Kai Voet van Vormizeele
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Last Statements
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir führen diese Debatte wahrlich nicht zum ersten Mal; meine beiden Vorredner haben bereits darauf hingewiesen. Daran merkt man schon, dass wir nicht richtig vorankommen. Bei allem Respekt, Frau Möller, Sie haben in Ihrem Debattenbeitrag alle Gegenargumente bereits aufgezählt und die Debatte damit eigentlich als Monolog geführt. Der Kollege Schäfer und ich müssten gar nicht mehr viel sagen.
Wir führen diese Debatte in der Tat seit 2011. Sie geben ihr immer eine kleine Nuancierung, aber letztendlich dreht sie sich um denselben Kern. Lie
be Kollegen, wir haben in einem bestimmten Bereich der Asylpolitik verschiedene Auffassungen. Das machen wir auch immer wieder deutlich. Ich gebe dem Kollegen Dr. Schäfer voll und ganz recht, dass die Einzelfallprüfung die einzig angemessene Methode ist, um alle Umstände, die jede einzelne Person betreffen, auch wirklich zu berücksichtigen. Pauschale Regelungen helfen uns nicht einen Deut weiter. Diese Debatte führen wir nun im vierten Jahr nacheinander. Sie wird auch heute, da bin ich ganz sicher, kein anderes Ende haben.
Ihr Hinweis auf die neue Regelung, dass wir bestimmte Länder zu sicheren Drittländern erklärt haben, den Sie als Einstieg in die Debatte gewählt haben, gehört eigentlich eher in eine Debatte, die Sie bei den GRÜNEN mit sich selbst führen müssten. Sie wissen ganz genau, dass diese Regelung niemals in Kraft getreten wäre, wenn nicht ein grüner Regierungschef genau das mitgemacht hätte – und wenn er das tut, dann weiß er auch, was er da tut.
Es mag sein, dass Sie eine andere Auffassung dazu haben, aber vielleicht diskutieren Sie das dann auf Ihrem Parteitag und regeln das dort, anstatt jedes Jahr denselben Antrag einzubringen, von dem Sie ganz genau wissen, dass er in diesem Hause keine Mehrheit findet.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nichts ist schöner, als eine Haushaltsrede zu beginnen, während alles nach draußen strömt. Schade, das Thema Inneres verdient eigentlich mehr Aufmerksamkeit.
Besonders schade ist, dass auch der Erste Bürgermeister gerade den Raum verlassen hat. Wir haben gestern eine lange Rede des Ersten Bürgermeisters gehört, in dem alle denkbaren Themen abgedeckt wurden, jedoch ist – wer es noch einmal nachlesen will, wird es feststellen – zum Thema Inneres nicht eine einzige Silbe gefallen. Nun ist das nicht überraschend, denn die Bilanz, die man hier ziehen muss, ist keine, auf die man stolz sein kann als Bürgermeister. Insofern verstehe ich schon, dass der Bürgermeister dieses Thema nicht weiter
erwähnt hat; dass er jetzt hinausgeht, mag dann vielleicht Zufall sein.
Interessant war, dass der Fraktionsvorsitzende der SPD auf die Vorwürfe des Oppositionsführers geantwortet hat,
das sei alles eine verzerrte Wahrnehmung der Realität. Wir sollten vielleicht einmal gemeinsam versuchen zu klären, was Realität ist und was verzerrte Wahrnehmung ist.
Zunächst einmal können wir feststellen, dass wir in den vergangenen vier Jahren einen Senat erlebt haben, dessen Innenpolitik hauptsächlich von dem Wunsch geprägt war, möglichst alles anders zu machen als die Vorgängersenate. Es war eigentlich ganz egal, worum es ging, es musste anders sein, das war das Entscheidende. Dabei wurde vergessen, dass wir in Hamburg eine Polizei hatten, die wie kaum eine andere stolz darauf sein konnte, die Hinterlassenschaften früherer Senate aufgearbeitet zu haben. Wir waren nicht mehr ganz hinten in Sachen Aufklärung. Wir waren nicht mehr Hauptstadt des Verbrechens in Deutschland. Das war eine Leistung, und zwar eine große.
Ob wir das immer noch so sagen können, wage ich zu bezweifeln. Herr Wersich führte es gestern schon an: Eine schlechtere Aufklärungsquote von Einbrüchen als in Hamburg gibt es nirgendwo in Deutschland. Es gibt Ortsteile in Hamburg – gehen Sie einmal in Hamburgs Süden –, da ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Einbruch aufgeklärt wird, fast genauso hoch, wie vom Blitz getroffen zu werden. Das kann in Hamburg eigentlich nicht angehen.
Aber der Senat hat etwas getan, er hat sich bemüht, Reformen zu machen. Die erste große Reform, für die gekämpft wurde, war ProMod, auch wenn bis zum heutigen Tag keiner erklärt hat, warum wir diese Reform brauchten. Natürlich sollte ganz viel umgemodelt werden. Polizeibeamte haben sich drei Jahre lang vor allem mit sich selbst beschäftigt, und am Ende kamen so tolle Ideen dabei heraus wie die, dass wir den Gefangenentransport nicht mehr von Sammeltransporten vornehmen lassen, sondern Streifenwagen damit beauftragen, die dafür außer Dienst gestellt werden, oder dass Fingerabdrücke nicht mehr von Fachleuten gemacht werden, sondern von den normalen Polizeibeamten in den PKs. Das ist natürlich eine ganz tolle Reform, die dazu führt, dass wir mehr Polizeibeamte für die Aufgaben zur Verfügung haben, für die wir sie brauchen. Die Menschen, die
jetzt mit abgemeldetem Polizeiwagen herumfahren und Gefangene transportieren, fehlen uns draußen im Streifendienst. Das sind diejenigen, die nicht mehr in der Lage sind, daran zu arbeiten, die Aufklärungsquote von Einbrüchen zu verbessern. Ich kann, ehrlich gesagt, nicht verstehen, was diese Reform gebracht haben soll außer viel Selbstbeschäftigung und Schulterklopfen bei der SPD.
Ein entscheidender Punkt und, wie ich finde, eine entscheidende Messlatte ist aber auch, wie es mit dem Vertrauen der Polizei in den Senat aussieht. 2001, als der damalige SPD-Senat und sein Innensenator abgewählt wurden, merkte man es jedem einzelnen Polizeibeamten in Hamburg an, dass er diesem Senat kein Vertrauen mehr schenkte; ich glaube, das wissen wir alle. Wenn wir über Realitätswahrnehmung sprechen, lieber Herr Kollege Dressel, dann empfehle ich Ihnen wirklich einmal, rauszugehen und mit den Polizeibeamten in dieser Stadt zu sprechen. Sie werden feststellen, dass die Stimmung in der Hamburger Polizei niemals so schlecht war wie jetzt. Sie ist ganz, ganz schlecht.
Da kann man die Kollegen auch verstehen, denn bei all den Themen, die für sie wichtig sind, haben Sie versagt.
Erst nachdem es massiven Protest gab und die Polizeibeamten am 1. Januar vor dem Rathaus standen, waren Sie bereit, sich zu bewegen. Mit einem Mal ging es dann ganz schnell, und Sie haben aus einem Ihrer vielen schönen Verfügungsfonds, über die wir so gern reden, 10 Millionen genommen und den Polizeibeamten ein kleines Trostpflaster gegeben. Aber Sie haben im Innenausschuss wochenlang jede Debatte über die Beförderung von Polizeibeamten verweigert, und als die Polizeibeamten Unterschriften gesammelt hatten, war der Innensenator noch nicht einmal bereit, diese entgegenzunehmen. Ich kann jedem von Ihnen nur empfehlen, sich einmal das Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung im Innenausschuss zur Frage der Beförderung von Polizeibeamten durchzulesen. Das ist ein beredtes Zeugnis darüber, wie die Polizeibeamten in dieser Stadt ihre eigene Lage einschätzen und wie es mit ihrem Vertrauen in den Senat steht.
Lassen Sie uns auch einmal über so etwas wie Grundlast reden. Daran merken Sie ganz deutlich, wo wir eigentlich in dieser Stadt stehen. Immer mehr Polizeibeamte sind ständig damit beschäftigt, anderes zu machen, als sich ihren eigentlichen Aufgaben zu widmen. Viele von Ihnen werden be
merkt haben, dass Ihre Bünabes viel weniger häufig auf der Straße zu sehen sind. Warum? Ich habe meinen gestern getroffen und gesagt: Wir haben uns vier Wochen nicht gesehen, waren Sie im Urlaub? Nein, er war drei Wochen im Streifenwagen. Das ist die Realität in dieser Stadt, das ist die wahre Lage der Polizei. Wenn wir über Grundlasten reden, dann müssen wir auch berücksichtigen, dass wir viele unbesetzte Stellen haben. Wenn Sie das alles zusammenrechnen, dann fehlt uns Woche für Woche, Jahr für Jahr ein gesamtes PK.
Das ist die Realität. Das, lieber Kollege Dressel, ist keine verzerrte Wahrnehmung, das ist sozialdemokratische Innenpolitik.
Wenn Sie hier wieder Vertrauen gewinnen wollen bei den Polizeibeamten und auch bei den Menschen in dieser Stadt, dann müssen Sie anfangen, mit Blick auf die Zukunft zu handeln. Sie haben in dem vorgelegten Haushaltsplan-Entwurf keine Konzepte und keine wirklichen Perspektiven. Sie flicken da, wo Sie meinen, Löcher erkannt zu haben, aber der große Wurf gelingt Ihnen damit nicht.
Ein paar kurze Worte – die Redezeit ist begrenzt – zur Feuerwehr. Das oberste Ziel muss hier weiterhin sein, dass die Erreichung der Schutzziele, die wir alle gemeinsam als richtig und wichtig erkannt haben, prioritär bleibt. Es kann und darf nicht sein, dass wir uns damit zufriedengeben, Zwischenziele erreicht zu haben. Wir haben ehrgeizige Schutzziele und diese müssen wir auch unbedingt erreichen, da sonst der Schutz der Bevölkerung nicht ausreichend gewährleistet ist.
Wir müssen die Feuerwehr so ausstatten, dass die Bevölkerung weiterhin sicher davon ausgehen kann, dass sie den Ansprüchen einer wachsenden Stadt gerecht wird, dass ihre Ausstattung sowohl im Hinblick auf das Personal als auch im Hinblick auf die Ausrüstung angemessen fortgeschrieben wird.
Ein weiterer und nicht weniger wichtige Punkt: Wir haben in Hamburg 87 freiwillige Feuerwehren. Sie sind ein wesentlicher und wichtiger Bestandteil dessen, was wir in Hamburg für den Brandschutz und die Sicherheit der Menschen brauchen. Wir alle sollten nicht müde werden zu betonen, dass diese freiwilligen Feuerwehren einen großen Beitrag leisten und wir sie auf gar keinen Fall missen wollen.
Ich möchte noch etwas zum Thema Verfassungsschutz sagen, weil mir das momentan wirklich sehr am Herzen liegt und ich glaube, dass es ein sehr aktuelles Thema ist. Wir haben selten eine Zeit er
lebt, in der gewalttätige extremistische Bestrebungen so sehr unsere Demokratie angegriffen haben wie jetzt. Die Zahl der gewaltbereiten extremistischen religiös motivierten Gewalttäter hat in den letzten Monaten nahezu explosionsartig zugenommen. Das alles ist für uns eine neue Herausforderung, und wir müssen darauf gemeinsam reagieren. Der Verfassungsschutz ist dafür eine von vielen Maßnahmen, aber eine wichtige. Wir müssen weiterhin in der Lage sein, extremistische Gewalttäter, egal ob von links, von rechts oder religiös motiviert, ausreichend früh zu erkennen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Deshalb ist es wichtig, dass wir den Verfassungsschutz auch personell entsprechend ausstatten.
Der Verfassungsschutz hat in den letzten Wochen bereits intern organisatorische Maßnahmen ergriffen und einiges umgruppiert, um diesen neuen Herausforderungen gerecht zu werden. Das tragen wir als CDU ausdrücklich mit. Wir wissen aber alle ganz genau, dass wir am 31. Dezember nicht das Ende dieser Phase erleben werden. Das wird, fürchte ich, die nächsten Monate weitergehen. Deshalb müssen wir den Verfassungsschutz so aufstellen, dass er auch weiterhin allen seinen Aufgaben gerecht werden kann. Ich finde es wichtig und gut, dass wir, wie auch Herr Dr. Dressel betont hat, in einer gemeinsamen Anstrengung den Antrag zur Aufstockung der Stellen beim Verfassungsschutz beschließen werden. Das ist ein wichtiges Signal für die Damen und Herren, die dort arbeiten, und für unsere Demokratie. Wir sind eine wehrhafte Demokratie und zu einer solchen gehört auch der Verfassungsschutz.
Ich will auf die vielen Anträge gar nicht im Einzelnen eingehen. Einen möchte ich aber doch herausgreifen, weil ich finde, dass er angesichts dessen, was in den letzten Tagen in der Welt passiert ist, so nicht hinnehmbar ist. Wer ernsthaft meint, angesichts solcher Ereignisse den Verfassungsschutz abschaffen zu müssen, handelt entweder grob fahrlässig und naiv oder verfolgt politische Ziele, die ich nicht teilen möchte.
Ich finde es unglaublich, wenn die LINKEN dieses wichtige Instrument einer wehrhaften Demokratie abschaffen wollen. Wir brauchen den Verfassungsschutz, weil wir uns gegen die extremistischen Gefahren wehren müssen. Dass das wichtig ist, haben wir alle gemeinsam in den letzten Monaten im Hinblick auf die Erkenntnislage im Bereich NSU/ Rechtsradikale feststellen können. Wir würden nicht einmal einen Hauch von Chancen haben bei der Bekämpfung von Rechtsextremismus, Frau Schneider, wenn wir den Verfassungsschutz nicht hätten.
Wer ihn abschaffen will, verfolgt offensichtlich Ziele, die ich nicht teilen möchte. Da werden Sie uns nicht an Ihrer Seite finden.
Lassen Sie mich deshalb noch einmal an alle Demokraten appellieren: Der Verfassungsschutz braucht unser aller Rückendeckung, unsere gemeinsame Anstrengung. Ich glaube, wir werden damit nicht am Ende sein; das wird in den nächsten Monaten wahrscheinlich noch mehr werden müssen. Wir sollten wirklich zusammenstehen und uns nicht von solchen Motiven leiten lassen.
Abschließend, liebe Kollegen von der SPD, kann ich nach vier Jahren sozialdemokratischer Innenpolitik nur sagen: Es reicht nicht aus, ein wenig an einzelnen Teilen herumzuwerkeln, wie Sie es tun. Fangen Sie an, Perspektiven zu entwickeln. Fangen Sie an, Antworten auf die Frage zu entwickeln, wie wir den Herausforderungen begegnen können, vor denen unsere Polizei steht. Fangen Sie an, darüber nachzudenken, was wir tun können, um dem Personalmangel entgegenzuwirken, der immer deutlicher wird, weil wir in dieser Stadt keinen Nachwuchs mehr bekommen. Alles das müssen wir angehen, da sind Sie gefordert. Das fehlt in diesem Haushalt ganz und gar. Fangen Sie an, neu zu denken.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat habe ich ein bisschen wenig Redezeit, deswegen will ich es für die letzten 30 Sekunden, die mir meine Fraktion zugebilligt hat, kurz machen. Ich will einen Umstand richtigstellen. Der Senator hat von 2000 Beförderungen gesprochen, er vergisst aber zu erwähnen, dass ein Großteil davon diejenigen betrifft, die ihre Ausbildung beendet haben und damit in ihr erstes Amt befördert werden. Das ist schon eine Riesenzahl, fast die Hälfte. Ich glaube, wir sollten hier die Kirche im Dorf lassen, Herr Senator. Vielleicht wird irgendwann einmal Ihr Nachfolger derjenige sein, der das richtigstellt.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses Haus hat über den Komplex NSU schon viele Debatten geführt, hitzige und aufgeregte Debatten, bei denen wir uns lange darüber gestritten haben, in welcher Phase der Aufarbeitung und in welcher Phase der Vorverurteilung wir uns eigentlich befinden. Meine Fraktion hat immer sehr deutlich gemacht, dass wir uns vor jeder Art von Vorverurteilung hüten müssen, wenn es darum geht, die Strukturen unseres Staates und unserer Sicherheitsorgane zu beurteilen. Wir brauchen das, was die parlamentarischen Untersuchungsausschüsse im Bund und in den Ländern gemacht haben, wir brauchen auch die Betrachtung dessen, was wir in
Hamburg im Innenausschuss in den letzten Monaten geleistet haben.
In der Tat, und da gebe ich Herrn Abaci vollkommen recht, haben wir bei all den Erkenntnissen auch übergreifend festzustellen, dass es individuelles Fehlverhalten und individuelle Fehleinschätzungen gegeben hat, die zu diesen erschreckenden Ergebnissen geführt haben, auch wenn wir immer wieder deutlich sagen müssen, dass dies alles aus der Betrachtung heraus geschieht, die wir heute ex post machen können. Es ist viel, viel schwieriger, bei alldem eine richtige Beurteilung zu finden, wenn man mitten in einer solchen Ermittlung steht. Nichtsdestotrotz haben wir festzustellen, dass Fehler gemacht worden sind. Die entscheidende Frage aber, die wir zu klären hatten, war doch vor allem, ob dies strukturelle Fehler waren. Wir haben bei all den Debatten, die wir geführt haben, mehr als einmal den zum Teil ausgesprochenen, zum Teil latent vorhandenen Vorwurf gehört, wir hätten rechtsradikale Strukturen in unseren Sicherheitsbehörden, die genau ein solches Verhalten begünstigen oder ermöglichen würden. Und das ist für mich genau die Frage, über die wir uns haben Gedanken machen müssen. Sind Strukturen so angelegt worden, dass genau ein solches Ergebnis herauskommen musste, dass nichts anderes passieren konnte, oder war es wirklich in diesem Fall das Fehlverhalten als Verkettung vieler subjektiver Fehleinschätzungen?
Und da ist, das sage ich ganz offen, für mich jetzt die Einschätzung, nachdem wir die PUAs in den Ländern und im Bundestag erlebt haben und nachdem wir uns hier mit einem sehr langen und sehr aufwendigen und, wie ich zugeben muss, zum Teil sehr kompliziert zu lesenden Bericht im Innenausschuss beschäftigt haben, sehr deutlich: Wir haben zu keinem einzigen Zeitpunkt Ansätze dafür gefunden, dass wir ein strukturelles Versagen der Sicherheitsbehörden in diesem Land haben. Das finde ich eine wichtige Erkenntnis, denn die Aufgabe, die wir als Parlament haben, ist nicht die Aufarbeitung eines einzelnen Falls. Dazu ist die Justiz berufen, und das tut sie zurzeit auf allen Ebenen, wo sie es kann. Unsere Aufgabe ist es festzustellen, wo die Strukturen nicht stimmen und gegebenenfalls korrigierend einzugreifen. Es gibt in der Tat einige Maßnahmen, die auch in der Drucksache stehen, die der Senat beschlossen hat und die der Innenausschuss dann auch zur Kenntnis genommen hat, die richtig gut sind. Aber strukturelle Fehler, das sage ich noch einmal, oder gar der Vorwurf, dass in unseren Behörden bewusst ein solches Gedankengut gefördert wurde, hat es zu keinem Zeitpunkt gegeben, weder in den PUAs in den Ländern noch hier in Hamburg. Und erst recht können wir für Hamburg sagen, dass wir nicht den geringsten Anlass haben, dies für unsere Sicherheitsbehörden anzunehmen.
Wir werden diesen Prozess weiterhin begleiten müssen; es gibt Dinge, die wir noch gemeinsam aufarbeiten müssen. Ich finde den Satz von Herrn Abaci, der die Stärke des Rechtsstaats noch einmal schön herausgestellt hat, sehr gut. Das war ein schöner Satz, Herr Abaci, der gefällt mir sehr gut. Wir sind in diesem Staat nicht fehlerlos, auch in einem Rechtsstaat passieren Fehler. Unsere Stärke erweist sich in dem Moment, wenn wir darangehen müssen, diese Fehler zu beseitigen, und zwar im Rahmen unseres Systems. Und ich finde die Art und Weise, wie dies ernsthaft, mit Zeit und mit Augenmaß in den letzten Monaten geschehen ist, sehr bemerkenswert. Und das, was wir gemeinsam an Konsequenzen daraus ziehen werden, was wir in der guten Diskussion im Innenausschuss gesehen haben, ist der richtige Weg. Das sollte auch Beispiel sein für viele andere Diskussionen über kritische Bereiche in diesem Lande. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Kritik, die in der Einleitung des Antrags der LINKEN steht, stimmt leider. Daran zeigt sich deutlich, dass das Hamburgische Rettungsdienstgesetz dringend novelliert werden muss. In diesem Rahmen muss ebenfalls, wie bereits mehrfach von uns eingefordert, die strategische, personelle und materielle Aufstellung der Hamburger Feuerwehr auf Grundlage des Strategiepapiers 2010 neu optimiert werden. Wir begrüßen zwar, dass es uns im Innenausschuss gelungen ist, in einem ersten Schritt die Empfehlung umzusetzen, das Schutzziel der Feuerwehr auf die Empfehlung der AGBF umzustellen. Es kann aber nicht sein, dass wir uns langfristig damit begnügen, 85 Prozent Erfüllungsquote zu erreichen, insbesondere wenn wir gerade gehört haben, dass wir zwischenzeitlich gerade einmal bei 70,8 Prozent liegen. Hier bleibt es dabei, dass das Ziel von 95 Prozent in den nächsten Jahren erreicht werden muss und wir rechtzeitig und frühzeitig die Weichen stellen müssen bei der Entscheidung, mit welchen Maßnahmen wir dieses Schutzziel erreichen können.
Die Novellierung des Rettungsdienstgesetzes und die Umsetzung des Strategiepapiers sind zwar eigenständige Themen, korrespondieren aber eng miteinander. Beide Themen wollen wir deshalb auch im Innenausschuss beraten. Herr Münster, ich höre die Worte wohl, allein mir fehlt der Glaube. Sie sagten gerade, wir würden uns damit befassen. Das ist schön, aber wir haben diesbezüglich inzwischen gewisse Erfahrungen gemacht. Befassen heißt bei Ihnen vertagen bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag. Zufälligerweise ist am 15. Februar diese Legislaturperiode zu Ende und dann fällt das alles der Diskontinuität anheim. Das wollen wir nicht,
und da werden wir, was wir sonst etwas weniger häufig tun, auch an der Seite der Kollegen der LINKEN stehen.
Es stimmt leider, dass die Erfüllungsquoten im Rettungsdienst alles andere als zufriedenstellend sind, und das liegt nicht etwa daran, dass die Kolleginnen und Kollegen der Feuerwehr keine gute Arbeit machen. Ganz im Gegenteil leisten die Frauen und Männer der Hamburger Feuerwehr eine hervorragende Arbeit, für die wir ihnen sehr dankbar sind. Das Problem ist und bleibt die fehlende Finanzierung und auch die mangelnde Unterstützung des
Senats. So sind zum Beispiel die Hilfsfristen in der Tat nicht hinreichend im Rettungsdienstgesetz definiert. Mangels Personal und aufgrund steigender Rettungsdiensteinsätze verlängert sich der Zeitraum vom Eingang eines Notrufs bis zum Eintreffen des Einsatzfahrzeugs am Einsatzort zunehmend. Dabei geht es jetzt nicht um irgendein Zahlenwerk oder irgendeine Statistik. Wir reden bei diesen Kennzahlen darüber, wie zuverlässig wir in diesem Rettungsdienstsystem sind, und wir reden darüber, dass wir Menschen retten wollen. Davon hängen Menschenleben ab, es ist nicht nur die Debatte ums Zahlenwerk. Umso unverständlicher ist es, dass der Senat eben nicht mit uns gemeinsam daran arbeiten will, diese Empfehlung der Gutachter vollständig umzusetzen und sowohl eine hinlängliche Infrastruktur mit einem ausreichenden Netz an Rettungswachen und genügend Personal als auch eine rechtlich angemessene Grundlage für einen effektiven Rettungsdienst zu schaffen.
Bei aller im Antrag berechtigt geübten Kritik sind die im Petitum erhobenen Forderungen der Kollegen der LINKEN dann doch nicht vollkommen zutreffend. Die Forderung einer Bedarfsplanung zur Optimierung des Einsatzes lebensrettender Maßnahmen ist wichtig. Einzubeziehen sind hier aber auch besonders alle Leistungsanbieter und die Standortplanung von Notarztstandorten unter Berücksichtigung der Feuerwehr. Aber die Ergebnisse müssen in ein novelliertes Rettungsdienstgesetz einfließen. In dieser Gesetzesnovelle ist auch zu klären, wie die Hilfsorganisationen partnerschaftlich mit der Feuerwehr in einer Notfallregelung einbezogen werden können. Da gibt es ohne Frage deutliche Verbesserungsbedarfe, und wir werden genau darauf achten, dass diese auch berücksichtigt werden. Falsch wäre es jedoch nach unserer Ansicht, sich an der örtlichen Nähe des Rettungsmittels zu orientieren. Diesbezüglich gilt die bestehende Regelung bereits weiter, indem sie die schnellstmögliche Hilfe zum Maßstab macht. Diese gesetzliche Regelung sollte unbedingt beibehalten werden und muss dann eben auch in allen Fällen angewandt werden. Die Zusammenführung der Leitstelle muss ebenfalls im Rahmen der Gesetzesnovelle geprüft werden. Es wäre kontraproduktiv, solche Maßnahmen jetzt vorzuziehen.
Diesbezüglich, aber auch hinsichtlich der folgenden Vorschläge der Fraktion DIE LINKE gilt, dass Schnellschüsse nicht opportun sind. Generell braucht der Rettungsdienst mehr Personal. Das gilt vor allem auch für die Leitstelle und die leider wieder anwachsenden Wartezeiten bei der Notrufannahme. Die Einforderung eines Masterplans ist richtig. Nichts anderes fordern wir seit vielen Jahren im Innenausschuss, wenn wir die Novellierung des Rettungsdienstgesetzes und die vollständige Umsetzung des Strategiepapiers anmahnen. Hier muss der Senat handeln und darf sich nicht länger mit vorgeschobenen Argumenten herausreden.
Andernfalls spielt der Senat mit der Sicherheit der Hamburgerinnen und Hamburger.
Liebe Kollegen der LINKEN, die Ihrem Antrag zugrundeliegende Kritik ist in vielen Teilen richtig. Auch Teile Ihrer Forderungen finden unsere Unterstützung. Es wäre jedoch zielführend, die Novellierung des Rettungsdienstes nicht als Stückwerk anzugehen. Ihr Antrag fällt daher leider ein bisschen in die Kategorie "Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht". Darum wollen wir im Innenausschuss in der Tat an diesem Antrag arbeiten, und wir wollen es zügig tun, das heißt, noch in diesem Jahr beginnen und noch in dieser Amtsperiode abschließen.
Wir erwarten vom Senat, dass er die Sicherheit der Hamburgerinnen und Hamburger ernst nimmt und die dringend notwendigen Reformen bei der Feuerwehr nicht aussitzt oder nur in unzureichenden Teilschritten angeht. Es ist jetzt Zeit zu handeln – es geht um Menschenleben – und das sollten wir gemeinsam tun. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt eigentlich selten den Fall – das sage ich hier ungern, Herr Dr. Schäfer –, dass ich dem wenig hinzufügen kann, was Sie gesagt haben. Mir ist noch einmal wichtig zu betonen, dass wir uns im Ziel einig sind. Wir wollen unbürokratische Lösungen haben, und wir wollen auch keine Lösungen haben, die an Gesetzestexten dahingehend festhaften, dass wir gerade Integrationsleistungen, die uns wichtig sind, an Formalien festmachen, die letztendlich nicht stimmen. Deshalb haben wir das gemeinsame Ziel, hier eine vernünftige Regelung zu finden. Ich finde es gut und richtig, dass wir heute gemeinsam diesen Antrag an den Innenausschuss
überweisen. Ich finde es aber manchmal genauso überflüssig, wenn wir vor einer Innenausschussdebatte, also bevor wir uns gemeinsam mit einem Thema wirklich befassen, uns hier stundenlang noch einmal gegenseitig erzählen, wie sicher wir alle sind oder wie schlecht wir alle sind. Wir überweisen diesen Antrag jetzt, und dann werden wir gemeinsam an einer guten Lösung im Innenausschuss arbeiten.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will einige Äußerungen, die im Laufe der Debatte gefallen sind, zum Anlass nehmen, noch einmal einiges richtigzustellen. Damit meine ich nicht den Ausspruch des Innensenators, dass dieser Senat sich in der Tradition von Rosa Luxemburg versteht – das mag so hingenommen werden –; es geht um andere Sachen.
Ich fange bei Herrn Hackbusch an. Herr Hackbusch, Sie haben vehement eingefordert, es müsse Kritik an der Polizei geäußert werden dürfen. Aber natürlich, das ist in einem Rechtsstaat selbstverständlich. Wir reden aber nicht über Kritik, wir reden zum Teil über Verleumdung, und Verleumdung ist eben nicht akzeptabel, sehr verehrte Kollegen der LINKEN.
Frau Möller, wenn Sie sagen, die Bannmeile sei richtig, gleichzeitig aber davon reden, dass dort billigend in Kauf genommen worden sei, eine Ordnungswidrigkeit zu begehen – das sei ja eine kleine, unwesentliche Regelverletzung –, dann ist das eben nicht in Ordnung.
Gerade weil wir als Parlament aufgerufen sind, einen Großteil der Regeln, die in dieser Gesellschaftsordnung gelten, festzulegen, sind wir auch die Allerersten, die damit umgehen müssen. Wir müssen darauf achten, dass wir selbst uns an diese Regeln halten, und das gilt nicht nur für unser Tun, es gilt auch für das, was wir sagen. Ich kann deswegen diese Verniedlichung überhaupt nicht akzeptieren. Ich halte das für einen schrägen Ausdruck, das ist nicht akzeptabel.
Zu dem Vorwurf, unser Thema sei zusammengewürfelt, muss ich schon sagen, dass einige Kollegen die bewundernswerte Gabe der selektiven Wahrnehmung haben. Wir stehen hier doch vor einer sehr langen Reihe von Vorkommnissen, einer Reihe, die vor fast drei Jahren mit dem OccupyCamp begann, das über ein Jahr lang vollkommen ohne jede Reaktion der Öffentlichkeit Regeln verletzen durfte.
Fast zwei Jahre lang durften die Zeltbewohner auf einem öffentlichen Platz campieren, wie es ihnen gefiel. Kein anderer Hamburger Bürger darf das, wir haben also selbst unsere Regeln außer Kraft gesetzt. Sie sagen, das sei irgendwie hinnehmbar, genauso hinnehmbar wie die Ordnungswidrigkeit auf dem Rathausplatz – das finde ich schon eigenartig. Es setzt sich fort im Umgang mit den sogenannten Lampedusa-Flüchtlingen, die auch lange Zeit akzeptiert wurden à la lassen wir sie mal laufen. Nein, auch hier hätte man – und das ist ein Vorwurf an den Senat – deutlicher und früher sagen müssen, dass das Rechtsstaatsprinzip gilt. Wenn Senator und SPD-Fraktion jetzt deutlich machen, dass das Angebot letztmalig am 30. Juni gilt, dann haben Sie auch hier die Regeln erneut weit gedehnt. Es hat natürlich auch etwas damit zu tun, wie mit den Abgeordnetenbüros als Ausdruck unserer parlamentarischen Demokratie umgegangen wird. Wenn Abgeordnetenbüros von Kolleginnen und Kollegen, die bewusst in Stadtteile gehen, die nicht Wellingsbüttel heißen, also wo es schwierig ist – nichts gegen Wellingsbüttel –, nicht nur einmal, sondern inzwischen dreizehnmal systematisch zerstört werden, dann wollen doch Menschen in dieser Stadt ausdrücken: Das sind für euch Politiker, für euch gewählte Abgeordnete No-go-Areas. Das können und wollen wir nicht akzeptieren. Das kann nicht der Weg sein, den wir gemeinsam beschreiten wollen.
Wir haben in der Bürgerschaft schon häufig über Regeln und ihre Anwendung debattiert. Regeln sind kein Ausdruck einer irgendwie fehlgeleiteten, altertümlich-bürgerlichen Gesellschaftsform. Wir brauchen Regeln, um unser gemeinsames staatliches Zusammenleben organisieren zu können, um Minderheiten und – zu Recht – auch Mehrheiten zu schützen. All das kann nur funktionieren, wenn wir Regeln aufstellen und diese dann auch selbst glaubwürdig vertreten. Wir haben aber die Regeln an vielen Stellen nicht glaubwürdig vertreten, das muss ich dem Senat deutlich sagen. Das ist ein roter Faden, der sich durchzieht und sich bei bestimmten Themen immer wieder zeigt.
Wir müssen alle gemeinsam darauf achten, dass die Regeln, die wir selbst aufstellen, zu allererst von uns selbst eingehalten werden. Nur dann werden wir in der Lage sein, den Menschen glaubwürdig und im Sinne dessen, was die Präsidentin eben dargestellt hat, entgegenzutreten. Nur so wird es funktionieren.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schön, wenn man nach vorne kommt und zumindest Herr Ritter schon weiß, was man sagen möchte.
Ob Sie sich am Ende meiner Rede noch freuen, Herr Ritter, da bin ich mir nicht ganz so sicher.
Ich will es deutlich machen: Wir werden diese beiden Anträge ablehnen. Ich werde mich bei vielen Dingen auf das beziehen, was der Kollege Schäfer eben gesagt hat, aber ich will zwei Aspekte herausheben, die mir sehr wichtig sind. Erstens finde ich es sehr interessant zu sagen, die Sachargumente stimmten nicht mehr, weil einige andere Bundesländer es jetzt machten. Wer sich das einmal anschaut, der wird feststellen, dass dort, wo es jetzt zu einer Art von Umsetzung kommt, wir in der Regel Koalitionsregierungen haben und es einen kleinen Koalitionspartner gibt, der mit Vehemenz genau das fordert. Das ist eines der Themen, wo man als größerer Koalitionspartner gern einmal sagt: Na gut, geben wir denen eine Spielwiese. Das hat überhaupt nichts damit zu tun, dass man der Auffassung ist, dies sei nun sachlich gefordert oder notwendig. Deshalb sage ich deutlich, dass wir in Hamburg, egal, was die Kollegen in Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg oder sonst wo tun, an unserer ganz persönlichen Auffassung als CDU-Fraktion nicht rütteln, und diese besagt eindeutig, dass die Argumente weiterhin gültig sind. Daher werden wir uns diesem Verfahren nicht nähern.
Zweitens: Bei den Darstellungen von Frau Schneider, die versucht hat, einen kleinen pseudohistorischen Abriss zu geben über all das, was hier passiert ist,
habe ich das Gefühl gehabt, dass sie einen Teil unserer Staatslehre nicht begriffen hat. Wir leben hier nicht in einem Staat, der aus zwei Säulen besteht, also Staat und vielleicht noch Gesetzgebung und im Übrigen macht die Obrigkeit, was sie will. Wir haben noch eine dritte Säule in diesem Staatswesen, das ist unsere Rechtssäule. Wir leben in einem Rechtsstaat, und ich habe nicht den Hauch eines Zweifels, dass dieser Rechtsstaat funktioniert. Ich käme niemals auf die Idee, irgendeine Art von Pseudokommission einzusetzen und zu sagen, Staatsanwaltschaften und unabhängige Gerichte, das sei alles falsch, aber so eine Kommission hier einzusetzen, das sei der richtige Weg. Es ist nicht der richtige Weg. Wir haben Vertrauen in diesen Rechtsstaat, und dieser Rechtsstaat funktioniert. Er funktioniert natürlich auch dann, wenn Polizeibeamte Straftaten begehen. Das ist richtig und gut so, genau das brauchen wir und nichts anderes.
Ihr Antrag ist geprägt von einem tiefsitzenden Misstrauen gegenüber der Polizei.
Das atmet dieser ganze Antrag. Das überrascht uns auch überhaupt nicht, weil das Ihre Grundauffassung ist. Diese Grundauffassung teilen wir nicht. Wir wissen, dass wir eine engagierte und gute Polizei haben. Wir wissen, dass es natürlich immer passieren kann, dass auch da etwas schiefgeht, und wenn das so ist, dann haben die Bürger dieser Stadt ein tolles Rechtssystem, mit dem sie genau in dem Moment vorgehen können. Daran brauchen wir nicht herumzuwerkeln und das müssen wir nicht verändern. Das funktioniert, und deshalb sind diese beiden Anträge leider nicht nur zum falschen Zeitpunkt gestellt, sondern gehen in der Sache auch vollkommen in die falsche Richtung. Wir werden diesen Anträgen nicht zustimmen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In vielen Punkten will ich an das anknüpfen, was Herr Dr. Schäfer gesagt hat. Diese Debatte ist eine der Debatten, bei denen man verleitet ist, auf die vielen Redebeiträge der Vergangenheit zu verweisen, insbesondere dann, wenn kein neues Argument vorgetragen wird. Alles das, was eben gesagt wurde, ist bereits seit vielen Monaten auf dem Tisch, und es ist auch vom Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestags kein Argument gekommen, das wirklich neu ist.
Neu sind immer wieder mal die Behauptungen der Kollegen in diesem Hause. Ich muss ganz offen sagen, Frau Schneider, ich wundere mich über einen Satz wie den, dass Hamburg Wiedergutmachung leisten müsse. Offensichtlich haben wir eine sehr unterschiedliche Wahrnehmung über das, was in dieser Stadt stattfindet. Ich sage Ihnen offen als gewählter Abgeordneter dieser Stadt, dass ich, wie viele andere Kollegen in diesem Hause auch, stolz bin auf das, was die Hamburger zurzeit in dieser Stadt leisten. Wir nehmen in Deutschland und in Hamburg eine unglaublich große Menge an Flüchtlingen auf, viel mehr als andere europäische Staaten es im Verhältnis zu ihrer Einwohnerzahl tun. Wir mögen vieles tun müssen, aber wir haben ganz bestimmt nicht die moralische Pflicht irgendjemandem gegenüber, eine Wiedergutmachung zu leisten. Hamburg ist zurzeit vorbildlich.
Sie führen immer wieder das Beispiel der SyrienFlüchtlinge an. Das ist ein Beispiel, das nicht einmal ansatzweise passt; Herr Dr. Schäfer hat schon auf das Verfahren hingewiesen. Es kommt kein Flüchtling aus Syrien mit einem entsprechenden Visum in dieses Land, der nicht vorher in Syrien dafür eingeteilt worden ist, und zwar auf Basis dieses 5000er-Kontingents. Das wird vorher geprüft, das ist der entscheidende Unterschied. Ich bleibe dabei, auch nach all den Debatten, die wir schon
geführt haben: Es gibt kein Gruppenmerkmal, das wir diesen Menschen aus Lampedusa zubilligen können. Das ist nicht dieselbe politische Gruppe. Deswegen passt der Vergleich nicht, nicht einmal ansatzweise.
Ich will einen Gedanken fortspinnen, den Herr Dr. Schäfer aufgeworfen hat. Wir reden hier immer wieder über Gerechtigkeit, auch über Gerechtigkeit im Verfahren. Ich gebe Herrn Dr. Schäfer ausdrücklich recht: Es kommen Menschen zu uns, die in ihren Herkunftsländern derzeit so bedroht sind, dass nicht der Hauch einer Chance besteht, dorthin sicher zurückkehren zu können. Gleichzeitig reden wir über eine Gruppe, sofern wir sie so nennen wollen, die aus Menschen besteht, die – wir haben in den Schriftlichen Kleinen Anfragen, die wir gelegentlich zu dem Thema stellen, auch einmal die Herkunftsländer erfragt – zur Hälfte aus Ghana kommen. Das ist ein absolut sicheres Herkunftsland. Es gibt keinen Grund, nach Ghana nicht wieder zurückgehen zu können. Und dann so zu tun, als könnten wir diese Menschen mit Menschen gleichstellen, die aus Afghanistan kommen, aus Tschetschenien oder anderen Ländern, finde ich schlichtweg nicht anständig.
Wir bleiben dabei: Die 23er-Lösung ist für diese Männer keine Lösung, weil sie eben nicht eine Gruppe in diesem Sinne bilden. Diese Menschen haben, wie ich finde, weiterhin die Verpflichtung, sich dem Senat gegenüber zu offenbaren.
Und dem Senat sage ich deutlich: Man kann das Problem nicht durch Stillhalten lösen. Wir haben Angebote gemacht; die Mehrheitsfraktion hat das sehr großzügig formuliert. Sie haben den geltenden Rechtsrahmen sehr großzügig ausgelegt, aber jetzt muss auch irgendwann einmal das Bekenntnis kommen, dass die Rechtslage in Deutschland klar ist und dass diejenigen, die sich bisher nicht offenbart haben, genauso nach unserer geltenden Rechtslage behandelt werden wie alle anderen auch, und dass es keine Extrawürste mehr gibt. Dieser Verantwortung muss sich der Senat stellen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will
es ganz kurz machen. Ich finde, heute haben wir das selten klarer herausgearbeitet als in vielen bisherigen Debatten, insbesondere auch die Unterschiede zwischen dem, was die Kollegen der GRÜNEN und LINKEN wollen und zwischen dem, was SPD und FDP und auch meine Fraktion deutlich machen. Es geht Ihnen nicht wirklich darum, eine Lösung zu finden für diese Gruppe, wie auch immer sie zusammengesetzt ist. Es geht Ihnen um eine Generaldebatte, nämlich darum, dass Sie das Individualasylrecht abschaffen und letztendlich ein Gruppenasylrecht haben wollen.
Ich sage Ihnen ganz offen, dass wir genau das nicht wollen. Wir halten es für eine große Errungenschaft unseres Grundgesetzes, dass wir dieses Individualasylrecht als Grundrecht verankert haben.
Das wollen wir erhalten. Sie sind dabei, diese Ihnen nicht genehme Individuallösung, bei der jeder Einzelne seine ganz persönliche Geschichte darstellen und seine persönlichen Fluchtgründe schildern muss, abzuschaffen. Sie wollen eine Gruppenlösung herbeiführen, bei der irgendeine politische Mehrheit sagt, welche Gruppe sie denn einmal haben wolle. Das ist genau das, was diese beiden Lager voneinander unterscheidet, und das haben Sie heute sehr, sehr deutlich gemacht.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gehört zu den Gestaltungsrechten jeder Fraktion in diesem Hause, die Themen für die Aktuelle Stunde selbst anzumelden, selbst zu formulieren und zu gestalten. Das ist so, das wollen wir auch nicht ändern, aber nicht jede Anmeldung ist geglückt, und die heutige Anmeldung, das will ich Ihnen in aller Ernsthaftigkeit und Deutlichkeit sagen, finde ich unerträglich.
Frau Bekeris hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um eine wirkliche Tragödie handelt, sowohl für die Menschen, die umgekommen sind, und ihre Familien als auch für alle anderen Verletzten und im Übrigen auch, ohne dass ich dabei aus dem Täter ein Opfer machen will, für diesen 13-jährigen Jungen, denn bei dem Lebenslauf, der sich mir über die Presse erschließt, kann ich nur sagen, dass das tragische Umstände sind. Und solche tragischen Umstände sollten wir in diesem Hause nicht zum Anlass nehmen, alte Politikdebatten, die wir nahezu jedes Mal führen, wieder aufzuwärmen und ihnen einen Stempel für unsere parteipolitischen Geschäfte aufzudrücken. Das geht nicht, das darf nicht sein.
Wenn Sie Fragen haben – die haben Sie formuliert und sogar schon als Schriftliche Kleine Anfrage eingereicht –, dann ist es das gute Recht, das Kontrollrecht einer jeden Fraktion und eines jeden Abgeordneten, diese Fragen einzureichen und vom Senat beantwortet zu bekommen. Man kann auch gerne über nicht ausreichende Antworten in einem Ausschuss reden, all das ist möglich. Aber wenige Tage nach einem solchen Unglück ein solches Thema hier anzumelden, zeugt aus meiner Sicht von einer absoluten Unsensibilität und auch davon, dass Sie eigentlich gar nicht den Fall beachten möchten, sondern weiterhin Politik in dieser Art und Weise betreiben möchten. Das werden wir nicht mitmachen. Meine Fraktion wird sich an einer weiteren Debatte nicht beteiligen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nichts ist schöner, als 25 Minuten vor Beginn eines für viele Kollegen wichtigen Fußballspiels vor vollen Tribünen in diesem Hause noch einmal reden zu dürfen. Ich glaube aber, ich habe noch reichlich Redezeit, insofern kann ich mir die Freude machen. Aber das werde ich nicht tun.
Wir haben vor drei Wochen eine sehr intensive Debatte geführt über die Vorkommnisse, die wir am Ende des letzten Jahres erlebt haben. Wir haben gemeinsam darüber gestritten, wie Gewalt in dieser Stadt ausgeübt worden ist und wie wir als Bürgerschaft darauf rekurrieren müssen, wie wir mit den Menschen, die für unseren Staat in dieser Gesellschaft stehen, die unsere Rechtsordnung schützen können, nämlich Polizeibeamte, Feuerwehrbeamte und andere, umgehen können. Wir haben ihnen in vielen Reden gemeinsam unseren Respekt ausgedrückt, aber, liebe Kollegen, das kann nicht alles gewesen sein. Wir müssen gemeinsam daran arbeiten, dass dieser Respekt sich nicht nur in irgendwelchen Sonntagsreden niederschlägt, sondern dieser Respekt muss sich auch in
konkretem Handeln und einzelnen Taten jeden Tag und jede Woche zeigen.
Viele Innenpolitiker waren heute Morgen bei dem Gewerkschaftstag der DPolG, und am Ende dieses Gewerkschaftstages wurde eine Umfrage der größten Hamburger Polizeigewerkschaft vorgestellt, bei der herauskam, dass 70 Prozent der Polizeibeamten in dieser Stadt der Auffassung sind, dass dieser Senat nicht genug für sie tun würde. Ich glaube, das müssen wir ernst nehmen. Wir sollten nicht nur darüber reden, was die Polizeibeamten von uns als moralische Stütze erwarten dürfen, sondern wir müssen mit ihnen gemeinsam über die konkreten Probleme reden, und das sind viele.
Wir haben in diesem Antrag 15 Punkte aufgelistet, die aus vielen Gesprächen mit Polizeibeamten in den letzten Wochen entstanden sind. Das sind sehr verschiedene, große, wichtige und strukturelle Punkte. Ich nenne ganz bewusst gerade die Frage der Überstunden, die jetzt zwar wieder einmal vom Senat gelöst wird – da will ich gar keinen Vorwurf machen –, indem eine Summe auf den Tisch gelegt und gesagt wird: Liebe Kollegen der Polizei, seid ruhig, wir haben doch jetzt bezahlt und es reicht jetzt. Das wird auf Dauer nicht genügen, das wissen wir. Wir können Polizeibeamte nicht zu Bittstellern machen, wenn wir irgendwo Haushaltsreste haben, sondern wir müssen versuchen, ihnen Perspektiven zu geben. Wir brauchen langfristige Modelle, die dafür Sorge tragen, dass die erhebliche Mehrarbeit von Polizeibeamten, die regelhaft zwischen 700 000 Stunden und 1 Million Stunden schwankt, vernünftig ausgeglichen wird. Das braucht mehr als ein paar Euro, die wir bei Bedarf auf den Tisch legen.
Der Senat hat auf den Druck der Polizeibeamten und der Gewerkschaften in dieser Stadt reagiert. Er hat die Mahnwachen dann doch ernst genommen und sehr plötzlich, nachdem all das vorher nicht möglich war, 10 Millionen Euro auf den Tisch gelegt und gesagt, nun hätte man alle Probleme gelöst. Natürlich freut sich jeder Polizeibeamte in dieser Stadt darüber, dass diese 10 Millionen Euro das eine oder andere Problem im Jahr 2014 lösen werden. Aber wie es dann 2015 weitergeht, wie es zum Beispiel weitergeht mit einem Beförderungssystem, das wir zwar finanzieren können für diejenigen, die jetzt dran sind und schon lange darauf warten, aber wie wir 2015 und 2016 all diese Ausgaben erfüllen können, ist unklar. Darüber müssen wir uns strukturelle Gedanken machen.
Wir haben für uns nicht in Anspruch genommen, dass die Liste abschließend ist. Es gibt bestimmt viele andere Dinge, die von den Betroffenen, den Gewerkschaften und den Polizeibeamten und -beamtinnen in dieser Stadt noch genannt werden.
Dafür wäre es wichtig, liebe Kollegen der SPD, wenn Sie selbst einmal den Mut hätten zu sagen, dass wir im Innenausschuss darüber reden und gemeinsam die Diskussion führen werden, um darüber nachzudenken, welche Lösungen machbar sind.
Dazu will ich Ihnen von meiner Fraktion aus ein Stückchen die Hand reichen. Das sind durchaus Dinge, die nicht im Streit gelöst werden müssen, sondern da sollten Demokraten und die Fraktionen, die wirklich in dieser Stadt dafür stehen, den Polizeibeamten den Rücken zu stärken, auch Gemeinsamkeiten entwickeln. Umso bedauerlicher finde ich es – nicht nur, weil wir uns dann diese Debatte hätten ersparen können –, dass die SPDFraktion einen solchen Antrag, der elementare Wünsche der Hamburger Polizeibeamten auflistet, noch nicht einmal für eine Ausschussdebatte vorsieht. Ich finde das kleinkariert und ein bisschen ärmlich. Offensichtlich haben Sie nicht den Mut, diese Probleme gemeinsam mit uns zu diskutieren. Sie haben nicht die Kraft, sich Lösungen anderer Fraktionen anzuhören. Das finde ich bedauerlich. Noch bedauerlicher ist dies aber für die 10 000 Bediensteten der Hamburger Polizei, die jetzt wiederum keine Lösungsvorschläge von Ihnen erwarten dürfen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will mit dem Schlusssatz des Kollegen Münster anfangen. Lieber Herr Kollege Münster, Sie sollten sich die Reden des Kollegen Wersich zu Hause ausdrucken. Sie brauchen verdammt viel Belehrung bei Ihrer Art von Politik, die Sie in Hamburg machen.
Ich finde es faszinierend, über welche Themen wir momentan reden. Angesichts einer Welle der Gewalt, wie wir sie vor Weihnachten erlebt haben, fangen wir nun an, wieder neue Flüchtlingsdebatten zu führen oder über Gentrifizierung zu reden. Mir ist wichtig, dass wir in der Stadt über diese Art von Gewalt reden, die die Menschen getroffen hat, die tagtäglich draußen stehen und für uns und unser Werte- und Rechtssystem ihren Kopf hinhalten. Diese Debatte müssen wir führen und wir müssen sie auch darüber, wie die Gewalt angelegt worden ist, liebe Kollegen gerade von der LINKEN. Sie erwecken ein bisschen den Eindruck, dass es Menschen gab, die friedlich demonstrieren wollten und dann auf einmal dort hineingeraten sind. Es gab Menschen, und zwar viele Hunderte bis Tausende, die am 21. Dezember angereist sind und die bewusst Gewalt ausüben wollten. Das waren keine Menschen, die politische Probleme diskutieren wollten, die wollten Gewalt ausüben. Sie hatten Mittel dafür dabei und sind mit elf Reisebussen aus ganz Deutschland und dem Ausland angereist. Das sind keine friedlichen Diskutanten, das sind Gewalttäter, die unsere staatliche Ordnung mit Gewalt beseitigen wollen.
Die Leidtragenden waren in allererster Linie die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in dieser Stadt, denen in den Tagen um die Weihnachtsfeiertage herum eine unglaubliche Brutalität entge
gengebracht wurde, Menschen, denen ein Stein ins Gesicht geworfen worden ist. Da geht es nicht mehr um irgendwelche Kleinigkeiten, da geht es um die bewusste Ausübung der Gewalt zum Zwecke, einen anderen Menschen auch zu töten. Das müssen wir so auch einmal benennen und sagen.
Dann kommen wir zu der Frage, lieber Herr Innensenator, was denn eigentlich der Senat getan hat. Sie haben sich heute hingestellt und gesagt, Sie seien stolz darauf, wie die Bürger in dieser Stadt hinter der Polizei stünden. Das bin ich auch. Aber, lieber Herr Neumann, viele Bürger haben in den letzten Tagen gerade deshalb ihre Solidarität bekundet, weil sie das Gefühl haben, dass der Senat dieser Stadt nicht hinter der Polizei steht, dass der Senat die Polizei in den letzten Wochen und Monaten zum größten Teil allein gelassen hat.
Wer sich Anfang Dezember in der öffentlichen Anhörung des Innenausschusses angehört hat – und die Kollegen können das jetzt nachlesen, weil wir seit gestern das Wortprotokoll haben –, was die Vertreter der Gewerkschaften dort in einer unheimlichen Deutlichkeit über den Zustand der Hamburger Polizei, über die tiefe Frustration, über das tiefe Maß an Unzufriedenheit darüber, wie der Senat mit der Hamburger Polizei umgeht, gesagt haben, der weiß, wie es um die Polizisten steht. Und der weiß auch, wie sehr die Damen und Herren von der Polizei sich verlassen fühlen.
Jetzt hören wir vom Senat, man habe gelernt. Beförderungen machen wir, wir packen schnell noch einmal 10 Millionen Euro aus. Jetzt gibt es das alles obendrauf.
Vor wenigen Wochen hat dieser Innensenator die Bitte der Gewerkschaften, die Unterschriften von zweieinhalbtausend Polizeibeamten übergeben zu dürfen, die ein solches Beförderungsmodell gefordert haben, trotz Anwesenheit des Senators in der Innenbehörde abgelehnt. Da gab es noch nicht einmal Gesprächsbereitschaft. Und dieser Senat stellt sich dieser Tage hin und sagt, mit 10 Millionen Euro habe er alle Probleme in der Hamburger Polizei gelöst. Das stimmt nicht, das ist der falsche Weg, liebe Kollegen der SPD.
Wer nicht erkennt, dass die Polizeibeamten in dieser Stadt sich nicht mehr ausreichend vertreten fühlen von diesem Senat und dass das nicht mit einmalig 10 Millionen Euro zu regeln ist, der hat das Problem nicht erkannt. Wir brauchen an vielen,
vielen Ecken strukturelle Problemlösungen und nicht mal eben 10 Millionen Euro zwischendurch. Und dazu gehört eben auch eine klare Führung.
Herr Neumann, nach Ihren Worten haben Sie sich bei der Frage der Gefahrengebiete nachträglich dazu bereit erklärt, das zu akzeptieren. Wir können nachher über Gefahrengebiete rauf und runter diskutieren und werden eine Menge unterschiedlicher Meinungen hören, aber es geht nicht, dass bei einer so schwerwiegenden Maßnahme, die massiv in die Grundrechte eingreift, die Politik den Eindruck erweckt, das sei ein Verwaltungsakt. Das ist formal richtig, aber glauben Sie wirklich, dass die Menschen in dieser Stadt Ihnen glauben, ein Innensenator sei bei einer solchen Frage nicht beteiligt gewesen?
Entweder wollten Sie es nicht sein, weil Sie sich davor gefürchtet haben, diese Entscheidung zu treffen, oder aber die Struktur ist inzwischen so an Ihnen vorbei geartet, dass weder Sie noch der Polizeipräsident wissen, was dort eigentlich getan wird.
Dazu passt auch die bemerkenswerte Antwort auf eine Frage in einem Interview, die Sie vor einigen Wochen gegeben haben. Eine große Zeitung fragte: Herr Innensenator, wie sieht es aus mit dem Polizeipräsidenten – wir wissen alle, dass er in absehbarer Zeit das Pensionsalter erreicht –, wie lange ist dieser Mann noch Polizeipräsident in einer für die Polizei fast existentiellen Krisenlage? Antwort des Innensenators: Der Präsident ist so lange Präsident, wie er Präsident ist. Klarer hätten Sie die Gelegenheit nicht wahrnehmen können, unseren Polizeipräsidenten ins Abseits zu stellen. Das ist keine Führung, das heißt, unsere Polizei steht alleine da – nichts anderes.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt immer wieder interessante Anträge, und ich habe schon viele in diesem Hause gesehen. Aber dieser Antrag der Kollegen aus der SPD-Fraktion – vier Seiten sehr defensive Prosa, die in der Diktion allerdings eher einer Presseerklärung ähneln,
um dann in einem zwei Zeilen langen Antrag zu münden – zeigt recht gut, mit welcher Problematik wir uns auseinanderzusetzen haben: Es wird viel geredet und wenig verstanden. Wir alle sind emotional beteiligt, wissen aber – und das gilt zumindest für die breite Öffentlichkeit – wenig über das, was hier eigentlich passiert.
Wir sollten die Debatte deshalb in zwei Bereiche unterteilen.
Wir sollten einmal über die Instrumente reden, die uns zur Verfügung stehen, und wir sollten in einem zweiten Teil darüber reden, wie diese Instrumente vom jetzigen Senat angewandt worden sind. Es wird Sie vielleicht nicht überraschen, aber wir bekennen uns als CDU-Fraktion zu diesem gesetzlichen Instrument. Wir sind stolz darauf, dass wir dieses sinnvolle und notwendige Instrument 2005 während der CDU-Alleinregierung eingeführt haben, weil wir es in Hamburg für die Innere Sicherheit zum Schutz vor Kriminalität und Gewalt dringend brauchen.
Da wir in einem Rechtsstaat leben, in dem wir nicht nur durch das Parlament Gesetze erlassen, sondern eben auch Gerichtsentscheidungen über solche Gesetze haben, ist dieses zwar noch nicht rechtskräftige Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg wichtig, weil es nämlich die durchaus entscheidende Frage angesprochen hat, dass die Verfassungskonformität dieses Gesetzes gegeben ist. Es gibt keine grundsätzlichen Zweifel daran, dass man ein solches Gesetz als Gesetzgeber der Stadt Hamburg erlassen darf; das müssen wir klar und deutlich feststellen. Wir sind auf einem legalen Weg. Niemand hat in einer nicht verfassungskonformen Art und Weise Grenzen ausgelotet. Wenn Sie das meinen, ist das eine politische Auffassung, aber keine rechtliche. Das muss man einmal deutlich feststellen.
Wir haben dieses Gesetz in den letzten Jahren durch die verschiedenen Senate immer wieder angewandt, und das nicht nur bei irgendwelchen großen Demonstrationen oder den letzten Schanzenfesten und dem, was drumherum passiert, sondern auch bei ganz banalen Einsätzen. Einer der letzten Einsätze über einen längeren Zeitraum war im Flora-Park, wo wir massive Drogenprobleme gehabt haben und der Senat nach einigem Anschubsen durch die Opposition bereit gewesen ist, in einem sehr kleinen Bereich ein Gefahrengebiet auszuweisen, damit die Polizei in der Lage ist, dort auch tagsüber sinnvoll einzugreifen.
Und wir waren damit hoch erfolgreich, Kollege Ritter.
Wir brauchen diese Instrumente zur Verbrechensbekämpfung und zur Vorsorge in Hamburg also unbedingt; daran kann es keinen Zweifel geben.
Deshalb werden wir als Union auch weiterhin zu dieser Gesetzesthematik stehen.
Kommen wir zum zweiten Teil, der konkreten Anwendung. Zunächst aber noch ein Satz zu Frau Möllers Ansinnen, wir müssten ein Instrument schaffen, um uns als Parlament hier einschalten zu können. Ich sage Ihnen ganz offen, dass ich das nicht so sehe. Wir als Parlament verabschieden Gesetze, und dann haben wir eine Exekutive, die dafür da ist, diese Gesetze auszuführen. Dafür trägt sie die Verantwortung und dafür können wir sie politisch zur Verantwortung ziehen. Und wir haben eine dritte Gewalt in diesem Staat, die genau das tut, was sie tun soll: Sie überprüft die Ausführung der Gesetze. Das hat sie zum Beispiel mit dem noch nicht rechtskräftigen Urteil aus dem Jahr 2012 über die Anwendung von Gefahrengebieten im Jahr 2011 getan. Wir haben also ein funktionierendes System, das müssen wir deutlich feststellen. Es gibt keinen Grund, warum das Parlament als Gesetzgeber auf einmal die Rolle wechseln sollte hinüber zur Exekutive. Wir wollen hier nicht exekutiv handeln, das ist Aufgabe und Verantwortung des Senats.
Ich bin mir sicher, dass wir in den nächsten Wochen und Monaten – vielleicht wird es bei einem solch komplexen Fall auch Jahre dauern – verwaltungsgerichtliche Entscheidungen bekommen werden zu dem, was der Senat gemacht hat. Am Ende werden wir klüger sein, was die rechtliche Anwendung betrifft. Ich will aber für meine Fraktion deutlich sagen, dass ich den Grundgedanken des Senats nachvollziehen kann, sich nach einer derartigen Gewalteskalation in den Wochen vor und nach den Weihnachtstagen zu überlegen, welche Maßnahmen ergriffen werden können und müssen, um Polizeibeamte, Wachen, aber auch Gebäude und Menschen in den betroffenen Stadtteilen zu schützen. Ebenso wenig will ich verhehlen, dass sich auch mir die Frage stellt, ob diese Maßnahme in ihrer Anlage und Breite nicht ein bisschen zu weit gefasst gewesen ist. Das wird der Senat in den Prozessen, die wir voraussichtlich erleben werden, im Detail nachweisen müssen. Er wird aufzeigen müssen, welche Voraussetzungen er gesehen und welche Argumente er hat, und dann werden wir bei einer Gerichtsentscheidung sehen, ob das richtig oder falsch war.
Gewünscht hätte ich mir aber trotz alledem – und dieser Punkt ist mir wichtig – die Betonung, dass eine Entscheidung mit einer solchen Tragweite mehr als eine rein verwaltungstechnische Entscheidung ist.
Die nachträgliche Information eines Innensenators kann ich mir schwer vorstellen nach den Jahren, in denen ich als Abgeordneter der Regierungsfraktion miterleben durfte, wie Senate handeln. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Innensenator Ahlhaus oder Vahldieck es geduldet hätte, dass eine Ent
scheidung dieser Tragweite ohne Beteiligung der Behördenspitze gefallen wäre. Das kann und darf nicht sein, da müssen wir klare Strukturen schaffen.
Wir werden an diesem Gesetz weiterhin festhalten und den Antrag der Kollegen der GRÜNEN nicht mittragen. Dem Änderungsantrag der SPD mit seinen vier Seiten Vortext und dem kleinen Antragstext stimmen wir zu; er wird, ehrlich gesagt, nichts verändern. Von mir aus können wir gern über einen Bericht reden, aber wichtig ist, dass die Substanz dieses Gesetzes erhalten bleibt.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will es kurz machen. Wir haben uns vorhin ein wenig emotional darüber gestritten, wie denn die Entscheidungswege in der Innenbehörde bei der Einführung dieser Gefahrengebiete gelaufen sind. Ich habe die Aussage des Innensenators wohlwollend zur Kenntnis genommen, dass all das, was bisher von ihm zum Teil selbst in den Interviews gesagt wurde, offensichtlich nicht so zutraf. Ich habe durchaus zur Kenntnis genommen, dass er heute vor uns allen die politische Verantwortung für die Einrichtung dieser Gefahrengebiete übernommen hat. Das wird insbesondere bei den gerichtlichen Auseinandersetzungen, die noch kommen werden, interessant sein. Ich finde es richtig und gut, wenn führende Politiker dieses Senats auch die politische Verantwortung für solch schwierige Fragen übernehmen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das hat hier ein bisschen was von Jahreszeiten. Wir können Winter und Herbst danach definieren, wann bestimmte Debatten wiederkommen, und diese haben wir nicht erst einmal, sondern bereits zweioder dreimal geführt. Es gibt keine neuen Argumente, und deswegen werde ich mich bemühen, meine fünf Minuten nicht voll und ganz auszunutzen.
Für meine Fraktion will ich zum wiederholten Male deutlich machen, dass wir einem globalen, undifferenzierten Winter-Abschiebestopp nicht zustimmen werden. Ich bin voll und ganz der Meinung, dass wir humanitäre Lösungen dort brauchen, wo sie im Einzelfall geboten sind, sage aber auch ganz deutlich, dass Humanität nicht nur durch den Eingabenausschuss oder die Härtefallkommission ausgeübt werden kann. Ich gehe davon aus, dass jeder Entscheider in der Ausländerbehörde mit genauso viel Menschensachverstand ausgestattet ist,
eine solche Entscheidung in dem Sinne zu treffen. Davon bin ich fest überzeugt.
Frau Möller hat eben bereits darauf hingewiesen, was in Kiel passiert, und Herr Dr. Schäfer hat Niedersachsen erwähnt. Liebe Kollegen der GRÜNEN, man wird glaubwürdig, wenn man es dort, wo man Verantwortung trägt, auch richtig macht. In einem Bundesland in Deutschland regieren die GRÜNEN sogar: Baden-Württemberg. Nun fragen Sie einmal, was die Kollegen in Baden-Württemberg tun. Sie machen keinen solchen Abschiebestopp. Seien Sie mir nicht böse, aber daher finde ich Ihre Argumentation nicht sehr glaubwürdig. Wo Sie hätten handeln können, haben Sie es aus guten Gründen nicht getan.
Und deshalb sollten wir in Hamburg genauso verfahren.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Dr. Schäfer, ich schätze Sie sehr und ich schätze eigentlich auch den Kurs, den Ihre Fraktion – das habe ich auch häufig gesagt – und der Innensenator gefahren haben. Aber das war eben eine Pirouette mit Anlauf. Ich kann das Verhalten Ihrer Fraktion jetzt und Ihre Begründung, insbeson
dere nach der sehr erhellenden Zwischenfrage von Frau Möller, nicht mehr verstehen.
Wir haben diese Debatten über die Flüchtlingsfragen, über die humanitären Bleiberechte und das Gruppenbleiberecht bestimmt fünfmal geführt. Wir haben sie intensiv und emotional geführt, auf allen Ebenen. Wir haben sie in einer guten Ausschusssitzung geführt. Es gibt keine neuen Argumente, und es gibt auch keine neuen Tatsachen, die irgendetwas anders regeln. Es gibt übrigens auch nicht – das möchte ich sehr deutlich sagen – immer wieder irgendwelche Zusagen, die hier gemacht werden müssen, um die Rechtsstaatsgarantie darzustellen. In diesem Lande bedarf es keiner Zusage irgendeiner Regierung, dass wir rechtsstaatlich handeln; das tun wir immer. Und wir sollten auch gar nicht erst den Eindruck erwecken, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, dass wir so etwas zusagen müssen. Das ist nämlich Standard, und darüber bin ich froh und dankbar, dass wir das nicht tun müssen. Ich betone noch einmal, dass wir ein rechtsstaatliches Verfahren haben. Genau in dem befinden wir uns, und da gibt es links oder rechts nichts drüber nachzudenken.
Dieser Antrag hat wahrlich keine Begründung mehr für eine Ausschussüberweisung, wir haben die Argumente ausgetauscht. Wenn Sie sich jetzt doch in irgendeiner Art und Weise dem Gruppenasylrecht anschließen wollen, dann halte ich es für eine neue Tatsache, die wir definitiv nicht teilen. Wenn ich diesen Antrag bei diesen Argumenten, bei den Debatten, die wir geführt haben, und bei der Zwischenfrage eben von Frau Möller ernsthaft überweise, dann muss ich doch den Eindruck haben, dass wir natürlich darüber reden. Ich kann für meine Fraktion deutlich sagen, dass das nicht der Weg ist, den wir gehen wollen. Wir bleiben dabei: Es gibt nur ein rechtsstaatliches Verfahren, das jeden Einzelnen bewertet, und es gibt kein Gruppenrecht. Das muss klar und deutlich sein, und das, Herr Dr. Schäfer, haben Sie eben nicht deutlich gemacht.
In einem Punkt lag der Kollege Schäfer sehr richtig. Sie haben nämlich mit keinem einzigen Wort, lieber Kollege Kerstan, nur ein einziges Mal überhaupt begründet, was denn die gemeinsamen Merkmale sind, die genau diese Gruppe definieren. Was ist diese Gruppe denn? Dass es Gruppen gibt, für die Sie demonstrieren, ist kein Merkmal, ganz im Gegenteil. Wir haben doch in der letzten Woche im Innenausschuss darüber debattiert. Wir haben uns vom Innensenator berichten lassen über die Fälle, die bereits vorliegen, und wir haben interessante Erkenntnisse gewonnen. Das hat relativ wenig mit dem zu tun hat, was bisher in der Öf
fentlichkeit dargestellt wurde, und lässt sich noch viel weniger in ein Gruppenmerkmal bringen.
Es geht doch darum, dass wir Menschen mit einer einzelnen und persönlichen Fluchtgeschichte haben. Die muss bewertet werden, und danach werden die Ausländerbehörde, der Senat und alle beteiligten Verfahren in einem Rechtsstaat handeln. Nichts anderes passiert hier. Das müssen wir durch einen Bürgerschaftsbeschluss und durch eine weitere Debatte im Ausschuss nicht noch einmal neu darstellen.
Da hätte ich mir von der SPD ein klares und deutliches Signal gewünscht und nicht diese Art von Pirouetten,
die offensichtlich eher der Befriedigung Ihrer eigenen Fraktion dienen als dem, was Sie wirklich machen wollen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will es genauso kurz machen. Das Signal, das Sie heute Abend senden, liebe Kollegen der SPD-Fraktion, ist ein falsches. Ich glaube auch, dass Sie in der Tat nicht mehr den Mut haben, die eigene Meinung, die Sie in den letzten Wochen so konsequent vorgetragen haben, durchzuhalten. Seien Sie mir nicht böse, aber die Nicht-Teilnahme des Innensenators an dieser Sit
zung, der hier gehandelt hat, der die Verantwortung trägt, ist ein beredtes Zeichen dafür.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der gestern vorgestellte Landesaktionsplan ist ein wichtiger und beachtenswerter Schritt in die richtige Richtung. Ich will aber ein bisschen Wasser in den Wein gießen, den Frau Nitruch eben zum Teil enthusiastisch präsentiert hat. Es ist ein wichtiges Programm, und wir sind uns einig in der Zielsetzung, aber ich warne davon, dass wir uns nur noch selbst auf die Schultern klopfen, loben und sagen: Nun haben wir ein Programm aufgestellt, und die Gefahr von Rechtsextremismus ist beseitigt. Das wird nicht so sein. Die Verantwortung, die wir alle gemeinsam haben, diesem Phänomen entgegenzutreten, ist nicht mit dem Beschluss oder der Akzeptanz eines gemeinsamen Aktionsplans beendet. Ganz im Gegenteil, erst jetzt fängt unsere Arbeit an. Wir müssen sehen, dass wir mit den vielen Beratungseinrichtungen und Programmen häufig nur noch diejenigen erreichen, die schon in eine bestimmte Richtung gegangen sind und die wir wieder zurückholen wollen. Aber wir haben auch die Aufgabe und Pflicht, uns als Demokraten gemeinsam dagegen zu stellen, dass diese Art von Extremismus überhaupt auftreten kann. Das sollten wir zu allererst und zuvorderst als unsere Aufgabe ansehen.
Frau Nitruch hat ihren Beitrag eben mit dem Hinweis beendet, dass es sicher nicht falsch ist, dass mehr Geld da ist. Frau Nitruch, ein bisschen mehr Geld ist immer gut – zumindest, wenn es um solche Dinge geht. Aber Geld allein löst die Probleme nicht. Die Gleichung "Je mehr Geld, desto weniger Rechtsextremismus", die vielen vorschwebt, geht nicht auf. Wir brauchen einen gemeinsamen Konsens in dieser Gesellschaft.
Diesen Konsens brauchen wir aber nicht nur beim Rechtsextremismus. Bei allem gemeinsamen Bekenntnis, dass wir hier eine besondere Aufgabe im Sinne unserer geschichtlichen Verantwortung haben, müssen wir auch ein Wort dazu verlieren, dass generell jede Art von politischem Extremismus – erst recht dann, wenn er in Gewalt ausartet – in dieser Gesellschaft nicht akzeptiert werden kann. Es geht nicht nur darum, ein Programm gegen Rechtsextremismus zu entwerfen, sondern wir brauchen genauso ein Programm für diejenigen, die links motiviert sind,
Gewalt ausüben und andere Menschen bedrohen. Hier gibt es für mich keinen Unterschied.
Wir wollen Extremismus nicht generell in Abrede stellen, aber wir müssen deutlich sagen: Wer in dieser Demokratie Gewalt ausübt und meint, seine politischen Ziele mit Gewalt durchsetzen zu können, der muss von allen Demokraten geächtet werden. Wir brauchen daher auch dort diese politische Anstrengung. Ich hoffe, dass der Senat nicht nur in seinem Bemühen, den Rechtsextremismus zu bekämpfen, voranschreitet, denn wir brauchen ein Programm gegen politischen Extremismus von allen Seiten. Das ist unsere Forderung. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will relativ nahtlos dort ansetzen, wo Herr Dr. Schäfer eben aufgehört hat, denn auch ich muss feststellen, dass mir bei diesem Antrag ein bisschen der Glaube fehlt, dass die dort genannten Punkte irgendetwas mit einer Lösung zu tun haben, auch wenn er versucht, einen Lösungsansatz für sich in Anspruch zu nehmen. Man kann in der Tat über viele Felder der Flüchtlingspolitik in Europa reden, die wir anders und besser gestalten müssen. Ich glaube aber, dass Dublin III hierzu wesentliche Bestandteile beisteuert. Ich will noch einmal deutlich machen, dass der hier vermittelte Eindruck, Deutschland und allen voran Hamburg würde nicht ausreichend Verantwortung übernehmen, schlichtweg nicht zutreffend ist.
In Deutschland haben wir im vergangenen Jahr 80 000 Flüchtlinge aufgenommen. Wir können Ihnen heute schon sagen, dass wir im Jahr 2013 voraussichtlich eine Zahl um die 120 000 erreichen werden. Das ist viel Verantwortung, die wir, wie ich finde, auch in einer großen Gemeinsamkeit der Demokraten tragen. Es wird aber der Eindruck erweckt, dass gerade Italien unter der Last ächzt und stöhnt; man muss aber die Zahlen ein bisschen relativieren. In Deutschland kommen auf 1 Million Einwohner 946 Flüchtlinge, in Italien kommen auf die gleiche Einwohnerzahl 260 Flüchtlinge. Die Belastung in Italien ist eine völlig andere, und ich weiß momentan nicht, wie wir die humanitären Probleme durch eine andere Verteilung lösen wollen. Das ist kein Lösungsansatz.
Ich finde auch, dass insbesondere der Hinweis auf den Königsteiner Schlüssel spannend ist, denn noch vor ein paar Wochen – wenn wir uns einmal zurückerinnern – haben wir in diesem Hause Debatten über eine Problemlage geführt, die zum Teil aus diesem Königsteiner Schlüssel heraus erst entstanden ist, nämlich die Residenzpflicht. Das Ganze macht nur Sinn, wenn ich sage: Liebe Leute, wir verteilen euch, dann müsst ihr aber auch
dort bleiben. Wenn Sie also innerhalb Europas verteilen wollen, dann müssten Sie aber dafür sorgen, dass die Flüchtlinge auch in den entsprechenden Ländern bleiben. Wenn Sie das nicht wollen, dann brauchen Sie auch nicht umzuverteilen, denn dann gibt es Flüchtlingsbewegungen in Europa, die wir überhaupt nicht mehr kontrollieren können. Das Ganze ist kurz angedacht, aber das war es dann, ehrlich gesagt, auch. Dieser Antrag ist die Wiederverwertung von FDP-Anträgen aus dem Europäischen Parlament, denn daher kommt er.
Nun noch eine letzte Bemerkung: Frau Kaesbach hat als besondere Rechtfertigung dieses Antrags auf den Kollegen Schulz, den Präsidenten des Europäischen Parlaments, der momentan nicht müde wird, in jeder Fernsehsendung zu dem Thema aufzutauchen, hingewiesen. Er hat ein bemerkenswertes Interview gegeben, in dem er sich auch zu Flüchtlingsfragen geäußert und Vorschläge letztendlich in Richtung einer Kontingentlösung gemacht hat. Ich finde diesen Text deshalb interessant, weil er in diesem Interview permanent Größen miteinander vermischt. Einmal redet er von Flüchtlingen, im nächsten Moment von Asylbewerbern und stellt Kontingentlösungen in Aussicht. Wenn wir für Menschen, die eigentlich keinen Asylgrund haben, sondern aus wirtschaftlicher Not fliehen, Kontingentlösungen wollen und wir Einwanderung in Europa regulieren wollen, dann müssen wir darüber reden. Das können wir auch, nur dann müssen wir alle wissen, dass in dem Moment natürlich das Asylrecht, wie wir es in Deutschland kennen, arg gefährdet ist.
Ich sage deutlich: Das Asylrecht, das wir in Deutschland haben, das eine geschichtliche Entwicklung durchgemacht hat als direkte Konsequenz unserer Vergangenheit in der Zeit von 1933 bis 1945, kann für mich nicht zur Disposition stehen. Sie müssen sich genau überlegen, ob Sie wirklich diese Art von Lösung wollen, denn dann schaffen wir das Asylrecht faktisch ab.
Das finde ich den falschen Weg und den wollen wir nicht mitgehen. Wenn die Kollegen der SPD den FDP-Antrag im Innenausschuss debattieren wollen, um den Kollegen aufzuzeigen, wo die vielen inhaltlichen Mängel liegen, dann wollen wir gern unterstützend tätig sein. Ich sage Ihnen aber sehr offen, dass dies kein Antrag ist, dem wir beipflichten werden.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrter Kollege Hackbusch, die Gelegenheit zur Selbstkritik haben Sie gleich, und diese wäre mehr als angebracht.
Das ist wahrlich nicht die erste Debatte zu diesem Thema. Wir haben aufgeregte Diskussionen gehabt und Tage und Wochen erlebt, in denen diese Stadt aus vielerlei Gründen in Aufregung versetzt worden ist. Wenn wir irgendwann nach der Lösung der Probleme miteinander umgehen, dann sollten wir auch fragen, wer welche Rollen gespielt hat und uns selbstkritisch mit der Frage beschäftigen, inwieweit wir in der Politik Menschen gebrauchen, um Politik zu machen. Das ist das, was mich stört. Herr Dr. Dressel hat eben deutlich gesagt, dass es in diesem Verfahren immer wieder Momente gab, in denen man den Eindruck gewinnen konnte, dass es vielen Handelnden überhaupt nicht darum geht, die Schicksale dieser Menschen zu regeln,
sondern darum, Politik zu machen. Sie haben Menschen missbraucht. Das finde ich zynisch und politisch ekelerregend.
Nachdem ich letzte Woche die Kirche deutlich kritisiert habe, freue ich mich darüber, dass die Bischöfin ihre Rolle überdacht hat. Wir bewegen uns langsam wieder auf dem Boden, auf dem wir uns die letzten sechs Monate bewegt haben.
Ich finde es ein wenig überraschend, verehrter Kollege Dr. Dressel, dass Sie einen Weg beschrieben und den Eindruck erweckt haben, jetzt etwas Neues zu machen. Ein rechtsstaatliches Verfahren war jedoch die Grundlage der letzten sechs Monate und ist in diesem Land immer gewährleistet. Das ist nichts Neues, sondern es war schon immer so, und das muss man auch nicht extra betonen.
Sie haben eben angekündigt, dass der Innensenator das Verfahren noch einmal beschreiben wird. Er wird dasselbe beschreiben wie vor wenigen Wochen schon einmal auf diesem Podium. Wer in diesem Land den Eindruck erweckt, es gebe keine rechtsstaatlichen Verfahren und Schutzmomente für Flüchtlinge, der stellt etwas dar, was nicht so ist. Das muss klar gesagt werden.
Ich will noch etwas zu der Art und Weise des Protests sagen. Ich habe hohen Respekt vor all den Menschen, die friedlich ihre Meinung äußern; sie können auch gern eine andere Meinung haben als ich oder die SPD-Fraktion und viele andere. Das gehört zu einer Demokratie, und das müssen wir alle aushalten. Was wir aber nicht aushalten müssen, ist Gewalt, und zwar brutale Gewalt gegen Menschen und Dinge, die nichts damit zu tun hat, dass man motiviert ist, den Flüchtlingen zu helfen. Man hat bewusst die Lage der Flüchtlinge ausgenutzt, um eigene Politik zu betreiben und andere Themen voranzutreiben. Dass sich das Gemeinwesen dieser Stadt nicht von Gewalt erpressen lässt, muss deutlich gesagt werden. Wir leben in einem Gemeinwesen mit einem Rechtsstaat, und ein Rechtsstaat hat sehr viel mit Gerechtigkeit zu tun.
Wir haben in diesem Land – auch das hat der Kollege Dressel angesprochen – dieses Jahr wahrscheinlich über 100 000 Flüchtlinge. Diese 100 000 Flüchtlinge haben alle eines gemeinsam, nämlich den Anspruch auf ein gemeinsames, gerechtes, rechtsstaatliches Verfahren. Es wird, kann und darf nicht sein, dass wir 300 Menschen einen anderen Status geben, nur weil einige PressureGroups meinen, mit Gewalt in dieser Stadt agieren zu können.
Wir werden als CDU-Fraktion, das haben wir mehrfach gesagt, den Senat in dieser Frage begleiten, wenn es darum geht, rechtsstaatliche Lösungen zu finden. Wir wollen humanitäre, aber auch klare rechtsstaatliche Lösungen, die niemanden bevorzugen oder benachteiligen. Wir erwarten vom Senat, dass er dort, wo Gewalt angewandt wird und wo die Proteste in Krawalle und Störungen der Grundlagen unseres Gemeinwesens ausarten, konsequent vorgeht. Wenn er das nicht tut, werden wir ihm in dieser Frage die rote Karte zeigen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte noch einmal den Aspekt aufgreifen, den Herr Hackbusch eben genannt hat. Ich fand es eine überdeutliche Darstellung dessen, was wir hier eigentlich als Grundkonflikt erleben. Herr Hackbusch hat vehement für eine veränderte Flüchtlings- und Asylpolitik in Europa gestritten und argumentiert; das ist in der Tat das Recht jeder Partei. Wenn man eine Veränderung von Politik will, dann wirbt man dafür, und dann wirbt man bei demjenigen, der in diesem Lande der Souverän ist, dem Wähler. Diesen versuchen wir zu überzeugen, und dann werben wir als Parteien für unsere Auffassung. Ich habe überraschenderweise nicht wahrgenommen, dass das bei den LINKEN das Hauptthema im letzten Wahlkampf war. Und Sie haben bei den Wahlen, die wir gerade erst vor wenigen Wochen gehabt haben, auch kein Mandat für eine solche Politik bekommen. Was ich aber bei allem Verständnis für ein solches Werben für Ihre Politik nicht in Ordnung finde, ist, dass Sie jetzt diese Gruppe benutzen, um hier eine veränderte Asylpo
litik zu erreichen. So läuft das in unserer Demokratie nicht. Wir werben in Parlamenten und bei Wählern dafür, dass sich Politik ändert, aber wir benutzen keine Menschen, um öffentliche Aufmerksamkeit zu erzielen. Wer das tut, versündigt sich an diesen Menschen.
Es hat mich gestört, dass wir in dieser ganzen Debatte über die EU und wen auch immer geredet haben und so tun, als wenn diese Flüchtlinge ein Problem seien, das die EU verursacht habe. Wir sollten einmal einen Moment auf diejenigen schauen, die dieses Problem verursachen: Das sind kriminelle, verbrecherische Schlepperbanden, die außerhalb der EU sitzen,
die diese Menschen abzocken und sie unter menschenverachtenden Umständen in die EU hineinbringen. Das sind die wahren Verbrecher, die wir hier einmal benennen müssen, anstatt die EU an den Pranger zu stellen.
Wir müssen auch einmal feststellen, dass nicht die EU mit ihrer Demokratie und ihrem Rechtssystem die Ursache dafür ist, dass diese Menschen fliehen, sondern es sind ihre Länder mit ihren verbrecherischen Systemen. Darüber müssen wir auch einmal reden. Wer hier so tut, als wenn es nur an der EU liegen würde, der lässt einen wesentlichen Aspekt dieser wichtigen Debatte aus. Wir haben eine Lage außerhalb der EU, die schwierig und unannehmbar für diese Menschen ist, aber da müssen wir ansetzen, und wir können nicht das Signal setzen, dass alle Probleme jenseits der EU in Europa lösbar seien.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich könnte in die Runde der Kollegen fragen, wer noch weiß, über welche Verlassens- oder Aufenthaltserlaubnis wir eigentlich reden. Wir haben diese Debatte im Plenum sehr, sehr intensiv geführt und auch im Ausschuss wurde diese Debatte sehr intensiv geführt. Ich persönlich war nicht dabei, aber der Bericht ist ungewöhnlich lang und allein das zeigt dies. Jetzt führen Sie sie erneut im Plenum und haben gesagt, liebe Frau Möller, eigentlich sei schon alles gesagt; das ist es auch. Ich habe manchmal den Eindruck, liebe Kollegen, gerade bei dem Beitrag von Frau Möller, dass wir das Ganze eher als Werbung für die Tourismusbranche ansehen nach dem Motto, jeder solle einmal das schöne Hamburg besuchen können. Das ist nicht der Kern des Problems.
Deshalb will ich die Position, die meine Fraktion vertritt, noch einmal wiederholen. Wir haben sie schon bei der ersten Debatte deutlich vertreten, wir haben sie im Ausschuss klar gemacht, und sie wird sich auch in dieser erneuten Debatte nicht mehr verändern: Wir sind nicht diejenigen, die für eine Abschaffung der Residenzpflicht stehen. Wir wollen dieses Instrument weiterhin beibehalten, das haben wir deutlich und klar gesagt. Für Fälle, die wichtig oder humanitär begründbar sind, müssen Ausnahmeregelungen geschaffen werden. Dafür ist es in der Tat richtig, Kooperationsverträge zu schließen, und deshalb werden wir den Kollegen der FDP in dieser Frage zustimmen. Das ist der richtige Weg. Ich finde alle anderen Wege sehr eigenartig, nicht zielführend und äußerst ideologisch behaftet. Deshalb werden wir der Ausschussvorlage nur in Punkt 1 zustimmen und ansonsten nur dem Antrag der FDP-Kollegen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich fand die Debatte eigentlich eine gute Debatte. Frau Schneider hat vollkommen recht, und auch der Sozialsenator, der am Ende seines Wortbeitrags die Debattenkultur in diesem Hause gelobt hat, sagte, es sei eine gute Debatte, alle hätten sich eingebracht. Es wäre ein guter Ratschlag an die Kollegen der SPD gewesen, dann keinen weiteren Redner mehr zu bringen. Der Beitrag von Herrn Lohmann war, mit Verlaub, unterirdisch.
Sie haben genau diesen Geist, den die Kollegin Schneider, aber auch der Sozialsenator hier beschworen hat, überhaupt nicht verstanden. Sie haben eine Schärfe hineingebracht, die es in der sachlichen Debatte vorher nicht gegeben hat, und Sie sind wirklich jede Antwort auf die Fragen schuldig geblieben, die andere Kollegen gestellt haben.
Dieser Beitrag war in der Tat lächerlich, da muss ich Ihnen zustimmen, verehrte Kollegin.
Fangen wir einmal an mit dem schönen Satz, den ich besonders bemerkenswert fand, dem Vorwurf an die Anträge aller Oppositionsfraktionen, wir wären es schuldig geblieben, Alternativflächen zu benennen. Entschuldigung, habe ich den SPD-Antrag nicht verstanden? Ist irgendwo in dem Antrag, den Ihre Fraktion gestellt hat, nur eine einzige Fläche benannt worden? Bevor Sie uns in dieser Art kritisieren, sollten Sie Ihre eigenen Anträge wenigstens einmal durchlesen, Herr Lohmann.
Sie sprachen von transparenten Verfahren. Es mag sein, dass das Verfahren für die SPD-Fraktion transparent gewesen ist, aber wir wollen uns alle wirklich um eine Kultur in dieser Stadt bemühen, bei der wir bei den Bürgern dafür werben, dass sie solche Flüchtlingsunterkünfte akzeptieren und sie
aufnehmen. Dann müssen wir die Bürger aber auch mitnehmen, dann müssen wir ihre Ängste ernst nehmen, und dann dürfen wir sie nicht vor vollendete Tatsachen stellen und sagen, das sei nun so, das hätten sie zu akzeptieren und mehr sei für sie nicht drin. Das geht nicht. Dann nehmen wir unsere eigenen Vorschläge und Ideen nicht wirklich ernst.
Da kommen wir auch zu einem zentralen Punkt, der mich am SPD-Antrag wahnsinnig ärgert. Wer in einer sehr technischen Verklausulierung hineinschreibt, wir mögen doch eine zentrale Genehmigungsinstanz bei einem Bezirksamt schaffen, wo dann alle diese Sachen zentral genehmigt würden, der weiß ganz genau – für die vielen Kollegen, die nicht einige Jahre in der Bezirksversammlung zugebracht haben –, dass damit sechs von sieben Bezirksversammlungen aus dem Verfahren einfach herausgenommen würden. Das ist weder Transparenz noch ist es ein Mitnehmen. Da sitzen die Kollegen aus allen Fraktionen und durch alle Parteien hinweg, die wissen, worum es geht, und Sie sagen einfach: Nein, liebe Leute, ihr dürft nicht mehr, das machen wir jetzt zentral. Dann nehmen Sie doch das Genehmigungsverfahren gleich zum Senat hinüber, das wäre ehrlicher und offener.
Ich will ein Wort zu diesem Konflikt sagen, den wir zum Teil in der öffentlichen Debatte jetzt heraufbeschwören. Es gab einen Bezirksamtsleiter, der in der letzten Woche vorgeschlagen hat, wir mögen doch einmal all unsere Flächen, die wir fürs Wohnungsbauprogramm mühselig durchkämmt haben, daraufhin überprüfen, ob wir dort anstelle von Wohnungen nicht lieber andere Sachen bauen. Ich will vor einer Debatte warnen, bei der wir anfangen, die eine schwierige soziale Gruppe – Randgruppen, Flüchtlinge und was immer wir in dem Bereich haben – gegen die Bedarfe anderer sozialer Gruppen auszuspielen. Hamburg braucht Wohnungen, und Hamburg braucht auch Wohnungen für Nicht-Randgruppen-Menschen. Deshalb ist es ganz schwierig, wenn wir uns jetzt hier hinstellen und sagen, das sei kein Problem, dann reduzierten wir eben die Wohnungen für andere Menschen. Diesen Konflikt dürfen wir nicht heraufbeschwören. Wir müssen den Konflikt so lösen, dass er eine Lösung für alle beinhaltet, und deshalb brauchen wir auch kleinteilige Unterkünfte.
Und wenn Sie sagen, liebe Kollegen der SPD, das sei Ihre Vision und wir bräuchten jetzt aus der dringenden Not heraus erst einmal größere Unterkünfte, dann verstehe ich das. Aber wer sich gleichzeitig hier hinstellt und sagt, er wolle eine Verstetigung haben, er wolle langfristige Lösungen haben, der muss sich schon fragen, ob er langfristige Lö
sungen für 500 bis 600 Flüchtlinge haben will. Wir wollen das nicht. Das ist eine Notmaßnahme, wir brauchen das klare Ziel für kleinteilige Lösungen, und ohne dieses Ziel wird das nicht funktionieren.
Ein kurzes Wort noch zum Sozialsenator, der sich hier hingestellt und gesagt hat, dass mehr Flüchtlinge kommen, sei nicht absehbar gewesen. Frau Föcking hat es schon gesagt, und ich selbst war damals einer derjenigen, die dies in der Regierungskoalition noch begleiten durften: Das war schon 2010 klar. Das war der Innenbehörde klar und das war auch der Sozialbehörde klar.
Das haben alle beteiligten Beamten gewusst, die Arbeitsaufträge waren erteilt, und sie waren auch genau auf diese Zahl hin erteilt. Das war überhaupt nichts Neues. Wer eine Regierung übernimmt und sagt, alle Arbeitsaufträge seien obsolet und man warte erst einmal zwei Jahre, der darf dann nicht ernsthaft hier feststellen, er sei überrascht worden. Das war nicht überraschend, das war ein Problem, das vorher bereits erkannt wurde.
Nun weiß ich nicht so richtig, ob der letzte Satz, den der Kollege Lohmann eben gebracht hat, wirklich ernst gemeint war. Er sprach davon, wir würden alle Anträge überweisen. Wenn das in der Formulierung genauso stimmen sollte, verehrter Kollege Lohmann, wäre ich voll und ganz mit Ihnen einig. Was nicht geht, ist, dass Sie sich hier hinstellen und sagen, den Antrag der SPD-Fraktion beschließen wir heute und alle Anträge der Opposition können überwiesen werden.
So geht es nicht. Entweder überweisen wir heute alle Anträge an den Ausschuss, dann können wir gemeinsam darüber reden. Wir können auch, das hat Frau Föcking deutlich gesagt, natürlich heute die wichtige Senatsdrucksache zu den Finanzen beschließen, aber es ist nicht denkbar, dass Sie sich hier hinstellen und sagen, Ihr Antrag werde beschlossen und die ganzen Alternativen der Opposition würden Sie überweisen. Das ist kein parlamentarischer Stil, das ist schlichtweg das Wegdrücken von Verantwortung.
Haben Sie den Mut, Ihren Antrag genauso zu behandeln wie die anderen Anträge auch; das wäre Großmut. Wenn Sie das nicht wollen, dann zeigen Sie damit, wie ernst Sie in dieser Art von Debatte zu nehmen sind.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Schneider hat in der Tat recht, wenn sie darauf hinweist, dass dies die zweite Reform der hamburgischen Polizeiausbildung binnen eines relativ kurzen Zeitraums – von 2006 bis heute – ist. Das ist ungewöhnlich, aber der Senat, das Parlament, wir alle haben gemeinsam die Pflicht, darauf zu schauen, wo Anpassungen und Änderungen notwendig sind. Auch ich als Vertreter der Fraktion, die die letzte Änderung federführend durchgebracht hat, muss durchaus kritisch feststellen, dass es zwar viele Dinge gab, die bei der Hochschule der Polizei richtig waren – ich glaube heute noch, dass die Loslösung aus der alten Struktur der richtige Weg war –, dass wir aber nicht Augen und Ohren davor verschließen dürfen, wenn wir aus der Praxis von Vertretern der Polizei die Rückmeldung bekommen, dass die Praxisausbildung der Polizeibeamten an der HdP nicht so ist, wie wir es brauchen. Deshalb ist es richtig und auch konsequent, darüber nachzudenken, wie wir die Schwachstellen bei der HdP beseitigen können.
Das, was Frau Schneider eben kritisiert hat, das Zusammenbringen von drei Säulen unter einem Dach, ist aus meiner Sicht dabei eher eine Stärke als eine Schwäche. Wir bringen die Stärken der HdP ein, bringen sie zusammen mit der Ausbildung zum Laufbahnabschnitt I und vor allem mit der Weiterbildung der Hamburger Polizeibeamten. Da, wo Sie vielleicht meinen, dass das Schwierigkeiten bringen könnte, sehe ich es mehr als Chance an, Frau Schneider. Ich glaube wirklich, dass es ein richtiger und guter Weg ist, die Hochschulausbildung näher an die Ausbildung des Laufbahnabschnitts I zu bringen und auch die ständige Ausund Fortbildung unserer Polizeibeamten mit der Hochschule zusammenzubringen, damit dort Befruchtungen seitens der Hochschule stattfinden können.
Ich glaube, dass der Weg einer Polizeiakademie jetzt der richtige Weg ist. Er ist kein neuer Weg; er ist ein Weg, der auch in anderen Bundesländern – ich nenne einmal Niedersachsen – bereits erfolgreich beschritten worden ist.
Eines ist mir wichtig, und das ist auch in meiner Fraktion eine wesentliche Grundlage unserer Überlegungen gewesen. Wir ändern zum zweiten Mal in einem relativ kurzen Zeitraum die Polizeiausbildung. Wir dürfen es aber unseren Polizeibeamten nicht antun, jedes Mal, wenn ein Regierungswechsel ansteht, grundlegend die Ausbildungsstandards zu verändern. Deshalb ist es wichtig, dass sich das Parlament mit möglichst breiter Mehrheit einig darüber ist, wie wir unsere Polizeibeamten auf bestem und höchstem Niveau ausbilden.
Wir sehen die neue Akademie als einen möglichen Schritt in diese richtige Richtung und begleiten das als Opposition durchaus positiv, allerdings mit kritischem Unterton. Wir hätten es für sinnvoll erachtet, wenn der Studiengang Sicherheitsmanagement weitergeführt worden wäre. Ich sehe die hier angeführten strukturellen Probleme nicht und glaube, dass dieser Studiengang sinnvoll und wichtig ist, gerade weil wir alle wissen, dass wir heute auch im privaten Sicherheitsgewerbe Ansprüche haben, die jenseits von dem liegen, was wir manchmal in der Realität feststellen können. Deswegen wäre es weiterhin richtig und wichtig gewesen, wenn wir auch hier eine Ausbildungsform gewählt hätten, die die Standards auf rechtstaatliches Niveau gehoben hätte, damit wir dort eine vernünftige Ausbildung gehabt hätten.
Diesen Weg hat der Senat leider nicht gewählt. Das bedauern wir sehr. Nichtsdestotrotz bekennen wir uns zu der gemeinsamen Prämisse, die Polizeiausbildung in dieser Stadt auf eine möglichst breite parlamentarische Basis zu stellen. Wir glauben,
dass die Polizeiakademie dafür der richtige Weg sein kann. Ich will aber auch deutlich sagen, dass wir dem Senat bei der Umsetzung sehr kritisch auf die Finger schauen werden, denn für uns ist es wichtig, in Hamburg die bestmögliche Ausbildung für die Polizeibeamten aller Laufbahnabschnitte und eine optimale Durchlässigkeit zwischen den drei Säulen zu ermöglichen, damit wir wirklich eine Akademie bekommen, die gute Polizeibeamte für diese Stadt ausbilden kann, damit wir eine gute Sicherheit in der Stadt bekommen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Möller hat einiges zum Stichwort "kleine Themen" gesagt. Wir haben heute einen weiten Bogen von den Generaldebatten zu Beginn der Sitzung bis zu den Tiefen der Telefonie-Tarife, wie Frau Möller sie uns gerade im Detail dargestellt hat, geschlagen. Das finde ich hoch interessant und es zeigt auch,
dass so ein Parlament durchaus auch detailfreudig ist. Wenn wir uns aber alle einig darüber sind, dass eine Ausschussüberweisung erfolgen sollte, dann sollten wir diese Debatte im Ausschuss führen, und das, was dort vielleicht an politischen Differenzen nachbleibt, dann hier bei Wiedervorlage des Ausschussberichts diskutieren. Deshalb werde ich heute darauf verzichten, im Detail in die Telefontarife einzusteigen. Ich will aber jetzt schon sagen, dass wir grundsätzlich gewisse Zweifel an der Sinnfälligkeit dieses Antrags haben. Wir werden uns im Ausschuss einer detaillierten Beratung aber natürlich nicht verschließen, mehr sollten wir allerdings zum jetzigen Zeitpunkt nicht tun.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich verspreche, ich mache es ganz kurz. Wir sind wirklich – es ist nicht böse gemeint – in den Niederungen eines sehr, sehr speziellen Themas. Wir stimmen den Kollegen der SPD-Fraktion ausdrücklich zu, dass wir hier eine Regelungslücke haben, über die wir gemeinsam nachdenken müssen, wie wir sie am besten schließen können. Dazu gibt es einen Vorschlag der Kollegen der GRÜNEN, der auf ei
nem Urteil beruht, das noch sehr, sehr neu ist, es ist noch keine vier Wochen alt.
Ich hätte mir in einer solchen Situation gewünscht, dass man den richtigen Weg nimmt, wenn man bei einem sehr spezifischen Fachthema ist, nämlich den Weg in einen Ausschuss. Das wäre eigentlich der normale Weg, und ich möchte Ihnen noch einmal sehr ans Herz legen, diese beiden Anträge gemeinsam an den Innenausschuss zu überweisen. Dort können wir darüber nachdenken, welches der beste Weg ist, um dieses Problem zu lösen.
Ich möchte auch noch einmal darauf hinweisen, dass es nicht so ist, dass wir die Allerersten sind, die das Problem in Hamburg sehen. Lieber Kollege Abaci, meines Wissens – und ich glaube, der Kollege Ritter wird es auch noch einmal sagen – hat die Integrationsministerkonferenz das Problem längst erkannt und auch längst Lösungen dafür beschlossen. Sie haben auch schon ihre Presseartikel herausgegeben. Also all das, was man bei so einem Antrag braucht, ist schon gelaufen. Es wäre jetzt an der Zeit, das Thema mit einer vernünftigen Arbeit im Ausschuss zu unterfüttern. Also geben Sie sich einen Ruck und lassen Sie uns diese beiden Anträge an den Ausschuss überweisen, und ich verspreche Ihnen, dass wir gemeinsam auf einer breiten Basis eine gute Lösung für alle Betroffenen finden werden.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Debatten werden nicht besser, wenn man sie alle zwei Wochen wiederholt, das können wir gerade wieder feststellen. Ich hatte den Eindruck, dass wir uns vor zwei Wochen in der Tat energisch gestritten haben. Die Frage stellt sich, was sich in diesen zwei Wochen verändert hat. Es gab ein Angebot des Senats an die Flüchtlinge und die Diakonie. Dieses Angebot wurde von der Diakonie ausgeschlagen. Das gehört zu den Dingen, die ich, offen gesagt, nicht verstehen kann. Wer Hilfe, auch hu
manitäre Hilfe von der Stadt und der Gemeinschaft beansprucht, der hat nicht das Recht auf Anonymität. Das ist so und deshalb finde ich es unglaublich, wenn man ein solches Angebot ausschlägt und damit letztendlich auch dafür Sorge trägt, dass das Problem sich weiter verschärft und weiter bestehen bleibt. Das ist nicht akzeptabel.
Ich will gerne aufnehmen, was Frau Schneider zu der Beschreibung des großen Hilfsangebots gesagt hat. Auch ich habe Respekt vor all den Menschen, die dort Hilfe anbieten und in den letzten Tagen und Wochen Hilfe geleistet haben. Es ändert aber überhaupt nichts an der Ausgangslage. Was mich ärgert, habe ich in der letzten Debatte hier schon angedeutet und sage es jetzt noch einmal deutlich klarer: Ich finde es unglaublich, dass es offensichtlich Gruppen in dieser Stadt gibt, die die Lage dieser Flüchtlinge ausnutzen, um Politik zu machen, und dabei das Schicksal dieser Flüchtlinge bewusst außer Acht lassen und sie sozusagen als Manövriermasse ihrer eigenen politischen Forderung gebrauchen. Das geht so nicht, und das finde ich, gelinde gesagt, unanständig.
Es geht Ihnen in vielen Teilen nicht mehr um das Schicksal dieser Menschen – dafür wollen wir alle gemeinsam Lösungen suchen –,
sondern es geht Ihnen darum, dass Sie Politik machen wollen.
Sie wollen einen Bundestagswahlkampf mit dem Thema Flüchtlinge machen, das ist Ihr gutes Recht, aber es hat rein gar nichts zu tun mit den Krokodilstränen, die Sie hier um die Flüchtlinge weinen.
Da, lieber Kollege, gebe ich Ihnen recht. Was Sie in den letzten Wochen gemacht haben, war eine Unverschämtheit gegenüber jedem Flüchtling.
Wir als Union bleiben dabei, dass wir in der Frage den Senat unterstützen. Wir erwarten, dass senatsseitig humanitäre Angebote gemacht werden. Wir erwarten aber auch, dass die Verhandlungspartner, sei es die Diakonie oder seien es Kirchengemeinden, diese Angebote annehmen und dass man da zusammenarbeitet. Wir sagen aber auch ganz deutlich, und das gehört zu dem hier häufig gebrauchten Wort Ehrlichkeit dazu, dass es keine Perspektive für diese Flüchtlinge in Hamburg ge
ben wird. Wer etwas anderes behauptet, spielt mit dem Schicksal dieser Menschen, und das ist unehrlich.
Wir tun genau das nicht, weil wir klipp und klar sagen, was wir wollen und was passieren wird. Ihnen ist das, ehrlich gesagt, vollkommen egal.
Es ist schön, dass Sie sich aufregen, denn offensichtlich fühlen Sie sich getroffen.