. Das ist eine politische Entscheidung, die mit Experten getroffen werden muss, und da kann man sicher zu verschiedenen Ergebnissen kommen. Alles andere ist eine Verwischung und ein Hinausschieben von Problemen, damit kommen wir nicht weiter.

Nun kommt der SPD-Antrag, der besagt, wir sollten erst einmal Daten erheben. Mein erster Gedanke war, dass dieser Antrag eigentlich nur dazu dient, Zeit zu gewinnen. Dann hat man irgendwas getan und einen Show-Antrag gemacht. Das wäre nicht so schlimm, dann würden wir ihm vielleicht sogar zustimmen. In Wirklichkeit ist es aber viel schlimmer. Sie stellen den Antrag nicht nur, um Zeit zu gewinnen, sondern Sie belasten die Hebammen sogar noch mit zusätzlicher Arbeit, denn

(Heidrun Schmitt)

die Daten, die Sie haben wollen, müssen erst einmal erhoben werden.

(Sylvia Wowretzko SPD: Das ist deren Wunsch!)

Ich bitte um Verständnis, dass wir dem nicht zustimmen können.

Der LINKEN-Antrag hat einige interessante Aspekte, aber wie auch meine Vorredner schon sagten, müsste man im Ausschuss dazu über die einzelnen Punkte noch reden. Deshalb beantragen wir auch eine Überweisung an den Gesundheitsausschuss, um die Einzelheiten dort zu besprechen. Wenn Sie es ablehnen, werden wir uns zu dem Antrag der LINKEN enthalten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort bekommt Frau Artus von der Fraktion DIE LINKEN.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen! Dass die Hebammen unserer dringenden Unterstützung bedürfen, darin sind wir uns einig. Es kann nicht sein, dass die gesundheitliche Dienstleistung in der sensibelsten Phase der Menschwerdung, Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett unter einen derartigen finanziellen Druck gerät, dass ein ganzer Berufsstand gefährdet ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Senatorin Prüfer-Storcks, im Gegensatz zu Ihnen bin ich der Auffassung, dass alle Hebammen davon betroffen sein werden, dass die Versicherer Hebammen nicht mehr als Kundinnen wollen. Wir können nicht trennen zwischen freiberuflichen und fest angestellten Hebammen, denn wenn es nicht mehr möglich ist, als freiberufliche Hebamme zu arbeiten, wer will sich dann noch als Hebamme ausbilden lassen?

(Vereinzelter Beifall bei der LINKEN)

Und wie viele andere auch befürchte ich daher, dass der Beruf zu unattraktiv werden könnte und ausstirbt. Und mit ihm wird die qualifizierte Betreuung vor, während und nach der Geburt verloren gehen. Das dürfen wir nicht zulassen, verehrte Abgeordnete, das muss unter allen Umständen verhindert werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Bundestagsfraktion DIE LINKE stellte Anfang März eine Anfrage an die Bundesregierung, aus der hervorgeht, dass die Regierung ziemlich wenig über die Situation der Hebammen weiß. Wir wissen das auch schon seit 2010, das ist auf Bundeswie auf Landesebene so, und hier wurde es noch einmal festgestellt. Sie kennt nicht die Zahl der Betroffenen und deren Einkommenssituation. Aber die gesetzliche Wahlfreiheit der Versicherten soll

laut Koalitionsvertrag der Großen Koalition gewährleistet bleiben, ebenso die Hebammenversorgung. Wie SPD und CDU im Bund das erbringen wollen, steht aber nur im Sternenhimmel der Großen Koalition, auf jeden Fall steht es nicht in ihrem Koalitionsvertrag. Es ist deshalb wichtig, endlich die Datengrundlage zu verbessern. Deswegen stimmen wir auch dem SPD-Antrag zu.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Sehr gut!)

Ich frage mich aber schon, warum die Gesundheitssenatorin sich dafür erst von der SPD-Fraktion auffordern lassen muss. An Ihrer Stelle, Frau Senatorin, wäre ich nämlich umgehend in die Puschen gekommen, denn die Sache duldet keinerlei Aufschub.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Andreas Dres- sel SPD: Dürfen wir nicht auch mal 'nen An- trag stellen?)

Die auf Bundesebene gefundene Übergangslösung sichert nämlich – das haben meine Vorrednerinnen schon erwähnt – nur bis Mitte 2016 die Hebammenleistungen ab. Und die Sache drängt, weil sich viele junge Frauen und auch Männer fragen, ob es sich überhaupt lohnt, eine Hebammenausbildung beziehungsweise Entbindungspflegeausbildung zu beginnen. Manchmal liegt zwar in der Ruhe die Kraft, aber in diesem Fall wurde von Ihnen wertvolle Zeit verschwendet.

(Beifall bei der LINKEN)

Verehrte Abgeordnete! In Hamburg kann viel mehr konkret getan werden. Was genau, dazu hatten wir Ihnen bereits Anfang April Vorschläge unterbreitet. Leider haben CDU und SPD diese Vorschläge damals weggestimmt und noch nicht einmal an den Gesundheitsausschuss überwiesen. Da unsere Vorschläge aber nach wie vor richtig und wichtig sind, legen wir Sie Ihnen heute erneut zur Abstimmung vor.

(Beifall bei der LINKEN)

So gibt es Empfehlungen der WHO für ein babyfreundliches Krankenhaus. Leider gibt es aber in Hamburg nur vier Krankenhäuser, die sich so haben zertifizieren lassen. Wer es aber ernst meint mit einer optimalen Versorgung von Schwangeren, Neugeborenen und Wöchnerinnen, sollte sich darum kümmern, dass alle Krankenhäuser, die Geburtenabteilungen enthalten, eine derartige Zertifizierung haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Wowretzko, Sie können davon ausgehen, dass ich eine der Aktivistinnen der Hebammenproteste bin, das wissen Sie, wir haben uns auch schon zusammen bei den Demonstrationen getroffen. Auch ich bin in enger Abstimmung mit dem Hebammenverband, und diesen Antrag und die Inhalte haben wir uns nicht aus den Fingern geso

(Dr. Wieland Schinnenburg)

gen. Es liegt durchaus im Interesse der Hebammen, dass die Qualitätsanforderungen höher gesetzt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Gleiches gilt für die 2009 erschienene Broschüre "Stillempfehlungen"; ich habe sie Ihnen noch einmal mitgebracht. Es ist eine wunderschöne Broschüre, die Sie auch von hamburg.de herunterladen können. Ich kann nicht verstehen, warum diese sehr gute Broschüre nicht mehr nachgedruckt wird.

Deswegen ist unser Antrag auch keine Schwarzmalerei, sondern er formuliert genau die Qualitätsanforderungen, was eigentlich für eine gute Versorgung in dieser Phase erforderlich ist. Das stärkt den Hebammenberuf, weil sich dann die Frauen auch dafür entscheiden, eine Hebamme anzufordern, und die Notwendigkeit noch einmal deutlich machen. Es besteht Handlungsbedarf in Bezug auf die Qualitätsanforderungen in der Versorgung, und es reicht nicht, nur auf die Bundesebene zu schielen und hier Daten einzusammeln.

Außerdem sollte der Senat dringend Anstöße geben, ob und wie die Ausbildungsplatzangebote für Hebammen und die Entbindungspflege erhöht werden können. Ich freue mich, dass es jetzt schon eine Anhebung gegeben hat, aber wenn die Signale nicht gegeben werden, dass dieser Beruf eine Zukunft hat, wer soll sich dann noch ausbilden lassen, wer wird das machen? Schon jetzt wissen wir, dass es einen durchschnittlichen Stundensatz von nur 7,50 Euro für Hebammen gibt. Das ist in einer eigenen Erhebung vor einigen Jahren vom Hebammenverband bereits einmal festgestellt worden. Es ist nicht so, dass man diesen Beruf ausübt, weil man gut Geld verdienen kann, aber er muss schon auch die Existenzgrundlage sichern.

(Beifall bei der LINKEN)

DIE LINKE fordert Sie auf, verehrte Abgeordnete aller Fraktionen, unserem Antrag heute zuzustimmen. Ich habe mich über die Signale gefreut, unseren Antrag wenigstens an den Gesundheitsausschuss zu überweisen; da können wir ihn gern detailliert diskutieren. Ich bitte auch die SPD-Fraktion, einer Überweisung zuzustimmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr, dann können wir zur Abstimmung kommen.