Thomas-Sönke Kluth

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Last Statements

Es ist zutreffend, was der Kollege Rose vorhin gesagt hat, Deutschland ist weltweit der drittgrößte Exporteur von Rüstungsgütern und weltweit der sechstgrößte Exporteur von Kriegswaffen. Ich denke, das ist nichts, worauf wir stolz sein sollten, und es ist auch nichts, womit wir uns rühmen könnten. Daher wird die FDP-Fraktion dem Petitum, das wir im Wirtschaftsausschuss beschlossen haben und das die Bundesregierung bei Rüstungsexporten zu einer restriktiven Politik auffordern wird, ausdrücklich zustimmen.
Wenn mit deutschen Waffen Menschen getötet, bewaffnete Konflikte geführt oder Menschenrechte und Demokratie durch autoritäre Regime verletzt werden, dann sind die Exportchancen der deutschen Industrie – und ich will das ausdrücklich sagen – kein triftiger, kein ausreichender Grund für Ausfuhrgenehmigungen.
Warum ist das so? Weil die sogenannte Endverbleibkontrolle nach Paragraf 12 Kriegswaffenkontrollgesetz, oder wie sie sich auch in den politi
schen Grundsätzen für den Export von Kriegswaffen und Rüstungsgütern wiederfindet, in der Realität meist nicht einmal das Papier wert ist, auf dem sie geschrieben steht. Konkret: In Nigeria tötet gegenwärtig Boko Haram mit Waffen, die von korrupten Teilen der nigerianischen Armee erworben worden sind, also genau mit solchen Waffen, die überwiegend amerikanische, russische, aber eben auch europäische Unternehmen an die nigerianische Armee geliefert haben.
Dass das so ist, können Sie dem Rüstungsexportbericht 2013 entnehmen, den Wirtschaftsminister Gabriel im Juni 2014 veröffentlicht hat. In diesem Bericht nämlich weist das Wirtschaftsministerium selbst darauf hin, dass in den internen, aber auch in den grenzüberschreitenden Konflikten die weitaus meisten Opfer durch den Einsatz von Kleinwaffen und leichten Waffen, also zum Beispiel Handfeuerwaffen oder kleinen Kanonen, verursacht werden. Diese würden, so der Rüstungsexportbericht von Minister Gabriel, am häufigsten von den ursprünglichen Empfängerländern weiterverkauft werden.
Aber wenn das so ist und wenn Wirtschaftsminister Gabriel das auch als zutreffend erkannt hat, wie kann es dann eigentlich angehen, dass das Volumen der Ausfuhrgenehmigungen an Drittländer – also solche Staaten, die nicht Mitglied der EU oder der NATO sind – im ersten Halbjahr 2014 mit 1,4 Milliarden Euro nahezu genauso hoch und also konstant ist, wie das Ausfuhrvolumen im ersten Halbjahr 2013. Wohlgemerkt, alles lupenreine Genehmigungen der jetzigen Regierung, keine nachlaufenden Genehmigungen der schwarz-gelben Regierung. Mit anderen Worten, deutsche Rüstungsunternehmen haben im ersten Halbjahr 2014 unter Wirtschaftsminister Gabriel beinahe ebenso gute Waffengeschäfte gerade mit den umstrittenen Drittländern gemacht wie unter der Vorgängerregierung. Das ist alles nachzulesen in dem Mitte Oktober veröffentlichten Zwischenbericht, dem ersten Zwischenbericht der Bundesregierung, also zeitlich exakt einen Monat, bevor uns die SPD-Fraktion im Wirtschaftsausschuss einen Änderungsantrag mit salbungsvollen Worten über die angeblich so restriktive Rüstungspolitik ihres Wirtschaftsministers präsentiert hat.
Meine Damen und Herren! Das ist entweder dumm oder dreist, auf jeden Fall aber scheinheilig.
In diesem Zusammenhang will ich noch etwas anderes sagen. Zu den Empfängerländern der unter dieser Bundesregierung genehmigten Rüstungsexporte gehören Ägypten, Algerien, Indonesien, Katar, Nigeria, Pakistan und Saudi-Arabien. Das sind Länder, die in Krisenregionen liegen oder in denen die Wahrung der Menschenrechte nicht gewährleistet ist. Ich zitiere einmal Paragraf 6 Kriegswaf
fenkontrollgesetz: Exporte dürfen nicht genehmigt werden, wenn
"die Gefahr besteht, dass die Waffen bei einer friedensstörenden Handlung […] verwendet werden."
Sturmgewehre nach Saudi-Arabien, Maschinenpistolen nach Indonesien – wie Sie das mit Paragraf 6 Kriegswaffenkontrollgesetz in Übereinstimmung bringen wollen, bleibt in der Tat das Geheimnis dieser Bundesregierung.
Das ist keine restriktive Rüstungspolitik, das ist das Legen von Lunten an offene Pulverfässer.
Rüstungsexporte, insbesondere von Kriegswaffen, sind kein Mittel der Wirtschaftspolitik, das hat Herr Kollege Rose gesagt, das sagt auch Wirtschaftsminister Gabriel, und ich stimme ihm da ausdrücklich zu. Ich mache mir angesichts der Innovationsfähigkeit unserer Industrie und dem geringen Umfang der Rüstungsgüter am Gesamtexportvolumen – wir reden von etwa 0,8 Prozent – auch keine Sorgen, dass das beschäftigungspolitisch nicht zu verkraften sei. Es reicht aber eben nicht aus, nur davon zu reden, sondern die Bundesregierung muss danach handeln.
Die Anträge der GRÜNEN und der LINKEN werden wir ablehnen, weil sie die ausschließliche Zuständigkeit des Bundes verkennen, wie sie sich aus Artikel 26 Grundgesetz ergibt; darauf hat der Kollege Stemmann zu Recht hingewiesen. Bei dem Antrag der LINKEN haben wir darüber hinaus auch verfassungsrechtliche Bedenken, wie sie im Wirtschaftsausschuss erörtert worden sind. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Senat berichtet uns in seiner Drucksache über die Umsetzung des Volksentscheids zu den Energienetzen und des nachfolgenden Beschlusses der Bürgerschaft vom 25. September 2013. Sie alle wissen, dass die FDP damals Position gegen die Volksinitiative bezogen hat. Der Volksentscheid ist mit knapper Mehrheit anders ausgefallen. Die FDP als Befürworter der Volksgesetzgebung und als Demokrat respektiert diese Entscheidung natürlich. Damit stellt sich die Folgefrage, wie erfolgreich der Senat bislang bei der Umsetzung des Volksentscheids gewesen ist. Dafür gibt es einen klaren Maßstab, der sich wiederum aus der Vorlagefrage des Volksentscheids ergibt. Es lohnt daher, sich diese Vorlagefrage noch einmal zu vergegenwärtigen – ich zitiere –:
"Senat und Bürgerschaft unternehmen fristgerecht alle notwendigen und zulässigen Schritte, um die Hamburger Strom-, Fernwärme- und Gasleitungsnetze 2015 wieder vollständig in die Öffentliche Hand zu übernehmen."
Zitatende.
Weiter heißt es, verbindliches Ziel sei unter anderem eine sozial gerechte, also doch wohl zuverlässige und preiswerte Energieversorgung. Nach Artikel 48 der hamburgischen Verfassung hat dieser Auftrag mit dem Ausgang des Volksentscheids – wir wollten es nicht, aber es ist so gekommen – Gesetzesrang. Er stellt also eine unmittelbar bindende Verpflichtung für Senat und Verwaltung dar.
Wenn man sich nun nach Durchsicht der Drucksache die Frage stellt, ob der Senat dieser gesetzlichen Verpflichtung im Bereich der Gasnetze nachgekommen ist, so lautet die Antwort eigentlich ziemlich klar: Nein, das ist er nicht. Wenn man das anders sieht, Frau Kollegin Dr. Schaal, dann hat man schon eine ziemlich verzerrte Wahrnehmung der Realität.
Das spüren Sie auch, wenn Sie unter Ziffer 3 der Drucksache die Bewertung des Verhandlungsergebnisses durch den Senat lesen. Dort finden Sie nämlich keineswegs die Verkündung eines Verhandlungserfolgs, sondern das genaue Gegenteil, nämlich eine Rechtfertigung dafür, dass die Umsetzung des Volksentscheids eben nicht gelungen ist.
Ich will unsere Kritik an dem Verhandlungsergebnis an zwei Punkten verdeutlichen. Der Volksentscheid verpflichtet den Senat, alle notwendigen und zulässigen Schritte zu unternehmen, die Gasleitungsnetze 2015 wieder vollständig in die öffentliche Hand zu bekommen, aber über 2015 lesen Sie in der Drucksache nichts. Herausgekommen ist stattdessen eine Option, nach der die Stadt die Anteile an der Hamburg Netz GmbH zum 1. Januar 2018 kaufen kann. Eine Option ist ein Recht und keine Pflicht. Nirgendwo in der Drucksache – der Kollege Bill hat zutreffend darauf hingewiesen – finden Sie auch nur ein Wort darüber, dass der Senat von seinem Recht auch Gebrauch machen wird.
Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Dressel?
Herr Kollege Dressel, bitte.
Vielen Dank für die Frage, Kollege Dressel; sie war nicht ganz überraschend. Wir werden alles dafür tun, dieses Ergebnis nachzuverhandeln, weil es für die Stadt ein schlechtes Geschäft ist.
Wie gesagt, über 2015 lesen Sie in der Drucksache nichts. Keine Pflicht; wir haben eben darüber gesprochen. Das Bemerkenswerte bei diesem Ergebnis ist, dass es überhaupt kein Problem gewesen wäre, eine solche Selbstverpflichtung in den Vertrag mit hineinzunehmen, denn für den Kauf der Anteile haben die Stadt und E.ON bereits einen Festpreis in Höhe von 275 Millionen Euro vereinbart. Man hätte also durch eine Selbstverpflichtung – die Aussage, man werde die Option auch ausüben – keinerlei Verhandlungsposition preisgegeben.
Resümee: Wenn ich Befürworter der Volksinitiative gewesen wäre, was ich bekanntlich nicht war, dann würde ich heute sehr genau hinschauen, ob sich der Senat nicht in Wahrheit eine Hintertür offen hält. Und als Befürworter der Volksgesetzgebung, der ich wiederum bin, stelle ich fest, dass der Senat seiner gesetzlichen Verpflichtung aus dem Volksentscheid bislang nicht nachgekommen ist.
Der zweite Kritikpunkt bezieht sich auf den Preis. 2011 hat der Senat für 25 Prozent Beteiligung an der Hamburg Netz GmbH 80,4 Millionen Euro gezahlt, demnach müssten die restlichen 75 Prozent etwa 241 Millionen Euro kosten. Tatsächlich aber hat der Senat einen Festpreis von 275 Millionen Euro vereinbart – eine Preissteigerung von satten 34 Millionen Euro in zweieinhalb Jahren. Diese Preissteigerung wird nicht plausibilisiert. Sie wird stattdessen mit dürren Worten unter Hinweis auf die Bewertung einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft begründet. Die Formulierung, die die Wirtschaftsprüfer gewählt haben und die in der Drucksache wiedergegeben wird, muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen – Zitat –:
"KPMG hat bestätigt, dass der Transaktionspreis innerhalb einer Bandbreite von […] Werten […] vergleichbarer Transaktionen liegt […]."
Zitatende.
Weicher geht es kaum noch.
Da hat man dann schon den Eindruck, dass der Senat in Wahrheit nur ein für ihn lästiges Thema rechtzeitig vor dem Wahlkampf abräumen wollte. Die Zeche zahlen einmal mehr die Hamburger Steuerzahler.
Der Senat bleibt darüber hinaus eine plausible Antwort darauf schuldig, warum, und das ist anders als beim Optionsvertrag für das Fernwärmenetz. Bereits jetzt wird ein hoher Kaufpreis festgelegt und nicht erst bei Ausübung der Option im Jahre 2018 durch einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer ermittelt. Es ist doch völlig klar, dass ein Unternehmen, das damit rechnen muss, sein Gasnetz 2018
für einen bereits heute festgelegten Kaufpreis verkaufen zu müssen, fortan keinen unnötigen Cent mehr in die Modernisierung dieses Netzes investieren wird. Das ist ein schlechter Deal für die Stadt.
Um es zusammenzufassen: Der Senat hat dabei versagt, gegenüber E.ON Hanse eine vollständige Übernahme der Netzgesellschaft vor 2018 auf dem Verhandlungsweg durchzusetzen. Das ist keine Polemik, ich habe es mir auch nicht ausgedacht, sondern das führt der Senat auf Seite 6 der Drucksache selbst aus. Wenn dem aber so ist, dann wäre es zur Umsetzung des Volksentscheids der richtige Weg gewesen, die 25-Prozent-Beteiligung an der Netzgesellschaft rückabzuwickeln – was übrigens den Nebeneffekt gehabt hätte, dass 80 Millionen Euro in die Hamburger Kassen gespült worden wären – und sich dann mit einer eigenen Netzgesellschaft am Konzessionsverfahren zu beteiligen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das waren schon zwei bemerkenswerte Wortbeiträge meiner Vorredner Stemmann und Balcke. Herr Stemmann, Sie haben gesprochen, als ob die CDU unmittelbar davor stehe, die Regierungsverantwortung zu übernehmen. Bei allem Respekt, das ist etwa so realistisch, als ob der VfB Stuttgart Deutscher Meister wird,
und dieses Beispiel war wohlgewählt.
Herr Balcke, Sie haben dem Wirtschaftssenator als Quereinsteiger quasi dazu gratuliert, dass er vier Jahre durchgehalten hat. Durchhalten reicht nicht aus; gestalten hätten wir erwartet, und das fehlt.
Aber die Debatte, die wir heute führen, hat schon so etwas wie den Charakter einer Schlussbilanz über vier Jahre Frank Horch als Senator für Wirtschaft, Verkehr und Innovation, also einen Senator, der vor knapp vier Jahren mit einem sehr großen Vertrauensvorschuss der Hamburger Wirtschaft gestartet ist, einer Wirtschaft, die damals frustriert darüber war, von der CDU in vielen wichtigen Fragen des puren Machterhalts wegen an die
GRÜNEN verkauft worden zu sein. Ich kann mich noch sehr deutlich daran erinnern, wie beispielsweise der Präsident des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg die Ernennung von Wirtschaftssenator Horch damals begrüßt hat. Aber für eine Schlussbilanz gelten die bilanzrechtlichen Grundsätze der Klarheit und der Wahrheit, und es gilt vor allem das Prinzip, ihr sollt sie an ihren Taten messen und nicht an ihren Worten. Wenn man das zum Maßstab Ihrer Arbeit macht, Herr Senator, dann bleibt in der Tat wenig übrig. Da muss man feststellen: Der Lack ist ab, und man muss weiter feststellen, dass unter Ihrer Amtsführung aus der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation in Wahrheit eine Behörde für Wirtschaft, Stau und Ankündigung geworden ist.
Das kann man sogar messen. Der tägliche Hafenreport hat seine Leser befragt, ob dem Senat die fachliche Eignung für eine solide und seriöse Hafenfinanzierung fehle. 79,2 Prozent der Befragten haben mit Ja geantwortet und nur knapp 20,8 Prozent mit Nein. Mit anderen Worten: Knapp 80 Prozent der befragten Hafenunternehmer traut Ihnen in einer Schlüsselfrage der Hamburger Hafenpolitik keine solide und seriöse Politik zu. Herr Senator Horch, Vorschusslorbeeren beim Amtsantritt und eine solch vernichtende Kritik am Ende, ein solcher Verfall von Vertrauen in Kompetenz und Verlässlichkeit sucht in der Hamburger Politik seinesgleichen.
Ich will Ihnen auch gern präzise belegen, warum. Der eine oder andere von Ihnen wird sich vielleicht noch an das Arbeitsprogramm des Senats aus dem Mai 2011 erinnern. Das war das Arbeitsprogramm mit dem seit Längerem verschollen gegangenen Prinzip "pay as you go". Es ist schon spannend, wenn man sich heute genau anschaut, was aus den einzelnen wirtschaftspolitischen Punkten geworden ist.
Beispiel Elbvertiefung. Sie haben die Fahrrinnenanpassung damals zu einem zentralen Punkt Ihres Arbeitsprogramms gemacht; lesen Sie nach im Arbeitsprogramm. Unmittelbar nach dem Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzung sollte mit den Baggerarbeiten begonnen werden. Das war spätestens im April 2012 der Fall. Und dass wir trotz Ihrer damaligen Ankündigung bis heute keine Bagger gesehen haben, liegt eben nicht allein an den Klagen der Umweltverbände oder an Unklarheiten im EU-Recht, sondern auch an handwerklichen Fehlern, die in Hamburg gemacht worden sind. Daran kann nach der Lektüre der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Oktober kein Zweifel bestehen.
Sie wissen, dass der Planfeststellungsbeschluss am 1. Oktober 2013 noch einmal ergänzt worden
ist. Und genau zu dieser Ergänzung, einer Ergänzung unter der Verantwortung des jetzigen Senats, hat das Gericht festgestellt – Zitat –:
"Hierfür hätten die Kriterien für die Bewertung […] und ihr fachlich untersetzter Sinngehalt […] dargelegt werden müssen."
Zitatende.
Das klingt kompliziert, bedeutet aber im Kern nichts anderes als ungenügend gearbeitet, schlecht gearbeitet, und die politische Verantwortung dafür trägt allein der SPD-Senat und niemand sonst.
Aber auch ein anderer Fehler des Wirtschaftssenators in Sachen Elbvertiefung hat dem Hamburger Hafen mindestens in gleicher Weise geschadet. Mindestens dreimal hat Herr Senator Horch den Beginn der Baggerarbeiten öffentlich angekündigt, um sich anschließend wieder zu korrigieren. Senator Horch hat damit bei internationalen Reedereien und Verladern das Vertrauen in die Verlässlichkeit der Hafenplanung und das Beurteilungsvermögen des Senats schwer beschädigt.
Und auf eine weitere schwere Fehleinschätzung will ich hinweisen. Auch diese gibt Anlass zu Zweifeln am politischen Beurteilungsvermögen des Wirtschaftssenators. Ich zitiere aus einem DVZ-Artikel aus dem Juli 2011 – Zitat Senator Horch –:
"Ich bin [also in Sachen Elbvertiefung] auch deshalb zuversichtlich, dass wir das Klagerisiko reduzieren können, weil wir die Umweltverbände stark eingebunden haben."
Zitatende.
Was war das? Das war eine kolossale Fehleinschätzung, die Geschichte hat uns eines Besseren belehrt. Natürlich haben die Umweltverbände geklagt, und dazu brauchte man auch kein Hellseher zu sein. Das ist das Geschäftsmodell der Verbände, das war jedem politisch denkenden Menschen in der Stadt von vornherein klar, offenbar nur dem Wirtschaftssenator nicht.
Die FDP fordert daher erneut, die weitere Finanzierung des gescheiterten Vehikels Stiftung Lebensraum Elbe einzustellen und stattdessen durch die Senkung des Hafengeldes die durch die Verzögerung der Elbvertiefung eingetretenen Beeinträchtigungen der Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens zumindest teilweise zu kompensieren.
Zweiter Punkt aus dem Arbeitsprogramm, die Gewerbeflächenentwicklung. Der Senat hat in seinem Arbeitsprogramm 2011 festgestellt, dass Hamburg auch in Zukunft einen Vorrat an gut erschlossenen Gewerbe- und Industrieflächen braucht. Wir sagen dazu: völlig richtig. Aber getan haben Sie nichts;
auch hier nur Worte statt Taten. Neuausweisung von Gewerbeflächen: Fehlanzeige. Flächenrecycling, Nutzungsintensivierung, Brachflächenentwicklung: weitgehend Fehlanzeige. Überarbeitung des Flächennutzungsplans und Neuausweisung von Gewerbeflächen: Fehlanzeige. Neue Gewerbe- und Handwerkerhöfe, ganz gleich, ob städtisch, als PPP-Modell oder privat: weitgehend Fehlanzeige. Konkrete Planungen über die Nutzung der hafenwirtschaftlichen Flächen des Überseezentrums oder auf Steinwerder: Fehlanzeige – durchgängig überall Worte statt Taten.
Die Folgen dieser Politik sind unmittelbar spürbar. Die Ansiedlung von neuen Unternehmen ist rückläufig, die Abwanderung von gewerblichen Unternehmen und Handwerksbetrieben in das Hamburger Umland nimmt zu. Immer weniger internationale Firmenzentralen haben ihren Sitz in Hamburg. Das kostet die Stadt nicht nur Steuereinnahmen, sondern vor allen Dingen Beschäftigung und Arbeitsplätze.
Drittes Beispiel aus dem Arbeitsprogramm ist das Thema Bürokratieabbau. Sie haben in Ihrem Arbeitsprogramm insbesondere den kleinen und mittleren Unternehmen den Abbau von Bürokratie versprochen, ein wirklich wichtiger Punkt, denn über 80 Prozent aller mittelständischen Unternehmen leidet nach einer Umfrage der Handelskammer stark oder sehr stark unter bürokratischen Anforderungen der Verwaltung. Aber auch hier: versprochen, gebrochen. Seit 2011 hat die Anzahl der Gesetze und Verordnungen Jahr für Jahr im Saldo zugenommen und nicht abgenommen. Darunter fällt auch ein Bürokratiemonster wie das Bettensteuergesetz; also mehr Bürokratielasten und nicht weniger. Und Jahr für Jahr erhöhen Sie die Abgaben und Gebühren bei den Wochenmärkten, den Wasserkunden, beim HVV und ganz besonders bei den Friedhöfen.
Aber nicht nur die Bürokratie wächst und die Gebühren steigen, auch die Anzahl der öffentlichen Unternehmen und Beteiligungen nimmt Jahr für Jahr zu. Die Vorstellung, dass in den vergangenen Jahren eine Privatisierungswelle durch die Stadt gerauscht sei und die Stadt kaum mehr dazu in der Lage wäre, die elementarsten Aufgaben der Daseinsvorsorge zu bewältigen, ist nichts anderes als ein Ammenmärchen. Die Wahrheit lautet, dass wir seit 2004 einen kontinuierlichen Aufwuchs an städtischen Unternehmen, Beteiligungen, Tochter-, Enkel- und Urenkel-Gesellschaften haben. Schauen Sie sich den aktuellen Beteiligungsbericht 2013 an, Sie werden es bestätigt finden. Wir glauben nicht, dass die Stadt wirklich Einzelhandelsunternehmen, Reisebusunternehmen, Fährbetriebe, Fahrzeugwerkstätten oder Stromhandelsunternehmen selbst betreiben muss.
Die FDP hat daher erneut den Antrag gestellt, auch den Bereich der öffentlichen Unternehmen zu
einem Konsolidierungsbeitrag für den Hamburger Haushalt heranzuziehen. Wir freuen uns, dass bei dieser Haushaltsberatung die CDU und die GRÜNEN das inzwischen ähnlich sehen und mit eigenen Anträgen unterstützen. Den letzten Antrag, den wir bei den vergangenen Haushaltsberatungen gestellt hatten, hatten Sie noch abgelehnt beziehungsweise sich enthalten.
Meine Damen und Herren! Ich hatte eingangs von einer Schlussbilanz des Wirtschaftssenators gesprochen. Ich nehme an, er wird die vergangenen vier Jahre gleich im Detail schönreden. Aber, Herr Senator, bedenken Sie dabei, dass die Verfälschung von Bilanzen ein schweres Vergehen ist, rechtlich und politisch.
Der Wähler wird daher den Senat im Februar 2015 zur Verantwortung ziehen, da bin ich mir ziemlich sicher. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Balcke, ich finde, Sie haben es sich in Ihrem Redebeitrag etwas zu einfach gemacht. Wenn der Senat im Frühjahr 2012 einen Hafenentwicklungsplan vorlegt, der auf der Annahme einer Umschlagentwicklung von 25 Millionen TEU basiert, und nur ein halbes Jahr später diese Prognose korrigieren muss – es werden nicht 25 Millionen TEU sein, sondern 16 Millionen TEU –,
hat das zur Folge, dass dieser Plan nicht mehr passt. Dann kann das kein guter Plan mehr sein, und dann muss man ihn readjustieren. Daher ist der Antrag der CDU an diesem Punkt plausibel. Wir vertreten das nicht erst heute, sondern wir haben das schon vor über einem Jahr vertreten.
Wenn wir der Berichterstattung trauen dürfen, dann hat sich der Gesamtumschlag im Hamburger Hafen in den ersten neun Monaten des Jahres sehr positiv entwickelt. Wir werden ein Rekordniveau erreichen; der Kollege Wersich hat es gesagt und Herr Balcke hat die Zahlen im Einzelnen genannt. Das ist eine tolle Leistung der Hafenwirtschaft, der Hafenunternehmen und der Beschäftigten und das alles nicht wegen, sondern trotz der Hafenpolitik in den letzten zehn Jahren.
Was die Hafenwirtschaft dabei tatsächlich leistet, wird erst richtig deutlich, wenn man sich die Rahmenbedingungen bewusst macht, unter denen dies realisiert worden ist: der Gegenwind durch die Verschleppung der Fahrrinnenanpassung, die Verzögerung in der Umsetzung wichtiger Hafeninfrastrukturmaßnahmen und die völlig offene Entwicklungsperspektive wichtiger Bereiche des Hafens wie zum Beispiel des CTA. Dafür tragen SPD und CDU gleichermaßen die Verantwortung. Statt sich diesen Fehlern der Vergangenheit zu stellen, zeigen beide Seiten, CDU und SPD, aber nur wechselseitig mit dem Finger aufeinander; das haben die Beiträge der Kollegen Wersich und Balcke deutlich gemacht. Mehr fällt Ihnen nicht ein. Das ist für eine vorausschauende Hafenpolitik zu wenig.
Die CDU hat heute einen Antrag vorgelegt, der durchaus richtige Fragen stellt, jedoch so gut wie keine oder allenfalls vage Antworten liefert. Das ist einfach zu wenig. Wenn man Ihre heutige Kritik am aktuellen Hafenentwicklungsplan liest, dann klingelt es in den Ohren. Man wundert sich und reibt sich die Augen, denn ich kann mich sehr gut daran
erinnern, was der Kollege Ohlsen vor zwei Jahren an dieser Stelle zum Hafenentwicklungsplan gesagt hat – Zitat –:
"Herr Senator, der Hafenentwicklungsplan ist in seinen Grundzügen gut, ich sage das einmal sehr deutlich."
Es geht noch weiter. Herr Ohlsen hatte bei Durchsicht des Hafenentwicklungsplans festgestellt – ich zitiere erneut –:
"[…] dass er zu 90 Prozent Ideen der CDU und der damaligen GAL enthält und zu 10 Prozent Ideen der SPD."
Zitatende.
Damals gab es also ein dickes Lob für den SPDSenat. Ich muss zugeben, dass ich damals ziemlich erstaunt war und mich gefragt habe, ob die Kollegen der CDU den gleichen Hafenentwicklungsplan gelesen hatten wie ich. Jetzt kommt der große Verriss. Stringente Hafenpolitik sieht anders aus.
Nun lautet die erste pädagogische Grundregel bekanntlich: Positives verstärken, Negatives ignorieren. Ich möchte die Kollegen der CDU daher ausdrücklich nicht dafür kritisieren, wenn sie nach der Devise verfahren, was interessiert mich mein Geschwätz von gestern, sondern ich freue mich ehrlich darüber, dass Sie diesen Erkenntnisgewinn erzielt haben. Denn genau die Fragen, die Sie stellen, muss ein Hafenentwicklungsplan tatsächlich beantworten. Genau das haben wir schon damals eingefordert. Doch in der Politik reicht es eben nicht aus, nur die richtigen Fragen zu stellen, sondern man muss auch Antworten liefern.
Sehr geehrte Damen und Herren! Wir als Bürgerschaft stehen in der Verantwortung dafür, die Wettbewerbsbedingungen des Hamburger Hafens zu stärken. Ich will Ihnen einen sehr konkreten Vorschlag machen. Die FDP-Fraktion schlägt Ihnen erneut vor, die Zuschüsse für die Stiftung Lebensraum Elbe zu streichen. Seit 2010 hat die Stiftung Lebensraum Elbe insgesamt gut 20 Millionen Euro von Staat und HPA erhalten. Jedes Jahr erhält die Stiftung 4 Prozent des Hafengeldes; das sollten wir beenden. Damit wäre es möglich, die Hafengebühren kurzfristig um 4 Prozent zu senken. Das stärkt die Hafenwirtschaft im internationalen Wettbewerb. Das hilft den Hafenunternehmen und ihren Beschäftigten und verhindert die Verlagerung von Umschlag in andere Häfen der Nordrange.
Meine Damen und Herren! Die Fahrrinnenanpassung ist wichtig und unverzichtbar, da sind wir uns weitgehend einig. Sie allein reicht aber nicht aus, um die Zukunft des Hamburger Hafens und Tausender Arbeitsplätze zu sichern. Daher müssen wir
die Finanzierung der Hafeninfrastruktur auf andere, auf sicherere Beine stellen. Wir haben es vorhin in der Aktuellen Stunde gehört: knapp 260 Millionen Euro für ein unsinniges Busbeschleunigungsprogramm, aber nur 100 Millionen Euro pro Jahr für die Infrastruktur im Hafen, einem Hafen, der der Stadt im Gegenzug jährlich 750 Millionen Euro Steuereinnahmen zurückgibt. Sie werden selbst merken, dass die Verhältnisse nicht stimmen, dass dort eine gigantische Unwucht enthalten ist, und daran muss sich etwas ändern.
Aber nicht nur die Infrastruktur im Hafen ist von wesentlicher Bedeutung, wir müssen auch die Engpässe bei der Hinterlandanbindung beseitigen, denn eines ist sonnenklar – da wiederum hatte der Kollege Balcke völlig recht –, nicht wir entscheiden, wo entlang oder wie die Waren und Ladungen transportiert werden, sondern das macht letztendlich der Kunde, also der Auftraggeber, oder der Verlader. Der wird sich immer für den günstigsten und zuverlässigsten Weg entscheiden. Daher brauchen wir nicht nur die Finanzierung, sondern vor allen Dingen auch den politischen Willen, die großen Infrastruktur- und Verkehrsvorhaben zügig voranzubringen.
Und wer die Hinterlandanbindung voranbringen will, der muss vor allen Dingen dem Bundesverkehrsminister Beine machen. Da können Sie, verehrte Kollegen und Kolleginnen aus der CDU-Fraktion, wirklich einmal zeigen, was in Ihnen steckt. Liebe Kollegen, Ihr Parteifreund Uwe Beckmeyer ist gegenwärtig Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft, aber davon haben wir in Hamburg, mit Ausnahme von ein paar Sonntagsreden bei festlichen Anlässen, bislang wenig gemerkt. Auch Sie stehen also in der Verantwortung, mehr Druck auf die Bundesregierung auszuüben und etwas zur Hafeninfrastruktur in Hamburg beizutragen.
Die FDP-Fraktion wird dem Überweisungsantrag zustimmen, sie wird auch dem CDU-Antrag in der Sache zustimmen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Drei kurze Anmerkungen zu dem, was uns Senator Horch eben vorgetragen hat.
Erster Punkt: Herr Senator, Sie haben gesagt, wir hätten mit dem Hafenentwicklungsplan einen flexiblen Masterplan. Wenn man sich das dann anschaut und feststellt, dass Sie zu einem zentralen Entwicklungsvorhaben des Hamburger Hafens, nämlich dem CTS, im Hafenentwicklungsplan so gut wie gar nichts sagen, dann bekommt man in etwa eine Vorstellung davon, was Sie unter Flexibilität verstehen. Wenn man gar nichts sagt, ist das sogar ultraflexibel
oder, mit anderen Worten, eigentlich gar nichts. Ein Hafenentwicklungsplan ist das auf keinen Fall.
Zweiter Punkt: Sie haben berichtet – und das ist eine frohe Botschaft, das sehe ich auch so –, dass der Hafen der Stadt in 2014 voraussichtlich 800 Millionen Euro Steuereinnahmen bringt. Aber, Herr Senator Horch, das ist kein Gegenargument zu dem, was ich hier vorgetragen habe, sondern es ist eigentlich noch einmal eine starke Bekräfti
gung. Gerade bei den Steuereinnahmen, die wir aus dem Hafen haben, ist es völlig unzureichend, wie wir die notwendigen Infrastruktur- und Verkehrsvorhaben im Hafen mit Finanzmitteln ausstatten. Mich freut das Ergebnis, aber es ist noch einmal eine kräftige Bestätigung unserer Argumentation, dass Ihre Finanzierungskonzeption völlig unzureichend ist.
Dritter und letzter Punkt: Sie haben gesagt, Sie hätten ein klares Konzept. Das Problem ist nur, dass keiner weiß, wie es aussieht, und ich habe zunehmend den Eindruck, Sie wissen es auch nicht. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir alle wissen aus den letzten Sitzungen der Bürgerschaft, dass die SPDFraktion mit ihren Anmeldungen zur Aktuellen Stunde versucht, vermeintliche Erfolge des Senats abzufeiern. Wenn man das zum Maßstab macht, dann fragt man sich wirklich, wer eigentlich in der SPD-Fraktion auf die Schnapsidee gekommen ist, den bestandenen Stresstest der HSH Nordbank als Thema zur Aktuellen Stunde anzumelden.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass der Finanzsenator darüber sehr glücklich ist, denn das Ergebnis des Stresstests gibt niemandem Anlass zum Feiern, weder der Bank noch dem Senat und erst recht nicht den Steuerzahlern. Die Wahrheit lautet: Die HSH Nordbank ist knapp an der Katastrophe vorbeigeschrammt. Das ist zwar eine gute Botschaft für die Stadt, aber das ist noch lange kein Grund für eine Entwarnung oder zum Feiern. Ich will Ihnen drei Punkte exemplarisch nennen.
Erstens: Der Stresstest ist für die Bank denkbar knapp ausgegangen. Gerade einmal 0,6 Prozent oder 236 Millionen Euro Eigenkapital trennen die Bank von den aufsichtsrechtlichen Mindestanforderungen der EZB. Wie wenig das wirklich ist, wird deutlich, wenn Sie sich den Verlust in 2013 vergegenwärtigen, nämlich 814 Millionen Euro. Also noch einmal: nur 236 Millionen Euro Puffer zum aufsichtsrechtlichen Knock-out bei 814 Millionen Euro Verlust allein in 2013 – ein denkbar knappes Ergebnis.
Zweitens: Dieses denkbar knappe Ergebnis hängt an dem seidenen Faden der staatlichen Garantien. Diese Garantien wiederum hängen an dem seidenen Faden des laufenden EU-Beihilfeverfahrens, und wie das ausgeht, steht gegenwärtig in den Sternen. Mag sein, dass die Kommission die Garantieerhöhung durchwinkt, genauso ist es aber auch möglich, dass die Kommission der Bank neue Auflagen erteilt oder die Garantieerhöhung nicht genehmigt. Dann reißt der seidene Faden, an dem die Bank hängt.
Drittens: Wir wissen, dass die Kommission in dem Beihilfeverfahren insbesondere das neue Geschäftsmodell der Bank unter die Lupe nehmen wird. Und da gibt es in der Tat, Herr Heintze hat es angesprochen, eine sehr beunruhigende Entwicklung. Die Bank ist als weltweit größter Schiffsfinanzierer in die Krise geraten. Schiffsfinanzierungen bildeten das Klumpenrisiko der Bank. Dieses Klumpenrisiko ist mit der internationalen Schiffskrise eingetreten und hat sich verwirklicht. Aber wie sieht es jetzt aus? Die Bank sieht sich als Unternehmerbank des Nordens. Fakt ist aber, dass die Bank nur 20 Prozent des Neugeschäfts im Firmenkundengeschäft macht und davon wiederum nur 20 Prozent in Norddeutschland, insgesamt also nur 6 Prozent am gesamten Neugeschäft. Über die Hälfte des Neugeschäfts macht die Bank aber mit Immobilienfinanzierungen, davon wiederum der überwiegende Teil nicht in Norddeutschland. Die HSH Nordbank ist also nicht die Unternehmeroder Mittelstandsbank und erst recht nicht des Nordens, sondern sie wird zunehmend zu einem Immobilienfinanzierer. Sie ersetzt, mit anderen Wor
ten gesagt, das Klumpenrisiko der Schiffsfinanzierung durch das Klumpenrisiko von Immobilienfinanzierungen, und das in einer Zeit, in der der Vorstand der Bundesbank vor Fehlinvestitionen und einer Blasenbildung am Immobilienmarkt infolge der Niedrigzinsen warnt. Die Bundesbank warnt, dass niedrige Zinsen Investoren zu riskanteren Entscheidungen verleiten, und diese Warnungen vor einer neuen Immobilienblase kommen nicht nur von der Bundesbank, sondern auch von der Bundesregierung, von Forschungsinstituten und anderen Banken, etwa der Commerzbank. Ordnungspolitisch stellt sich natürlich auch die Frage, ob es eigentlich Aufgabe einer öffentlichen Bank der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein ist, Einkaufszentren in Südhessen zu finanzieren, wofür sich die Bank gerade letzte Woche selbst gefeiert hat.
Meine Damen und Herren! Genau diese Überlegungen zum Geschäftsmodell der HSH Nordbank wird sich auch die Kommission machen. Daher wird das Beihilfeverfahren ein schwerer Gang, und weitere Auflagen sind nicht unrealistisch. Daher bleibt die FDP auch bei ihrer Forderung, dass wir auf alle Eventualitäten vorbereitet sein müssen und einen Plan B zur geordneten Abwicklung der Bank brauchen. Und von Senator Tschentscher erwarten wir eine Beteiligungsstrategie. Aber davon ist gegenwärtig wie auch in den letzten dreieinhalb Jahren nichts zu bemerken. Die Hauptanteilseigner Hamburg und Schleswig-Holstein sind niemals Treiber, sondern immer nur Getriebene der Entwicklung bei der Bank, und das halten wir in der Tat für zu wenig. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Beitrag von Finanzsenator Tschentscher hat im Grunde noch einmal den Finger in die Wunde gelegt, wo die Diskussion um die HSH Nordbank krankt. Herr Senator Tschentscher, es reicht nicht aus, sich hier die Argumentation der Bank zu eigen zu machen und vorzutragen. Die Bank hat ein eigenes Organisationserhaltungsinteresse, und das ist etwas ganz anderes als das öffentliche und politische Interesse, das wir in der Bürgerschaft verfolgen müssen. Ich glaube auch, dass dadurch kritische Punkte, die wir offen ansprechen und diskutieren müssen, nicht ausreichend beleuchtet werden und die Positionen zu positiv dargestellt werden. Ich möchte das an drei Beispielen deutlich machen.
Erstens: Die HSH Nordbank hat sich Anfang des Jahres dafür gelobt, dass im ersten Quartal das Ergebnis vor Steuern bei 354 Millionen Euro lag, und das war nach Aussage der Bank deutlich mehr als im Vorjahr mit 71 Millionen Euro. Als Ursachen für diese Entwicklung wurden operative Erfolge der Kernbank, eine fortschreitende organisatorische Verbesserung und ein verringerter Aufwand bei der Risikovorsorge angegeben – so die Ursachen laut Bank und das ist einfach falsch. Die Bank stellt die Ursachenzusammenhänge für das erste Quartalsergebnis völlig falsch dar, und das schreibt sich beim Halbjahresergebnis fort. Mit anderen Worten: Die HSH Nordbank führt die Öffentlichkeit in diesem Punkt schlicht hinter die Fichte. Das positive Ergebnis der Bank im ersten Quartal 2014 und auch das Halbjahresergebnis sind im Wesentlichen Folge eines Forderungsverzichtes der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein in Höhe von zusammen 487 Millionen Euro, nämlich den beihilferechtlichen Kompensationszahlungen. Das ist ein Mechanismus, der sich aus der Beihilfeentscheidung der EU-Kommission ergibt. Was bedeutet das? Ohne diesen Forderungsverzicht hätte die Bank rote Zahlen geschrieben, und zwar sowohl zum 31. März 2014 als auch zum 30. Juni.
Zweitens: Fakt ist weiter, dass Hamburg und Schleswig-Holstein nicht in der Lage waren, eine internationale Bank oder einen Finanzfonds davon zu überzeugen, sich zur Stärkung der Eigenkapitalquote an der HSH Nordbank zu beteiligen. Das lässt nur einen Schluss zu: Das Geschäftsmodell
ist für den Kapitalmarkt zu akzeptablen Risiken nicht attraktiv. Mit anderen Worten fällt die Bank beim Private-Investor-Test schlicht durch.
Und drittens: Wir haben bis heute – trotz Nachfragen an den Senat auch im Ausschuss – keine weiteren Informationen über das Klagverfahren erhalten, das Investoren um Flowers vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die erste Beihilfeentscheidung führen. Die Behandlung des Themas HSH Nordbank durch diesen Senat und diesen Finanzsenator ist schlicht unzureichend und unangemessen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der CDU-Antrag, das kann man eingangs feststellen, enthält viel hafenpolitisches Allgemeingut. Es steht sehr viel und auch sehr viel Richtiges darin – sonderlich innovativ ist es nicht. Der Antrag fasst eigentlich mehr zusammen, aber im Ergebnis kann man das beschließen. Wir werden ihm daher zustimmen. Der Charakter dieses Antrags, den der Kollege Balcke zutreffend analysiert hat, ist durch den Redebeitrag von Herrn Ohlsen noch einmal sehr deutlich geworden. Ich werde daher meine Redezeit dazu nutzen, einige Worte generell zur Frage Hafeninfrastruktur und Hafenfinanzierung zu sagen.
Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, wer von Ihnen den Roman "Die unendliche Geschichte" von Michael Ende kennt. Einige, das ist erfreulich. Ein Großteil der Handlung spielt in einer parallelen Welt, Phantásien genannt. Diese Welt wird durch das Nichts zerstört – immer größere Teile des Reichs Phantásien verschwinden einfach, ohne dass davon etwas zurückbleibt. Jetzt werden Sie sich fragen, warum ich Ihnen das an dieser Stelle erzähle. Ich finde, dass die Hafenpolitik dieses Senats in großen Teilen durchaus Ähnlichkeiten mit dem Reich Phantásien aufweist. Die Hafenfinanzierung spielt sich in einer parallelen Welt ab, die Zukunftsfähigkeit des Hafens wird durch das Nichts verspielt und immer größere Teile der öffentlichen Infrastruktur und der Verkehrswege im Hafen verschwinden unter ihrem Sanierungs- und Instandsetzungsbedarf. Wirtschafssenator Frank
Horch ist sozusagen der Bastian Balthasar Bux des Hamburger Senats.
Aber ich kann Ihnen in Sachen Hafenfinanzierung auch eine durchaus reale unendliche Geschichte erzählen. Diese Geschichte beginnt am 18. März 2013. Da teilte der Senat in seiner Antwort auf meine Schriftliche Kleine Anfrage 20/7269 mit, dass eine behördenübergreifende Arbeitsgruppe unter Beteiligung der HPA prüfe, wie durch mehr Effizienz, Einnahmesteigerungen und eine stärkere Einbeziehung privater Dritter zusätzliche Finanzierungspotenziale für den Hamburger Hafen erschlossen werden können. An sich kein schlechter Ansatz, auch angesichts der Tatsache, dass die HHLA-Milliarde weitgehend verplant oder ausgegeben ist. Im Oktober 2013, also ein halbes Jahr später, habe ich dann den Sachstand abgefragt. Die Aussage des Senats war lapidar – Zitat –:
"[…] die zuständige Behörde [erteilt] über laufende Beratungen grundsätzlich keine Angaben."
Im Sommer 2014, immerhin 15 Monate später, habe ich erneut nachgefragt. Wieder keine konkrete Antwort, lediglich die vage Antwort – Zitat –:
"Die diskutierten Optionen sind mit Blick auf Praktikabilität, Umsetzungsaufwand, Auswirkungen und Zeithorizont sehr unterschiedlich zu bewerten."
Aha.
"Die Überlegungen der Arbeitsgruppe fließen in die operative Geschäftstätigkeit der HPA ein. Im Übrigen hat sich der Senat damit nicht befasst."
Zitatende.
Ich wiederhole: Der Senat hat sich mit der Hafenfinanzierung nicht befasst – so die Antwort des Senats.
Im Zuge der Haushaltsberatung ist nun klar geworden, dass sich die Kostensteigerungen für die wichtigsten Verkehrs- und Infrastrukturvorhaben mittlerweile auf 326 Millionen Euro belaufen. Im März 2013 lagen die Kostensteigerungen noch bei 243 Millionen Euro; ich prognostiziere Ihnen, dass wir noch bei einer halben Milliarde Mehrkosten ankommen werden. Das alles zeigt nur eines: Senat und HPA haben weder die Investitionen der Hafeninfrastruktur noch deren Finanzierung im Griff. Der Senat stellt für die Finanzierung 100 Millionen Euro aus dem städtischen Haushalt bereit, dazu kommen noch einmal die 24 Millionen jährlich Hafenlasten vom Bund. Damit ist allen sonnenklar, dass das vorne und hinten nicht reichen wird. Und wie lautet nun die aktuelle Antwort des Senats – der Kollege Tjarks hat es angesprochen –? Die HPA soll und will die Investitionen kreditär finanzieren.
Meine Damen und Herren! Das ist alles andere als nachhaltig. Das ist einzig und allein ein Verschieben von Verschuldungen aus dem Kernhaushalt in Nebenhaushalte, in diesem Fall in den der HPA. Das ist nicht nur eine Umgehung der Schuldenbremse, sondern zugleich auch eine Bankrotterklärung des Senats in Sachen Hafenfinanzierung.
Wir unterstützen daher den Antrag der CDU, sagen zugleich aber auch, liebe Kollegen von der CDU, dass wir von Ihnen mehr Druck auf Ihren Bundesverkehrsminister erwarten. Es ist unser gemeinsames Hamburger Interesse, dass wir Hamburg und seinen Hafen jederzeit über Straßen, Schienen- und Binnenschifffahrtswege erreichen können. Doch die Planungen der letzten Jahre, wenn nicht sogar der letzten Jahrzehnte, laufen an Hamburg und Norddeutschland schlicht vorbei. Daher haben Sie natürlich recht, dass es gerade in der Planung und Realisierung einer stärkeren Kooperation insbesondere der norddeutschen Bundesländer bedarf. Denn obwohl – und das ist bemerkenswert – sämtliche Regierungschefs zurzeit noch von der SPD gestellt werden, hat das der Infrastruktur im Norden, insbesondere in Hamburg, bislang rein gar nichts genützt. Die Diagnose für die Ursache ist dabei relativ eindeutig. Es handelt sich um ein kollektives Organversagen einer großen Koalition aus CDU im Bund und SPD in den Ländern.
Ein weiteres Beispiel für dieses kollektive Organversagen von SPD und CDU wird ersichtlich im Bereich der Binnenschifffahrt. Wir haben hier gemeinsam in der Bürgerschaft die Stärkung der Binnenschifffahrt als Ziel beschlossen, jedoch passiert bislang unter dem Strich nichts, was unter anderem auch daran liegt, dass CDU und SPD in Sachsen-Anhalt die Schiffbarkeit der Elbe de facto auf Eis gelegt haben. Es nützt nichts, Hafenpapiere zu schreiben, sie in der Umsetzung aber nicht voranzubringen.
Meine Damen und Herren! Der "THB", der "Tägliche Hafenbericht", hat seine Leser vor Kurzem gefragt, ob dem Hamburger Senat die fachliche Eignung für eine solide und seriöse Hafenfinanzierung fehle. 79,2 Prozent der Befragten haben mit Ja geantwortet, nur 20,8 Prozent mit Nein. Ich denke, die Befragten können das aus ihrer fachlichen Sicht sehr gut beurteilen. Daher lautet der Appell der FDP: Der Senat darf in der Hafenpolitik und der Hafenfinanzierung nicht nur palavern. Das hat er dreieinhalb Jahre erfolglos getan. Sie sollten endlich auch etwas tun, sonst geht, und das ist unsere feste Überzeugung, diese unendliche Geschichte zum Nachteil unserer schönen Stadt aus. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der
Antrag der Kollegen der CDU ist in seinen Petita so richtig, so selbsterklärend und im Grunde genommen für den Senat auch so politisch harmlos, dass man ihm eigentlich nur zustimmen kann, und das werden wir auch tun. Wir werden auch der Überweisung zustimmen. Herr Kollege Schmidt, das waren schon einige argumentative Verrenkungen, die Sie da eben vollzogen haben, um zu begründen, dass Sie diesem harmlosen und richtigen Antrag nicht zustimmen wollen.
Es ist inzwischen eine Binsenweisheit: Die Digitalisierung unserer Gesellschaft schreitet rasant voran. Die Anzahl der Patente hat sich im Bereich der digitalen Technologien seit der Jahrtausendwende verdoppelt, der Anteil der Digitalisierung hat über alle Wirtschaftsbereiche hinweg um 25 Prozent zugenommen und die weltweite Datenmenge hat sich um das Siebzigfache gesteigert. Das Internet ist somit ein entscheidender Faktor für Wachstum, Wohlstand und gesellschaftliche Teilhabe.
Dies vorausgeschickt, ist es dann schon in der Tat erstaunlich, was der Senat dem Kollegen Stemmann in seiner Schriftlichen Kleinen Anfrage 20/ 12957 geantwortet hat – ich zitiere –:
"Begriffe, Ziele und Absichtserklärungen der Digitalen Agenda bedürfen nicht nur […] einer Definition beziehungsweise Konkretisierung und Operationalisierung durch die Bundesregierung. Dies umfasst ganz wesentlich die Beantwortung der Frage, ob, wie und in welchem Umfang die Bundesregierung bereit ist, die Erreichung der von ihr gesteckten Ziele auch zu finanzieren. Hierzu gibt es bisher keine verlässlichen Zusagen oder Erkenntnisse."
Zitatende.
Mit anderen Worten: Die Bundesregierung ist also schuld an vorhandenen Defiziten der digitalen Versorgung in Hamburg, und der Senat meint, die Hände in den Schoß legen zu können. Da stellt sich für uns schon die Frage, warum der SPD-Senat die Entwicklung nicht engagierter vorantreibt und selbst auf die Bundesregierung einwirkt. Warum setzt sich der Senat in dieser Frage nicht stärker für die Hamburger Interessen ein? Wenn Hamburg noch nicht über ein optimales flächendeckendes leistungsfähiges Breitbandnetz verfügt, dann scheint uns das in der Tat in der Verantwortung des SPD-Senats zu liegen. Die FDP-Fraktion wird daher, wie bereits anfangs ausgeführt, dem vorliegenden Antrag der CDU und auch dem Überweisungsantrag zustimmen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn diese Regierungserklärung etwas gebracht hat, dann zumindest eine schöne Formulierung. Der Bürgermeister hat am Anfang seiner Regierungserklärung formuliert, Flüsse seien Vorfluter für Trübes. Ich muss offen sagen, am Ende der Regierungserklärung hatte ich den Eindruck, dass das gleichfalls als Funktionsbeschreibung für die Politik dieses Senats und dieses Bürgermeisters taugen könnte.
Der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom vergangenen Donnerstag war eine schallende Ohrfeige für diesen Senat. Daran kann es überhaupt keinen Zweifel geben, wenn Sie sich die Entscheidung durchlesen. Sie wissen, dass der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss am 1. Oktober 2013 – also unter der Verantwortung dieses Senats, Herr Kollege Wersich hat schon darauf hingewiesen – ergänzt worden ist. Genau zu dieser Ergänzung hat das Gericht festgestellt, dass die Kriterien für die Bewertung und ihr fachlicher Sinngehalt nicht nachvollziehbar dargelegt worden seien. Das klingt kompliziert, aber im Kern ist es ganz einfach. Es bedeutet, dass ungenügend, dass schlecht gearbeitet wurde, und die politische Verantwortung dafür trägt einzig und allein der SPD-Senat und niemand anderes.
Aber etwas anderes hat mich in der letzten Woche fast noch mehr erbost. Sie haben möglicherweise alle das Interview von Manfred Braasch im NDR gesehen. Er sprach immer von – ich zitiere – der
Gegenseite. Wen meint er eigentlich mit Gegenseite?
Vielleicht die Hamburger Bürger und Bürgerinnen, die Unternehmen und ihre Beschäftigten, die den wirtschaftlichen Schaden und den Schlamassel ausbaden müssen?
Herr Braasch, ich denke, Sie sollten in die Satzung Ihres Vereins gucken. In Paragraf 2 steht, der BUND dient ausschließlich gemeinnützigen Zwecken. Davon sind Sie in der Realität weit weg.
Es ist doch absurd, dass gerade sogenannte Naturschutzverbände dafür sorgen, dass die modernsten und damit auch umweltverträglichsten Schiffe Hamburg nicht anlaufen können, dass Gütertransporte auf der Straße stattfinden müssen. Das ist absurd und hat mit Umweltschutz überhaupt nichts zu tun.
Sehr geehrte Damen und Herren! Planungsprozesse für große Infrastrukturvorhaben sind heute aufwendig, teuer und dauern lange. Das ist eine Binsenweisheit, das muss ich Ihnen an dieser Stelle nicht weiter erläutern. Man hört dazu gelegentlich den Einwand, daran könne man sowieso nichts ändern, das sei durch Verordnungen und Richtlinien der Europäischen Union so vorgegeben. Ich bezweifle diese Aussage und will das an einem Beispiel verdeutlichen.
Der etwa 20 Kilometer lange Fehmarnbelt-Tunnel wird von den dänischen Behörden geplant und genehmigt, lediglich die letzten 300 Meter vor Fehmarn sind in deutscher Hand. Umfang der Genehmigungsunterlagen in Dänemark: 800 Seiten, Umfang der Genehmigungsunterlagen für das kurze deutsche Teilstück: mehrere Tausend Seiten. Auch Dänemark – Frau Suding hat schon darauf hingewiesen – gehört der EU an. Wir haben also, das ist richtig, kein europäisches, wir haben ein deutsches Problem im Planungsrecht. Ich möchte daher darauf eingehen, wie man aus unserer Sicht hieran etwas ändern kann.
Ein wichtiger Punkt: Planfeststellungsverfahren weiter reformieren und öffnen. Planfeststellungsverfahren sind in den Verwaltungsgesetzen des Bundes und der Länder und verschiedenen Fachplanungsgesetzen geregelt. All diese Gesetze haben eines gemeinsam: Die Pläne werden im Wesentlichen zunächst verwaltungsintern zur Planreife gebracht, also ohne öffentliche Beteiligung, und häufig zumeist auch ohne Beteiligung der Parlamente. Im geltenden Recht ist die Planung von In
frastruktur also in erster Linie Sache der Exekutive. Erst dann, wenn der Plan steht, wird die Öffentlichkeit angehört und beteiligt. Im Zentrum der dann folgenden Anhörung, das ist nach deutschem Planungsrecht so, steht dann der Betroffene, der seine Einwände gegen das Vorhaben geltend macht, und auch nur derjenige, der das tut, hat anschließend ein Klagerecht. So hatten wir zum Beispiel über 7000 Einwendungen gegen die laufende neunte Elbvertiefung. Wo sind aber zum Beispiel die Beschäftigten der betroffenen Hafenunternehmen, deren Arbeitsplätze von der Genehmigung abhängen? Fakt ist, sie finden im Planfeststellungsverfahren nicht statt. Der Gegenstand der öffentlichen Anhörung ist entsprechend verengt. Wichtige Fragen wie der Nutzen für die Allgemeinheit oder die Kosten werden im Planverfahren also nicht diskutiert. Der Bürger muss den Eindruck haben, dass der Plan zum Zeitpunkt der Anhörung im Wesentlichen bereits feststeht. Und das schafft ein Gefühl der Ohnmacht, das produziert Wutbürger.
Was ist nun die Lösung? Die Lösung lautet: frühzeitige öffentliche Vorerörterungen, und zwar bevor ein Plan verwaltungsintern aufgestellt wird. Das erhöht die Akzeptanz für eine Planung und trägt zur Beschleunigung bei. Das jedenfalls ist für uns die Lehre aus Planungsvorhaben in Skandinavien. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das ist schon ein relativ bemerkenswerter Vorgang: Vom bürgerschaftlichen Ersuchen bis zur Senatsdrucksache hat es zwei Jahre gedauert, seitdem sind nun weitere eineinhalb Jahre vergangen, bis wir heute erneut über Medienkompetenzförderung debattieren – insgesamt also dreieinhalb Jahre, fast die gesamte Legislaturperiode. Dafür ist, das muss man feststellen, das Ergebnis eigentlich ziemlich mau. Mehr oder minder ist Ihre Drucksache zur Medienkompetenzförderung nur eine Auflistung von Institutionen und Maßnahmen, die in unserer Stadt irgendwie und irgendwas mit Medienkompetenzförderung zu tun haben. Zugegeben, das ist Ihnen nach dreieinhalb Jahren nun halbwegs gelungen, aber die viel wichtigere Frage sollte doch eigentlich sein, was jetzt damit passiert. Welche konkreten Handlungsempfehlungen geben Sie? Welche Maßnahmen sollen Gestalt annehmen? Sie beschränken es, ich sage es ganz deutlich, auf ziemlich vage Zielsetzungen und einen Plattitüdenfriedhof, um nicht zu sagen relativ kryptische Formulierungen. Ich will das einmal exemplarisch aus der Drucksache zitieren. Da ist eine "flächendeckende Popularisierung" der Medienkompetenzförderung angestrebt, eine Erarbeitung von Indikatoren zur Wirksamkeit der Medienkompetenzförderung, eine "Veränderung der Lernkultur" oder eine Entwicklung von "medienpädagogischen Konzepten für spezifische Anforderungen" und so weiter und so fort.
Man stellt schon die Frage, ob Sie denn gar nicht merken, dass das überhaupt keine Maßnahmen oder Empfehlungen sind, sondern im Kern nur noch einmal die Ziel- und Aufgabenstellung, mit der Sie vor dreieinhalb Jahren angetreten sind, nur eben mit anderen Worten. Für so einen langen Zeitraum ist dieses Ergebnis wirklich ziemlich wenig und recht mau.
Sie sind, mit anderen Worten, dreieinhalb Jahre in Sachen Medienkompetenzförderung auf der Stelle getreten.
Viel zu kurz kommt in Ihrem Rahmenkonzept auch die Rolle der Wirtschaft. Auf Seite 30 des Konzepts schreibt der Senat zwar, für gemeinsames Handeln im Sinne nachhaltiger Medienkompetenz sollten Partner aus der Wirtschaft gewonnen werden. Aber wie das konkret aussehen soll, dazu findet man nichts. Welche Rolle sollen beispielsweise die Ausbildungsbetriebe spielen, die Kammern oder die Unternehmensverbände? Ich persönlich sehe hier ein großes Potenzial, aber in Ihrem Konzept leider nur ein großes Defizit.
Meine Damen und Herren! Das erinnert mich auch an die Ausschussberatungen und die Expertenanhörungen. Wurde da wirklich über die Chancen und die zusätzlichen Möglichkeiten gesprochen, die solche Kooperationen zwischen Schulen und Unternehmen im Bereich Medienkompetenzförderung haben können? Nein. Im Vordergrund standen zunächst immer Misstrauen, die angeblichen Risiken einer solchen Zusammenarbeit und angeblich notwendige Regulierungen. Ich halte das für den falschen Weg, denn damit gehen uns für die Medienkompetenzförderung Sachkunde, Mittel und letztlich auch Geld verloren, mit anderen Worten genau die drei Faktoren, an denen es bei der öffentlich organisierten Medienkompetenzförderung besonders mangelt.
Noch ein letzter Aspekt. Auf Seite 25 geht der Senat auf das Thema exzessive und pathologische Computer- und Internetnutzung ein. Es heißt dort:
"Die Suchtprävention muss sich […] gleichzeitig an zwei Zielen orientieren: erstens der Entwicklung und Verbreitung exzessiver oder pathologischer Mediennutzung entgegenzuwirken und zweitens einen verantwortungsbewussten […] Umgang mit Medien sowohl von Heranwachsenden als auch von Eltern zu fördern […]."
Zitatende.
Da hat der Senat durchaus recht, das ist richtig. Aber es bleibt wiederum völlig unklar und wird auch nicht weiter konkretisiert, wie denn dieses Problem in der Praxis angegangen werden soll. Allein das Beschreiben eines Problems ist noch nicht seine Lösung, aber auch hier, wie gesagt, Fehlanzeige. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich den Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion, allen voran Herrn Schmidt, für diese Große Anfrage danken. Ich denke, das Thema Film oder Filmwirtschaft in Hamburg ist es in der Tat wert, dass wir uns intensiver mit ihm be
schäftigen und das öffentliche Interesse auf diesen kreativen und auch wirtschaftlich immer wichtiger werdenden Bereich lenken. Der Senat hat sich rechtschaffen und redlich bemüht, uns alles zum Thema Filmwirtschaft aufzuschreiben. Ich zumindest weiß jetzt mehr über die maßgeblichen Akteure in der Filmförderung, das Fördervolumen, die Beschäftigungswirkung, die Wertschöpfung oder auch vorhandene Ausbildungsgänge. Dafür herzlichen Dank, das war der Mühe wert. Das ist in der Antwort auf die Große Anfrage zwar alles etwas statistisch, aber ganz interessant.
Was ich der Antwort des Senats hingegen nicht entnehmen konnte – und da hat Frau Goetsch völlig recht –, ist, mit welcher Zielrichtung und welcher Strategie er seine Filmförderung betreibt. Wo will der Senat zukünftig Schwerpunkte setzen? Wo will der Senat vielleicht auch umsteuern? Was will er zukünftig mehr fördern, was will er weniger fördern? Wie will er die Kooperation mit anderen Partnern im Bereich der Filmförderung, beispielsweise mit Schleswig-Holstein, den Bundesakteuren der Filmförderung, dem NDR und anderen, verändern und weiterentwickeln? Man hat den Eindruck, dass er sich, wenn man die Große Anfrage liest, an der von ihm im Großen und Ganzen als gut empfundenen Situation erfreut. Aber ein eigenes Konzept, eigene Vorstellungen sind nicht vorhanden, von einer Strategie ganz zu schweigen. Eine solche hat der Senat im Bereich der Filmförderung augenscheinlich nicht.
Das ist für einen Bereich, der in einem so hohen Maße von öffentlicher Förderung abhängig ist, schlicht zu wenig.
Ich möchte daher vier Punkte etwas vertiefen.
Erstens: Die Filmförderung Hamburg SchleswigHolstein wird zurzeit zu etwa 60 Prozent aus Mitteln der Stadt Hamburg finanziert. Jeweils rund 8 Prozent steuern der NDR und das ZDF bei. Schleswig-Holstein beteiligt sich hingegen nur minimal an der gemeinsamen Filmförderung. Während der Haushaltsansatz für die Förderung durch Hamburg in den Jahren 2012 und 2013 bei 7,1 Millionen Euro lag, belief sich der Ansatz in Schleswig-Holstein gerade einmal auf 180 000 Euro. Das sind pro Einwohner 4,09 Euro in Hamburg und 6 Cent pro Einwohner in Schleswig-Holstein. Ich frage mich: Warum ist das eigentlich so? Mir leuchtet schon ein, dass die Wertschöpfung der Filmwirtschaft überwiegend in Hamburg generiert wird, da ist es auch gerecht, dass Hamburg mehr in den Topf einzahlt. Aber 4,09 Euro zu 6 Cent? Machen die positiven wirtschaftlichen Effekte der Filmwirtschaft tatsächlich an der Landesgrenze halt? Stimmen da die Proportionen? Hierzu finde ich in der
Drucksache nichts, nicht einmal eine Plausibilisierung.
Zweitens: Kommen wir zu den Besucherzahlen. Es wäre in der Tat interessant gewesen, etwas zu den Besucherzahlen im Verhältnis zu den bereitgestellten Fördermitteln zu hören,
zur Spieldauer, zu geförderten Filmen in Kinos oder der Anzahl der Kinos, die diese Filme zeigen. Wenn unter den besonders erfolgreichen Filmproduktionen im Jahr 2013 ein Film mit 122 000 Besuchern aufgeführt wird, frage ich mich schon, wie viele Besucher dann in einem mäßig erfolgreichen Film gewesen sind.
Drittens: Es fällt auf, dass die Besucherzahlen insbesondere der großen geförderten Filmfestivals zurückgegangen sind. Das betrifft sowohl das Filmfest Hamburg, das "KurzFilmFestival" als auch das Freiluftkino auf dem Rathausmarkt. Insbesondere das Freiluftkino verzeichnete einen drastischen Rückgang von 15 000 auf 12 000 Besucher, und das "Internationale KurzFilmFestival" verlor rund 2000 Besucher, und zwar trotz eines deutlichen Anstiegs der Fördersumme von 140 000 auf 200 000 Euro. Wie begründet sich dieser Rückgang der Besucherzahlen trotz gestiegener Fördersummen? Der Senat bemüht sich in seiner Antwort auf die Große Anfrage noch nicht einmal um eine Erklärung für diesen Umstand.
Viertens: Nicht unerwähnt lassen möchte ich die große Offenheit des Senats in einer Frage, die der Kollege Wankum schon erwähnt hat. Der Senat ist bekanntlich ein Befürworter des gesetzlichen Mindestlohns – die FDP ist das nicht –, und da ist es schon bemerkenswert und verdient es, noch einmal ausdrücklich zitiert zu werden, was die Kultursenatorin auf die Frage nach den Auswirkungen des gesetzlichen Mindestlohns auf die Filmwirtschaft in Hamburg antwortet. Ich zitiere aus der Antwort des Senats auf die Große Anfrage:
"Anders als zum Beispiel in klassischen Wirtschaftsbereichen ist die Ausbildungssituation für zahlreiche filmwirtschaftliche Berufsbilder nicht einheitlich geregelt, durch 'Learning-by-Doing' und durch Quer- oder Seiteneinsteiger geprägt. Gar nicht oder nur gering entlohnte Praktika bilden häufig den Einstieg ins Berufsleben im Austausch für die notwendige Praxiserfahrung. Mit der Einführung des Mindestlohnes wird dieser Praxis ein Teil ihrer Grundlage entzogen, und es ist nicht absehbar, wie sich zukünftig unter den neuen Rahmenbedingungen der Berufseinstieg junger Menschen in die Filmwirtschaft gestalten wird."
Ende des Zitats.
Wohlgemerkt, das ist keine Aussage des wirtschaftspolitischen Sprechers der FDP-Fraktion, das ist eine Feststellung des SPD-Senats und seiner Kultursenatorin. Sie machen den jungen Menschen den Berufseinstieg im Bereich der Filmwirtschaft durch den gesetzlichen Mindestlohn unmöglich, Sie nehmen ihnen Chancen. Danke für diese Ehrlichkeit bei der Beantwortung der Großen Anfrage. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Tjarks, ich hatte eben den Eindruck, dass Sie das nicht verwendete Manuskript zur nicht gehaltenen Debatte Innovationshauptstadt 2020 von gestern zum Vortrag gebracht haben.
Das fällt natürlich auf, wenn man vorher noch ausdrücklich darauf aufmerksam macht.
Die deutsche Industrie und der deutsche Mittelstand sind deshalb so erfolgreich, weil sie es immer geschafft haben, ihre Erfahrungen stets mit Innovation zu verbinden, mit neuen Dienstleistungen zu verknüpfen und sich immer wieder auf veränderte Rahmenbedingungen einzustellen. Das ist der Grund, warum die deutsche Wirtschaft erfolgreich ist, und zwar in Hamburg genauso wie im Bund. Deshalb arbeiten Wirtschaft und Wissenschaft bereits seit Jahren an der nächsten Entwicklungsstufe, die sich mit dem Stichwort Industrie 4.0 verbindet. Dass das jetzt auch die CDU in der Hamburgischen Bürgerschaft erkannt hat, finden wir gut und sagen, willkommen im Neuland.
Der vorliegende Antrag ist dabei ein bemerkenswertes Sammelsurium von Buzzwords; von Cyber Physical Systems bis Smart Factory ist da die Rede. Aber, liebe Kollegen von der CDU-Fraktion, ich glaube, das allein, das Wording, ist noch kein ausreichender Nachweis für Kompetenz in der Sache.
Industrie 4.0 ist ein Projekt, das alle großen Herausforderungen der Zeit integriert, die Wettbewerbsfähigkeit des Hochlohnlandes Deutschland, die Schaffung von Ressourcen und Energieeffizienz, den demografischen Wandel sowie Fragen der urbanen Produktion. Doch so zu tun, als würde die Industrie dabei auf die Politik warten, ist absurd und ein Irrglaube,
denn die Industrie, die Wirtschaft haben sich längst auf den Weg gemacht.
Herr Kollege Stemmann, im Juni 2013 hat unter anderem Ihr Parteifreund Marcus Weinberg gemeinsam mit seiner Fraktion und der FDP-Fraktion einen umfassenden Antrag zum Thema Industrie 4.0 in den Deutschen Bundestag eingebracht. Er ist auch beschlossen worden, und vielleicht hätten Sie sich in Ihrer Antragsvorlage doch etwas mehr an diesem Antrag der Bundestagsfraktion orientieren sollen.
Meine Damen und Herren! Unser Ziel als Politik muss es sein, notwendige Rahmenbedingungen zu schaffen. Das fängt an bei den rechtlichen Rahmenbedingungen, vor allen Dingen zum Thema Datenschutz, es geht über Maßnahmen zur IT-Sicherheit bis zu Fragen des Breitbandausbaus. Politik kann helfen, den Fachkräftebedarf zu decken durch Unterstützung von Aus- und Weiterbildung oder durch Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland. Fachkräfte sind nämlich notwendig und werden notwendig sein, um Industrie 4.0 erfolgreich zu gestalten. Politik muss die Investitionen in Forschung und Entwicklung garantieren und Unternehmen dabei unterstützen, selbst zu forschen und im Zuge des Technologietransfers den Kontakt zu den Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu suchen. Und genau das hat die letzte Bundesregierung auf den Weg gebracht.
Aus diesem Grund sollten wir eine Ist-Analyse für Hamburg vornehmen und gemeinsam mit den Vertretern der Industrie den tatsächlichen Handlungsbedarf für Hamburg erörtern. Der Antrag bietet uns daher Gelegenheit, das Thema im Ausschuss, vielleicht im Rahmen einer Expertenanhörung, zu diskutieren. Ich würde es gut finden, wenn sich die SPD einen Ruck gäbe und einer Überweisung zustimmen würde. Auch würde mich in diesem Zusammenhang die Vorstellung des Senats zu diesem Thema interessieren, denn wenn Sie sich den Masterplan Industrie aus dem Februar dieses Jahres anschauen, dann werden Sie feststellen, dass Sie dort leider zu dem Thema Industrie 4.0 kein Wort finden. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bin selbst Versicherungsnehmer der Hamburger Feuerkasse
und schätze deren Arbeit ausdrücklich. Das sage ich auch an die Adresse der Beschäftigten und der Beschäftigtenvertreter der Hamburger Feuerkasse, die hier anwesend sind. Was aber die Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion als Antrag abgeliefert haben, ist wohl das politisch Scheinheiligste, was ich seit Langem in diesem Hause gelesen habe.
Herr Rose, die Hamburger Feuerkasse ist schon lange kein öffentliches Unternehmen mehr. Sie ist leider auch schon seit Langem keine Hamburger Institution mehr. Die Feuerkasse ist, das wurde schon angesprochen, seit 1994 privatisiert, verkauft an den DBV-Winterthur Konzern, der heute ein Unternehmen des AXA Konzerns ist. Wie hieß der Bürgermeister, der damals den Verkauf gemacht hat? Henning Voscherau. Und der Finanzsenator? Ortwin Runde. Und welcher Partei gehören diese beiden munteren Versicherungsprivatisierer an? Nicht der CDU,
nicht der FDP, sondern natürlich der SPD. Genau diese SPD stellt sich heute hier hin und vergießt Krokodilstränen über einen angeblich bevorstehenden Verkauf der Hamburger Feuerkasse. Meine Damen und Herren, mehr Scheinheiligkeit geht wirklich nicht.
Allenfalls, und das auch wieder an Ihre Adresse, ergibt sich daraus eine gute Gelegenheit, den 300 Beschäftigten und Auszubildenden, auch den Arbeitnehmervertretern und den Vertretern von
ver.di bewusst zu machen, dass diese Privatisierung die SPD gemacht hat und niemand sonst.
Nun sage ich ein bisschen etwas zu den Fakten. Seit 2005 ist die Hamburger Feuerkasse Tochter des Konzerns Provinzial NordWest. Der wiederum gehört zu 80 Prozent dem Sparkassenverband und dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe, zu 18 Prozent dem Sparkassen- und Giroverband Schleswig-Holstein und zu 2 Prozent dem Ostdeutschen Sparkassenverband. Der Sparkassenverband Westfalen-Lippe und der Sparkassen- und Giroverband Schleswig-Holstein haben beide das gleiche Problem. Sie brauchen Cash. Und warum brauchen sie Geld? Weil die Sparkassen in Westfalen-Lippe durch die Abwicklung der WestLB belastet sind und weil die Institute in Schleswig-Holstein unter den Altlasten der HSH Nordbank ächzen. Die Sparkasse Südholstein braucht Finanzspritzen in Millionenhöhe, und der Rettungsfonds in Schleswig-Holstein ist leer. Da kämen 2 bis 3 Milliarden Euro von der Allianz oder einem anderen Investor den Sparkassen in SchleswigHolstein oder Westfalen-Lippe natürlich gerade recht. Mit anderen Worten: ohne das Desaster bei der WestLB und bei der HSH Nordbank gäbe es keine Finanznot bei den Sparkassen, und ohne Politiker und Ministerialbeamte, die mit öffentlichen Mitteln die besseren Banker spielen wollen, keinen Verkauf der Provinzial Nord, also nicht der Hamburger Feuerkasse an die Allianz oder ein anderes Unternehmen.
Ich will noch einen weiteren Punkt offen ansprechen. Wäre ein solcher Verkauf wirklich eine Katastrophe? Offen gesagt: Ich meine, nein. Ich will Ihnen dafür drei Gründe nennen.
Erstens: Niemand, aber auch wirklich niemand, kauft ein Unternehmen für mehrere Milliarden Euro,
um es dann einzustellen oder um eine erfolgreiche Marke wie die Hamburger Feuerkasse vom Markt zu nehmen. Das gilt auch für die Allianz, das gilt auch für die Hamburger Feuerkasse, und die meisten Branchenkenner sehen das im Übrigen genauso.
Zweiter Punkt: Der Kaufpreis wäre ein wichtiger Beitrag zur Konsolidierung der öffentlichen Sparkasse, insbesondere in Schleswig-Holstein.
Dritter Punkt, der mir sehr wichtig ist: Soziales Engagement, Sportsponsoring und die Unterstützung gemeinnütziger Projekte sind heute längst keine Alleinstellungsmerkmale öffentlicher Unternehmen mehr, sondern gehören zur selbstverständlichen Unternehmenskultur vieler privater Unternehmen, gerade auch aus der Versicherungswirtschaft. Im
Ergebnis handelt es sich also, wenn sie denn überhaupt kommen sollte, um eine normale Unternehmenstransaktion, die weder der Einmischung noch wohlfeiler Empfehlungen der Politik bedarf. Die FDP-Fraktion wird den Antrag daher ablehnen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Um das Wesentliche gleich vorwegzunehmen: Die FDP-Fraktion wird dem vorliegenden Antrag der SPD zustimmen. Wir halten es auch für besser, Beschäftigung zu finanzieren statt Arbeitslosigkeit. Daher ist es unserer Auffassung nach richtig, über neue Finanzierungsmodelle nachzudenken, bei denen im Rahmen der Grundsicherung verwendete Mittel in einen Beschäftigungszuschuss umgewandelt werden.
Warum? Weil wir feststellen können, dass wir bundesweit sowohl in vielen Kommunen als auch in Hamburg das gleiche Phänomen haben. Das bedeutet, wie die Statistik der Bundesagentur zeigt, dass im Jahr 2010 in Hamburg 19 821 der etwa 75 000 Arbeitslosen länger als ein Jahr arbeitslos waren. Obgleich die Arbeitslosenzahl in den Jahren 2011 und 2012 in Hamburg sank, stieg gegenläufig die Zahl der Langzeitarbeitslosen an, also der Anteil der langfristig verfestigten Arbeitslosigkeit, häufig Menschen, wie es etwas technokratisch heißt, mit multiplen Vermittlungshemmnissen. Dieser Anstieg ist nicht nur relativ zu verzeichnen, sondern auch in absoluten Zahlen. Im Jahr 2011 waren 20 545 Menschen in Hamburg länger als ein Jahr arbeitslos, im Jahr 2012 waren es 21 550 Menschen, also rund 1000 Langzeitarbeitslose pro Jahr mehr.
Der Passiv-Aktiv-Tausch kann daher eine sinnvolle Maßnahme sein, um Langzeitarbeitslose mit besonderen Vermittlungshemmnissen, aber auch wirklich nur diese, durch einen Beschäftigungszuschuss in den Ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Die Zielgruppe im Modellprojekt in Baden-Württemberg besteht aus Arbeitslosen, die mit einer Dauer von 36 Monaten oder mehr im Leistungsbezug sind. Mit den vorhandenen Förderinstrumenten waren diese Menschen nicht mehr zu erreichen, sodass der Passiv-Aktiv-Tausch für diese Personengruppe in der Tat eine neue Perspektive eröffnet.
Wie sollte man dies tun? Wir sprechen uns dafür aus, solche Modelle des Passiv-Aktiv-Tausches nicht trägerorientiert zu organisieren, sondern in Kooperation insbesondere mit mittelständischen Unternehmen und ihren Kammern und Verbänden. Alle bisherigen Erfahrungen zeigen nämlich, dass der sogenannte Klebeeffekt nach dem Auslaufen der Förderung bei solchen mittelständischen Unternehmen deutlich höher ist als bei Trägern. Man kennt dann im Unternehmen die Stärken und Schwächen der betreffenden Menschen, man kann schauen, ob man einen nach Art, zeitlichem Umfang oder natürlich auch Vergütung geeigneten Job findet. Und das ist anders als bei Beschäftigungsträgern, da gilt meistens der Grundsatz, ist
die Förderung weg, ist in den allermeisten Fällen auch der Job weg.
In Baden-Württemberg ist der Modellversuch sowohl von Arbeitgebern als auch von Arbeitnehmern gut angenommen worden. Mitte des letzten Jahres waren rund 82 Prozent der etwa 560 zur Verfügung stehenden Förderplätze belegt. Im Jahr 2015 soll nun der Passiv-Aktiv-Tausch in weiteren Modellregionen getestet werden.
Die FDP-Fraktion hält es für einen sinnvollen Schritt, wenn sich Hamburg darum bemüht, Passiv-Aktiv-Tausch-Modellregion zu werden. Wir werden dem SPD-Antrag daher zustimmen. Die Zusatzanträge der LINKEN und der GRÜNEN werden wir ablehnen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob Ihnen aufgefallen ist, dass der Kollege Hesse in seinem Redebeitrag in der Diskussion, die wir vorhin hatten, Berthold Brecht zitiert hat. Von Berthold Brecht stammt nämlich sinngemäß der Ausspruch: "Gut gemeint ist oft das Gegenteil von gut gemacht." Berthold Brecht hat das auf politische Literatur bezogen.
Nun ist der vorliegende Antrag sicherlich kein literarisches Meisterwerk, aber das Zitat passt trotzdem ganz gut. Gut gemeint ist oft das Gegenteil von gut gemacht, das trifft auf diesen Antrag zu. Die FDP will aber heute zumindest den guten Willen der CDU anerkennen, und wir werden dem Antrag daher zustimmen, um das vorwegzunehmen.
Aber lassen Sie mich noch einige kritische Anmerkungen zu diesem Antrag machen. Der Titel des Antrags ist in der Tat monströs: "Wirtschaftsförderung für Unternehmen ausbauen". Was dann folgt, ist im Grunde ein Potpourri in der Analyse: einseitige Ausrichtung auf den Wohnungsbau, Entmachtung der Bezirke, Verdrängung von kleinen Gewerben, schleichende Zerstörung gewachsener Strukturen. Bei der Kritik am Wohnungsbau habe ich mich etwas gewundert. Ich dachte bislang, dass wir da eigentlich einen weitgehenden Konsens haben, und das ist im Übrigen auch Wirtschaftsförderung für Unternehmen der Bauwirtschaft oder, Herr Stemmann, für das Handwerk und die Wohnungswirtschaft. Die anderen Probleme haben Sie jedoch zutreffend genannt: Entmachtung der Bezirke, Verdrängung von kleinem Gewerbe und Veränderung gewachsener Strukturen, und ich füge noch hinzu, Abwanderung von Unternehmen in das Umland, rückläufige Erfolge der Hamburger Wirtschaftsförderung bei der Ansiedlung neuer Unternehmen und sinkende Zahlen von Firmenzentralen deutscher und internationaler Unternehmen in Hamburg. Diese Analyse ist zutreffend.
Aber wie lautet denn nun die Antwort der CDU auf diese tatsächlich vorhandenen Probleme? – Zitat aus Ihrem Antrag:
"in jedem Hamburger Bezirk mindestens eine Vollzeitstelle ausschließlich für Wirtschaftsförderung wieder einzurichten, im Bezirk Wandsbek mindestens zwei Vollzeitstellen."
Zitatende.
Da fragt man sich schon, ob das alles sein soll. Soll das die ganze Antwort der CDU auf zentrale Probleme der Wirtschaftsförderung in Hamburg sein? So viel Verwaltungsgläubigkeit hätte ich noch nicht einmal den Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion zugetraut.
Man muss sich schon Sorgen machen, wenn die CDU in Hamburg jemals wieder in Verantwortung für Wirtschaftspolitik sein sollte.
Damit wir uns nicht missverstehen: Die vorgeschlagene Maßnahme ist richtig und gut – daher unterstützen wir die Petiten –, aber sie ist völlig unzureichend und bietet nicht einmal im Ansatz einen ausreichenden Beitrag, um die in Ihrem Antrag angesprochenen Probleme zu lösen. Ich möchte daher eine Reihe von Punkten nennen.
Erstens: Wir brauchen eine Ausweisung neuer Gewerbe- und Industrieflächen im Rahmen einer Überarbeitung des Flächennutzungsplans.
Zweitens: Wir brauchen eine Beendigung des Gewerbesteuer-Wettlaufs zwischen Hamburg und den Umlandgemeinden in der Metropolregion, und zwar durch eine Senkung der Gewerbesteuer in Hamburg.
Drittens: Wir brauchen eine Beendigung des sinnentleerten Fördermittel- und Subventionswettlaufs in der Metropolregion. Wenn schon staatliche Investitionen und Förderbanken, dann doch bitte wenigstens gemeinsam und mit einheitlichen Förderbedingungen.
Viertens: Wir brauchen mehr Technologieparks und Gründerzentren, und zwar noch besser verlinkt und vernetzt mit den Hochschulen.
Fünftens und letztens: Wir brauchen eine Förderung und Unterstützung, die auch dem tatsächlichen Bedarf von kleinen und mittelständischen Unternehmen, von Start-ups, von Unternehmensnachfolgern entspricht. Eine Förderpolitik, die im Wesentlichen auf zinsverbilligte Darlehen setzt, macht wenig Sinn in Zeiten, in denen sich die Banken bei den Kredit- und Zinskonditionen ohnehin wechselseitig unterbieten. Viel wichtiger ist da häufig die Unterstützung beim Transfer von Knowhow, beim Vertrieb oder bei der Entlastung von unnötiger Bürokratie.
Auf einen Punkt möchte ich noch zu sprechen kommen, den Senator Horch in einem Interview vor einigen Tagen angesprochen hat. Er hat in diesem Interview darauf hingewiesen, dass ihm die abnehmende Anzahl von Unternehmenszentralen in Hamburg Sorgen mache. Wörtlich hat er gesagt: