Protocol of the Session on May 21, 2014

(Beifall bei der SPD)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung. Ich stelle zunächst fest, dass die in Ziffer 1 vom Ausschuss empfohlene Kenntnisnahme erfolgt ist.

Wer möchte sodann Ziffer 2 der Ausschussempfehlungen folgen und das Vierte Gesetz zur Änderung des Hamburgischen Krebsregistergesetzes und Änderung der Meldedatenübermittlungsverordnung aus Drucksache 20/10575 mit der vom Ausschuss empfohlenen Änderung beschließen? – Die Gegenprobe bitte. – Enthaltungen? – Das ist somit einstimmig beschlossen.

Hierzu bedarf es einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu?

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erken- nen.)

Das ist der Fall. Gibt es Widerspruch aus dem Hause? – Das ist nicht der Fall.

Wer will das soeben in erster Lesung beschlossene Gesetz auch in zweiter Lesung beschließen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dieses Gesetz ist damit auch in zweiter Lesung und somit endgültig beschlossen worden.

(Senatorin Cornelia Prüfer-Storcks)

Wer möchte sich darüber hinaus Ziffer 3 der Ausschussempfehlung anschließen und den Änderungen des Haushaltsplans 2014 zustimmen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das auch beschlossen.

Auch hierzu bedarf es einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu?

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erken- nen.)

Das ist auch der Fall. Gibt es Widerspruch aus dem Hause? – Das ist nicht der Fall.

Wer will den soeben in erster Lesung gefassten Beschluss in zweiter Lesung fassen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Somit ist dies auch in zweiter Lesung und damit endgültig beschlossen worden.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 58, Drucksache 20/11763, Antrag der SPD-Fraktion: "Digitales Archiv Nord" – Das Kooperationsprojekt der norddeutschen Länder voranbringen.

[Antrag der SPD-Fraktion: "Digitales Archiv Nord" – Das Kooperationsprojekt der norddeutschen Länder voranbringen – Drs 20/11763 –]

Frau Dr. Oldenburg von der SPD-Fraktion hat das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es kommt selten vor, dass sich die Hamburgische Bürgerschaft einmal mit dem Thema Archivwesen befasst. Insgesamt ist das eher ein gutes Zeichen, zeigt es doch, dass es im Hamburger Staatsarchiv gut läuft und dass die Mitarbeiter dort eine sehr gute Arbeit machen.

(Beifall bei der SPD und bei Thomas Kreuz- mann CDU)

Gerade vor zwei Tagen wurde in Stade das hamburgische und niedersächsische Staatsarchiv eingeweiht. Das ist ein Kooperationsprojekt der Hamburger und der Niedersachsen. Es ist früher fertig geworden als geplant und hat auch weniger gekostet als geplant. 22 Millionen Euro waren angesetzt, es hat nur 20 Millionen Euro gekostet, und das in Zeiten der Elbphilharmonie.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wo gibt es denn so was?)

Diese Planung verdient doch ein großes Lob.

(Beifall bei der SPD)

Aber jetzt braucht das Staatsarchiv unsere Hilfe. Es stellt sich nämlich die grundsätzliche Frage, was zukünftige Generationen von unserer Zeit eigentlich noch werden wissen können. Natürlich werden im Staatsarchiv Tausende von Akten, Papierakten nämlich aus Behörden und aus Nachlässen, bewertet und für die Nachwelt aufbewahrt. Aber was geschieht eigentlich mit den digitalen Informationen, die jetzt immer weiter zunehmen? Für diese Daten gibt es bislang noch keine Infrastruktur.

Schon jetzt sind viele digitale Informationen aus der Anfangszeit des PCs und des Internets unwiederbringlich verloren. Die erste Online-Ausgabe der "New York Times" ist nicht mehr da; die Daten wurden einfach gelöscht, als man sie nicht mehr brauchte. Sie können mit der heutigen Software nicht mehr gelesen werden, und es ist auch so, dass Speichermedien einfach einen sehr kurzen Lebenszyklus haben und dadurch die Daten nicht mehr gelesen werden können. Es besteht die Gefahr, dass Krankenhäuser nicht mehr auf alte Patientenakten zurückgreifen können oder dass Galerien und Museen digitale Kunstwerke einfach nicht mehr zeigen können. Wenn wir jetzt nicht handeln, dann droht unsere Zeit zukünftig in einem sogenannten Digital Dark Age zu versinken. Das wollen wir doch alle nicht.

(Beifall bei der SPD)

In der Hamburger Verwaltung und Justiz werden die meisten Aufzeichnungen heute digital erstellt. Mit dem Hamburger Informationsmanagement und der elektronischen Aktenverwaltung ELDORADO werden viele Verwaltungsvorgänge sogar nur noch digital abgebildet.

Weiterhin steht Hamburg vor der Aufgabe, die Vorgaben des Transparenzgesetzes zu erfüllen, das wir hier doch alle einstimmig beschlossen haben. Danach müssen die Hamburger Behörden ab Oktober 2014 eine Vielzahl von Dokumenten in einem elektronischen Register kostenlos für jeden über das Internet einsehbar zur Verfügung stellen. Um die dauerhafte Erhaltung digitaler Aufzeichnungen zu gewährleisten, wollen jetzt die Staatsarchive und die Landesarchive von Hamburg und Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Bremen und Niedersachsen ein digitales Archiv aufbauen. Dieses digitale Archiv wird sich an nationalen und internationalen Standards orientieren. Es wird auch einen gemeinsamen Dienstleister geben – das ist jetzt nicht Dataport –, und der wird dann mit dem elektronischen Magazin beauftragt.

(Beifall bei der SPD)

Der Verbund soll zur Kostenersparnis beitragen. Ein alleiniger Betrieb eines digitalen Archivs in Hamburg würde 20 Prozent mehr kosten. Wir wollen jetzt dafür sorgen, dass die notwendigen Mittel für den Betrieb bis dahin auch bereitgestellt wer

(Erster Vizepräsident Frank Schira)

den. Da es sich nach den Vorgaben des Transparenzgesetzes und des Archivgesetzes um sogenannte Pflichtaufgaben handelt, ist der Senat gefordert, den Betrieb im Haushaltsplan 2015/2016 sicherzustellen. Wir sind optimistisch, dass das auch klappt. Wenn der Betrieb des digitalen Archivs Nord wie vorgesehen am 1. Januar 2016 losgeht und der Grundstein für ein leistungsfähiges Archivsystem gelegt ist, dann sind wir einen gewaltigen Schritt weiter. Aber man muss sich auch darüber im Klaren sein, dass diese Aufgabe eine Daueraufgabe bleiben wird; das ist nicht mit einem Mal getan. Die folgenden Generationen werden damit arbeiten müssen. Das digitale Archiv Nord wird dazu beitragen, dass auch künftige Generationen unsere digitalen Hinterlassenschaften lesen und sich somit ein Bild über unsere Zeit machen können. Insofern, meine Damen und Herren, stimmen Sie unserem Antrag zu. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Herr Kreuzmann von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Dr. Oldenburg, Sie werden sich nicht wundern, dass wir natürlich Ihrem Antrag zustimmen werden. Ich gebe aber zwei Aspekte noch mit auf den Weg. Der eine Aspekt ist ein haushalterischer und der andere ein technischer, und hier möchte ich auf drei nicht große, aber wichtige technische Details hinweisen. Sie hatten "Digital Dark Age" angesprochen. Das möchte ich noch einmal näher erläutern.

Der haushalterische Aspekt ist für uns sehr deutlich. Wir haben in der morgigen Debatte ohnehin einen Antrag dazu auf der Tagesordnung, nachdem wir nämlich nach dem kostenstabilen Bauen auch ein kostenstabiles Programmieren fordern als Folge der Erfahrungen aus den vergangenen Jahren, dass die Kosten für die gesamte IT-Hard-undSoftware-Struktur bis hin zum Rollout und den Folgekosten den gesamten Hamburger Haushalt seit gefühlten Ewigkeiten sehr stark belasten. Ich bitte aber, das an dieser Stelle schon einmal zu berücksichtigen.

Der zweite Aspekt, der technische Bereich, den ich hervorheben will, ist die Speicherung und Zur-Verfügung-Stellung der Daten unabhängig von den Formaten, die auch noch standardisiert werden müssen. Hier ist Ihre Forderung richtig, dass es keine Insellösungen in einzelnen Bundesländern geben soll. Die Angliederung an DIMAG ist durchaus berechtigt; das haben drei Bundesländer auch schon gemacht. Unsere Empfehlung geht sogar noch ein Stückchen weiter. 2006 hat das Bundesarchiv eine Projektgruppe ins Leben gerufen mit dem Ziel, Standards zu schaffen. Ziel war es damals, technische Standards im IT-Verfahren,

und zwar im Datenformat, zu finden. Auf die einzelnen heute standardmäßigen Datenformate will ich nicht eingehen; das würde den Rahmen – auch meinen zeitlichen Rahmen – sprengen. Das Bundesarchiv hat sich auf einen internationalen Standard berufen; er nennt sich OAIS. Das ist ein ISOStandard, der weltweite Anerkennung hat. Wenn wir also isolierte Sachen machen, dann erfassen wir nicht alle Bundesländer.

Damit kommen wir zu dem grundsätzlichen Problem in der Zukunft. Wir sind uns alle darüber im Klaren, dass Daten und Speichermedien von heute nicht in alle Ewigkeit überleben werden. Führende Universitäten und Wissenschaftler weltweit arbeiten grundsätzlich an diesem Problem der dauerhaften Datenspeicherung. So weit sind wir noch nicht. Es gibt Ansätze holografischer Speicherung, ähnlich einer Keilschrift, aber dort dann über Licht in Objekte eingebrannt. Den technischen Stand will ich an dieser Stelle nicht weiter vertiefen. Wir müssen uns eines vor Augen halten – Sie haben es angesprochen –: Geht Wissen verloren, geht Identität verloren. Geht alles Wissen verloren, geht unsere Vergangenheit verloren. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort hat Herr Bill von der GRÜNEN Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer heute sagt, Digitalisierung sei die Zukunft, der irrt.

(Finn-Ole Ritter FDP: Ist die Gegenwart!)

Digitalisierung ist gelebte Gegenwart, und deswegen ist es interessant, dass wir im Jahr 2014 noch solche Debatten führen – Klammer auf: führen müssen – Klammer zu.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Interessant ist auch im Antrag zu lesen, dass die Staatsarchive bereits ein derartiges Projekt planen und wir trotzdem gebeten werden, heute einen Prüfauftrag zu beschließen. Dennoch werden wir natürlich zustimmen. Erstens ist das ein Prüfauftrag, und es ist gängige parlamentarische Praxis, sich dem nicht zu verwehren. Es ist auch vernünftig, natürlich brauchen wir ein digitales Archiv, und es ist sicherlich auch richtig, die Veröffentlichungspflichten aus dem Transparenzgesetz dort zu integrieren. Dass das kein Selbstgänger ist, wurde eben schon angesprochen. Stellen Sie sich vor, wir hätten damals, als der Amiga in die Wohnzimmer kam, alles digital gespeichert. Wir könnten heute wahrscheinlich nicht mehr oder nur sehr schwer darauf zugreifen. In Zukunft wird sicherlich auch das PDF-Dokument nicht mehr das sein, was jedermann öffnen kann, ganz zu schweigen von allen Sonderformaten, die es jetzt schon gibt.

(Dr. Christel Oldenburg)

Die Diskussion hinsichtlich der Machbarkeit, der Kosten, der Abhängigkeit von externen Experten, der Dateisicherheit und des Datenschutzes sollten wir dann führen, wenn der Prüfauftrag als Bericht vorliegt. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt hat Herr Ritter von der FDP-Fraktion das Wort.

Ich gehe ein bisschen mehr ins Detail.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Dr. Oldenburg, Sie bewahren uns vor dem "Digital Dark Age" oder vor der Entdigitalisierung, sodass wir das digitale Erbe weiter behalten. Ich bin noch relativ jung und werde es zu schätzen wissen, dass Sie das alles speichern werden. Aber abseits Ihrer Versuche, sich dafür zu feiern, sollten wir heute vor allem einmal die Gelegenheit nutzen, Frau Dr. Oldenburg, einen Widerspruch zu klären. Herr Bill hat es gerade kurz angesprochen, ich möchte ein bisschen tiefer darauf eingehen.