Protocol of the Session on February 27, 2014

Es ist in den letzten zwölf, dreizehn Jahren auch einiges passiert im Bereich Versorgungsrücklagen und Sondervermögen. Es ist in der Tat richtig, dass das sicherlich nicht ausreichend ist. Vorsorge kann man immer treffen und das kann man auch noch stärker tun, Herr Quast. In dem Punkt würde ich den Antrag nicht als Quatsch bezeichnen, auch nicht mit den Präzisierungen, die Frau Suding vorgetragen hat. Aber da ist der Weg in die richtige Richtung schon eingeschlagen worden, und den kann man sicherlich noch konkretisieren und erweitern.

Führen Sie sich noch einmal das Thema Aufstockung der Versorgungsrücklagen durch den Grundstock vor Augen. War das eine große Leistung? Sie haben die Reserveposition A in die Reserveposition B geschoben, nichts anderes ist es. Da kann man natürlich sagen, dass wir 300 Millionen Euro Vorsorge haben, aber dafür fehlen im Grundstock 300 Millionen Euro. Das ist ein bisschen linke Tasche, rechte Tasche. Das wäre das Gleiche, wenn Sie privat ein Sparbuch hätten, das bislang gedanklich immer für die Küche vorgesehen war, und Sie jetzt sagen würden, in zwei Jahren bezahlen Sie Ihr Auto damit. Es ist richtig, dass wir Vorsorge treffen. Es ist richtig, dass wir die Sondervermögen, die Versorgungsrücklagen aufstocken. Aber nur diese Umbuchung, die wir in diesem Haus, wenn ich mich richtig entsinne, einstimmig beschlossen haben, kann es nicht sein.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Jan Quast SPD: Was wäre die Alternative?)

Die Einrichtung der Sondervermögen ist immer per Gesetz beschlossen worden. Es wird dann interessant, wenn es in die Entnahmephase kommt. Im Moment steht im Gesetz, dass ab 2018 auf die Versorgungsrücklage zugegriffen werden kann, das wäre genau der Zeitraum, den die Finanzbehörde untertunneln will. Das ist insofern interessant, als die Mehrheit dieses Hauses dann per Haushaltsbeschluss oder Gesetzesänderung festlegen kann, wieviel entnommen werden kann. Die Frage ist – und da habe ich meine Zweifel –, ob man wirklich unabhängige Fonds einrichten kann, auf die wir dann überhaupt keinen Zugriff mehr haben. Das finde ich ein bisschen problematisch.

Das Beispiel Norwegen ist auch ein bisschen problematisch. In Norwegen ist der Fall anders. In Norwegen stehen zwar auch Belastungen in der Zukunft an, aber die haben enorme Einnahmen

aus der Vergangenheit – Stichwort Öl –, die sie erst einmal parken können. Wenn wir in Hamburg größere Ölquellen entdecken, wäre ich auch sehr dafür, dass wir das Geld nicht sofort verkonsumieren, sondern damit Vorsorge treffen. Das Beispiel Norwegen hinkt also etwas.

(Beifall bei der CDU)

Zu dem zweiten Antrag. Sie sprechen von einem Systemwechsel. Systemwechsel hört sich immer gut an, aber so, wie Sie es schreiben, wäre es eine massive Niveauabsenkung. Und da können wir Ihnen nur sagen: Wir wollen Beamte und Angestellte nicht gegeneinander ausspielen. Wir sollten – ich denke, das ist in weiten Teile dieses Hauses Konsens – ein großes Interesse daran haben, dass beide Systeme, sowohl die Altersversorgung für die Angestellten als auch die Altersversorgung für die Beamten, verlässliche, stabile und leistungsfähige Systeme bleiben. Das sollte unser Hauptinteresse sein.

Das Problem, das wir diskutieren, haben nicht die Beamten verursacht, das Problem haben nicht die Pensionäre verursacht, sondern das Problem hat die Politik in den Siebzigerjahren verursacht. Auch deshalb macht es keinen Sinn zu sagen, wir setzen den Weg der Absenkungen, die es im Beamtenbereich sowohl in Hamburg als auch in anderen Bundesländern durchaus gegeben hat, einfach weiter fort.

Wir sind sehr dafür, beide Anträge an den Haushaltsausschuss zu überweisen und freuen uns auf die weiteren Beratungen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Bill hat das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem alle Debattenanmeldungen, zu denen ich reden sollte, allabendlich gestrichen wurden, jetzt doch einmal eine Debatte, die stattfindet. Mit einem kleinen Augenzwinkern dafür vorweg ganz unsachlich und persönlich an die Kolleginnen und Kollegen der FDP-Fraktion einen herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, der FDP und vereinzelt bei der CDU – Katja Suding FDP: Sehr gerne!)

In der Sache scheint mir der erste Antrag hinsichtlich der personengebundenen Rückstellungen für eine ganz große Debatte nicht geeignet. Grundsätzlich, das muss man vielleicht einmal feststellen, ist es so, dass diese Pensionsverpflichtungen seitens des Staats bestehen. Die Pensionen wurden in der Vergangenheit gezahlt, und ich gehe davon aus, dass sie auch in der Zukunft gezahlt werden, unabhängig davon, welcher Senat regiert.

(Thilo Kleibauer)

(Beifall bei den GRÜNEN – Finn-Ole Ritter FDP: Viel Vertrauen in den Senat!)

Klar ist auch, und das haben beide Anträge anschaulich gezeigt, dass wir eine große Aufgabe vor uns haben. Die Aufgabe ist riesig, da kann man mit Faktoren und Milliarden hin und her jonglieren wie man will. Wir alle wissen, sie ist aufgrund der einstellungsintensiven Jahrgänge in der Vergangenheit entstanden, und das Pik wird uns wahrscheinlich Anfang der Zwanzigerjahre erreichen.

Die Frage, die Sie mit Ihrem Vorschlag versuchen zu lösen, ist, wie wir es hinbekommen, dieses Problem in der Zukunft zu lösen. Wie bekommen wir eine nachhaltige Beamtenfinanzierung, vielleicht sogar einen Systemwechsel zu einer nachgelagerten Finanzierung hin? Dazu haben Sie Vorschläge gemacht, die es lohnt, im Ausschuss zu beraten. Wenn jetzt angekündigt wurde, eine Expertenanhörung zu diesem Thema zu machen, ist das sicherlich der richtige Weg, denn es sind noch viele Fragen offen. Sie haben beispielsweise in der Presse und auch in Ihrer Rede gesagt, dass dieser Systemwechsel erst erfolgen solle, wenn die Schuldenbremse greift. Da frage ich mich, wieso Sie das denn nicht gleich in Ihren Antrag hineingeschrieben haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Der zweite Antrag hinsichtlich des Nachhaltigkeitsund Demografiefaktors bringt meiner Meinung nach wesentlich mehr Zündstoff in die Debatte. Mir scheint, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, Sie haben immer noch ein altes, längst überholtes Klischee im Kopf, denn der Nachhaltigkeitsfaktor bedeutet schlicht, dass das Pensionsniveau abgesenkt werden soll. Ihr Antrag vermittelt den Eindruck, wir hätten Beamtinnen und Beamte, die nach acht Stunden Dienst nach Vorschrift ihre Bleistifte fallen lassen und sich nach Ende ihres Arbeitslebens mit ihren hohen Pensionen auf Staatskosten ein schönes Leben machen.

(Finn-Ole Ritter FDP: Das ist jetzt an Ihre Wähler gerichtet!)

Da können Sie mich staatstragend nennen, ich finde aber, dieses Bild ist falsch.

(Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Das sollte man immer wieder betonen. Und ich finde auch, dass wir dieses Bild den Stammtischen überlassen sollten.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der LINKEN – Vizepräsidentin Barbara Du- den übernimmt den Vorsitz.)

Ich mache nun seit zehn Jahren Politik, immer im engen Austausch mit Beamtinnen und Beamten dieser Stadt, und kann Ihnen sagen, die sind hoch

engagiert, alles andere als faul und scheuen keinesfalls Überstunden.

(Finn-Ole Ritter FDP: Wer sagt das denn?)

Das deuten Sie in Ihrem Antrag an.

(Finn-Ole Ritter FDP: Haben Sie die Deu- tungshoheit, oder was?)

Die Beamtinnen und Beamten, das muss man auch einmal sagen, sind alles andere als übermäßig bezahlt im Vergleich mit dem privaten Sektor. Es ist nicht so, dass jeder Beamte kurz vor Ende seines Berufslebens noch zum Polizeipräsidenten befördert wird.

(Beifall und Heiterkeit bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Wir haben heute viel über Schulpolitik gesprochen. Lehrerinnen und Lehrer haben zwei Staatsexamina, gehen oft mit A13 in den Schuldienst, arbeiten 30 bis 40 Jahre, gehen mit A13 wieder aus dem Schuldienst heraus und haben dann – das haben Sie richtig geschrieben – 71,75 Prozent Pensionsniveau. Denken Sie auch an die ganzen Beamtinnen und Beamten des mittleren Dienstes in den Besoldungsgruppen A6, A7 und A9. Das sind Männer und Frauen, die hochengagiert beispielsweise als Sachbearbeiter in der Verwaltung arbeiten oder als Brandmeister oder Brandmeisterin im Feuerwehrdienst. Da pauschal zu sagen – und genau das suggeriert der letzte Satz Ihrer Lyrik –, die würden zu viel verdienen, ist, freundlich ausgedrückt, eine These. Man könnte auch sagen, das ist schlicht falsch.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Ein weiterer wichtiger Punkt wurde angesprochen: Der Staat ist immer im Wettbewerb um hochqualifizierte Nachwuchskräfte. Wenn wir jetzt den Beamtinnen und Beamten sagen, wir wüssten noch nicht, was sie einmal an Pensionen bekämen, dann ist das kein Faktor, der im Wettbewerb punktet.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Grundsätzlich finde ich den Gedanken der Gleichbehandlung der Systeme, den Sie in Ihrem Antrag vorgestellt haben, richtig und sehr verlockend. Man muss nur eben auch schauen, dass man Gleiches mit Gleichem behandelt. Wir haben nun einmal die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, und die unterscheiden sich eben in vielen Bereichen von der Wirtschaft. Wenn man jetzt sagt, und da könnte man gerne einmal ins Detail gehen, was ein Nachhaltigkeitsfaktor und ein Demografiefaktor bedeuten, dann frage ich mich zum Beispiel erst einmal, welche Bezugsgrößen Sie da eigentlich einrichten wollen. Ist es die Bezugsgröße aktive zu ruhenden Beamten, oder ist es viel

leicht die Bezugsgröße ruhende Beamte zu Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern? Die entscheidende Frage ist, und auch die beantworten Sie in Ihrem Antrag nicht, welche konkrete Höhe an Versorgungsbezügen am Ende herauskommt. Sie schreiben selbst in Ihrem Antrag – er wird leider nicht überwiesen, denn sonst hätten wir das auch einmal die Expertinnen und Experten fragen können –, man müsse die verfassungsrechtlichen Grenzen des Berufsbeamtentums einhalten, weil auch eine deutliche Absenkung des Pensionsniveaus möglich sei. Da frage ich mich doch, was Sie den Beamtinnen und Beamten eigentlich in genauen Zahlen zumuten wollen. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Frau Schneider.

Guten Tag, meine Damen und Herren, sehr geehrte Frau Präsidentin! 1991 ging ein Hamburger verbeamteter Berufsschullehrer in Pension. Er tat das nach 38 ruhegehaltsfähigen Dienstjahren auf eigenen Antrag im Alter von 63 Jahren. Seine damalige Bruttopension betrug etwas über 4000 Euro. Ein Berufsschullehrer mit der gleichen Erwerbsbiografie, der 2011 in Ruhestand ging, durfte noch mit 3100 Euro Pension rechnen. Sein Kollege, der 2031 in Ruhestand geht, wird mit 2715 Euro auskommen müssen – immer bei derselben Erwerbsbiografie. Warum beginne ich meinen Beitrag mit diesen Zahlen? Weil ich deutlich machen will, dass die Forderung der FDP in ihren zur Debatte stehenden Anträgen zur Reform des Pensionswesens leider schon heute Realität für viele Pensionärinnen und Pensionäre ist. Wir halten diese Realität für schlecht.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Konzepte, die die FDP uns hier zur Reform des Pensionswesens offeriert, machen deutlich, dass Sie offenbar aus Ihrer Wahlniederlage im letzten September nichts gelernt haben. Sie setzen immer noch allein und ausschließlich auf Privatisierung und Deregulierung.

(Finn-Ole Ritter FDP: Deregulierung der Rente, oder was?)

Zu Recht weisen Gewerkschaftsvertreterinnen und -vertreter in dieser Woche darauf hin, dass die FDP immer wieder die Pensionen von Beamtinnen und Beamten in den Fokus nimmt, wenn ihr die sonstigen politischen Themen ausgehen. Ich will nicht verschweigen, dass DIE LINKE gänzlich andere rentenpolitische Vorstellungen als alle anderen hier vertretenen Parteien hat.

(Katja Suding FDP: Das stimmt doch gar nicht!)

Wir stehen für eine solidarische Rentenversicherung, was unter anderem heißt, den Kreis der Pflichtversicherten etwa auch um die Beamtinnen und Beamten zu erweitern,

(Beifall bei der LINKEN)

die Beitragsbemessungsgrenze anzuheben und mittelfristig gänzlich abzuschaffen.

(Finn-Ole Ritter FDP: Sehr guter Vorschlag!)