Protocol of the Session on May 29, 2013

Wir machen eben keine Anlageempfehlung zugunsten hochtoxischer Wertpapiere, sondern wir empfehlen genau das Gegenteil, einen möglichst vermögensschonenden Rückzug aus solchen Papieren. Wenn man als Stadt und als Land SchleswigHolstein in einer schwierigen Lage ist, dann ist man gut beraten – man ist im Interesse der Steuerzahler geradezu verpflichtet –, möglichst viele Optionen zu eröffnen und zu prüfen, die einem helfen könnten. Und machen Sie sich keine Sorgen,

(Jens Kerstan GRÜNE: Doch, da machen wir uns Sorgen!)

ich bin mir mit unserer Finanzministerkollegin in Kiel sehr einig in all diesen Fragen, erkundigen Sie sich gerne. Wir sind uns in allen Fragen, die diese vermögensschonende Begleitung der HSH Nordbank angehen, hundertprozentig einig. Bei einem Verkauf von Wertpapieren an den Finanzfonds der Länder gäbe es in der Tat einiges zu prüfen und zu beachten. Dazu gehören neben den ökonomischen auch aufsichtsrechtliche und beihilferechtliche Fragen.

Darüber würden wir Ihnen selbstverständlich, wenn man etwas Derartiges plante, sehr sorgfältig und getrennt berichten. Wir haben schon gesagt, dass dazu auch eine Änderung des Staatsvertrags gehören würde. Der Sinn einer solchen Maßnahme besteht aber in jedem Fall in der wirtschaftlich sehr plausiblen Überlegung, dass man, wenn man durch einen Verkauf von Wertpapieren ohnehin die Verluste tragen muss, dann auch an möglichen Wertaufholungen teilhaben sollte. Das ist nämlich der Kern der Maßnahme, die derzeit nicht vorgesehen ist, die man aber auch nicht von vornherein und ohne Not ausschließen sollte, denn Verluste auf Steuerzahler umzulegen und Gewinne dann in private Taschen zu lenken, ist kein Konzept, das die Vermögensinteressen der Stadt und der Steuerzahler im Auge hat. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Dr. Kluth.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Senator Tschentscher, wenn Sie sich in allen Punkten mit der Finanzministerin in Schleswig-Holstein einig sind und vielleicht auch mit der Position Ihrer Kollegen in der Landtagsfraktion, dann wäre meine dringende Empfehlung und eigentlich auch die logische Konsequenz, dem hier vorliegenden Antrag der FDPFraktion zuzustimmen.

(Beifall bei der FDP und den GRÜNEN)

Man muss sich einmal vergegenwärtigen, was Frau Rugbarth hier vorgetragen hat und in ähnlicher Weise auch Herr Senator Tschentscher. Das war keine sorgfältige Abwägung, ob man sich vielleicht eine theoretische Option langfristig offenhalten sollte, sondern das war in Wahrheit ein Plädoyer, von dieser Option auch Gebrauch zu machen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das stimmt doch gar nicht! – Jan Quast SPD: Das ist doch Quatsch! – Jens Kerstan GRÜNE: Frau Rugbarth hat alles geklärt!)

Frau Rugbarth hat uns Vorbedingungen genannt, und sie hat gesagt – das habe ich mir notiert –, das hätte auch Chancen. Ich musste dann spontan an Herrn Steinbrück denken: Hätte, hätte, Fahrradkette. Wir sehen da nicht die Chancen, sondern wir sehen in erster Linie die Risiken, und über diese Risiken müssen wir hier diskutieren.

Frau Rugbarth, das Argument, es gebe keine Risikoerhöhung, weil das unter der Sunrise-Garantie ohnehin ankomme, ist schlicht falsch, denn wir haben einerseits die Sunrise-Garantie und wir haben für den Fall einer Ausübung dieser Option das zusätzliche Risiko von zusätzlichen Wertverlusten der erworbenen Wertpapiere beim Finanzfonds.

(Andrea Rugbarth SPD: Das ist doch egal, wo die sind!)

Herr Tschentscher, wenn Sie dann sagen, das seien gar keine wertlosen Papiere, sondern die hätten einen Marktwert, dann würde ich Ihnen zurufen wollen: Dann verkaufen Sie doch diese Papiere am Markt, aber nicht an den Finanzfonds. Dann privatisieren Sie doch das Risiko und sozialisieren Sie es nicht.

Herr Tschentscher, ich wollte eigentlich nicht zur Garantieerhöhung sprechen, aber Sie haben es jetzt zum Thema gemacht. Ich möchte Ihnen fünf Gründe nennen, warum die FDP der Garantieerhöhung sehr kritisch gegenübersteht.

Erstens: Alle Experten haben uns in der Anhörung bestätigt, dass der Ausgang des notwendig werdenden EU-Beihilfeverfahrens völlig offen ist. Das Beispiel WestLB, also der ungeordneten Abwicklung, in der die Politik dies nicht mehr in der Hand hatte, lässt grüßen. Und auf diesen Fall müssen die Länder vorbereitet sein, darum brauchen wir den Plan B.

(Senator Dr. Peter Tschentscher)

Zweitens: Auch die Aussagen der eigenen Abschlussprüfer der Bank sind außerordentlich besorgniserregend. Sehen Sie sich den Jahresabschluss 2012 an. Der Vorstand der Bank geht in seinem Lagebericht von der Annahme einer Unternehmensfortführung aus. Aber die Wirtschaftsprüfer halten in ihrem Abschlussprüfvermerk diese Annahme einer Fortführung der Bank nur dann für realistisch, wenn insgesamt sieben Vorbedingungen und Voraussetzungen eintreten: Zustimmung der Länderparlamente, vorläufige Genehmigung der EU-Kommission, Anpassung des Garantievertrags, positive EU-Beihilfeentscheidungen, weitere aufsichtsrechtliche Genehmigungen, Tragbarkeit von Auflagen und, besonders bedeutsam, Marktakzeptanz des Geschäftsmodells unter den Bedingungen der EU-Auflagen. Mit anderen Worten: Tritt nur eine einzige dieser Bedingungen oder Auflagen nicht ein, halten die eigenen Abschlussprüfer der Bank die Annahme einer Unternehmensfortführung für nicht mehr tragfähig. Ich halte das für eine dramatische Aussage der Prüfer.

(Beifall bei der FDP und der LINKEN)

Drittens: Mit dem neuen Beihilfeverfahren kommt das Geschäftsmodell der Bank völlig neu auf den Prüfstand, und die neuen Zahlen aus dem Q1, soweit sie uns aus der Presse bekannt sind, sind keineswegs so positiv, wie dieses in den Presseveröffentlichungen dargestellt wird. Das neue Geschäft sinkt von 1,2 Milliarden Euro auf 1,1 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, der Konzernüberschuss von 124 Millionen Euro auf 73 Millionen Euro. Bereinigt man das noch einmal um das Finanzanlagenergebnis in Höhe von 73 Millionen Euro, dann landen Sie bei 8 Millionen Euro zu 124 Millionen Euro im Vorjahr. Die Bank hat also ganz offensichtlich Probleme unter den Bedingungen eines Überangebots bei der Kreditversorgung und natürlich aufgrund des Ratings schlechtere Refinanzierungsbedingungen, um ausreichend neue Geschäfte zu akquirieren.

Viertens: Bei der Schifffahrtskrise ist noch lange kein Land in Sicht. Auf Seite 60 des Konzernlageberichts heißt es nur noch, dass 2014 erste Anzeichen einer Erholung erwartet werden. Es handelt sich nicht um eine Erholung, sondern es werden nur erste Anzeichen nach dem eigenen Konzernlagebericht erwartet. Herr von Oesterreich erklärte dazu letzten Freitag, dass die Bank davon ausgehe, dass im Bereich der Schifffahrt nicht vor 2015 mit Besserungen zu rechnen sei. Das ist ein nach hinten offenes Zeitintervall. Der Grund ist, dass die Schiffskapazitäten weiterhin schneller wachsen als das Ladungsvolumen. Und das trifft insbesondere Banken, die auch stark kleine und mittlere Schiffsgrößen finanziert haben.

(Andrea Rugbarth SPD: Wo ist jetzt der Neuigkeitsgewinn?)

Wir halten daher auch weitere Abschreibungen bei Schiffsfinanzierungen nicht für unwahrscheinlich.

Und fünftens: Sie haben so ein bestimmtes Konstrukt in Ihrem Plan vorgesehen, das eine einmalige Garantieprämie vorsieht. Diese einmalig anfallenden Kosten der Garantieerhöhung von 270 Millionen Euro und die jährlichen Zusatzkosten von 120 Millionen Euro stärken nicht die Kernkapitalquote, sondern schwächen sie, denn die Bank hat zusätzliche Kosten, die sie aus Erträgen generieren muss. Schafft sie das nicht und macht Verlust, so kommt das als Wertminderung beim Finanzfonds wieder an. Das ist letztlich nichts anderes als ein gewisser bilanzieller Taschenspielertrick.

(Beifall bei der FDP)

Zusammenfassend: Die Drucksache zur Garantieerhöhung ist für die FDP nicht zustimmungsfähig, weil sie nicht auf unabhängigen Einschätzungen und Zahlen beruht, sondern allein auf den Einschätzungen und Zahlen der Bank selbst. Die Garantieerhöhung verschafft der Bank allenfalls Zeit, verbessert aber nicht ihre wirtschaftliche Situation, eher im Gegenteil; das habe ich am Beispiel der Garantieprämien dargestellt. Das ist nichts anderes als das Prinzip Hoffnung, und, so hat es ein Sachverständiger ausgedrückt in der Anhörung, Hoffnung sei bekanntlich das Verschieben von Ärger auf einen späteren Zeitpunkt.

Die Garantieerhöhung ist nach unserer Auffassung nicht alternativlos, aber es fehlt in der Senatsvorlage, wie bereits gesagt, ein Plan B, nämlich der Plan für eine geordnete Abwicklung der Bank. Und solange dies so ist, ist die Senatsvorlage für die FDP-Fraktion jedenfalls nicht zustimmungsfähig. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort bekommt Frau Hajduk.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Dieser Debattenverlauf heute erstaunt mich auch noch ein zweites Mal. Herr Senator, Sie haben noch einmal deutlich gemacht, Sie fänden es wichtig, dass man sich keiner möglichen weiteren Optionen beraube. Ich möchte deutlich machen, dass ich sehr irritiert bin, auch nach unseren Ausschussberatungen. Da haben Sie sehr deutlich gesagt, es gebe für Sie keine Planungen für das Thema Wertpapierankäufe durch den hsh finanzfonds, und außerdem würde das auch Änderungen am Staatsvertrag bedeuten und ebenso eine ganz neue Senatsentscheidung und einen Antrag an das Parlament.

Dass Sie aber, nachdem Schleswig-Holstein dies auch mit den Stimmen der Regierungsfraktionen in einem interfraktionellen Antrag komplett abgelehnt hat, heute genau diesen Antrag noch nicht einmal

(Dr. Thomas-Sönke Kluth)

überweisen, sondern eigentlich wegstimmen wollen, lässt nur den Schluss zu, dass Sie aktuell diese Optionen für besonders wichtig erachten. Das ist nichts anderes als die selbst artikulierte Skepsis Ihres eigenen Rettungsplans mit der Garantieerhöhung. Das ist zwei Wochen vor der Entscheidung darüber schon eine sehr erstaunliche Wendung, die wir in dieser Debatte erleben. Dazu müssten Sie eigentlich ein bisschen mehr sagen als davon zu sprechen, dass es um abstrakte Optionen geht. Es geht hier um Entscheidungen vor dem Hintergrund von Entschlüssen, die beim Partner Schleswig-Holstein gefallen sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kluth hat sehr zu Recht darauf hingewiesen, worin der Mangel in der Drucksache über die Garantieerhöhung besteht. Meine Fraktion ist ausdrücklich nicht darauf festgelegt, die Garantieerhöhung abzulehnen, obwohl die Drucksache auch entscheidende Schwächen hat. Das entscheiden wir endgültig erst in zehn Tagen. Aber was wir in jedem Falle einfordern, ist das, was in dieser Drucksache nicht dargelegt ist als grundsätzliche Zielsetzung, nämlich dass der Senat wirklich eine eigenständige Planung für einen Plan B, für eine geordnete Abwicklung parallel als Notfallmaßnahme angeht. Da hat Herr Kluth einfach recht, denn wenn man selbst so eine Skepsis gegenüber dem eigenen Lösungsszenario der Garantieerhöhung artikuliert, dann ist das die Anforderung an sich selbst, so einen Plan B jetzt entschlossen anzugehen. Ich hoffe, dass Sie die verbleibenden 14 Tage nutzen, sich hierzu klarer zu positionieren. Wir werden Sie in dieser Angelegenheit ausdrücklich dazu auffordern. Es wäre gut, wenn Sie das dann vielleicht auch mittragen würden. – Schönen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr. Dann können wir zur Abstimmung kommen.

Wer einer Überweisung der Drucksache 20/7996 an den Ausschuss Öffentliche Unternehmen zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das Überweisungsbegehren ist abgelehnt.

Ich lasse in der Sache abstimmen.

Wer den Antrag der FDP-Fraktion aus der Drucksache 20/7996 annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt.

Wir kommen zum Punkt 28, Drucksache 20/7995 in der Neufassung, Antrag der Fraktion DIE LINKE: Wasser ist ein Menschenrecht! Wasser und sani

täre Grundversorgung für alle Hamburgerinnen und Hamburger sicherstellen.

[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Wasser ist ein Menschenrecht! Wasser und sanitäre Grundversorgung für alle Hamburger und Hamburgerinnen sicherstellen – Drs 20/7995 (Neufassung) –]

Diese Drucksache möchten die Fraktionen der SPD und der LINKEN an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration überweisen.

Es brauchen nicht alle hinauszugehen, es gibt noch Wasser.

Die GRÜNE Fraktion beantragt zusätzlich die Überweisung zur Mitberatung an den Ausschuss Öffentliche Unternehmen. Die CDU-Fraktion möchte die Drucksache mitberatend an den Umweltausschuss überweisen. Wer wünscht nun das Wort? – Frau Özdemir.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wasser ist ein Menschenrecht und keine Handelsware, denn Wasser ist Leben.

(Beifall bei der LINKEN)

Allein in den 27 EU-Staaten haben 2 Millionen Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitärer Grundversorgung. Wasser gehört zur Grundversorgung und ist eine Grundvoraussetzung für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Auch die Vereinten Nationen haben im Jahr 2010 Wasser zum Menschenrecht erklärt. Dennoch wird den Haushalten, die ihre Wasserrechnung nicht mehr zahlen können, die Wasserzufuhr gesperrt, und das auch leider bei uns in Hamburg.

Nach Auskunft des Senats auf eine Schriftliche Kleine Anfrage meiner Fraktion, Drucksache 20/ 4820, hat das örtliche Wasserversorgungsunternehmen Hamburger Wasserwerke GmbH in den letzten fünf Jahren bei über 4000 Haushalten die Wasserversorgung abgestellt. Von den Wasserabsperrungen sind insbesondere Menschen mit geringem Einkommen betroffen, die sich die immer teurer werdenden Wohnkosten nicht mehr leisten können. Steigende Mieten, erhöhte Strompreise und die explodierenden Heizkosten führen in Hamburg zu immer mehr Wasser-, Strom- und Gasabsperrungen, aber auch zu Zwangsumzügen und sogar zu Obdachlosigkeit.

Hier wird noch einmal deutlich, dass Armut in dieser Stadt den Betroffenen nicht nur die Würde verletzt und den letzten Nerv raubt, sondern auch das Grundrecht auf Wasser, und das, obwohl Wasser in Hamburg ein öffentliches Gut ist.