Protocol of the Session on September 25, 2013

(Beifall bei den GRÜNEN)

Darüber hinaus gibt es saftige Geldstrafen für das zeitliche Überschreiten einer vorübergehenden Verlassenserlaubnis. Bis zu 1000 Euro können dafür fällig werden. Das halten wir politisch für das falsche Signal.

Im Übrigen senden wir mit dieser Vorgehensweise ein weiteres politisches Signal, das wir für nicht richtig halten. Mit dieser einsamen Hamburger Entscheidung fehlt nämlich jeglicher Druck auf den Bund. Je mehr Bundesländer sich in Kooperationen zusammenschließen und das deutliche Signal an den Bund senden, diese Residenzpflicht – so wird sie im Allgemeinen genannt – nicht mehr zu wollen, desto eher wird sie auf Bundesebene per

Entscheid abgeschafft. Und das ist doch das eigentliche Ziel, jedenfalls aus unserer Sicht.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Finn-Ole Ritter FDP, Dora Heyenn und Christiane Schneider, beide DIE LINKE)

Ohne Not wird hier auf politischen Druck verzichtet, nur weil befürchtet wird, dass Hamburg zu einer attraktiven Region für Flüchtlinge aus den Nachbarländern werden wird. Ich habe eben schon etwas zur Lüneburger Heide gesagt. Ich finde, es lohnt sich für alle, sich unsere Stadt anzuschauen und hier auch vorübergehend aufzuhalten, das wäre nämlich der Umkehrschluss. Was würde denn passieren, wenn alle anderen Bundesländer diese Idee gut fänden und auch an alle pauschal eine vorübergehende Verlassenserlaubnis erteilten? Die würde dann natürlich auch für die Menschen gelten, die nach Hamburg wollen. Das kann doch im Ernst nicht das sein, was wir wollen, wie Menschen sich in der Bundesrepublik ohne Veränderung der Zuständigkeit und ohne Veränderung des Wohnsitzes frei bewegen können.

Ich komme zum zweiten Punkt, der der SPD so wichtig ist, zum Thema Wohnsitzpflicht oder Wohnsitznahme. Diesen Punkt wollen Sie zuerst gelöst sehen. Die Synopse derjenigen Bundesländer, die schon Kooperationen miteinander eingegangen sind, hat deutlich gemacht, dass Wohnsitznahme außerhalb der Zuständigkeit der Ausländerbehörde schlicht und einfach nicht zulässig ist und jede Verlassenserlaubnis hinfällig werden lässt. Aus unserer Sicht ist der SPD-Antrag an dieser Stelle also unnötig.

Wie geht es weiter? Als erstes brauchen wir das, was auch der SPD-Antrag auf Bundesebene schon längst wollte, die Abschaffung der Residenzpflicht. So steht es in unserem Zusatzantrag. Zur Klarstellung haben wir Ihren Wunsch nach Bestätigung der Wohnsitzregelung aufgenommen. Weil die Bundesebene langsam sein wird – und dieses Wahlergebnis macht es nicht schneller –, brauchen wir außerdem die Kooperation mit den Nachbarländern. Das sagt auch der FDP-Antrag, und das unterstützen wir ohne Einschränkungen. Die vorübergehende Verlassenserlaubnis ist nicht wirklich eine Option. Aus unserer Sicht brauchen wir eine klare Regelung. Es muss zumindest klar sein, dass es nicht um drei bis fünf Tage geht, sondern das müssen schon zehn Tage sein, das muss eine Möglichkeit sein, sich wirklich bewegen zu können. Allem vorangestellt ist aber immer das Ziel der Abschaffung der Residenzpflicht und die Kooperation mit den Bundesländern.

Wir sehen, dass die SPD eine Öffnung geschaffen hat. Wir sehen die Erleichterung für Kita und Schule, für Tagesausflüge. Alles das könnte man einfacher machen. Wir sehen diese konkreten Vorteile durchaus, wir sehen aber auf der anderen Seite den großen bürokratischen Aufwand, die

rechtliche Unsicherheit, den fehlenden Druck auf eine politische, bundesweit geltende Lösung – und das ist aus unserer Sicht das wichtigste Ziel. Deshalb bleiben wir bei der Enthaltung zum SPD-Antrag.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Das Wort bekommt Herr Dr. Schäfer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Irgendwie verstehe ich diese Debatte mittlerweile nicht mehr.

(Beifall bei Peri Arndt SPD)

Wir haben sie schon mehrfach geführt, und ich habe sie bisher immer so verstanden, dass es darum geht, Menschen mit einer Duldung oder einer Aufenthaltsgestattung die Möglichkeit zu eröffnen, dorthin zu reisen, wohin sie möchten – ohne Gängelung und ohne großen bürokratischen Aufwand, also ohne jedes Mal gesondert einen Antrag stellen zu müssen. Jetzt muss ich hören, dass genau diese einfache Variante, die wir im Innenausschuss beschlossen haben und die Ihnen heute vorliegt, wieder komplizierter gestaltet werden soll, und das verstehe ich einfach nicht mehr.

Was wir heute vorgelegt haben, ist erstens, dass sichergestellt werden muss, wer für die Leistungen der Asylbewerber beziehungsweise der Geduldeten zuständig ist. Alle, die in die Bundesrepublik Deutschland kommen, werden nach dem Königsteiner Schlüssel auf die Bundesländer verteilt, die dann für die Leistungen zuständig sind, die diesen Menschen gegenüber zu erbringen sind. Das soll auch so bleiben, und unser Punkt 1 ist, das sicherzustellen.

(Phyliss Demirel GRÜNE: Darum geht es doch gar nicht!)

Zweitens: Wer immer hier in dieser Stadt lebt, soll die Möglichkeit haben, unbürokratisch Verwandte besuchen zu können, sich meinetwegen die Lüneburger Heide im Herbst anzuschauen oder einer Arbeit nachzugehen. Kinder sollen ihre Ausflüge wohin auch immer machen können, ohne jedes Mal wieder gesondert einen Antrag stellen zu müssen. Das ist durch Punkt 2 gesichert, und zwar so unbürokratisch – Herr Ritter, da verstehe ich die FDP nicht –

(Finn-Ole Ritter FDP: Das macht nichts!)

wie nur irgend möglich. Wenn die Akte sowieso angefasst wird, dann wird eine Verlassenserlaubnis erteilt für den Zeitraum bis zum nächsten Mal, die widerrufbar ist. In bestimmten Fällen – und da sind wir uns auch einig, Frau Möller, das steht auch in Ihrem Zusatzantrag – soll die Verlassenserlaubnis widerrufen werden können und auch widerrufen

werden. Obendrein soll diese Erlaubnis gebührenfrei sein. Jeder dieser Menschen muss also eigentlich nichts tun und kann reisen, wohin er möchte. Was wäre denn bitte einfacher und unbürokratischer als diese Maßnahme?

(Beifall bei der SPD)

Drittens wollen auch wir, dass das Abkommen zwischen Berlin und Brandenburg ausgewertet wird und wir im Ausschuss noch einmal darüber reden. Das geht in Ordnung und steht ebenfalls in dem Petitum, das wir im Innenausschuss eingebracht und dort dann auch beschlossen haben und das Ihnen heute vorliegt. Ich verstehe nicht, warum man da jetzt noch irgendetwas draufsatteln und das Ganze wieder schwieriger machen sollte. Einfacher geht nicht mehr, und so werden wir es auch beschließen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Voet van Vormizeele.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich könnte in die Runde der Kollegen fragen, wer noch weiß, über welche Verlassens- oder Aufenthaltserlaubnis wir eigentlich reden. Wir haben diese Debatte im Plenum sehr, sehr intensiv geführt und auch im Ausschuss wurde diese Debatte sehr intensiv geführt. Ich persönlich war nicht dabei, aber der Bericht ist ungewöhnlich lang und allein das zeigt dies. Jetzt führen Sie sie erneut im Plenum und haben gesagt, liebe Frau Möller, eigentlich sei schon alles gesagt; das ist es auch. Ich habe manchmal den Eindruck, liebe Kollegen, gerade bei dem Beitrag von Frau Möller, dass wir das Ganze eher als Werbung für die Tourismusbranche ansehen nach dem Motto, jeder solle einmal das schöne Hamburg besuchen können. Das ist nicht der Kern des Problems.

Deshalb will ich die Position, die meine Fraktion vertritt, noch einmal wiederholen. Wir haben sie schon bei der ersten Debatte deutlich vertreten, wir haben sie im Ausschuss klar gemacht, und sie wird sich auch in dieser erneuten Debatte nicht mehr verändern: Wir sind nicht diejenigen, die für eine Abschaffung der Residenzpflicht stehen. Wir wollen dieses Instrument weiterhin beibehalten, das haben wir deutlich und klar gesagt. Für Fälle, die wichtig oder humanitär begründbar sind, müssen Ausnahmeregelungen geschaffen werden. Dafür ist es in der Tat richtig, Kooperationsverträge zu schließen, und deshalb werden wir den Kollegen der FDP in dieser Frage zustimmen. Das ist der richtige Weg. Ich finde alle anderen Wege sehr eigenartig, nicht zielführend und äußerst ideologisch behaftet. Deshalb werden wir der Ausschussvorlage nur in Punkt 1 zustimmen und ansonsten nur dem Antrag der FDP-Kollegen.

(Antje Möller)

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Ritter.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, wir tun der Debatte, egal, wie lange sie schon dauert und wo wir sie geführt haben, ob hier oder im Ausschuss, keinen Gefallen, wenn wir sie als Tourismusdebatte abtun. Es geht um Menschen, die hierher kommen und sich frei bewegen möchten.

(Beifall bei der FDP, den GRÜNEN und ver- einzelt bei der LINKEN)

Noch einmal zur Klarstellung. Wir haben es schon die ganze Zeit im Ausschuss versucht, aber es scheint immer noch Unklarheiten zu geben, weil wir einfach eine völlig andere Einstellung haben. Herr Vormizeele hat gerade gesagt, er werde unserem Antrag, Kooperationen zu schließen, zustimmen. Wenn die SPD sich dazu entschlossen hätte oder dazu entschließen würde, dann wäre Ihr ganzer Antrag hinfällig, Herr Schäfer. Wenn wir Kooperationen schließen würden, dann hätten wir das Problem gelöst und bräuchten gar nicht mehr zu diskutieren. Also stimmen Sie unserem Antrag zu, dann haben wir das gelöst, ganz einfach.

(Beifall bei der FDP und den GRÜNEN)

Wir führen diese Diskussion, weil es schwer verständlich ist, um was es da eigentlich geht – im Grunde genommen aber auch wieder nicht. Ich verstehe nur die Argumentation des Senats immer noch nicht. Wenn ich, einmal rein von der Sache her argumentiert, das Anliegen hätte, den Menschen die Möglichkeit zu schaffen, sich frei zu bewegen, dann muss ich doch die Möglichkeiten nutzen, die es auf Bundesebene gibt – deswegen haben wir unseren Antrag gestellt –, mit allen Bundesländern Kooperationen zu schließen. Dann ist es nämlich möglich, sich frei zu bewegen, ohne alle sechs Monate zum Amt zu gehen. Das ist auch noch eine Bürokratie-Ersparnis, Herr Dr. Schäfer.

(Beifall bei der FDP – Sylvia Wowretzko SPD: Die gehen doch sowieso!)

Und jetzt kommt Ihr Antrag, in dem Sie eine rechtliche Konstruktion gebastelt haben. Wir haben sie bei uns immer wieder ausführlich besprochen und kommen zu dem Ergebnis, dass sie zumindest rechtlich fragwürdig ist. Es geht doch darum zu überlegen, wie wir die einfachste, unbürokratischste Lösung hinbekommen, und die ist, Herr Vormizeele hat es gerade bestätigt, unserem Antrag zuzustimmen.

Es geht aber noch weiter. Das einzige Argument, das Senator Neumann genannt hat, nachdem er versucht hat, mich mit irgendwelchen rechtlichen Argumenten totzureden …

(Anna-Elisabeth von Treuenfels FDP: Das schafft keiner!)

Er hat es nicht geschafft, das stimmt, ich bin ja noch hier.

Wir haben uns damit noch einmal beschäftigt, weil das rechtlich wirklich fragwürdig ist. Ich habe ein einziges Argument heute noch einmal gehört, und das nervt mich, weil mich das wirklich berührt. Auch wenn Herr Yildiz mir meine Emotionen nicht abnimmt, bin ich total emotional bei diesem Thema, weil es darum geht, den Menschen Teilhabe zu ermöglichen, dass sie Hamburg verlassen und frei reisen können. Das einzige Argument, das Herr Neumann gebracht hat, ist: Die finden vielleicht Hamburg total schön. Und das dürfen die auch. Die dürfen Hamburg schön finden, die dürfen hierher reisen, die dürfen sich Hamburg anschauen.

(Beifall bei der FDP und den GRÜNEN)

Und jetzt kommt wieder das mit dem Tourismus. Wenn ich in dieser Argumentationsschiene weiterdenke, müsste ich annehmen, das seien alles Kriminelle und die dürften sich überhaupt nicht bewegen. Das sind Leute, die hier Asyl gesucht haben, die hier geduldet sind. Die sollen sich frei bewegen können. Es gibt einfache Möglichkeiten.

Herr Dr. Schäfer, Sie haben gerade die Argumente dafür genannt, unserem Antrag zuzustimmen. Wenn Sie also wirklich etwas für diese Menschen tun wollen, dann stimmen Sie unserem Antrag zu und werfen Sie Ihren Antrag nicht in den Mülleimer, aber irgendwo anders hin.

(Beifall bei der FDP und den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Frau Schneider.

Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin! Nach Ihrer Rede, Herr Ritter, brauche ich eigentlich nicht mehr viel sagen. Ich werde auch nicht mehr viel sagen, weil ich finde, dass Ihre Argumente überzeugen. Ich finde auch den Antrag der GRÜNEN überzeugend.

Und ich wäre wirklich gerne dem SPD-Antrag gefolgt, weil ich es gut finde, dass Sie, im Gegensatz zu der Position, die Sie vor anderthalb bis zwei Jahren vertraten, als Sie sich gegen jede Lockerung der Residenzpflicht ausgesprochen haben, für eine Lockerung eintreten. Ich glaube nur, dass der Weg, den Sie eingeschlagen haben, ein sehr unsicherer Weg ist, auch wenn er einigen oder vielleicht sogar mehreren nützt. Er ist, das hat Herr Ritter ausgeführt, rechtlich ungesichert. Sie brauchen, wenn Flüchtlinge, Asylbewerber oder Geduldete nach Niedersachsen gehen, das Einvernehmen der Landesregierung, das steht tatsächlich so in Paragraf 58 Absatz 6. Ich halte Ihren Weg also

(Kai Voet van Vormizeele)

für rechtlich nicht gesichert, und deshalb werden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen – wie gesagt, ich hätte es gerne getan. Wir werden uns enthalten und den Anträgen der GRÜNEN und der GAL zustimmen.

(Zurufe von den GRÜNEN)