Kazim Abaci

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Last Statements

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Hamburg ist eine attraktive Ankunftsstadt. Die Menschen kommen aus anderen Bundesländern, aus Ländern der Europäischen Union und aus anderen Ländern der Welt nach Hamburg. Das machen die Zahlen deutlich. Im Jahr 2013 zum Beispiel sind 20 655 Personen mehr nach Hamburg zu- als abgewandert. Sie kommen nach Hamburg, weil unsere Stadt als Zentrum einer großen Metropolregion Menschen große Chancen bietet. Die positiven Zuwanderungszahlen zeigen auch, dass Zuwanderung eine Notwendigkeit ist, um die heutigen Zahlen der erwerbsfähigen Bevölkerung annähernd konstant zu halten. Das ist eine sehr erfreuliche Entwicklung. Auch unsere Stadt ist nach den aktuellen Prognosen auf den Zuzug von Fachkräften aus dem Ausland angewiesen.
Meine Damen und Herren! Der SPD-Senat hat den eingetretenen demografischen Wandel und die daraus folgende Fachkräftediskussion frühzeitig vorausgesehen. Im Jahr 2013 wurde gemeinsam mit den Kammern, Sozialpartnern und der Agentur für Arbeit eine Fachkräftestrategie entwickelt, die auf vier strategischen Säulen fußt. Erstens: Fachkräfte qualifizieren. Zweitens: Erwerbspersonenpotenzial sichern und ausschöpfen. Drittens: Fachkräfte aus dem In- und Ausland gewinnen und die Willkommenskultur verbessern. Und viertens: Arbeitsbedingungen attraktiv gestalten. Ein Bestandteil der dritten Säule ist das im Jahr 2007 gegründete Hamburg Welcome Center. Das Welcome Center ist die Visitenkarte der Stadt gegenüber qualifizierten Arbeitskräften aus dem Ausland und arbeitet sehr erfolgreich.
Wir dürfen und wollen uns aber mit dem Erreichten nicht zufriedengeben und müssen aus zwei Gründen das Welcome Center weiterentwickeln. Zum einen aus demografischen Gründen: Fehlen Fachkräfte, beeinträchtigt dies unmittelbar die Produktionskapazitäten von Unternehmen und Betrieben, schwächt die Innovationskraft von Wissenschaft und Forschung, die Qualität der Dienstleistungsbranchen sowie die Leistungsfähigkeit sozialer Einrichtungen in Hamburg und der gesamten Metropolregion. Zum anderen, weil sich der Wettbewerb um Fachkräfte insbesondere zwischen den wirtschaftlichen Leistungszentren Deutschlands und Europas voraussichtlich in Zukunft noch weiter verschärfen wird.
Meine Damen und Herren! Im Jahre 2030 werden laut Bundesagentur 5,2 Millionen Fachkräfte fehlen. Da hilft nur mehr Bildung, längere Lebensarbeitszeit und qualifizierte Zuwanderung.
Deutschland galt früher trotz guter Wirtschaftsdaten nicht gerade als Sehnsuchtsziel von Arbeitnehmern aus aller Welt. Doch das scheint sich zu ändern. Im Jahre 2012 wanderten nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes 966 000 Menschen aus dem Ausland in die Bundesrepublik ein. Rechnet man diejenigen dagegen, die Deutschland im selben Zeitraum verlassen haben, bleibt ein Nettozuwanderungssaldo von 387 000 Menschen. Zwei Drittel der Einwanderer kommen dabei aus den anderen europäischen Ländern, ein Drittel aus Drittstaaten.
Meine Damen und Herren! In Hamburg haben die SPD-Fraktion und der Senat zu Anfang dieser Legislaturperiode einen Paradigmenwechsel im Bereich der Einwanderungspolitik vorgenommen. Mit unserem Eckpunkteantrag zum neuen Integrationskonzept haben wir – weg vom Ordnungsgedanken der Ausländerbehörde – der Entwicklung einer Willkommens- und Anerkennungskultur den Weg geebnet. Die Willkommenskultur soll auch in den Ausländerdienststellen weiterentwickelt werden. Die Umstrukturierung des Welcome Centers ist ein wichtiger und weiterer Schritt, die Willkommensund Anerkennungskultur in der Stadt zu verankern.
Alles in allem sind wir mit der Weiterentwicklung des Welcome Centers von einer serviceorientierten Dienststelle hin zu einem Dienstleistungszentrum auf dem richtigen Weg, während unsere Stadt als Wirtschaftsstandort weiterhin wettbewerbsfähig und attraktiv bleiben soll. Ich bitte Sie um die Unterstützung unseres Antrags und danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vor genau zwei Wochen hat es ein Attentat an 17 Menschen in Paris gegeben. Es sind Menschen getötet worden, weil sie etwas gezeichnet haben, was andere nicht sehen wollten. Es sind Menschen getötet worden, weil sie zur falschen Zeit am falschen Ort waren. Es sind Menschen getötet worden, weil sie sich den Tätern in den Weg gestellt haben. Und es sind Menschen getötet worden, allein weil sie Juden waren. Die Folge war weltweite Trauer und weltweite Solidarität in Paris, London, Beirut und Hebron. Sie sind auf die Straßen gegangen, weil sie
die Notwendigkeit erkannt haben, dass Gemeinsame über das Trennende zu stellen. Am 12. Januar haben sich die Vertreter der Zivilgesellschaft und mehr als 4000 Hamburgerinnen und Hamburger bei Regen auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz eingefunden, um mit einer Kundgebung für Freiheit und Demokratie gegen Terror und Rassismus zu demonstrieren und um Solidarität mit den Opfern von Paris zu zeigen. Es war ein gutes, starkes Zeichen der Hansestadt Hamburg.
Vielen Dank auch an unsere Bürgerschaftspräsidentin, dass Sie ihre Unterstützung gezeigt und nochmals betont hat, dass es auch in Hamburg gelte, Demokratie und Freiheit zu verteidigen. Ich bedanke mich an dieser Stelle auch bei den Vertretern und Mitgliedern aller Fraktionen der Bürgerschaft, die zu dieser Kundgebung zahlreich gekommen sind. Gemeinsam mit Staatsministerin Frau Özoguz und dem Ersten Bürgermeister unserer Stadt, Olaf Scholz, haben die Bürgerinnen und Bürger der Öffentlichkeit gezeigt, dass unsere Stärke in der Vielfalt unserer Gesellschaft liegt.
Die Vielfalt der Kulturen und Religionen sind tragende Säulen, die unsere freien und demokratischen Gesellschaften auszeichnen. Diese Diversität zeichnet auch die Freie und Hansestadt Hamburg aus. Meine Damen und Herren! Derzeit kommen jeden Monat mehr als 700 Menschen als Flüchtlinge nach Hamburg. Diesen Menschen, die vor Krieg und Hunger fliehen und Schutz suchen, muss geholfen werden. Die zahlreichen Flüchtlingshelfer hat unser Bürgermeister mit einem Senatsempfang gewürdigt und dabei betont, dass Ressentiments und Vorurteile in der Politik und in der Gesellschaft keine guten Ratgeber seien. Recht hat er, in Hamburg ist kein Platz für rechte und rassistische Meinungen.
Bereits im Juni 2012 haben in Hamburg mehr als 10 000 Menschen friedlich auf dem Rathausmarkt demonstriert und gezeigt, dass Hamburg vielfältig ist und Vielfalt besser ist als Einfalt. Auch die Kundgebung am 12. Januar in Leipzig unter dem Motto "Weltoffene Stadt der Vielfalt" war ein Zeichen gegen die Ausgrenzung. Andernfalls besteht die Gefahr, dass unsere Gesellschaft zwischen die Mühlsteine der Nationalisten und religiösen Extremisten gerät und dort zerrieben wird.
Meine Damen und Herren! Die Attentäter von Paris waren Islamisten, aber auch Muslime. Sie beriefen sich auf den Koran. Wir dürfen den islamistischen
Terror nicht mit dem Islam gleichsetzen, es reicht aber auch nicht zu sagen, dass Gewalt nichts mit dem Islam zu tun hat. In dem Moment, in dem sich ein Attentäter auf den Koran und den Islam beruft, haben seine Taten mit dem Islam zu tun. Muslime weltweit, auch in Europa, müssen die Auseinandersetzung mit der Lehre suchen, in deren Namen weltweit Morde an Andersgläubigen, aber auch an Muslimen begangen werden. Ich freue mich sehr darüber, dass muslimische Gemeinden in Hamburg diese Auseinandersetzung intern geführt haben und weiter führen. Vielen Dank dafür an dieser Stelle.
Hamburg hat seine Beziehung zu den Religionsgemeinschaften in Verträgen geregelt. Sie sind eine gute Grundlage für ein friedvolles Zusammenleben. Diese Verträge und ihre praktische Bedeutung für die Stadt können gar nicht hoch genug geschätzt werden. Sie machen deutlich, wie wichtig es ist, das Verhältnis des Staats zu denjenigen Religionsgemeinschaften zu regeln, die sich den freiheitlich-demokratischen Grundwerten verpflichtet fühlen.
Meine Damen und Herren! Unsere Stadt hat in der Zusammenarbeit mit den Muslimen und Aleviten ein Präventionsnetzwerk gegen Salafisten auf den Weg gebracht. Prävention, Kooperation und Repression sind erforderlich, um gegen rechts und den Salafismus gemeinsam zu kämpfen. Meine Rede möchte ich mit einem Zitat von Kermani beenden:
"Terroristen wollen einen Keil zwischen uns treiben, sie wollen uns in eine Entscheidung zwingen, ob wir Europäer oder Araber sind, Westler oder Orientalen, Gläubige oder Ungläubige. […] Heute muss die Antwort […] eine andere, eine im besten Sinne aufklärerische sein: Nicht weniger, sondern mehr Freiheit!"
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Am 4. November 2011 begingen in Eisenach zwei Männer in einem Wohnmobil Selbstmord, nachdem die Polizei das verdächtige Fahrzeug entdeckt hatte. Die beiden Männer waren Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt. Ermittler fanden in den Trümmern mehrere Waffen. Am 11. November 2011 erklärte die Bundesanwaltschaft, dass eine dieser Waffen die seit Jahren gesuchte Pistole Ceska 83 im Fall der Serienmorde an Migranten sei. Zwischen September 2000 und April 2007 sind neun Menschen mit türkischem oder griechischem Hintergrund und eine Polizistin ermordet worden. In Hamburg wurde Süleyman Tasköprü am 27. Juni 2011 in seinem Laden erschossen. Diese Terroristen haben gezielt Unternehmer und Selbstständige ermordet, weil sie exemplarische Beispiele der Verankerung der migrantischen Bevölkerung in der hiesigen Gesellschaft darstellten. Das Vertrauen der Bevölkerung, insbesondere der Zuwanderer, wurde nachhaltig erschüttert. Um diese Morde aufzuklären und die richtigen Konsequenzen zu ziehen, hat es auf Bundesebene und in bestimmten Bundesländern Untersuchungsausschüsse gegeben. Die Berichte der Ausschüsse liegen mittlerweile vor. Der Bericht des Bundestags und die Berichte der Bundesländer, unter anderem Thüringen, haben gezeigt, dass die Sicherheitsorgane insgesamt kollektiv versagt haben.
Meine Damen und Herren! Der Hamburger Senat hat seit dem Bekanntwerden der Verbrechen bei jeder sich bietenden Gelegenheit in Bezug auf seine Haltung und Einschätzung klar Position bezogen. Es wurden Gespräche mit den Migrantenverbänden geführt, um sie über den Ablauf der Ermittlung zu informieren und das verlorengegangene Vertrauen Stück für Stück zurückzugewinnen. Das war richtig und gut so.
Der Senat hat die Mitglieder des zuständigen Ausschusses regelmäßig informiert. In Hamburg wurde sich für die Erstellung einer Drucksache entschieden, die unter der Nummer 20/11661 vorgelegt wurde. Diese umfangreiche Drucksache wurde im Innenausschuss der Bürgerschaft sehr intensiv und konstruktiv beraten. Viele Fragen, die naturgemäß mit der Komplexität und der Bedeutung dieser Sache zusammenhängen, wurden erörtert und diskutiert. Es war wichtig und richtig, bei diesem Thema Gründlichkeit und Sachlichkeit vor Schnelligkeit zu stellen und sich ausreichend Zeit zu geben. Dafür möchte ich mich fraktionsübergreifend bei allen Beteiligten bedanken.
Nun liegt uns der Bericht des Innenausschusses zur Drucksache vor.
Meine Damen und Herren! Die bisherigen Beratungen haben gezeigt, dass die entscheidenden großen Fehler und Versäumnisse regional nicht in Hamburg, sondern in anderen, insbesondere in den östlichen Bundesländern gemacht wurden. Gleichwohl ist es zu einer Reihe von Versäumnissen, von falschen Einschätzungen, von Fehlentwicklungen über einen sehr langen Zeitraum hinweg und sicherlich merkwürdigen Entscheidungen in dem gesamten Prozess gekommen. Allein dass die Täter nicht ermittelt und gefasst worden sind, ist und bleibt ein Versagen. Obwohl die spezifischen Eigenschaften des Hamburger Falls die These der organisierten Kriminalität begünstigt haben, war es aus heutiger Sicht ein Fehler, an dieser These über einen längeren Zeitraum hinweg festzuhalten. Die Ermittlungsansätze in diesem Bereich haben auch nicht zum Erfolg geführt.
Meine Damen und Herren! Es ist mir wichtig zu sagen, dass die Versäumnisse außerhalb Hamburgs und die Besonderheiten bei der jeweiligen Landespolizei und den Verfassungsschützern in anderen Bundesländern die Ermittlungen in Hamburg nicht unbedingt erleichtert haben. Das Land Thüringen sah sich nicht ohne Grund einem besonderen Rechtfertigungsdruck ausgesetzt, und das Landesparlament des Landes Thüringen hat sich auch dazu bekannt.
In den Beratungen in Hamburg hat der Senat klargemacht, dass nach dem Bekanntwerden der Mordserie entgegen der Datenschutzbestimmung keine Unterlagen gelöscht worden sind. Die umfangreiche Drucksache und die damit verbundene Beratung im Ausschuss sollen damit auch keinesfalls einen Abschluss darstellen. Im Innenausschuss herrschte Einvernehmen darüber, spätestens nach der Frühjahrskonferenz der Innenminister im Jahr 2015 erneut über die aktuelle Entwicklung zu berichten. Es ist auch wichtig zu erwähnen, dass bei den Beratungen im Innenausschuss nicht alle Fragen abschließend geklärt werden konnten, zum Beispiel, wie das Opfer Süleyman Tasköprü ausgewählt wurde.
Meine Damen und Herren! In der retrograden Betrachtung ist das sehr stark verinnerlichte Trennungsgebot zwischen dem Handeln der Staatsanwaltschaft, der Polizei und dem Verfassungsschutz in dieser Angelegenheit auch zu berücksichtigen. Es hat dort Versäumnisse und Entscheidungen gegeben, die aus heutiger Sicht nicht nachvollziehbar sind. In den Beratungen wurde auch deutlich, dass Hamburg bereits einen Teil der Vorschläge des Berichts des Bundestags umgesetzt hat, und viele
Aspekte befinden sich zum Teil noch in länderübergreifenden Prüfungen.
Auch wenn Hamburg kein Schwerpunkt des Versagens ist, ist es aber wichtig, aus dieser Serie von Fehlern und Versagen auch richtige Konsequenzen zu ziehen. Der Rechtsstaat ist zwar nicht fehlerfrei, aber so stabil, dass er aufklären und Schlussfolgerungen ziehen kann.
Die Bürgerschaft wird sich, wie schon in der Vergangenheit, auch zukünftig anlassbezogen mit den noch ausstehenden weiteren Maßnahmen oder gegebenenfalls neuen Erkenntnissen intensiv auseinandersetzen.
Was mich darüber hinaus zuversichtlich stimmt im Hinblick auf den weiteren Kampf gegen Rechtsextremismus, war die einhellig wütende und schockierte Reaktion der Hamburgerinnen und Hamburger auf die Mordtaten des NSU. Im Juni 2012 gab es eine große Kundgebung von mehr als 10 000 Menschen unter der Schirmherrschaft des Ersten Bürgermeisters auf dem Rathausmarkt unter dem Motto "Hamburg bekennt Farbe – Für Demokratie, Toleranz und Vielfalt!" Nicht zuletzt auch als Antwort auf die rassistischen NSU-Morde haben wir im November 2013 das Hamburger Landesprogramm gegen Rechtsextremismus verabschiedet und auch mit mehr Mitteln ausgestattet.
Aber die einzelnen Maßnahmen des Staates allein reichen nicht. Wir alle, alle Hamburgerinnen und Hamburger, müssen an der Stärkung der Zivilgesellschaft mitarbeiten und dem Rechtsextremismus entschieden entgegentreten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Hamburg ist eine attraktive Stadt. Sie ist eine Stadt der Internationalität und Diversität. Dazu haben auch die Menschen, die aus anderen Ländern zugewandert sind, einen großen Beitrag geleistet. Unsere Stadt hat einen guten und vielleicht manchmal zu häufig beschworenen Ruf, liberal und weltoffen zu sein. Diesen Ruf muss sich Hamburg immer wieder neu verdienen und erarbeiten.
Als Zentrum einer großen Metropolregion hat Hamburg die Chance, den Hamburgerinnen und Hamburgern große Möglichkeiten zu bieten. Das betrifft Wohnen, Arbeiten, Mobilität, die Möglichkeit, sich etwas aufzubauen, ein selbstbestimmtes Leben inmitten urbaner Infrastruktur, Kultur und Natur. Diese Chancen und Angebote wollen wir auch unseren Kindern durch gute Bildung und Ausbildung von der Kita bis zum Studium oder zu einem Hamburger Meisterbrief ermöglichen. Das alles können wir in Hamburg, und wir können es, weil wir so viele unterschiedliche Kompetenzen und Erfahrungen in unserer Stadt versammeln.
Meine Damen und Herren! Wenn Menschen aus mehr als 180 Nationen in Hamburg leben, dann bedeutet das unter anderem, dass wir uns einer
der wichtigsten gesellschaftlichen Herausforderungen erfolgreich annehmen müssen: der Integration. Der Senat hat unser Eckpunktepapier von 2012 aufgegriffen und das alte Handlungskonzept der Vorgängersenate abgelöst. Das neue Konzept ist mit konkreten und überprüfbaren Indikatoren und Zielwerten verbunden. Auf diese Weise und durch das Controlling soll die Erreichung der Ziele operationalisierbar und konkret überprüfbar sein. In dem neuen Konzept hat Hamburg als bundesweiter Vorreiter Flüchtlinge mit Bleibeperspektive als Zielgruppe der Integrationspolitik bewusst mit aufgenommen. Das ist eine gute Voraussetzung, um angesichts der Zunahme der Flüchtlingszahlen die Anstrengungen zur Integration auch dieser Menschen zu erhöhen.
Das Hauptziel des Integrationskonzepts ist, die chancengerechte und messbare Teilhabe von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund an den zentralen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens zu erreichen. Zentrale Strategien sind dabei die interkulturelle Öffnung der Regelstrukturen und der Abbau struktureller Diskriminierung. Das Konzept umfasst eine Vielzahl von Teilzielen mit insgesamt mehr als 140 Indikatoren zur Messung des Integrationserfolgs. Wie die Antwort des Senats auf unsere Große Anfrage zeigt, haben sich viele dieser Indikatoren seit der Verabschiedung des Konzepts positiv entwickelt, und das ist sehr erfreulich.
Im Bereich der frühkindlichen Bildung hat sich die Anzahl der Kinder mit Migrationshintergrund, die Kinderbetreuungseinrichtungen in Anspruch nehmen, sehr stark erhöht. Das ist präventive und aktive Chancengerechtigkeit und auch eine Investition in die Zukunft, und das ist richtig so.
Auch im Bereich der Bildung sind der Großen Anfrage positive Zahlen zu entnehmen. Die Zahl derjenigen, die die Schule ohne einen Abschluss verlassen, nimmt stetig ab. Und die Zahl derjenigen, die das Abitur schaffen, hat sich auf 43 Prozent erhöht.
Erster Vizepräsident Frank Schira (unterbre- chend): Herr Abaci, ich wollte nur ein wenig um Gehör bitten. Herr Abaci hat das Wort.
Das ist ein Verdienst unserer guten Schulpolitik, meine Damen und Herren.
Wahlergebnisse siehe Anlage, Seite 7363 ff
Frühkindliche Bildung und Schulpolitik sind eine Investition in Humankapital. Davon profitieren alle, unabhängig davon, welche Hintergründe sie haben. Das ist ein zentrales und wichtiges Element der urbanen Metropolpolitik in Hamburg, und das ist auch weiterhin richtig. Wichtig ist auch, dass im Bereich der Erziehungskompetenzen von Eltern mit Migrationshintergrund eine starke Zahl im Vergleich zur Sollzahl zu verzeichnen ist. Auch im Bereich der Integrationskurse haben wir positive Zahlen zu verzeichnen. In diesem Zusammenhang möchte ich auf ein Modellprojekt des HIBB hinweisen, bei dem es darum geht, minderjährigen Flüchtlingen Zugang zur Ausbildung zu ermöglichen. Dieses Modellprojekt verbindet Berufsvorbereitung mit dem Lernen von berufsbezogenem Deutsch und ermöglicht damit eine dualisierte Ausbildung. Das ist ebenfalls ein wichtiger Beitrag zur Integration von Flüchtlingen in Richtung Ausbildung und Arbeitsmarkt.
Auch im Bereich Arbeitsmarkt, was das Anerkennungsverfahren von ausländischen Abschlüssen angeht, ist Hamburg unter anderem mit einer Nominierung des Beratungsanspruchs im Gesetz vorbildlich. Die Zahlen zeigen, dass von April 2012 bis Ende 2013 etwa 1200 Voll- oder Teilanerkennungen stattgefunden haben. Das bedeutet eine Entlastung des Arbeitsmarkts und ist ein wichtiger aktiver Beitrag zur Integration in den Arbeitsmarkt.
Alle diese Vorgänge wie Einbürgerungszahlen, frühkindliche Förderung, Bildungs- und Berufschancen oder Diskriminierungsabbau werden einem Controlling unterworfen und dann wird Bilanz gezogen. Integration wird endlich berechenbar und das ist auch gut so.
Meine Damen und Herren! Mit dem Konzept wird nicht Vorsorgepolitik betrieben. Wir betrachten Menschen mit Migrationshintergrund nicht als problembeladene Randgruppe, der vordringlich caritativ geholfen werden muss. Vielmehr sind sie ein elementarer Bestandteil der Hamburger Bevölkerung in den verschiedensten sozialen Bezügen. Diese Hamburgerinnen und Hamburger haben Kompetenzen und Fähigkeiten, die es zu fördern gilt. – Vielen Dank.
Herr Haufler, was Sie gesagt haben, ist auch eine Diffamierung der Mitglieder des Integrationsbeirats, denn dieses Konzept hat
nicht der Senat allein gemacht, sondern das war ein Prozess mit dem Integrationsbeirat und anderen Menschen in dieser Stadt. Wenn Sie so reden, dann diffamieren Sie auch andere Beteiligte dieses Konzepts, und das weise ich zurück.
Zu Frau Demirel. Wenn Sie nach vorn kommen, dann reden Sie immer von Schwarz und Grün, vielleicht träumen Sie auch noch davon. Ich frage mich, warum Sie die Koalition haben platzen lassen, wenn das alles gut funktioniert hat. Sie haben ein tolles Anerkennungsgesetz gemacht, Sie haben im Bereich der Schule vieles gut gemacht, aber dann haben Sie die Koalition verlassen. Das begreife ich nicht, das passt irgendwie nicht zusammen.
Frau Özdemir, die Menschen können es langsam nicht mehr hören, wenn Sie zum Thema Migrationspolitik reden, nämlich dass immer versucht wird, aus der Opferrolle heraus zu argumentieren. Das ist langsam unerträglich. Die Migranten sind keine Opfer, sie sind kein Problem, sie sind ein Teil der Gesellschaft, und sie sind auch an der Lösung dieser Probleme orientiert und engagiert. Aus der Opferrolle heraus zu argumentieren, ist fehl am Platze.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe vor zwei Wochen eine Flüchtlingsunterkunft besucht und dort
auch kleine Kinder erlebt. Kleine Kinder – wir haben selbst Kinder – malen Blumen oder Autos, und diese Kinder haben auch etwas gemalt, nämlich Panzer und Waffen. Sie haben in diesem Alter traumatische Erlebnisse gehabt, und deshalb verstehe ich nicht, dass bei diesem Punkt parteipolitische Aspekte in den Vordergrund gestellt werden und weniger der humanitäre Anspruch und die humanitäre Pflicht. Das geht nicht.
Erster Vizepräsident Frank Schira (unterbre- chend): Herr Abaci, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
– Nein, Frau Özdemir hat genug geredet, jetzt bin ich dran.
Frau Özdemir, ich weiß nicht, ob Sie nicht mitbekommen haben…
Erster Vizepräsident Frank Schira (unterbre- chend): Herr Abaci hat das Wort.
Es ist so, dass die Kinder in den ersten drei Monaten in der Erstversorgungseinrichtung beschult werden, und nach drei Monaten gehen sie in normale Schulen, in internationale Vorbereitungsklassen. Ich glaube, Sie haben gar nicht mitbekommen, dass das so in Hamburg stattfindet.
Wir können uns vieles Schöne vorstellen. Ich möchte auch nicht, dass in der Schnackenburgallee 1000 Menschen leben. Ich selbst wohne nicht weit entfernt von dieser Einrichtung, und schön ist das nicht. Aber die Realität ist so, dass wir uns bemühen, die Situation zu verbessern. Anspruch und Realität passen leider nicht immer zusammen, aber wir haben den Anspruch, auch die Realität zu verbessern. Das unterscheidet uns von Ihnen.
Was den Kapazitätenaufbau angeht: Ich weiß nicht, ob an der CDU vorbeigegangen ist, dass die CDU und andere Parteien zehn Jahre an der Regierung waren, und die haben auch aufgrund der BAMF-Prognose die Kapazitäten abgebaut. Das kritisieren wir gar nicht. Aber jetzt gehen die Prognosen nach oben, und jetzt wollen wir den Aufbau.
Zweitens zum Betreuungsschlüssel. Als Sie an der Regierung waren, gab es einen Betreuungsschlüssel von 1:97, jetzt haben wir einen Betreuungsschlüssel von 1:80. Das ist schon ein Riesenschritt nach vorn.
Meine Damen und Herren! Es kommen Kinder, es kommen Erwachsene, es kommen auch Frauen und minderjährige Flüchtlinge in die Stadt. Die Beschulung und die Ausbildung dieser Flüchtlingskinder ist für mich und für uns eine sehr wichtige Aufgabe. Ich weiß nicht, ob Sie alle mitbekommen haben, dass die hamburgische Initiative denjenigen, die eine Ausbildung machen möchten, auch den Zugang zum BAföG ermöglichen möchte. Jetzt ist auf Bundesebene durchgesetzt worden, dass diese minderjährigen Flüchtlinge nicht unbedingt vier Jahre in Deutschland gelebt haben müssen, um eine BAföG-Förderung zu bekommen. Es wurde von vier Jahren auf 15 Monate reduziert, und das ist auf eine Initiative auch aus diesem Hause zurückzuführen. Und das ist gut so.
Das ist gut für die Betroffenen, das ist auch gut für die Stadt und das Land. Deshalb noch einmal mein Appell: Wir können über verschiedene Aspekte diskutieren, und es ist gut, dass wir differenzierte Meinungen haben, aber die Menschen sind da, sie brauchen ein Dach über dem Kopf, die Kinder brauchen Kitas und eine Schule. Deshalb ist es wichtig, dass wir hier, aber auch draußen in der Stadt, an einem Strang ziehen und nicht kleinliche Parteipolitik in den Vordergrund stellen. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Seit Generationen genießen wir in Hamburg das Privileg, Menschen unterschiedlichster Herkunft zu beheimaten. Deshalb haben wir den Ruf, weltoffen zu sein. Deshalb heißt es, Hamburg ist das Tor zur Welt. Dieses hohe Gut der Internationalität und Diversität müssen wir aber nicht nur als solches erkennen, sondern auch fördern.
Wenn Sie heute an einer Hamburger Schule vorbeischauen, stehen Sie vor folgender Realität: Neben Leon, Anna und Stefan werden Sie auch von Schülern begrüßt, die Leila, Cem, Marta oder Chanel heißen. Viele Schülerinnen und Schüler in Hamburg wachsen mehrsprachig auf. Diese natürliche Mehrsprachigkeit, die sie von ihren Eltern mitbekommen, dürfen wir nicht verkümmern lassen.
Wir möchten ihnen die Möglichkeit geben, ihre Stärken auch in der Schule und später im Beruf einzubringen.
Unser Antrag sieht vor, dass dieses Potenzial der Mehrsprachigkeit gefördert wird und dass Unterricht in den Herkunftssprachen fest an Hamburgs Schulen verankert wird.
Erstens: Wir möchten, dass der Unterricht in den Herkunftssprachen aufgewertet wird. Das heißt, jene Sprachangebote sollten als Wahlpflichtfächer angeboten werden, die von der Kultusministerkonferenz als Prüfungsfach zugelassen sind.
Zweitens: Wir möchten, dass geprüft wird, inwieweit das vorhandene Unterrichtsangebot ausgeweitet werden kann. Bisher werden bereits an 72 Grundschulen, Stadtteilschulen und Gymnasien rund 2500 Schüler in Herkunftssprachen unterrichtet.
Drittens: Wir möchten, dass geprüft wird, wie die Anzahl der Schülerinnen und Schüler, die am herkunftssprachlichen Unterricht teilnehmen, gesteigert werden kann.
Kommen wir zurück zu unserer Hamburger Schule und zurück zu Marta, eine vielsprechende junge Schülerin. Sie ist deutsche Staatsbürgerin, ihre Eltern sind in Stettin geboren und haben einen polnischen Hintergrund. Marta ist besonders interessiert an Mathematik. Sie wird in den kommenden Jahren Wirtschaftsingenieurwesen studieren und als Projektleiterin in einem mittelständischen Unternehmen arbeiten, das wirtschaftliche Beziehungen ins Ausland unterhält. Das ist nicht ungewöhnlich in einer zunehmend globalisierten Welt. Marta hat dieses enorme Potenzial, bilingual aufzuwachsen, da sie in der Schule und mit ihren Freunden deutsch spricht und zu Hause mit ihren Eltern und ihrer Familie polnisch.
Wir als SPD-Fraktion möchten, dass Marta in einer Gesellschaft aufwächst, in der ihre Mehrsprachigkeit als eine Bereicherung und als kultureller Wert anerkannt wird. Sie verfügt über ein Potenzial, das für ihre berufliche und persönliche Entwicklung große Chancen ermöglicht.
Aber ihre polnischen Grundkenntnisse werden sie nicht weiterbringen, wenn sie ihre Sprachkompetenz nicht pflegt, erweitert und vertieft. In einer Bewerbung zählt Polnisch als Muttersprache für den Arbeitgeber in der Regel nicht viel, wenn die Sprache nicht zeugnisrelevant ist. Besonders wichtig ist der Punkt in unserem Antrag, der die Aufwertung des herkunftssprachlichen Unterrichts vorsieht. Wir möchten ein Bewusstsein und ein Selbstverständnis bei den Menschen schaffen. Wir möchten dieses Potenzial auch weiter fördern.
Nun gibt es Stimmen, die meinen, die Kinder sollten erst einmal richtig Deutsch lernen, bevor sie in ihren Herkunftssprachen unterrichtet werden. Es gibt Stimmen, die sagen, Türkisch, Russisch oder Polnisch seien doch keine Weltsprachen wie Englisch, Französisch oder Spanisch. Das sind jedoch überholte und unzeitgemäße Ansichten, die mit der heutigen Realität Deutschlands wenig vereinbar sind.
Warum ist es gut, dass die Anzahl der Schülerinnen und Schüler, die den Unterricht in den Herkunftssprachen besuchen, gesteigert wird? Weil sie mit soliden Grundlagen in der Herkunftssprache auch die deutsche Sprache und jede weitere Sprache leichter lernen können. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass sich das Erlernen der Herkunftssprache positiv auf die Persönlichkeitsentwicklung und den schulischen Erfolg eines Kindes auswirkt. Die mündlichen und sprachlichen Kompetenzen werden erweitert. Das Sprachbewusstsein und die interkulturelle Handlungsfähigkeit werden dadurch auch gesteigert.
Ich denke, dass wir mit unserem Antrag und den drei Bausteinen, der Aufwertung, der Verbindlichkeit und der Ausweitung der Förderung des herkunftssprachlichen Unterrichts, einen großen Schritt in die richtige Richtung machen werden, in Richtung einer fortschrittlichen, modernen und integrativen Bildungspolitik.
Ich möchte, dass Marta bewusst ist, was für ein großes Geschenk ihr in die Wiege gelegt wurde. Wir möchten, dass sie in einem Hamburg aufwächst, das ihre Zweisprachigkeit als großes Potenzial anerkennt und fördert. Wir möchten eine Bildungsstadt Hamburg, in der es höchste Priorität ist, allen Kindern und Jugendlichen, unabhängig von ihrer Herkunft, die bestmöglichsten Bildungschancen zu ermöglichen, ein Hamburg, das Mehrsprachigkeit als einen persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Gewinn anerkennt. Darum bitte ich Sie um die Unterstützung unseres Antrags.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Lage im Irak und in Syrien ist dramatisch, das hat Frau Özdemir auch so beschrieben. Die IS-Terroristen stehen etwa 40 Kilometer vor Erbil. Erbil ist die Hauptstadt der kurdischen Autonomieregion im Irak. Das ist die Region, in der nicht nur Jesiden Zuflucht gefunden haben, sondern auch Christen, Aleviten und sogar Muslime, die von der IS verfolgt werden. Die Kurden in der autonomen Region haben bislang jeden Flüchtling, ungeachtet seiner Ethnien- und Religionszugehörigkeit, aufgenommen. Dafür verdienen sie unseren größten Respekt.
Wenn Erbil und die kurdische Region im Irak an die IS-Kämpfer fallen, dann sind nicht nur die Menschen in Erbil bedroht, sondern auch die Flüchtlinge, für die das die einzige Zufluchtsgegend darstellt, die ihnen zur Verfügung steht. Selbst gemessen an den Taliban und an al-Qaida ist die Brutalität der IS von einem bislang unbekannten Ausmaß. Es ist insgesamt eine sehr schwierige und sehr extreme Situation.
Das heißt, dass auch die Bundesregierung vor einer sehr schwierigen außenpolitischen und verteidigungspolitischen Entscheidung steht. Aber die Außen- und Verteidigungspolitik wird nicht in Hamburg, sondern in Berlin und anderswo gemacht. Die Menschen, die vor Bürgerkrieg und politischer Verfolgung flüchten, müssen und wollen wir aufnehmen, darüber gibt es keinen Dissens. Hamburg kann und wird selbstverständlich seinen Teil dazu beitragen. Das hat Hamburg früher gemacht, das macht Hamburg auch jetzt und wird es ebenfalls in der Zukunft so machen.
Dass dieses Thema auch in Hamburg ein wichtiges Thema ist, haben wir in einem Gespräch mit den Vertretern der Jesiden, Christen und Kurden,
mit meiner Kollegin Frau Steppat, mit Niels Annen, außenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion, und auch mit dem Bundestagsabgeordneten Herrn Bartke behandelt. Dieses Gespräch hat noch einmal gezeigt, dass wir auch hier sicherheits- und ordnungspolitisch aufpassen und präventiv handeln müssen. Aber das haben wir auch. Frau Özdemir, ich weiß nicht, ob Sie nicht mitbekommen haben, dass bei der BASFI eine Beratungsstelle zur Prävention gegen islamische Extremisten existiert, und mit dieser Beratungsstelle mehrere Behörden – Schulbehörde, Innenbehörde und Sozialbehörde – zusammenarbeiten.
Es ist in der Tat so, dass diejenigen, die aus diesen Kämpfen zurückkommen, auch für uns eine Bedrohung darstellen. Insofern sind wir alle gefragt, die Sicherheitsorgane und der Verfassungsschutz; dazu haben Sie sich auch geäußert. Wir alle sind gefragt, die Augen aufzuhalten und aufzupassen. In diesem Zusammenhang ist es sehr erfreulich, dass sich viele muslimische Verbände von diesen Extremisten distanziert haben.
Man kann sagen, dass der Vertrag, den wir mit den Muslimen und Aleviten in Hamburg geschlossen haben, ein richtiger und wichtiger Meilenstein in einer interreligiösen und interkulturellen Gesellschaft und eine wichtige Grundlage für diese Distanzierung der muslimischen Verbände ist.
Zum Thema Schnackenburgallee. Dieser Vorfall ist nicht neu, er war vor mehreren Monaten,
und da wurde sofort gehandelt. Der Wachdienst wurde ausgetauscht, das ist auch durch die Presse gegangen. Das Thema ist richtig und wichtig, aber wir müssen von einer Dramatisierung absehen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Titel dieser Debatte, die von der LINKEN angemeldet worden ist, heißt: Türkischlehrer sind an Schulen unverzichtbar. Ich möchte sagen, nicht nur Türkischlehrer, sondern alle Lehrer sind unverzichtbar.
Das Präsidium der Universität Hamburg hat durch Beschluss am 19. Mai 2014 die Fakultät für Geisteswissenschaften gebeten, ein Verfahren zur Einstellung des Unterrichtsfachs Türkisch im Bereich der Turkologie einzuleiten. Das ist eine Entscheidung der Universität Hamburg.
Wir haben in Deutschland die Hochschulautonomie. Das möchte ich unterstreichen.
Es ist legitim, dass die Universität Hamburg diese Entscheidung eigenständig trifft. Auch wenn wir in der Politik abweichende Ansichten zur Entscheidung der Universität haben könnten und sollten – das haben die einen oder anderen –, haben wir trotzdem mit der Hochschulautonomie respektvoll umzugehen.
Ich möchte erst einmal weitermachen.
Lassen Sie uns doch bitte einmal kurz über die Fakten sprechen anstatt über die Emotionen. Fakt ist, dass in den vergangenen Jahren die Zahl an belegten Studienplätzen für diesen Bereich stark zurückgegangen ist. Im Wintersemester 2010/2011 waren 20 Studienanfänger eingeschrieben, im folgenden Wintersemester waren es nur noch 12 und im letzten Wintersemester waren es nur noch 8 Studienanfänger. Das heißt, die Zahl der Studie
renden ist in diesem Fach tendenziell nach unten gegangen.
Das ist Fakt.
Fakt ist aber auch, dass an 30 Hamburger Schulen Türkisch unterrichtet wird. Vier Grundschulen und zwei weiterführende Schulen bieten auch bilingualen Unterricht an; an weiteren 14 Schulen gibt es Türkisch-AGs; darauf wurde schon hingewiesen. Darüber hinaus arbeiten 36 Lehrkräfte mit einer türkischen Fakultas in hamburgischen Schulen. Ich möchte unterstreichen, dass wir als SPD-Fraktion herkunftssprachlichen Unterricht enorm richtig und wichtig finden.
Deshalb haben wir auch diesen Punkt in das Integrationskonzept hineingenommen. Ich danke Ihnen, Frau Heyenn, dass Sie unser Integrationskonzept gelobt haben. Es ist aber so, dass in 72 Hamburger Schulen nicht nur Türkisch unterrichtet wird, sondern 2500 Schülerinnen und Schüler in elf Herkunftssprachen unterrichtet werden. Zum Beispiel können die Fächer Spanisch, Türkisch, Italienisch, Polnisch, Russisch oder Portugiesisch belegt werden. Die Mehrsprachigkeit ist für die Kinder und die gesamte Gesellschaft eine Bereicherung und ein kultureller Wert an sich.
Sie erwerben damit ein Potenzial, das ihnen selbst, aber auch unserer Gesellschaft und der Wirtschaft viele Chancen eröffnet. Darüber hinaus sollten wir darüber nachdenken – und wir tun es –, inwieweit herkunftssprachlicher Unterricht in den Schulen verbindlicher gemacht und aufgewertet werden kann.
Meine Damen und Herren! Die Schülerschaft in Hamburg ist heterogen und international; jedes zweite Kind kommt aus einer Zuwandererfamilie, darauf wurde auch hingewiesen. Diese gesellschaftliche Realität hat sich auch in den Lehrerzimmern abzubilden. Hamburg ist in diesem Bereich bundesweit vorbildlich.
Ich bitte, nicht Emotionen, sondern Fakten sprechen zu lassen. Fakt ist, dass im Februar 2014 23 Prozent der Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst eine Migrationsgeschichte haben, während im Mai 2009 diese Zahl 16,7 Prozent betrug. Das ist eine Steigerung um sechs Prozentpunkte. Das zeigt, dass wir auf dem Weg vom interkulturellen Klassenzimmer in Richtung interkulturelles Lehrerzimmer sind, und das ist gut so.
Herkunftssprachlicher Unterricht und eine Lehrerschaft mit Migrationsgeschichte sind von unschätzbarem Wert. Selbst wenn ab dem kommenden Wintersemester keine neuen Lehramtsstudenten für Türkisch mehr aufgenommen werden sollten, ist doch der Bedarf in Hamburg sichergestellt, und darauf kommt es an. Hier müssen wir auch alle mitgehen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich hätte auf meine Rede verzichtet, nachdem der Senator alles klar dargestellt hat, aber ein paar Dinge möchte ich nicht stehenlassen.
Erstens: DIE LINKE sollte sich wirklich überlegen, ob sie mit ihrem Redebeitrag die Bemühungen der Gesellschaft und der Stadt, die Flüchtlinge in der Stadt unterzubringen, dadurch nicht kaputt macht.
Auch wir haben mit den Menschen gesprochen, die dort gewohnt haben. Das Schicksal eines jeden Menschen ist uns sehr wichtig. Auch wir möchten, dass die Menschen so schnell wie möglich wieder in ihre Wohnungen zurückkehren. Eine Kausalität zwischen der Asyldebatte, der Ausländerdebatte und der Willkommensdebatte mit diesem konkreten Brandfall zu sehen, ist eine schräge Debatte; darauf sollten wir lieber alle verzichten.
Mein Dank gilt auch der Polizei, den Sicherheitskräften und der Feuerwehr, ebenso den vielen Bewohnerinnen und Bewohnern dieses Stadtteils und dieser Stadt, die sich mit diesem Fall auseinandergesetzt und ihr Beileid und ihre Trauer zum Ausdruck gebracht haben. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Flüchtlingspolitik humaner zu gestalten und die Lebensbedingungen von Flüchtlingen zu verbessern, war und ist ein wichtiges Anliegen der SPD-Bürgerschaftsfraktion in Hamburg.
Der Antrag der SPD-Fraktion vom 9. Mai 2012 zur Erarbeitung eines neuen Integrationskonzepts enthielt ausdrücklich die Forderung, dass Flüchtlinge in Zukunft als Ziel der Integrationspolitik in der Stadt berücksichtigt werden sollten. Ich freue mich sehr, dass der Senat dies auch aufgegriffen hat. Damit hat die Stadt ein positives Signal gesetzt, und das ist bundesweit vorbildlich.
Meine vielen Begegnungen und Gespräche mit den betroffenen Menschen haben mich auch sehr berührt. Sie leben teilweise seit mehreren Jahren in Hamburg und bringen Erfahrungen, Kompetenzen und oft auch eine Ausbildung mit. Sie wollen vor allem ihren Lebensunterhalt aus eigener Kraft bestreiten, um nicht mehr von Transferleistungen abhängig zu sein. Arbeit ist eben ein zentrales Element für die Teilhabe an der Gesellschaft. Besonders wichtig ist es uns, dass auch Zuwanderer ohne gesicherten Aufenthaltsstatus Zugang zu unserem Bildungs- und Ausbildungssystem haben. Bildung ist eben Menschenrecht.
Die Aufnahme von Flüchtlingskindern in das Bildungs- und Teilhabepaket in Hamburg zeigt, wie wichtig uns die Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen Leben ist. Hamburg finanziert den Kindern von Flüchtlingen aus Landesmitteln den Zugang zu den Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets, da der Bund dies bisher abgelehnt hat. Flüchtlinge, die hier leben und sich anstrengen, eine Ausbildung zu machen, oder die Arbeit möchten, brauchen bessere Rahmenbedingungen. Diese Menschen sollten auch eine Bleibeperspektive bekommen. Es gibt inzwischen viele Menschen, die schon vor Jahren zu uns gekommen sind und lange nur geduldet bei uns lebten. Für sie schafft der im Koalitionsvertrag auf Bundesebene gefundene Konsens zum ersten Mal eine Bleibeperspektive. Dies ist ein Meilenstein in der bisherigen bundesrepublikanischen Flüchtlingspolitik und trägt die Unterschrift Hamburgs.
Diese Regelung ist gut für die betroffenen Menschen. Sie sollen wissen, dass sie auch bleiben können. Hamburg hat diese Initiative eingebracht, sie wurde angenommen, und das ist gut so.
Nun ist die Bundesregierung aufgefordert, den Gesetzentwurf auf den Weg zu bringen. Wir, die SPDBürgerschaftsfraktion, werden dies kritisch und konstruktiv weiterbegleiten. Das ist eine moderne Flüchtlings- und Zuwanderungspolitik.
Der Koalitionsvertrag sieht auch einen schnelleren Zugang von Flüchtlingen zum Arbeitsmarkt vor, nämlich nach drei Monaten. Dieser Zugang war bisher erst nach neun Monaten möglich. Ohne Arbeit sind die Menschen auf die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz angewiesen.
Auch junge Flüchtlinge möchten eine Ausbildung beginnen und können dies nicht tun, weil sie nicht wissen, wovon sie während der Ausbildung leben
sollen. Wir halten die durch das BAföG-Gesetz verlangte Mindestaufenthaltsdauer für kontraproduktiv. Wir möchten nicht, dass jungen Menschen, die einen Beruf erlernen möchten, Steine in den Weg gelegt werden. Da sind wir im letzten Jahr auch initiativ geworden, und wir möchten, dass dieses BAföG-Gesetz entsprechend geändert wird.
Je eher ein junger Mensch eine Ausbildung aufnehmen kann, desto besser ist es für ihn und für die Gesellschaft. Das ist eine fortschrittliche Bildungs- und Integrationspolitik.
Asylbewerber, deren Verfahren sich hinziehen oder Menschen, die eine Duldung haben, weil humanitäre oder persönliche Gründe die Rückkehr in ihr Herkunftsland unmöglich machen, sollen besser in die Gesellschaft integriert werden. Dabei spielt die Sprache eine Schlüsselrolle. Hier ermöglicht Hamburg bereits heute, dass diese Menschen an Integrationskursen teilnehmen, um die deutsche Sprache zu erlernen. In diesem Bereich ist Hamburg Vorreiter auf Bundesebene, und das wollen wir ausbauen. Dabei sehen wir aber auch den Bund in der Pflicht. In unserem Auftrag fordern wir ihn dazu auf, die Integrationskurse vom Stundenumfang her zu erweitern. Wir fordern, dass die im Koalitionsvertrag auf Bundesebene vereinbarte Verkürzung der Sperrfrist bei der Arbeitsaufnahme von neun auf drei Monate in Hamburg schnell, zügig und unbürokratisch umgesetzt wird.
Wir erwarten, dass Flüchtlinge mit Bleibeperspektive frühzeitig über die Möglichkeit der Anerkennung der im Ausland erworbenen Qualifikationen gezielter informiert werden und dabei ihre Lebensentwürfe stärker berücksichtigt werden. Hamburg hat hierzu einen Rechtsanspruch auf Beratung geschaffen, der bundesweit vorbildlich ist und auch für Flüchtlinge offensteht.
Es ist für uns ein wichtiges Anliegen, dass die Betroffenen gezielt und systematisch im Rahmen der Anerkennungsberatung angesprochen werden. Darüber hinaus soll den Asylsuchenden und Geduldeten ermöglicht werden, am Hamburger Stipendienprogramm teilzunehmen. Sie sollten aber auch im Rahmen der arbeitsmarktpolitischen Instrumente stärker berücksichtigt werden. Wir wollen, dass diejenigen, die eine Perspektive haben hierzubleiben, rechtzeitig und qualifiziert über Förderungs- und Qualifizierungsinstrumente informiert werden, um ihnen einen besseren und schnelleren Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Sie merken oder auch nicht: Hamburg hat auch im Bundesvergleich eine fortschrittliche Zuwanderungs- und Flüchtlingspolitik. Mit der angestrebten Verbesserung der Zugangsmöglichkeiten von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt setzen wir unsere
Bemühungen fort. Im Rahmen der Möglichkeiten des Landes arbeiten wir Schritt für Schritt messbar und konkret an der Verbesserung der Lebensbedingungen von Flüchtlingen. Dieser Antrag ist ein weiterer Baustein zur Erreichung von mehr Teilhabechancen von Flüchtlingen in Hamburg, und das ist eine politische Antwort auf eine politische Frage.
Ich möchte Sie bitten, unseren Antrag zu unterstützen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Hamburg ist eine internationale und kosmopolitische Stadt. Die Stadt, in der wir leben, hat den Ruf, liberal und weltoffen zu sein. Diesen Ruf muss sich unsere Stadt immer wieder neu verdienen, und wir alle müssen daran mitarbeiten.
Hamburg wächst, und das ist erfreulich. Das ist nicht nur den Eingewanderten zu verdanken. Laut Prognosen werden in der Stadt bald 1,9 Millionen Einwohner leben. In der Metropolregion wären es dann 5 Millionen Menschen, die entlang unserer beiden Elbufer leben und arbeiten. Hamburg bietet
als Zentrum einer großen Metropolregion viele Chancen: wohnen, arbeiten, mobil sein, selbstbestimmt leben inmitten einer urbanen Infrastruktur, und dasselbe bietet es auch seinen Kindern durch gute Bildung und Ausbildung von der Kita bis zum Hochschulabschluss. Das alles können wir in Hamburg, und wir können es, weil wir so viele unterschiedliche Kompetenzen und Erfahrungen in der Stadt versammeln.
Wenn mehr als 180 Nationen in Hamburg vertreten sind, bedeutet das unter anderem, dass wir uns einer der wichtigsten gesellschaftlichen Herausforderungen erfolgreich annehmen müssen: der Integration und Vielfalt. Integration ist nur dann gelungen, wenn Zuwanderer gleichberechtigt an allen Bereichen gesellschaftlichen Lebens teilhaben, genauer gesagt, wenn sie es können und tun.
Ein wichtiges Element der Integrationspolitik ist die Einbürgerungskampagne, die vom Vorgängersenat begonnen wurde. Durch das systematische und offensive Vorgehen des Ersten Bürgermeisters Olaf Scholz zeigt diese Kampagne bundesweit großartige Erfolge.
Hamburg ist, bezogen auf seine Einwohnerzahl und Einbürgerungsquote, bundesweit Spitzenreiter – und das ist gut so. Es ist wichtig und richtig, dass Menschen, die seit mehreren Jahren hier leben, die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen. Das ist ein Bekenntnis zu Deutschland. Wer die deutsche Staatsbürgerschaft erlangt, für den gelten auch dieselben Rechte und Pflichten, allen voran das aktive wie passive Wahlrecht.
Meine Damen und Herren! Die Einbürgerung ist auch ein wichtiges Signal. Deutschland, das sich lange gewehrt hatte, Einwanderungsland zu sein, baut endlich Brücken. Wer am tieferen Sinn dieser Politik zweifelt, sollte eine Einbürgerungsfeier im Festsaal des Rathauses erleben. Dort wird mit der Verleihung der Einbürgerungsurkunde durch den Ersten Bürgermeister und dem gemeinsamen Singen der Hammonia und der Nationalhymne das Hochamt der bürgerlichen Demokratie erlebt.
Wie Sie der Drucksache entnehmen können, konnte die Zahl der Anträge auf Einbürgerung von 5249 im Jahr 2011 auf 7164 im Jahre 2012 erhöht wer
den. Das ist eine Steigerung von etwa 37 Prozent. Während Hamburg im ersten Halbjahr 2012 noch 2687 Neueinbürgerungen zu verzeichnen hatte, waren es im ersten Halbjahr 2013 schon 3747. Das ist eine Steigerung von etwa 40 Prozent, und das ist ein Erfolg der Einbürgerungskampagne des Senats.
Die Drucksache zeigt auch, dass die Verfahrensdauer durch mehr Personal und verbesserte Arbeitsabläufe erheblich reduziert wurde. Diese Zahlen belegen eindeutig, dass die Kampagne ein Erfolgsmodell ist und einen weiteren Beleg für die Willkommensund Anerkennungskultur unserer Stadt darstellt. Die Bundesrepublik Deutschland, das sollte nicht kleingeredet werden, ist ein Land mit einem liberalen Zuwanderungsrecht. Man kann darüber lachen, aber es ist so. Dieses Zuwanderungsrecht lässt sich dennoch weiter verbessern. Wie Sie der Drucksache entnehmen können, erfolgen etwa 60 Prozent aller Einbürgerungen unter Beibehaltung der bisherigen Staatsangehörigkeit. Das zeigt, dass die Mehrstaatigkeit, die der Ausnahmefall sein sollte, längst ein Regelfall geworden ist und dass das Konzept einer exklusiven nationalen Identität hoffnungslos überholt ist. Die ungleiche und ungerechte Behandlung von Bevölkerungsgruppen ist zu beseitigen. Das ist ein Beleg dafür, dass wir ein moderneres Staatsangehörigkeitsrecht brauchen. Dazu gehören auch die Ermöglichung der doppelten Staatsbürgerschaft und die Abschaffung des Optionszwangs.
Wie ich eingangs sagte, müssen wir uns den guten Ruf unserer Stadt gemeinsam immer wieder neu verdienen. Hamburg tut etwas dafür. Die Drucksache ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung.
Zusammenfassend möchte ich sagen, dass wir Menschen mit Migrationshintergrund nicht als problembeladene Randgruppe betrachten, der vordringlich karitativ geholfen werden muss. Vielmehr sind sie elementarer Bestandteil der hamburgischen Bevölkerung mit verschiedensten sozialen Bezügen. Diese Hamburgerinnen und Hamburger haben Kompetenzen und Fähigkeiten, die es zu würdigen und zu fördern gilt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Flüchtlingskatastrophe von Lampedusa ist nicht nur eine Schande für Europa, sondern es ist auch ein Symbol für gescheiterte EU-Politik in diesem Bereich.
Seitdem Hunderte von Flüchtlingen bei dem Versuch umgekommen sind, Europa per Schiff zu erreichen, und die Medien darüber breit berichten, hat diese Katastrophe natürlich auch die Köpfe und Herzen der meisten Menschen in Hamburg erreicht. Sie fühlen und leiden mit den Flüchtlingen und fordern auch zu Recht eine Diskussion über die Veränderung der europäischen Flüchtlingspolitik. Europa darf und soll keine Festung sein, an deren Mauern jede Menschlichkeit abprallt.
Die Genfer Flüchtlingskonvention ist Teil der EUVerträge und verpflichtet auf eine völkerrechtskonforme humanitäre Flüchtlingspolitik. Diese Verpflichtung muss neu eingefordert werden, auch von Italien.
Meine Damen und Herren! Der Schutz der europäischen Grenzen und ihre Koordination durch die EU-Agentur Frontex dürfen nicht zur Gefährdung von Leib und Leben von Flüchtlingen beitragen.
Die Dublin-II-Verordnung muss so verändert werden, dass die Verantwortung für den Flüchtlingsschutz der Mitgliedsstaaten an den EU-Außengrenzen in eine faire und solidarische Verantwortungsteilung der EU überführt wird. Europäische Mindeststandards, auch in Italien, für die Ausgestaltung des Asyl- und Flüchtlingsschutzes, insbesondere bezogen auf die humanitäre, wirtschaftliche, gesundheitliche und Wohnsituation, müssen gegenüber den Mitgliedsstaaten durchgesetzt werden, gegebenenfalls durch eine solidarische Unterstützung. Gemeinsam mit unserer Bundestagsfraktion und unserer Fraktion in der EU werden wir uns dafür einsetzen, dass die Rahmenbedingungen für eine humanitäre und rechtsstaatliche Flüchtlingspolitik verbessert werden.
Die Entscheidungen werden aber nicht in Hamburg, sondern in Brüssel getroffen.
Solange diese Gesetze gelten, hat Hamburg diese Gesetze auch anzuwenden.
Hamburg ist eine liberale und weltoffene Stadt. Wir stellen uns unserer Verantwortung, um das Leben aller Menschen in der Stadt insgesamt noch lebenswerter zu gestalten. Hamburg stellt sich der Verantwortung, die Unterbringung von Flüchtlingen vor Ort zu gestalten, auch vor Ort präsent zu sein. Hamburg ermöglicht allen Kindern den Besuch von Kitas und Schulen, auch Kindern von Flüchtlingen
und Papierlosen. Hamburg finanziert Bildungs- und Teilhabeleistungen für die Kinder von Flüchtlingen freiwillig aus Landesmitteln, weil die Bundesregierung das bisher ablehnt. Flüchtlinge können in Hamburg, ebenfalls finanziert aus Landesmitteln, an Integrationskursen teilnehmen. Hamburg ermöglicht Papierlosen medizinische Versorgung. Hamburg betreibt eine vorbildliche intensive Einbürgerungskampagne.
Hamburg hat als erstes Bundesland Verträge mit den Aleviten und muslimischen Religionsgemeinschaften geschlossen.
Hamburg hat das Landesanerkennungsgesetz verabschiedet, das auch Flüchtlingen zugutekommt. Wir haben die Hürden für die Finanzierung des Lebensunterhalts während der beruflichen Bildung von Flüchtlingen als Thema aufgegriffen und werden versuchen, das auf Bundesebene weiter zu verbessern. Diesen Weg werden wir konsequent weitergehen.
Wenn wir uns dafür einsetzen, die Flüchtlinge durch Einzelfallprüfung zu legalisieren, dann verharmlosen wir damit weder die Flüchtlingskatastrophe vor Lampedusa, noch geht es um die sofortige Abschiebung nach Italien. Wir diskreditieren auch nicht die humanitäre Unterstützung durch viele solidarische Hamburgerinnen und Hamburger. Hamburg lebt auch von einer lebendigen Zivilgesellschaft.
Humanitäre Hilfe, rechtsstaatliches Handeln sowie politische Forderungen und Initiativen für eine andere Flüchtlingspolitik auf Bundes- und Europaebene gehören für uns zusammen. Wir wollen Flüchtlingen in Hamburg eine existenzsichernde und soziale Lebensgrundlage gewähren.
Wir wollen für jene, die sich auf der Flucht befinden, Schutz und Sicherheit gewährleisten. Und wir wollen für jene, die aus ihren Ländern aufgrund von Perspektivlosigkeit nach Europa flüchten, eine wirksame Entwicklungspolitik unterstützen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte mich in dieser Debatte aufs schulische und berufliche Thema konzentrieren, nicht auf das Thema Unterbringung. Darüber haben wir in der Aktuellen Stunde schon gesprochen. Ich freue mich aber sehr, dass auch die FDP ein Herz für die Flüchtlinge hat; das ist schon einmal eine gute Basis.
Zum Thema selbst. Es ist richtig, dass wir in der Stadt immer mehr junge Flüchtlinge haben. Sie beklagen in Ihrem Antrag, dass der jetzige Schulunterricht in dieser Form nicht ausreichend sei. Die Konsequenz ist für Sie, dass nicht die Schulbehörde und der Staat sich um dieses Thema kümmern, sondern freie Träger und freie Schulen. Das kann aber keine Antwort auf diese Frage sein. Wir wissen, dass die FDP eine Partei der Privatisierung ist, aber dieses Thema geht am Kern der Problematik völlig vorbei.
Junge Flüchtlinge besuchen in Hamburg je nach Alter allgemeine oder berufliche Schulen und haben dort die Möglichkeit, die deutsche Sprache zu lernen und einen Schulabschluss zu erzielen. Diese Alphabetisierungs- und Vorbereitungsklassen finden in Hamburg an 18 Schulstandorten statt, und ich habe einige dieser Klassen selbst besucht. Nach dem Wechsel in die Regelklasse findet eine weitere Sprachförderung für die Jugendlichen statt. Zudem bieten 20 berufsbildende Schulen eine Ausbildungsvorbereitung für sie an. Diese finden dezentral statt und stellen sicher, dass junge Flüchtlinge schnell in unser Bildungssystem integriert werden.
Den Glauben der FDP an die bessere Qualifikation der freien Schulträger im Vergleich zum staatlichen Schulwesen teile ich ausdrücklich nicht. Im Gegensatz zu privaten Trägern sind die staatlichen Schulen gesetzlich verpflichtet, allen schulpflichtigen Jugendlichen den Schulbesuch zu ermögli
chen, auch den schulpflichtigen jugendlichen Flüchtlingen. Um freie Träger mit dieser Aufgabe zu betrauen, müssen die Maßnahmen ausgeschrieben und in einem ordentlichen Verfahren vergeben werden. Eine Angebotspflicht der freien Träger gegenüber den jugendlichen Flüchtlingen könnte in so einem Verfahren nicht garantiert werden. Dadurch würde ein erhebliches Risiko für die jungen Flüchtlinge bestehen, das wir nicht eingehen wollen und auch nicht eingehen sollten.
Zudem ist es sehr zweifelhaft, Herr Ritter, ob die notwendigen Fachkräfte und Fachlehrer mit der Qualifikation Deutsch als Zweitsprache in ausreichendem Umfang für die freien Träger zur Verfügung stehen. An unseren staatlichen Schulen ist dagegen sichergestellt, dass wir qualifizierte und engagierte Lehrkräfte haben.
Das ist nicht zum Lachen, es ist so.
Im Regelfall werden für den Deutschunterricht die entsprechend ausgebildeten Deutschlehrer eingesetzt, und in anderen Bildungsgängen ist ausschließlich eine Besetzung mit Lehrkräften, die die Fachlichkeit in vollem Umfang erworben haben, zu gewährleisten. Deshalb bietet das Landesinstitut für Lehrerbildung Qualifizierungsmaßnahmen an. Hamburg ist insgesamt beim Deutschunterricht für junge Flüchtlinge also gut aufgestellt.
Sie haben den Kern des Problems nicht verstanden, denn das tatsächliche Problem sprechen Sie in Ihrem Antrag nicht an, Herr Ritter. Das Problem junger Flüchtlinge ist nämlich eine Gesetzeskonstellation, die dazu führen kann, dass sie während der Ausbildung keine existenzsichernden Leistungsansprüche haben. Junge Flüchtlinge, die nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, dem SGB II oder SGB VII, Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts bekommen, verlieren ihre Ansprüche, wenn sie eine dem Grunde nach BAföG-fähige Ausbildung absolvieren, weil sie dann anderen Leistungssystemen zugerechnet werden. Gleichzeitig macht das BAföG die Förderung jedoch von Aufenthaltszeiten abhängig. In der Regel sind das vier Jahre vor der Maßnahme. Diese Voraussetzung erfüllen viele Jugendliche nicht. Dadurch entsteht die sogenannte BAföG-Falle. Als SPD-Fraktion haben wir uns mit diesem Thema beschäftigt, und auf Initiative der Bürgerschaftsfraktion wurde ein Antrag eingebracht, um das auf Bundesebene zu thematisieren.
Inzwischen hat die Integrationsministerkonferenz beschlossen, die Bundesregierung um die Überprüfung des Paragrafen 8 des BAföG-Gesetzes und der darin genannten Vorlaufzeiten für Ausländerinnen und Ausländer mit schwachem Aufenthaltsstatus zu bitten mit dem Ziel, diese deutlich
herabzusetzen. Daher werden wir Ihren Antrag nicht überweisen, sondern ihn ablehnen, denn das Problem liegt in der BAföG-Thematik. Diese sogenannte BAföG-Falle abzuschaffen, würde den Jugendlichen eher helfen als die in Ihrem Antrag formulierten Punkte. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Junge Islam Konferenz ist das gemeinsame Projekt der Stiftung Mercator und der Berliner Humboldt-Universität. Die Stiftung Mercator fördert das Projekt mit rund 2 Millionen Euro, und die Humboldt-Universität begleitet das Vorhaben wissenschaftlich. Deutschland ist in den vergangenen Jahrzehnten unter anderem durch Zuwanderinnen und Zuwanderer aus religiös nicht christlich geprägten Herkunftsstaaten bunter und vielfältiger geworden. Hamburg ist eine internationale, interkulturelle und interreligiöse Stadt. Die Menschen mit unterschiedlichsten kulturellen und religiösen Wurzeln haben das Leben in der Stadt insgesamt nachhaltig positiv verändert.
Lassen Sie mich zunächst erklären, worum es bei der Jungen Islam Konferenz geht, denn ich finde den offiziellen Titel etwas irreführend und nicht sehr glücklich gewählt. Es handelt sich dabei nicht vorrangig um eine einseitige Beschäftigung mit der muslimischen Religiosität. Vielmehr liegt der Schwerpunkt der Jungen Islam Konferenz auf einem gesamtgesellschaftlichen Diskussionsprozess rund um das Zusammenleben in einer internationalen, kosmopolitischen Stadtgesellschaft. In diesem Diskurs sollen Konflikte angesprochen und nach Lösungsmöglichkeiten gesucht werden. Die Junge Islam Konferenz ist ein Multiplikatorennetzwerk für junge Menschen im Alter von 17 bis 25 Jahren aus den unterschiedlichsten Bereichen: Muslime, Aleviten, Christen ebenso wie Atheisten. Sie erhalten die Möglichkeit, die Islam- und Muslimbilder in Deutschland sowie die derzeit immer noch stark defizitorientierten Diskurse in diesen Bereichen zu thematisieren und junge Vorstellungen von Diversität und Vielfalt im öffentlichen Raum auch sichtbar zu machen.
Die Junge Islam Konferenz ist das erste junge Forum, das Forschung, Zivilgesellschaft und Politik in der politischen Bildungsarbeit rund um das Thema Islam und Muslime in Deutschland verbindet. Zwischen 2012 und 2016 werden jugendliche Dialogforen mit festen Strukturen auf Bundes- und Länderebene etabliert. Die Bundesländer haben die Möglichkeit, sich für die Einrichtung und Durchführung einer Jungen Islam Konferenz zu bewerben. Seit der Pilotphase 2011 hat sich die Junge Islam Konferenz im Spannungsfeld zwischen Bildung, Wissenschaft und Politik sehr erfolgreich etabliert. Sie hat bisher drei Empfehlungskataloge an die Deutsche Islam Konferenz überreicht. Die hohe Akzeptanz des Projekts unter jungen Menschen und die große gesellschaftliche sowie politische Anerkennung haben den Bedarf eines solchen Dialogforums noch einmal bekräftigt.
Meine Damen und Herren! Wir sind der Meinung, dass auch unsere Stadt sich für die Durchführung einer Jungen Islam Konferenz bewerben sollte.
Hamburg ist eine polyglotte Stadt und zeichnet sich durch seine pluralen Lebensentwürfe aus. Als urbaner Raum und zweitgrößte Stadt Deutschlands bietet Hamburg viel Spielraum zum Mitgestalten sowie zum Anders- und Neu-Denken. Dennoch werden diese vielfältigen Lebensrealitäten oft nicht als Chance wahrgenommen; das möchten wir ändern.
Hamburg hat in den Jahren 2005 und 2007 Verträge mit der evangelischen und der katholischen Kirche sowie mit der Jüdischen Gemeinde geschlossen. 2012 folgten drei weitere Verträge mit der Alevitischen Gemeinde und den drei größten muslimischen Verbänden. Die Junge Islam Konferenz wäre eine sinnvolle Fortführung und Ergänzung der Zusammenarbeit mit allen religiösen Verbänden, Gemeinden und Kirchen. Ich bitte Sie deshalb um Ihre Zustimmung zu unserem Antrag. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Über Jahrzehnte hinweg sind in Deutschland erbitterte Debatten über Zuwanderung und Einwanderung geführt worden. Zwei Generationen von Einwandererkindern wuchsen hierzulande mit dem Standardsatz auf, Deutschland sei kein Einwanderungsland. Die hier geborenen Kinder nichtdeutscher Herkunft wurden bis vor wenigen Jahren als Ausländer wahrgenommen. Woher kommst du? Diese Frage wurde in Deutschland viel zu lange an die Frage gekoppelt: Wann gehst du wieder? Auch wenn sich der offizielle Sprachgebrauch inzwischen geändert hat und man sich bemüht, Deutschland als Einwanderungsland zu definieren, besteht zwischen der offiziellen Definition und dem praktischen Handeln der Konservativen eine große Kluft; das zeigt auch die Diskussion über das Staatsangehörigkeitsrecht.
Eine kurze Erinnerung: Die rot-grüne Bundesregierung wollte ein modernes Staatsangehörigkeitsgesetz einführen, das auch eine doppelte Staatsbürgerschaft ermöglichen sollte. Das scheiterte an der schwarz-gelben Mehrheit im Bundesrat. Im Jahr 1999 führte der spätere Ministerpräsident von Hessen, Roland Koch, einen unsäglichen, ausländerfeindlichen Wahlkampf, der die Stimmung gegen Menschen anderer Herkunft aufheizte. Das Optionsmodell war eine liberale Kröte, die damals geschluckt werden musste, und dieses Optionsmodell wollen wir jetzt abschaffen.
Das deutsche Staatsangehörigkeitsgesetz ist ein undurchsichtiges Gestrüpp, es schafft Ungleichheit und Ungerechtigkeit. Es unterscheidet nach Herkunftsländern bei der Hinnahme von Mehrstaatigkeit und schafft Ermessensspielräume für die Verwaltung, die zu Ungleichbehandlungen je nach Bundesland führen. Diese Systemwidersprüche sind nicht verfassungswidrig, aber sie schaffen eine Gerechtigkeitslücke.
Bei nahezu 60 Prozent der Einbürgerungen wird die zweite Staatsbürgerschaft beibehalten, bei den verbleibenden 40 Prozent wird sie aber konsequent verweigert.
Meine Damen und Herren! Die Realität von 4,5 Millionen Doppelstaatlern spricht ihre eigene Sprache, nicht aber für die Konservativen. Bei den öffentlichen Diskussionen konnte ich mich bisher des Eindrucks nicht erwehren, dass es beim Optionsmodell in erster Linie um die Verhinderung deutschtürkischer Doppelstaatler geht. Entweder – oder lautet die konservative Devise. Doppelidentitäten werden nach wie vor als Loyalitätskonflikt gesehen. Man könne nicht zwei Herren gleichzeitig dienen, ist das Argument. Der Staat ist also der Herr, der Bürger der Knecht. Müsste es nicht gerade umgekehrt sein und der Staat im Dienste des Bürgers stehen?
Wir Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen sind dagegen der Auffassung, dass doppelte Staatsbürgerschaften zu den sozialen Identitäten vieler Menschen gehören und ein wichtiger Baustein in einer Willkommens- und Anerkennungskultur in dieser Gesellschaft sind.
Schließlich geht es bei diesem Thema im Kern um unser Bild von der Gesellschaft. Was für eine Gesellschaft wollen wir und wohin wollen wir gehen? Die Idee der doppelten Staatsbürgerschaft ist nicht ganz neu. Unser Vorstoß ist umso wichtiger, da das Konzept einer exklusiven nationalen Identität hoffnungslos überholt ist.
Natürlich fühlen sich in Deutschland geborene und aufgewachsene Menschen als Teil der deutschen Gesellschaft, doch auch Tradition und Sprache der Eltern und das Narrativ der Familie werden als identitätsstiftend empfunden. Die Identitäten junger Menschen sind somit erweiterte Identitäten, die ein moderner Staat respektieren sollte. Junge Menschen zu einer Entscheidung zwischen den integralen Bestandteilen ihrer Identitäten zu zwingen, heißt, ihnen diesen Respekt zu versagen. Das machen wir nicht mit.
Warum sollten Loyalitäten automatisch und zwingend im Konflikt stehen? Können diese von ihren Trägern nicht vielmehr als Verpflichtung empfunden werden, selbst für die Verständigung der Staaten einzutreten, deren Staatsbürger sie sind? Empfiehlt es sich vor diesem Hintergrund nicht, statt von geteilten Loyalitäten von erweiterten Loyalitäten zu sprechen? Eine vielfältige Gesellschaft und ein moderner Staat wären gut beraten, diese erweiterten Identitäten zu akzeptieren und die Akzeptanz erweiterter Loyalitäten auch in Form doppelter Staatsangehörigkeiten zum Ausdruck kommen zu lassen, denn dies hieße, die Menschen dieses Landes und ihre Diversität zu akzeptieren und anzunehmen. Das ist eine gute und moderne Gesellschaftspolitik.
Warum sollte, was für Otto und Harald gilt, nicht auch für Mehmet und Namir gelten? Warum wird die doppelte Staatsbürgerschaft unter westlichchristlichen Ländern hingenommen, während junge Deutsche mit türkischen oder arabischen Wurzeln zur Aufgabe eines wesentlichen Teils ihrer Identität gedrängt werden?
Meine Damen und Herren! Trotz reflexartiger ideologischer Proteste gegen die Mehrstaatigkeit ist das Konzept der doppelten Staatsbürgerschaft auch in den bürgerlichen Lebenswelten seit Langem fest verankert. Der ehemalige Ministerpräsident von Niedersachsen hat zwei Pässe. Der verstorbene CSU-Politiker Otto von Habsburg besaß die Staatsbürgerschaften von Österreich, Deutschland, Ungarn und Kroatien; über etwaige Loyalitätskonflikte ist nichts bekannt.
Auch die Bundesregierung selbst hat das Konzept Doppelpass jüngst zumindest implizit goutiert, indem sie mit Harald Leibrecht, FDP, einen Doppelstaatler zum neuen Koordinator für die deutschamerikanischen Beziehungen ernannte. Dieser FDP-Abgeordnete ist in den USA geboren, er besitzt den deutschen und den US-Pass.
Meine Damen und Herren! Hamburg setzt sich auf Bundesebene dafür ein, dass die Hinnahme der Mehrstaatigkeit möglich gemacht und der Optionszwang abgeschafft wird. Mit der Bundesratsdrucksache 461/13 hat der Senat gemeinsam mit den Ländern Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen einen Gesetzesantrag auf den Weg gebracht, der dieses Anliegen aufgreift. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 5. Juli dieses Jahres beschlossen, den Gesetzentwurf beim Deutschen Bundestag einzubringen. Wir gehen davon aus, dass sich die neue Mehrheit des Bundestags nach dem 22. September dem Antrag des Bundesrats anschließt, den Optionszwang abschafft und das Staatsangehörigkeitsgesetz weiterentwickelt. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Integrationskonzept des Hamburger Senats vom März 2013 erwähnt zum ersten Mal überhaupt die Berücksichtigung von Flüchtlingen als ausdrückliches Ziel seiner Integrationspolitik. Hamburg setzt damit ein positives Signal zur verbesserten Teilhabe von Flüchtlingen am gesellschaftlichen Leben.
Die demografische Entwicklung führt in Deutschland zu einem Fachkräftemangel, den viele Wirtschaftszweige jetzt schon spüren. Dieser Fachkräftemangel zeigt uns auch, dass wir auf jeden Menschen angewiesen sind. Die Förderung der schulischen und beruflichen Integration von jungen Flüchtlingen ist ein Beitrag zur Sicherung des Fachkräftebedarfs in vielen Branchen. Besonders wichtig ist uns, dass auch Zuwanderer ohne gesicherten Aufenthaltsstatus Zugang zum Bildungsund Ausbildungssystem haben. Bildung ist ein Menschenrecht.
Junge Flüchtlinge, die hier leben und sich anstrengen, um eine bessere schulische und berufliche Ausbildung zu machen, brauchen bessere Rahmenbedingungen. In Hamburg arbeiten seit mehreren Jahren Netzwerke, die sich für die berufliche Förderung dieser Gruppe eingesetzt haben. Durch die kontinuierliche Zusammenarbeit mit Fachbehörden, der Arbeitsverwaltung und Hamburger Wirtschaftsbetrieben konnten verlässliche Kooperationsstrukturen in diesem Bereich aufgebaut werden. Das hat möglich gemacht, dass eine Vielzahl von Flüchtlingen und Asylsuchenden an Qualifizierungsmaßnahmen und Praktika teilgenommen haben beziehungsweise Ausbildungs- und Arbeitsverhältnisse eingegangen sind.
Durch diese Erfahrungen der Netzwerke wurden wir darauf aufmerksam gemacht, dass es eine Gesetzeskonstellation gibt, die dazu führen kann, dass junge Flüchtlinge keine existenzsichernden Ansprüche haben, wenn sie eine Berufsausbildung beginnen. Junge Flüchtlinge, die nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, dem SGB II oder dem
SGB XII, Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts bekommen, verlieren sofort ihre Leistungsansprüche, wenn sie eine Ausbildung beziehungsweise eine Ausbildungsvorbereitung anfangen, die theoretisch BAföG-gefördert sein könnte. BAföG-Ansprüche haben die jungen Menschen aber erst dann, wenn sie sich vier oder fünf Jahre in Deutschland aufgehalten haben. Viele junge Flüchtlinge sind noch nicht so lange hier, möchten aber trotzdem eine Ausbildung beginnen. Sie können das jedoch nicht tun, weil sie nicht wissen, wovon sie während der Ausbildung leben sollen.
Wir halten diese durch das BAföG-Gesetz verlangte Aufenthaltsdauer für kontraproduktiv. Es ist eine Verschwendung von Lebenszeit, und wir möchten mit diesem Antrag diese Gesetzeslücke schließen.
Wir möchten nicht, dass Flüchtlingen, die einen Beruf erlernen wollen, auch noch Steine in den Weg gelegt werden. Je eher ein junger Mensch eine Ausbildung aufnehmen kann, desto besser für ihn und für die Gesellschaft, in die er besser und schneller integriert wird. Wir möchten, dass sich der Senat auf Bundesebene dafür einsetzt, dass diese verpflichtenden Fristen der Aufenthaltszeiten vor einem BAföG-Anspruch deutlich herabgesetzt werden. Wir können und wollen keinen Jugendlichen zurücklassen. Die schulische und berufliche Förderung von jungen Menschen ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für ihre gesellschaftliche Integration. Es liegt im Interesse der Jugendlichen wie auch in unserem eigenen Interesse, dass sie ihre Potenziale besser ausschöpfen können.
Daher möchte ich Sie bitten, unserem Antrag zuzustimmen.
Was den Zusatzantrag der GRÜNEN angeht, steht er nicht unbedingt in sachlichem Zusammenhang mit unserem Antrag. Hier geht es um das Aufenthaltsrecht. Aber auch über diesen Zusatzantrag der GRÜNEN möchten wir gern im Innenausschuss beraten. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir sehen und hören es täglich in den Medien: Menschen fliehen vor Krieg, Verfolgung und massiver Menschenrechtsverletzung. Weltweit sind über 40 Millionen Menschen auf der Flucht. Sie fliehen, weil ihr Leben oder das ihrer Familien bedroht ist und sie oft keinen anderen Ausweg mehr wissen. Sie flüchten aus dem Krieg und aus Armutsregionen der Welt und hoffen auf Zuflucht in Ländern, in denen sie Schutz und ein menschenwürdiges Leben suchen.
"Jeder hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgung Asyl zu suchen und zu genießen"
heißt es in Artikel 14 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Die Bundesrepublik Deutschland ist ein Rechtsstaat. Zu den Werten unserer Gesellschaft gehört auch ein humaner Umgang mit Flüchtlingen. Sie haben Anspruch auf eine existenzielle und soziale Grundversorgung, und dazu gehört auch eine menschenwürdige Unterkunft.
Hamburg verzeichnet in der letzten Zeit eine stetig steigende Zahl von Flüchtlingen, und es ist davon auszugehen, dass diese Entwicklung weitergeht. In der Stadt werden dringend Unterkünfte gesucht; darauf hat meine Kollegin Frau Bekeris hingewiesen. Es ist aber nicht nur eine Aufgabe der öffentlichen Institution, mit diesem Thema umzugehen, sondern hier sind wir alle gefragt. Daher habe ich mit meinem Kollegen Wolfgang Rose zusammen einen gemeinsamen Aufruf verfasst, der von vielen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in der Stadt, von Gewerkschaften, Kirchen, Politik und Medien unterschrieben wurde. Ich hätte mir gewünscht, dass auch vonseiten der CDU und der FDP Unterstützung gekommen wäre. Vielleicht kommt das noch, aber wir bedanken uns erst einmal.
Dass unsere Stadt diese Herausforderung gemeinsam schaffen kann, haben wir gezeigt, als in den
Neunzigerjahren die Flüchtlingszahlen noch um ein Vielfaches höher lagen.
Meine Damen und Herren! Deutschland ist ein Rechtsstaat. Ein Senat hat sich an Gesetz und Recht zu orientieren. Die Rechtslage für die afrikanischen Flüchtlinge, die aus Italien nach Hamburg gekommen sind, ist eindeutig. Bei diesem Punkt gibt es keinen Dissens. Auch die heutige Debatte hat gezeigt, dass die Rechtslage klar ist. Eine Debatte über die europäische Flüchtlingspolitik und das nationale Asylrecht kann man führen, aber sie ist vor allem in Berlin und Brüssel zu führen.
Diese Diskussion hilft den Menschen hier und jetzt aber nicht wirklich weiter.
Und wenn ein Senat auf die Rechtsstaatlichkeit hinweist …
Das ist nicht richtig, Frau Schneider. Diese Menschen waren im Winternotprogramm untergebracht. Sie konnten und können immer noch eine Beratung in Anspruch nehmen.
Natürlich steht diesen Menschen auch der Rechtsweg offen. Wenn eine Einzelfallprüfung vorgenommen wird, dann kann das dazu führen, dass sie wieder nach Italien gehen müssen. Die Menschen dürfen den Rechtsweg bestreiten, das gehört zum Rechtsstaat, und das muss man betonen. Es ist aber auch klar, dass für die Einzelfallprüfung die Identität notwendig ist. Das gehört zu Gesetz und Recht, und das muss man klar kommunizieren.
Ja, bitte schön.
Es geht nicht darum, ob das ein Verstoß ist oder nicht,
sondern darum, wie wir diesen Menschen konkret helfen können und welche Perspektiven man den Menschen aufzeigen kann. Ein Moratorium von sechs Monaten zeigt immer noch keine Perspektive. Zur ehrlichen Politik gehört auch, so zu kommunizieren.
Frau Kaesbach, ich habe immer noch nicht verstanden, was die Position der FDP ist.
Ich weiß nicht, ob es eine konstruktive Oppositionspolitik ist, alle möglichen Seiten zu kritisieren, aber keine Alternative aufzuzeigen. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren! Dass Flüchtlingspolitik jetzt auf die Situation dieser Gruppe in Hamburg reduziert wird, ist eine verkürzte Debatte.
Sie wissen doch, dass es gerade der SPD-Senat und die SPD-Fraktion waren, die den Zugang der Kinder, deren Aufenthaltsstatus unklar war, zu Bildung gewährleistet hat. Das war nicht der schwarz-grüne Senat.