Protocol of the Session on May 22, 2014

Herr Scholz, nichts, aber auch gar nichts von diesen Versprechungen ist eingetreten, sie haben sich als heiße Luft erwiesen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU und den GRÜNEN)

Die Dividende ist 2013 ausgeblieben, sie wird auch 2014 und 2015 nicht fließen, und das zusammen begründet Mindereinnahmen von 105 Millionen Euro. Diese 105 Millionen Euro Mindereinnahmen sind noch längst nicht alles, denn 2012 hat die Stadt für die zusätzlichen Aktien etwa 41 Euro pro Stück bezahlt. Das waren etwas über 10 Millionen Stück, die für 420 Millionen Euro gekauft worden sind. Die Ausgabe der neuen Aktien im Rahmen der jetzigen Fusion erfolgt hingegen zu einem Stückpreis von 35 Euro, das können Sie in der Drucksache nachlesen. Dies entspricht damit einem Wertverlust von 15 Prozent in zwei Jahren. Auf den Gesamtbestand der Hamburger Aktien hochgerechnet, bedeutet das einen Wertverlust von 145 Millionen Euro. Ich wiederhole noch einmal die Zahlen: 105 Millionen Euro ausgefallene Dividenden in drei Jahren, 245 Millionen Euro Wertverlust in zwei Jahren, zusammen 350 Millionen Euro. Für dieses wirtschaftliche Desaster trägt dieser Senat die Verantwortung.

(Beifall bei der FDP, vereinzelt bei der CDU und bei Dr. Anjes Tjarks GRÜNE)

Ich sehe die Entwicklung der Schifffahrtsbranche auch nicht so positiv, wie der Senat sie in der Drucksache darstellt. Ich möchte an die Analyse von Eivind Kolding, ehemals CEO von Maersk, erinnern, der sinngemäß sagte, vorbei sei die Zeit, in der man mit dem Containergeschäft dreistellige Millionenbeträge einfuhr. Diese Äußerung stammt aus dem Jahr 2012, sie trifft auf 2014 genauso zu und wird, wie alle Experten sagen, auch 2015 rich

tig sein. Die Frachtraten liegen heute 10 Prozent niedriger als noch vor zwei Jahren. Von einer Erholung bis Ende 2015 ist nicht auszugehen, und auch danach ist dies fraglich. Selbst der Geschäftsbericht von Hapag-Lloyd, wenn Sie den Lagebericht lesen, geht davon aus, dass die Transportkapazitäten in den nächsten Jahren weiter stärker wachsen werden als das Transportvolumen, und das sind die Rahmenbedingungen für sinkende und nicht für steigende Frachtraten.

(Andrea Rugbarth SPD: Da müssen Sie noch einmal nachgucken, das stand da an- ders drin!)

Daher sollten der Senat und auch die ihn tragende SPD-Fraktion der Öffentlichkeit nach Auffassung der FDP endlich reinen Wein einschenken. Das Engagement bei Hapag-Lloyd ist schon lange nicht mehr ohne Risiken und ohne Verlust. Das Gegenteil ist der Fall; das Engagement wird von langer Dauer sein.

(Beifall bei der FDP)

Ihre Argumentation basiert im Wesentlichen darauf, dass durch die Fusion Größeneffekte generiert werden und sich somit die Rentabilität verbessern wird. Durch die Fusion erwarten Sie Synergieeffekte in Höhe von 200 Millionen Euro – ein Betrag, der im Übrigen etwa den Verlusten von HapagLloyd und CSAV im letzten Jahr entsprechen wird, also Synergieeffekte, die erst einmal Fusionskosten von mehreren hundert Millionen verursachen. Für eine erfolgreiche Fusion müssen die internen Abläufe funktionieren. Dass Hapag-Lloyd hierzu in der Lage ist, möchte ich an dieser Stelle nicht in Abrede stellen, das hat Hapag-Lloyd in der Vergangenheit auch bewiesen. Aber das reicht eben für eine erfolgreiche Fusion und das Heben von Synergieeffekten nicht aus, denn die Erwartungen bezüglich der Marktentwicklung müssen ebenfalls stimmen, und hier lagen Sie in den letzten Jahren stets kräftig daneben.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Walter Scheuerl fraktionslos)

Das wirtschaftliche Risiko, eine internationale Reederei zu führen, sollen nach Auffassung der FDP Unternehmer tragen, aber nicht die Stadt. Wir haben uns in dieser Frage ordnungspolitisch von Anfang an sehr klar positioniert, und die jetzige neue Entwicklung bestätigt uns in dieser Haltung.

Ich möchte im Zusammenhang mit der Fusion noch auf einen anderen Aspekt hinweisen. Das Motiv für die Beteiligung der Stadt an Hapag-Lloyd war immer Standortsicherung und Beschäftigungssicherung.

(Andrea Rugbarth SPD: Und ist es auch nach wie vor!)

Das große und traditionsreiche Unternehmen Hapag-Lloyd und die damit verbundenen Arbeitskräf

te sollten in der Stadt gehalten werden. Die Fusion von Hapag-Lloyd mit CSAV wirft jetzt aber eine ganz andere Frage auf. Was ist eigentlich mit der Standortsicherung und damit auch der Beschäftigungssicherung einer anderen großen und traditionsreichen Reederei in unserer Stadt, nämlich Hamburg Süd mit 4500 Arbeitsplätzen? Warum stellt sich diese Frage? Weil durch die Fusion Hapag-Lloyd zu einem der mächtigen Player auf der Atlantikroute nach Südamerika wird, also genau dort, wo Hamburg Süd traditionell sein Geld verdient. Oder wie das "Handelsblatt" sehr pointiert formuliert hat:

"Die Gewerbesteuer, die Hamburg Süd an den Fiskus abführt, nutzt die Stadt, um Dumpingpreise der halbstaatlichen Hapag-Lloyd zu subventionieren."

Hierzu finden Sie in der Drucksache kein Wort. Wir meinen, Standortpolitik sieht anders aus. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Walter Scheuerl fraktionslos)

Herr Hackbusch von der Fraktion DIE LINKE hat das Wort.

(Finn-Ole Ritter FDP: Dann können Sie Ihr Lob von gestern über die FDP fortsetzen!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zwei Sachen von Herrn Kluth haben mir sehr gut gefallen. Einmal das mit dem reinen Wein – kalter Weißwein, das wäre richtig. Und richtig war auch die kluge Kritik der Oppositionsparteien am Senat, der damals bei der zweiten Tranche versprochen hat, dass man das Geld relativ schnell wieder zurückbekäme, und dieses Versprechen nicht eingelöst hat. Diese Kritik ist völlig berechtigt und dreimal durchgerechnet worden von Herrn Tjarks.

(Dorothee Martin SPD: Dann ist es ja rich- tig!)

Dementsprechend will ich zu diesem Punkt nichts mehr ergänzen, möchte aber natürlich alle anderen daran erinnern, insbesondere die CDU. Ich kann mich nicht mehr so richtig erinnern, wie die CDU sich eigentlich verhalten hat bei der Abstimmung über Hapag-Lloyd. Nach meiner Erinnerung war es eine Enthaltung; wir werden es noch einmal nachlesen.

(Vizepräsidentin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.)

Jedenfalls war Ihr Verhalten in der Diskussion sehr unterschiedlich und in dieser Fragestellung nicht so eindeutig, wie Herr Heintze es immer darstellt. Ich will aber noch einmal deutlich sagen, dass jeder, der der ersten Erhöhung von Hapag-Lloyd im Jahre 2008 zugestimmt hatte, bei der zweiten Er

höhung im Jahr 2011 kein inhaltliches Argument hatte, nicht zuzustimmen,

(Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

weil alle Punkte, die damals das Argument waren, nämlich dass es eine feindliche Übernahme ist, dummerweise durch eine Klausel in den ersten Verträgen von 2008 schon drin waren. Wieder hätte ein anderes Unternehmen die Mehrheit übernehmen können; diesmal war die Gefahr nicht NOL, sondern Maersk. Es war eine Micky-MausDiskussion, die wir hier geführt haben, und das ist nicht glaubwürdig. Wir haben aber diese Diskussion hinter uns, und ich will sie nicht wiederholen.

(Dietrich Wersich CDU: Sonst sind Sie gründlicher!)

Nein, ich bin bei diesem Punkt sehr gründlich, zumal ich zugeben muss, dass wir zu dieser Fragestellung äußert intensiv und sehr kontrovers innerhalb unserer Partei streiten.

(Zuruf von Dietrich Wersich CDU)

Die Kritik hatte damals die gleiche Grundlage. Ich kann mich noch genau an die Anhörung erinnern. Es ging um die Frage, welche Gefahr besteht, wenn die Mehrheit der Aktien an jemand anderen übergehen. Wie war die Äußerung aller Gutachter in dem Augenblick? Die Gefahr ist, dass bei einer feindlichen Übernahme praktisch sämtliche Aktivitäten weggehen. Lesen Sie das alles nach, ich will es nicht noch einmal diskutieren.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Dietrich Wersich CDU: Nein, 10 Prozent Sperrminorität!)

Der Hauptstreit kann sich doch nicht auf Dinge von 2011 beziehen.

(Zuruf von Dietrich Wersich CDU)

Herr Wersich, jetzt reicht es aber. Sie wissen doch gar nicht mehr, was damals im Sachverständigengutachten gesagt worden ist. Sie haben sich doch gar nicht mehr daran erinnern können. Ihre Fraktion hat sich darüber zerstritten, und jetzt tun Sie so, als ob Sie recht gehabt hätten.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Das ist doch Unsinn, das bekommen Sie auch nicht weg, wenn Sie hier die ganze Zeit dazwischenquaken; so viel dazu.

Die Diskussion sollte aber vor allen Dingen über etwas anderes stattfinden. Es wäre ehrlich zu sagen, dass die Investition damals keine Möglichkeit war, schnelles Geld zu machen, sondern dass sie im Zusammenhang mit der Krise der Schifffahrt und dementsprechend mit der Krise des Hamburger Hafens erfolgte. Man hätte damals auch ehrlicher sagen müssen,

(Dr. Thomas-Sönke Kluth)

(Dietrich Wersich CDU: TUI ist das Stich- wort!)

dass die Krise durchaus heftig war. Auch gegenwärtig spielt sie eine wichtige Rolle. Wir feiern dieser Tage neue Zahlen, die besagen, dass der Containerumschlag in Hamburg endlich wieder kräftig zugelegt hat. Was haben wir erreicht? Wir müssen das doch einmal richtig diskutieren. Wir haben noch nicht einmal die Zahlen von 2007 erreicht. Das heißt, die Situation ist kritisch. Wir verdienen weniger Geld damit, und wir erleben, dass sich Reedereien auf dem internationalen Markt gegenwärtig kaputt konkurrieren. In den Jahren 2015/ 2016 werden neue Überkapazitäten entstehen, weil alle Reedereien und merkwürdigerweise auch – das werde ich im Ausschuss noch genauer nachfragen – das neue Konsortium im Zusammenhang mit der HHLA neue, riesige Schiffe kauft, sodass die Überkapazitäten im Bereich der Schifffahrt in die Jahre 2016/2017 weitertransportiert werden. Das ist wirtschaftlich eigentlich eine verrückte Situation. Diese Krise wird Hamburg weiterhin beschäftigen, und damit müssen wir uns auseinandersetzen.

Herr Balcke, deswegen müssen wir uns ehrliche Worte in Bezug auf die Situation des Hamburger Hafens sagen. Man kann auf der einen Seite diese Zahlen nennen und das positiv verkaufen, das finde ich richtig, man muss aber immer auch sagen, welche Chancen darin liegen. Wir müssen im Parlament auch über die kritischen Punkte reden. Jeder, der sich gegenwärtig in Hamburg im Schifffahrtsbereich und bei den Reedereien umsieht, merkt, was da los ist. Es gibt schon kräftige Entlassungen, es gibt schon Zusammenbrüche von kleineren Reedereien, und wir haben Schwierigkeiten, den Status quo aufrechtzuerhalten. Ich finde, das muss man auch dementsprechend diskutieren. Der Staat muss sich in dem Zusammenhang engagieren. Herr Kluth, es gefällt mir natürlich überhaupt nicht, wenn gesagt wird, der Staat dürfe sich generell nicht an solchen Aktivitäten beteiligen. Bevor die FDP wieder ins Parlament gekommen ist, haben wir relativ einvernehmlich festgestellt – und zwar alle, auch die CDU –, wie positiv die staatliche Aktivität im Zusammenhang mit der Affi war und wie positiv im Zusammenhang mit Beiersdorf. Beides hat sich sowohl regionalökonomisch als auch finanziell positiv für die Stadt ausgewirkt. Deswegen sind allgemeine Grundsätze, dass man so etwas nie machen dürfe, falsch. Der Staat hat hier eine Verantwortung. Er muss intervenieren, und ich plädiere kräftig dafür, dass er das auch tut. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Senator Dr. Tschentscher.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Senat hat die Maßnahmen zur Stärkung der maritimen Wirtschaft in der vorliegenden Drucksache beschrieben. Anders, als noch vor wenigen Wochen in der Bürgerschaft gesagt wurde, entwickelt sich die Hamburger Wirtschaft gut, sogar besser als in Deutschland insgesamt. Dazu gehört auch die gute Entwicklung der maritimen Wirtschaft und des Hafens, der im vergangenen Jahr einen Zuwachs des Containerumschlags von fast 400 000 Einheiten zu verzeichnen hatte.

(Beifall bei der SPD)

Der größte Teil des Zuwachses entfällt dabei auf die Arbeit von Hapag-Lloyd und ihrer Partnerreedereien. Wegen dieser außerordentlichen Bedeutung für den Hamburger Hafen hat bereits der Vorgängersenat mehr als 700 Millionen Euro für eine Beteiligung an Hapag-Lloyd investiert. Der größte Teil der Zinsaufwendungen, die CDU und GRÜNE nun regelmäßig kritisieren, stammt im Übrigen aus dem Kauf dieser Anteile. Der Grund für diese dennoch richtige Entscheidung des Vorgängersenats war nicht die Spekulation auf eine schnelle Dividende, sondern es waren die besonderen Interessen an der Entwicklung unseres Hafens, von der Tausende Arbeitsplätze und eine hohe Wertschöpfung in der Metropolregion abhängen.