Christel Oldenburg
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Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es kommt selten vor, dass sich die Hamburgische Bürgerschaft einmal mit dem Thema Archivwesen befasst. Insgesamt ist das eher ein gutes Zeichen, zeigt es doch, dass es im Hamburger Staatsarchiv gut läuft und dass die Mitarbeiter dort eine sehr gute Arbeit machen.
Gerade vor zwei Tagen wurde in Stade das hamburgische und niedersächsische Staatsarchiv eingeweiht. Das ist ein Kooperationsprojekt der Hamburger und der Niedersachsen. Es ist früher fertig geworden als geplant und hat auch weniger gekostet als geplant. 22 Millionen Euro waren angesetzt, es hat nur 20 Millionen Euro gekostet, und das in Zeiten der Elbphilharmonie.
Diese Planung verdient doch ein großes Lob.
Aber jetzt braucht das Staatsarchiv unsere Hilfe. Es stellt sich nämlich die grundsätzliche Frage, was zukünftige Generationen von unserer Zeit eigentlich noch werden wissen können. Natürlich werden im Staatsarchiv Tausende von Akten, Papierakten nämlich aus Behörden und aus Nachlässen, bewertet und für die Nachwelt aufbewahrt. Aber was geschieht eigentlich mit den digitalen Informationen, die jetzt immer weiter zunehmen? Für diese Daten gibt es bislang noch keine Infrastruktur.
Schon jetzt sind viele digitale Informationen aus der Anfangszeit des PCs und des Internets unwiederbringlich verloren. Die erste Online-Ausgabe der "New York Times" ist nicht mehr da; die Daten wurden einfach gelöscht, als man sie nicht mehr brauchte. Sie können mit der heutigen Software nicht mehr gelesen werden, und es ist auch so, dass Speichermedien einfach einen sehr kurzen Lebenszyklus haben und dadurch die Daten nicht mehr gelesen werden können. Es besteht die Gefahr, dass Krankenhäuser nicht mehr auf alte Patientenakten zurückgreifen können oder dass Galerien und Museen digitale Kunstwerke einfach nicht mehr zeigen können. Wenn wir jetzt nicht handeln, dann droht unsere Zeit zukünftig in einem sogenannten Digital Dark Age zu versinken. Das wollen wir doch alle nicht.
In der Hamburger Verwaltung und Justiz werden die meisten Aufzeichnungen heute digital erstellt. Mit dem Hamburger Informationsmanagement und der elektronischen Aktenverwaltung ELDORADO werden viele Verwaltungsvorgänge sogar nur noch digital abgebildet.
Weiterhin steht Hamburg vor der Aufgabe, die Vorgaben des Transparenzgesetzes zu erfüllen, das wir hier doch alle einstimmig beschlossen haben. Danach müssen die Hamburger Behörden ab Oktober 2014 eine Vielzahl von Dokumenten in einem elektronischen Register kostenlos für jeden über das Internet einsehbar zur Verfügung stellen. Um die dauerhafte Erhaltung digitaler Aufzeichnungen zu gewährleisten, wollen jetzt die Staatsarchive und die Landesarchive von Hamburg und Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Bremen und Niedersachsen ein digitales Archiv aufbauen. Dieses digitale Archiv wird sich an nationalen und internationalen Standards orientieren. Es wird auch einen gemeinsamen Dienstleister geben – das ist jetzt nicht Dataport –, und der wird dann mit dem elektronischen Magazin beauftragt.
Der Verbund soll zur Kostenersparnis beitragen. Ein alleiniger Betrieb eines digitalen Archivs in Hamburg würde 20 Prozent mehr kosten. Wir wollen jetzt dafür sorgen, dass die notwendigen Mittel für den Betrieb bis dahin auch bereitgestellt wer
den. Da es sich nach den Vorgaben des Transparenzgesetzes und des Archivgesetzes um sogenannte Pflichtaufgaben handelt, ist der Senat gefordert, den Betrieb im Haushaltsplan 2015/2016 sicherzustellen. Wir sind optimistisch, dass das auch klappt. Wenn der Betrieb des digitalen Archivs Nord wie vorgesehen am 1. Januar 2016 losgeht und der Grundstein für ein leistungsfähiges Archivsystem gelegt ist, dann sind wir einen gewaltigen Schritt weiter. Aber man muss sich auch darüber im Klaren sein, dass diese Aufgabe eine Daueraufgabe bleiben wird; das ist nicht mit einem Mal getan. Die folgenden Generationen werden damit arbeiten müssen. Das digitale Archiv Nord wird dazu beitragen, dass auch künftige Generationen unsere digitalen Hinterlassenschaften lesen und sich somit ein Bild über unsere Zeit machen können. Insofern, meine Damen und Herren, stimmen Sie unserem Antrag zu. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist spät, ich will Sie auch nicht mehr allzu lange quälen. Mein Kollege Norbert Hackbusch hat eigentlich schon die wichtigen Punkte zu den Bürgerhäusern genannt und wir werden diesen Antrag federführend an den Verfassungsausschuss überweisen und dann mitberatend im Kulturausschuss ausführlich darüber sprechen.
Ich möchte zu zwei Punkten kurz Stellung nehmen. Mein Kollege Hackbusch, das sagte ich schon, hat die Situation der Bürgerhäuser treffend beschrieben. In den Bürgerhäusern, das muss man wirklich einmal sagen, wird grundlegende Stadtteilarbeit geleistet. Vielfältige Veranstaltungen, Projekte und die Möglichkeit, sich dort zu treffen, verbessern die Lebensqualität in den Stadtteilen. Es sind besonders die ärmeren Stadtteile, in denen die Bürgerhäuser stehen, das ist Wilhelmsburg und Harburg, aber ich möchte auch Bergedorf-West und Allermöhe nennen.
Jetzt mangelt es dort an allen Ecken und Enden. Einige Häuser müssen seit 15 Jahren mit dem gleichen Etat auskommen, bei anderen ist im Rahmen
der Konsolidierungsprogramme, die Schwarz-Grün aufgelegt hat, von den Bezirken auch noch ordentlich gestrichen worden. Viele können ihre Arbeit nur noch mit Ein-Euro-Jobbern aufrechterhalten; das kann nicht so weitergehen. Es muss dringend etwas passieren, sonst stehen die ersten Bürgerhäuser vor der Schließung. Wir müssen im Verfassungs- und im Kulturausschuss nach Lösungen suchen; das wird sicherlich nicht einfach.
Der andere Punkt ist, dass die Arbeitsgemeinschaft der Hamburger Bürgerhäuser weg möchte aus der Obhut der Bezirke, sie möchte in die Kulturbehörde. Auch darüber müssen wir diskutieren. Dies ist nicht in erster Linie ein finanzielles Problem, sondern hier geht es um die Anerkennung der fachlichen Arbeit der Bürgerhäuser. Sie wünschen sich da eher eine fachliche Beratung. Die Bürgerhäuser verstehen sich in erster Linie als Stadtteilkulturzentren. Tatsächlich gibt es auch, was die inhaltliche und die programmatische Arbeit angeht, überhaupt keine Unterschiede zu den Stadtteilkulturzentren. Die Historie von Stadtteilkulturzentren, die durch Initiativen gegründet und begleitet worden sind, mag eine andere sein, aber in der täglichen Arbeit ist der Unterschied überhaupt nicht zu spüren.
Die Stadtteilkulturzentren sind in der Kulturbehörde angesiedelt und haben von Schwarz-Grün eine gute Aufstockung bekommen. Das war absolut berechtigt und eine gute Maßnahme. Aber die Bürgerhäuser wurden von den Bezirken teilweise ordentlich geschröpft. Kein Wunder, kann ich da nur sagen, dass da auch Unmut aufkommt.
Wir müssen also mit allen Beteiligten – mit den Bezirken, den Bürgerhäusern und den Fachbehörden – darüber reden, ob eine Ansiedlung in der Kulturbehörde sinnvoll ist. Insgesamt wird es keine leichte Aufgabe, die Bürgerhäuser zu stützen. Aber wir müssen die dort geleistete Arbeit anerkennen; das ist eine sehr gute Arbeit und sie muss fortgeführt werden. Ich freue mich also auf die Beratungen im Ausschuss. – Danke schön.