Protocol of the Session on March 27, 2013

Die beiden Stimmzettel liegen Ihnen vor. Sie enthalten bei den Namen jeweils Felder für Zustimmung, Ablehnung und Enthaltung. Sie dürfen bei jedem Stimmzettel und jedem Namen ein Kreuz machen, aber bitte nur eines. Mehrere Kreuze beziehungsweise kein Kreuz bei einem der Namen machen die Wahl dieses Kandidaten ungültig. Auch weitere Eintragungen oder Bemerkungen würden zur Ungültigkeit des gesamten Stimmzettels führen.

Falls Sie mich hören können, können Sie nun Ihre Wahlentscheidungen vornehmen.

(Die Wahlhandlungen werden vorgenom- men.) ** Ich darf nun bitten, dass diejenigen, die Ihre Wahlentscheidung vorgenommen haben, Ihre Stimmzettel hochhalten und die Schriftführer mit dem Einsammeln beginnen. Sind alle Stimmzettel abgegeben worden? – Das scheint der Fall zu sein. Dann schließe ich die Wahlhandlung. Die Wahlergebnisse werden nun ermittelt, und ich werde sie Ihnen im Laufe der Sitzung bekannt geben. (Dr. Andreas Dressel)

Wahlergebnisse, siehe Seite 4213.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 25, Drucksache 20/7049, Senatsmitteilung: Hamburger Integrationskonzept: Teilhabe, interkulturelle Öffnung und Zusammenhalt und Stellungnahme zu den Ersuchen der Bürgerschaft vom 24. November 2011 "Hamburg 2020: Integration mit den Menschen vor Ort gestalten" sowie vom 23. Mai 2012 "Neuausrichtung der Integrationspolitik in Hamburg".

[Senatsmitteilung: Hamburger Integrationskonzept: Teilhabe, interkulturelle Öffnung und Zusammenhalt und Stellungnahme zu den Ersuchen der Bürgerschaft vom 24. November 2011 "Hamburg 2020: Integration mit den Menschen vor Ort gestalten" (Drucksache 20/2171) sowie vom 23. Mai 2012 "Neuausrichtung der Integrationspolitik in Hamburg" (Drucksache 20/4148 und 20/4245) – Drs 20/7049 –]

Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration überweisen.

Wer wünscht das Wort? – Herr Abaci, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hamburg ist eine internationale und interkulturelle Stadt. Dazu haben auch Menschen, die zugewandert sind, einen großen Beitrag geleistet. Unsere Stadt hat den guten und vielleicht manchmal auch zu häufig beschworenen Ruf, liberal und weltoffen zu sein. Diesen Ruf muss sich Hamburg immer wieder neu verdienen und erarbeiten.

(Beifall bei der SPD)

Hamburg wächst, das ist erfreulich. Laut Prognosen werden in Hamburg bald 1,9 Millionen Menschen leben. In der Metropolregion wären es dann 5 Millionen Menschen, die entlang unserer beiden Elbufer leben und arbeiten. Als Zentrum einer großen Metropolregion hat Hamburg die Chance, den Menschen viele Möglichkeiten zu bieten: wohnen, arbeiten, mobil sein, sich etwas aufbauen, selbstbestimmt leben inmitten einer urbanen Infrastruktur, Kultur und Natur. Diese Chancen und Angebote wollen wir auch unseren Kindern ermöglichen durch gute Bildung und Ausbildung, von der Kita bis zum Studium oder vielleicht auch zu einem Hamburger Meisterbrief.

(Beifall bei der SPD)

Das alles können wir in Hamburg, und wir können es, weil wir so viele unterschiedliche Kompetenzen und Erfahrungen in unserer Stadt versammeln.

Meine Damen und Herren! Wenn Menschen aus mehr als 180 Nationen in der Stadt zusammen

kommen, bedeutet das unter anderem, dass wir uns einer der wichtigsten gesellschaftlichen Herausforderungen erfolgreich annehmen müssen, der Integration. Ich verwende diesen Begriff, wohlwissend, dass man alleine schon darüber lange diskutieren kann. Wer integriert wen? Wer muss sich wem anpassen? Ab welchem Punkt gerät kulturelle Identität in Gefahr, oder ab welchem Punkt wird das Beharren auf tradierten Werten zur Gefahr für das Zusammenleben in einer Zivilgesellschaft? Auf solche Fragen können wir keine pauschalierten, endgültigen Antworten geben. Was man aber sagen kann, ist, dass Integration nur dann gelingen kann, wenn Zuwanderinnen und Zuwanderer gleichberechtigt an allen Bereichen unseres öffentlichen Lebens teilhaben, genauer gesagt, wenn sie es können und tun.

(Beifall bei der SPD)

Hamburg ist eine große Handelsmetropole und ein Industriestandort, und wir alle wollen, dass dies auch so bleibt. Schon deshalb dürfen wir im Interesse aller die Fähigkeiten und Talente von Migrantinnen und Migranten nicht brachliegen lassen. Wir brauchen jeden Einzelnen, und deshalb müssen wir jedem und jeder die Chancen geben, die notwendig sind, um seine und ihre Potenziale bestmöglich zu entwickeln.

(Beifall bei der SPD)

Das ist der Grund, weshalb wir auf verschiedenen Ebenen an der Erreichung dieses Ziels arbeiten. Dieses Konzept, das Ihnen vorliegt, wurde in enger und intensiver Zusammenarbeit mit dem Integrationsbeirat und unter Beteiligung der Zivilgesellschaft erarbeitet. An dieser Stelle geht unser Dank ausdrücklich an alle, die sich an diesem spannenden Prozess beteiligt haben.

(Beifall bei der SPD)

Als SPD-Fraktion freuen wir uns sehr, dass sich unser Eckpunktepapier vom Mai 2012 an vielen Stellen in diesem Konzept wiederfindet und der Senat die Erkenntnisse der letzten Jahre berücksichtigt und einen Kurswechsel eingeleitet hat, dass alle Menschen, nicht nur Migrantinnen und Migranten, in unserer Stadt im Rahmen dieses Konzepts auch angesprochen werden. Alle Hamburgerinnen und Hamburger, egal welcher Herkunft, sollen sich mit unserer Stadt identifizieren, sich hier wohlfühlen und besser als bisher ihre Potenziale entwickeln können,

(Olaf Ohlsen CDU: Träumer!)

denn Integration ist ein gesamtgesellschaftlicher Prozess, Herr Ohlsen, und mehr als eine Aufgabe, die nur die Zugewanderten bewältigen müssen. Sie ist auch eine Aufgabe der Aufnahmegesellschaft. Statt weiter unverbindliche Konzepte zu entwickeln, hat sich der Senat zum ersten Mal konkret messbare Ziele gesetzt. Ob Einbürgerungs

(Vizepräsidentin Barbara Duden)

zahlen, frühkindliche Förderung, Bildung, Ausbildung oder auch Erwerbsquote,

(Zuruf von Nikolaus Haufler CDU)

die Vorgaben sollen einem Controlling unterworfen werden und dann soll Bilanz gezogen werden, denn dadurch, Herr Haufler, wird Integration auch messbar.

(Beifall bei der SPD)

Der Senat will mehr Kinder in den Kitas, mehr Auszubildende und eine höhere Erwerbsquote, insbesondere auch bei den Frauen. All das ist genauso messbar wie die Zahl der Einbürgerungen, die Bürgermeister Olaf Scholz durch seine Einbürgerungskampagne steigern will, und es funktioniert.

Das neue Konzept verfolgt die konsequente Strategie der interkulturellen Öffnung der Regelsysteme. Die Regelsysteme sollen so gestaltet werden, dass bestehende Hürden für die Teilhabe von Menschen identifiziert, aber auch abgebaut werden können. Durch die Schwerpunktsetzung des Konzepts auf frühkindliche Bildung, Bildung und Arbeitsmarkt und Abbau der Diskriminierung setzt der Senat auf die wichtigen und richtigen zentralen Themen. Als SPD-Fraktion begrüßen wir aber auch ausdrücklich, dass erstmals die Flüchtlinge mit Bleibeperspektive in einem Integrationskonzept berücksichtigt worden sind.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Sie merken – oder vielleicht wollen Sie es auch nicht merken –, dass es bei diesem Konzept nicht um eine Fürsorge geht. Wir betrachten Menschen mit Migrationshintergrund nicht als problembeladene Randgruppe, der vordringlich karitativ geholfen werden muss. Vielmehr sind sie elementarer Bestandteil der Hamburger Bevölkerung in verschiedensten sozialen Bezügen. Diese Hamburgerinnen und Hamburger haben Kompetenzen und Fähigkeiten, die es anzuerkennen und zu fördern gilt. Auf diesem Weg hat Hamburg mit dem neuen Integrationskonzept einen wesentlichen Schritt getan. Wir werden dieses Konzept auch im Sozialausschuss ausdrücklich bereden und diskutieren. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Haufler.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! In unserer Stadt ist die Zuwanderung und auch die Auswanderung seit Jahrhunderten der Normalfall, und Integrationserfolge, auch Integrationsprobleme, gehören eben immer dazu, wenn Menschen verschiedener Herkunft in dieser weltoffenen Stadt zusammenleben. Auch heute müssen wir uns die Frage stellen,

was können wir und was kann unsere Stadt tun, um für den Einzelnen und die Gesellschaft die Zahl der Erfolge zu erhöhen und das Ausmaß der Probleme zu verringern.

Wir Christdemokraten haben hier eine klare Vorstellung. Wir wollen eine Stadt, die jedem, der ehrlich und leistungsbereit ist, der zum Gemeinwesen beitragen möchte, unabhängig von seiner Herkunft alle Türen öffnet, alle Chancen ermöglicht und alle Hilfestellung gibt, um für sich und seine Familie eine bessere Zukunft zu finden.

(Beifall bei der CDU)

Dabei ist es uns wichtig, individuelle Unterschiede, kulturelle Unterschiede, religiöse Unterschiede und ethnische Unterschiede anzuerkennen. Sie sind Realität in dieser Stadt und sie führen sowohl zu positiven als auch zu negativen Ergebnissen der Integration. Hier unterscheiden wir uns vom Menschenbild und vom Gesellschaftsbild des Senats und auch der Fraktion des linken Flügels.

(Sylvia Wowretzko SPD: An welcher Stelle denn?)

Dort setzt man auf eine Ideologie von Nivellierung und Gleichmacherei, die mich persönlich sprachlos macht.

(Vizepräsidentin Dr. Eva Gümbel übernimmt den Vorsitz.)

Der Senat schreibt in sein Konzept, die Erhebung des Migrationshintergrundes solle als zeitlich begrenztes Instrument verstanden werden, welches vorübergehend zur Messung struktureller Diskriminierung notwendig sei. Dieser Senat will also von den Menschen gar nicht wissen, woher sie kommen, woran sie glauben, was ihre Werte und ihre Kultur sind, was ihre Bräuche sind, welche Ziele sie haben und warum.

(Sylvia Wowretzko SPD: Aber Sie haben un- ser Konzept nicht gelesen!)

Sie wollen nur noch wissen, wo sie von den Menschen dieser Stadt benachteiligt werden und wo sie ausgegrenzt und diskriminiert werden. Sie schreiben in Ihrem Konzept 51-mal das Wort Diskriminierung. Sie führen in Ihrem Konzept elfmal das Wort Benachteiligung an, auf jeder Seite einmal.

(Ekkehard Wysocki SPD: Sie haben den Text ja voll erfasst!)

Und Sie steigern sich noch, denn Sie sagen, ob es sich im Einzelfall um objektiv erfolgte oder lediglich empfundene Diskriminierung handele, sei unerheblich.

Das ist nicht die Realität der Zuwanderung, die wir kennen. Wir sehen in der Mehrheit der Zuwanderer keine Menschen, die sich jeden Tag als unmündige Opfer eines Systems fühlen. Eine Umfrage der

(Kazim Abaci)

Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat ergeben, dass sich zum Beispiel im Bereich Arbeitsmarkt drei Viertel aller Zuwanderer noch nie diskriminiert gefühlt haben. Die große Mehrheit ist also anders als das, was hier dargestellt wird.

(Beifall bei der CDU)