Nikolaus Haufler

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Last Statements

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Viele Zuwanderer in dieser Stadt sind aus Ländern nach Deutschland gekommen, in denen mit Sozialismus und Planwirt
schaft regiert worden ist. Diese Menschen können sich sehr gut daran erinnern, wie die Regierungen dort Fünfjahrespläne aufstellten und sich selbst regelmäßig dafür bejubelten, dass die Planziele übererreicht worden sind. Wir fordern die SPD auf, folgen Sie nicht diesem Beispiel, seien Sie ernsthaft beim Thema Integration, und hören Sie auf, sich immer wieder selbst zu bejubeln.
Klar ist, wir Christdemokraten unterstützen die Erhebung von Zahlen, von Daten und von Fakten zum Stand der Integration in unserer Stadt. Wir haben dies sowohl in der vorigen als auch in dieser Legislaturperiode mit Nachdruck vorangetrieben. Fakten sind unser bester Schutz gegen den blinden Aktionismus, sie sind unser bester Schutz gegen die unerträgliche Diffamierung unseres Gesellschaftssystems von linken Moralaposteln, und Fakten sind unser bester Schutz gegen die blinde Hetze der Rechtsextremisten in unserem Land, wenn es um das Thema Integration geht. Aber ein Sammelsurium von Fakten allein reicht nicht, wenn man ein systematisches Vorgehen zur Verbesserung der Integration aufbauen möchte.
Sehr geehrte Kollegen! Ich möchte Ihnen gern eine Kennzahl aus der Antwort des Senats vorlesen, und ich lasse Sie dann selbst beurteilen,
wie relevant diese Zahl für den Fortschritt der Integration in unserer Stadt ist. Es ist eine Kennzahl aus Kapitel IV, Teilziel 2.3: Anzahl der im Jahresprogramm angebotenen Veranstaltungen der sozialpädagogischen Fortbildung, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus der OKJA offenstehen – OKJA steht für Offene Kinder- und Jugendarbeit. Zielwert für diese Kennzahl ist für diesen Senat vier pro Jahr, die Zielerreichung per 30. Juni 2014 beträgt zwei. Bewertung: Der Zielwert wird bis zum Jahresende erreicht.
Was sagt uns diese Kennzahl? Ich bin mir sicher, dass der Besuch dieser vier Veranstaltungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Offenen Kinder- und Jugendarbeit interessant und lohnenswert war, aber ein Kennzahlensystem, welches so wichtige Zahlen wie die Anzahl der Schulabbrecher oder die Arbeitslosenquote unter Zuwanderern auf der gleichen Ebene behandelt wie diese vier Veranstaltungen, ist schlicht und ergreifend nicht effektiv. Es verleitet geradezu dazu, sich selbst auf die Schultern zu klopfen, wie Sie es eben gemacht haben, und zu sagen, in den meisten Feldern habe man den Plan übererfüllt; vier Veranstaltungen schaffe man dieses Jahr.
Wir Christdemokraten sagen Ihnen klar, konzentrieren Sie sich lieber auf das Wesentliche, und das sind für uns folgende drei Punkte: Sprache, Bildung, Arbeit. Das muss man zum Glück heute
nicht mehr großartig begründen, und das ist auch in Ihrer Rede, Herr Abaci, in den Mittelpunkt gerückt worden. Beispiel Arbeit: In Kapitel III, Teilziel 2.2, Indikator b) Arbeitslosenquote von Menschen mit Migrationshintergrund – Rechtskreis SGB III, hat der Senat keinen Zielwert, und den Ist-Stand vom März 2014 geben Sie mit 37,4 Prozent an. Für den Rechtskreis SGB II geben Sie 56,3 Prozent an. Ich möchte an dieser Stelle sehr stark bezweifeln, dass wir in dieser Stadt eine Arbeitslosenquote von Menschen mit Migrationshintergrund in Höhe von 56 Prozent haben. Wenn Sie eine Zeile darüber lesen – das können Sie ruhig jetzt machen, Herr Kollege Abaci –, dann sehen Sie doch, dass die Arbeitslosenquote von Ausländern bei 15,2 Prozent liegt, und so unterschiedlich hoch können die beiden Zahlen niemals sein. Sie haben also schlicht und ergreifend in Ihrem enormen Sammelsurium von Fakten an einer zentralen Stelle, vielleicht sogar an der zentralsten Stelle, in dieses Papier eine falsche Zahl hineingeschrieben. Das ist weder Ihnen, Herr Kollege Abaci, aufgefallen noch den zahlreichen Staatsräten, die in der Lenkungsrunde Integration dieses wichtige Thema bearbeiten sollen, und das ist schlicht und ergreifend peinlich.
Selbst wenn Sie eine richtige Zahl hineingeschrieben hätten und es niemandem von Ihnen auffällt, dass nicht jeder zweite Immigrant arbeitslos ist, dann widmen Sie dieser wichtigen Zahl in Ihrem Konzept viel zu wenig Aufmerksamkeit. Eine so zentrale Zahl muss ich doch von allen Seiten betrachten. Wie viele langzeitarbeitslose Zuwanderer haben wir in Hamburg? Welche Ausbildung haben diese Menschen? Welche Sprachkenntnisse haben diese Menschen? Aus welchen Ländern kommen sie? Wie alt sind sie? Das alles ist doch wichtiger, als die Zahl der Fortbildungsveranstaltungen, nämlich vier, in dieses Konzept hineinzuschreiben. Das alles tun Sie einfach nicht, denn es ist auch viel einfacher, rein inputorientiert zu sagen, ich mache hinter vier Veranstaltungen im Jahr einen Haken, als outputorientiert zu denken und echte Resultate bei einem so wichtigen Thema wie Arbeitslosigkeit zu bringen.
Auch im zentralen Bereich der Sprache und der Bildung ist dies ähnlich. Eine wesentliche Kennzahl ist für uns beispielsweise der Abiturientenanteil. Ich habe den Senat deshalb schon im Juni 2011 gefragt, wie hoch der Abiturientenanteil von jungen Menschen ist, die selbst oder deren Eltern als Zuwanderer nach Hamburg gekommen sind, denn es hatte mich damals die Nachricht erreicht, dass nicht etwa die Kinder deutscher Eltern den höchsten Abiturientenanteil in unserem Land hätten, sondern die Kinder vietnamesischer Eltern mit einem Anteil von 66 Prozent. Bei den Kindern der russlanddeutschen Aussiedler liegt er bei 46 Prozent gleichauf mit den hiesigen deutschen Kindern.
Nun ist die wichtige Frage, was uns diese Zahl sagt. Diese Zahl zeigt uns doch, welche enorme Rolle das Elternhaus beim Bildungserfolg der Kinder spielt. Daraus muss man wesentliche Schlüsse auf die Politik in einer solchen Stadt wie Hamburg ziehen. Also wollte ich vom Senat wissen, wie hoch der Abiturentenanteil in unserer Stadt nach Herkunftsland oder nach Herkunftssprache der Kinder ist.
Der Senat hat mir die Antwort aber mit einer fadenscheinigen Begründung verweigert, denn es passt nicht in das Weltbild dieses Senats festzustellen, dass die Abiturientenquoten je nach Herkunftsland enorm variieren, auch bei gleicher sozialer Ausgangslage der Elternhäuser, und dass demnach auch die Einstellung der Eltern zum Thema Bildung einen wesentlichen Einfluss auf den Bildungserfolg der Kinder haben muss. In Ihrem Integrationskonzept erheben Sie zum wesentlichen Erfolgsfaktor der Integration – Zitat – "den Abbau struktureller Diskriminierung". Daten, die zu diesem Weltbild nicht passen, wollen Sie schlicht nicht sehen.
Wir wollen hier einen anderen Weg gehen. Wir haben keine Angst vor Daten und Fakten. Wir legen unsere Antworten nicht anhand einer Ideologie fest, sondern anhand der Realität, und wir erhalten enormen Zuspruch seitens der Zuwanderer in diesem Land. Erst vor zwei Wochen hat sich die Bundeskanzlerin zu einer großen Integrationskonferenz mit vielen Zuwanderern getroffen, die uns Christdemokraten auf diesem Weg unterstützen. Die "Welt" schreibt dazu – ich zitiere –:
"Bei den später stattfindenden Diskussionsrunden stellen gleich mehrere Teilnehmer unter großem Applaus fest, ein Engagement bei der SPD sei für sie nie infrage gekommen, weil man dort 'wie ein Opfer' behandelt werde."
Sehr geehrte Damen und Herren! Hören Sie auf, die Zuwanderer wie Opfer zu behandeln und verzichten Sie auf den diffamierenden Begriff der strukturellen Diskriminierung. Stellen Sie die Fakten in den Vordergrund, setzen Sie ergebnisorientierte Prioritäten und hören Sie auf, sich selbst zu bejubeln. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Abaci, wenn ich in diesen vier Jahren erreicht habe, dass Sie sagen, man solle die Zuwanderer nicht als Opfer bezeichnen, dann waren die vier Jahre in diesem Haus viel wert. Ich danke Ihnen sehr dafür.
Aber Sie müssen auch zugestehen, dass das, was ein Integrationsbeirat verabschiedet, nicht in Stein gemeißelt ist. In der Großen Anfrage und der Antwort des Senats steht doch, dass man die Dinge auch einmal überarbeiten darf, die beim Integrationsbeirat herausgekommen sind. Im Übrigen war ich selbst im Integrationsbeirat als Mitglied dabei, als das verabschiedet wurde.
Hören Sie doch deshalb bitte auf zu sagen, wenn man nach Jahren neue Ideen einbringe für ein Konzept, dann sei das eine Diffamierung der Arbeit dieses Gremiums. Sie wissen, dass das nicht stimmt; schämen Sie sich dafür.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Kollegin Demirel, ich finde es sehr schade, dass sich hier immer wieder die gleichen Argumente wiederholen, die schon seit Jahren in dieser Debatte gebracht werden. Sie haben teilweise wörtlich aus einem Antrag der GRÜNEN von 2010 zitiert. Ich kann Ihnen einfach nur sagen, dadurch, dass Sie die falschen Dinge immer wieder aufsagen, werden diese Dinge nicht richtiger.
Ich finde es auch schade, dass wir die deutsche Sprache wieder zum Streitpunkt bei der Integrationspolitik machen.
Früher wurden tatsächlich solche theoretischen Debatten darüber geführt, ob man nicht auch ohne deutsche Sprachkenntnisse in unserem Land leben könne. Aber die Praxis hat gezeigt, dass es nicht funktioniert. Deshalb haben wir eine ganze Reihe von Maßnahmen eingeführt, die genau das zum Ziel haben, dass alle Menschen in diesem Land die Möglichkeit erhalten sollen, sich miteinander zu verständigen,
damit es ein Zusammenleben gibt und kein Nebeneinanderleben.
Es ist wirklich beachtlich, was in den letzten Jahren auch parteiübergreifend gemacht worden ist. Wir haben verpflichtende Sprachtests vor der Einschulung, wir haben verpflichtende Integrationskurse für Zuwanderer, wir haben Sprachtests für ausländische Studenten, wir haben verpflichtende Einbürgerungstests, und wir können sicher sagen, dass wir mit diesen Maßnahmen Erfolg haben.
Diese Maßnahmen waren aber auch notwendig. Zu häufig haben Menschen keine Chance gehabt, ihr Potenzial in unserem Land vollständig zu nutzen, weil ihnen die Sprachkenntnisse fehlten für Bildung, für qualifizierte Arbeit, für Aufstieg, für Erfolg, aber auch für Dinge wie Freizeit, Kultur, gute Nachbarschaft und Freundschaft. Und schlimmer noch trifft es die Kinder, die häufig mit ihren Eltern gar kein Deutsch sprechen können, obwohl Deutsch schon ihre erste Sprache geworden ist.
Deshalb müssen wir uns als Integrationspolitiker, Herr Abaci, zuerst einmal entscheiden, ob wir mehr Integration wollen oder weniger.
Sie versuchen die ganze Zeit, das Thema, um das es geht, hinter langen Zitaten zu verstecken. Ich habe irgendwie Paragraf 36/40 gehört und irgendwelche Gerichtsurteile. Das ist eine politische Debatte, und wir müssen politisch entscheiden, wie wir Integration in diesem Land erreichen. Die Richter sind dazu da, das später zu überprüfen und nicht, uns Vorschriften zu machen. Darüber können wir später noch im Einzelnen reden, dafür haben Sie sich doch schon durch die Ausschussüberweisung entschieden.
Ich kann Ihnen nur sagen, worum es hier geht, für jeden klar verständlich und ohne Ihnen tausend Paragrafen vorzutragen: Es geht hier nicht um ein ausführliches Studium deutscher Grammatik, es geht hier nicht um Fremdwörter, es geht hier nicht um unregelmäßige Verben, sondern wir sprechen über Grundlagen, die wirklich jeder Mensch benötigt, der dauerhaft in diesem Land leben möchte.
Haben Sie sich angeschaut, wie so ein Test aussieht?
Gern.
Das ist eine sehr private Frage. Aber als ich mit einem russlanddeutschen, hübschen Mädchen zusammen war, habe ich mich mit ihr auf Deutsch unterhalten.
– Wir können gern unser Beziehungsleben nachher beim Bier diskutieren.
Aber ich kann mir das gern ein bisschen ausmalen. Wenn ich tatsächlich jemanden kennenlerne, der in einem anderen Land lebt, sagen wir mal in Russland oder in der Ukraine, dann wird es doch nicht so sein, dass wir von heute auf morgen heiraten werden und der Ehegattennachzug nach Deutschland das Allererste ist, das ansteht. Ich stelle mir das eher so vor, dass man sich ein bisschen damit auseinandersetzt, was es für das Mädchen bedeutet, dass der junge Mann in Deutschland lebt, dass sie vielleicht dahin ziehen muss, sich vielleicht die Sprache dort aneignen und das Land besuchen sollte. So ist es bei mir persönlich, aber es ist bei jedem anders.
Ich möchte Ihnen trotzdem nicht vorenthalten, über was für eine Art von Test wir sprechen. Es tut schon viel zur Sache, das nicht immer allzu abstrakt zu halten. Sie können auf der Webseite des Goethe-Instituts die Unterlagen für das Goethe-Zertifikat A1 aufrufen. Das habe ich vorhin gemacht. Versuchen Sie einmal, Frage Nummer 1 zu beantworten. Sie lautet: Welche Zimmernummer hat Herr Schneider? Diese Frage müssen Sie beantworten, nachdem Sie folgenden Text gehört haben. Dieser Text wird beim Test zweimal hintereinander…
Wir können auch gern statt Herrn Schneider Frau Schneider sagen, ist in Ordnung.
Ich werde den Text nur einmal vorlesen, beim Test wird er zweimal langsam hintereinander vorgelesen:
"Welche Zimmernummer hat [Frau] Schneider?"
Daraufhin hört man einen Dialog zwischen Mann und Frau. Die Frau fragt:
"Ach, Verzeihung, wo finde ich [Frau] Schneider vom Betriebsrat?"
Der Herr antwortet:
"Schneider, warten Sie mal. Ich glaube, [die] ist in Zimmer Nummer 254. Ja, stimmt, Zimmer 254, das ist im zweiten Stock, da können Sie den Aufzug hier nehmen.
Die Frau antwortet:
"Zweiter Stock, Zimmer 254. Okay, vielen Dank."
Wenn Sie diesen Text zweimal gehört haben, dann müssen Sie die Frage beantworten, welche Zimmernummer Frau Schneider hat. Ich frage Sie, ob es sinnvoll ist, die deutsche Sprache auf diesem Testniveau bereits dann zu beherrschen, wenn man in Deutschland den ersten Tag angekommen ist. Der eine sagt ja, die anderen sagen nein. Die Bundesregierung hat die Betroffenen befragt, und 30 Prozent von ihnen sagen, dass die Vorbereitungen auf diesen Test für sie belastend waren. Aber über 80 Prozent der Betroffenen halten diesen Test für sinnvoll.
Ja, gern.
Wir haben Ausnahmen, die für Menschen gelten, die zum Beispiel sowieso visafrei nach Deutschland einreisen dürfen. Ich weiß nicht, ob es gerecht wäre, wenn man vor der Hochzeit visafrei nach Deutschland einreisen durfte und nach der Hochzeit dann plötzlich ein Visum bräuchte. Wir haben Ausnahmen für Menschen, die einen Hochschulabschluss haben, die uns von ihrer persönlichen Bildungssituation und von ihrer wirtschaftlichen Situation her glaubhaft machen können, dass sie in Deutschland weder Schwierigkeiten haben werden, sich zu integrieren, noch der Allgemeinheit finanziell zur Last zu fallen. Das finde ich gerecht. Wenn Sie andere Fälle haben, die Sie nicht gerecht finden, können wir sie gern diskutieren, dafür haben wir die Ausschussüberweisung.
Der Test ist also für eine Minderheit belastend, für eine Mehrheit der Betroffenen sinnvoll. Die Menschen erkennen, dass das, was belastend ist, manchmal aber trotzdem sinnvoll ist. Man spart sich damit noch größere Belastungen für die Zukunft.
Die Abschaffung dieser Tests würde weniger Integration bedeuten, das Beibehalten dieser Tests jedoch mehr Integration. Wir Christdemokraten wollen mehr Integration, wir wollen, dass alle Menschen eine echte Chance in diesem Land erhalten. Wir wollen deshalb, dass sich alle Menschen in dieser Gesellschaft verständigen können. Dafür gibt es auch diese Integrationskurse, die Sie ansprachen. Wir wollen aber, dass man nicht völlig ohne Sprachkenntnisse in diese Integrationskurse geht, wo man dann mit Menschen aus der ganzen Welt zusammenkommt und sich weder mit dem Lehrer noch mit den Teilnehmern verständigen kann. Wir wollen, dass der Integrationskurs ein weiterer Weg ist weg von der Frage, welche Zimmernummer Frau Schneider hat,
hin zu komplizierteren Zusammenhängen. An diesem politischen Ziel und nicht an Paragrafen so wie Sie halten wir fest. Gerichtsbeschlüsse in Einzelfällen sind für uns kein Grund, das ganze System zu hinterfragen. Das Bundesverfassungsgericht sieht es ganz genauso wie wir. Sie wiederholen immer wieder die gleichen falschen Argumente. Wir wollen das nicht, und deshalb lehnen wir auch die Überweisung ab.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zuwanderer sind, in unserer Stadt wie in anderen Ländern häufig auch, überdurchschnittlich jung. Deshalb fällt die Aufmerksamkeit von Gesellschaft und Politik selten auf die älteren Zuwanderer. Wir sollten diese Gelegenheit also nutzen.
Grundsätzlich muss man sagen, dass ältere Zuwanderer mit ihrem Leben in Hamburg zumeist wirklich zufrieden sind. Die gute Gesundheitsversorgung wird geschätzt, die Hilfe bei Pflegebedürftigkeit wird geschätzt oder auch die Unterstützung bei Behinderungen. Es gibt ein breites Angebot an Ärzten mit den verschiedensten Muttersprachen, die für ältere Menschen zur Verfügung stehen. Das ist im hohen Alter einfach sehr wichtig, und es ist gut, dass es so ist.
Viele der älteren Zuwanderer sind gerade wegen der Chancen für ihre Kinder nach Deutschland gekommen und haben diesen von Anfang an eine solide Wertegrundlage mitgegeben mit Werten wie lernen, arbeiten, fleißig sein, sich integrieren. In den Gesprächen mit älteren Zuwanderern merke ich häufig, dass sich viele sehr stark an dem Werdegang ihrer Kinder und Enkel erfreuen, besonders, wenn alles gut läuft. Man bekommt dann häufig zu hören: Der eine studiert, der andere macht eine Ausbildung, die dritte arbeitet schon. Das ist für viele ältere Zuwanderer ein großer Stolz. Wir Christdemokraten wissen einen solchen Lebensbeitrag älterer Zuwanderer zu würdigen.
Hier und da gibt es auch spezielle Probleme älterer Zuwanderer, die den meisten Menschen völlig unbekannt sind. Ich möchte deshalb die Gelegenheit nutzen, um ein praktisches Beispiel zu schildern, von dem ich in meiner Arbeit häufig höre. Meine ei
genen Großeltern in Russland sind nicht betroffen, aber ich spreche mit vielen Menschen, die mir ihre Schwierigkeiten schildern. Es ist folgendermaßen: Viele ältere Zuwanderer haben in ihrem Herkunftsland gearbeitet. Dafür erhalten sie von dort eine kleine Rente, und diese Rente wird ihnen von vielen Ländern auch nach Deutschland überwiesen. Insbesondere von den russlanddeutschen Rentnern, aber auch von vielen anderen wissen wir, dass sowohl die deutsche Rente, die hier erarbeitet wurde, als auch die ausländische Rente sehr klein ist. Unterm Strich wird also eine Grundsicherung im Alter ausgezahlt. Alle Rentenansprüche werden dann komplett von der Höhe der Grundsicherung abgezogen – so weit, so gut. Aber das passiert keineswegs automatisch. Vielmehr werden Menschen bis ins hohe Alter mit der Bürokratie von gleich zwei Ländern konfrontiert, die ihre Renten und die Grundsicherung berechnen und verrechnen. Das alles ist mit viel Zeitaufwand verbunden. Das alles ist auch mit erheblichen Kosten verbunden, und unterm Strich bekommt jemand, der in zwei Ländern ein Leben lang gearbeitet hat, teilweise weniger als jemand, der noch nie gearbeitet hat.
Dabei muss man wissen, dass es häufig um Menschen geht, die mit ihren Kindern nach Deutschland gekommen sind, mit Kindern, die arbeiten, mit Kindern, die Steuern zahlen, die Rentenbeiträge zahlen, die auch selbst schon Familien gegründet haben und damit zum langfristigen Wohlstand unseres Landes und unserer Sozialsysteme beitragen.
Wir Christdemokraten haben eine klare Überzeugung: Lebenslange Arbeit muss sich lohnen und darf nicht bestraft werden, Punkt.
Deshalb haben wir auch schon vor zwei Jahren in diesem Haus einen Antrag eingebracht, um klare, greifbare Verbesserungen für ältere Zuwanderer zu erreichen und die Belastung durch die Bürokratie zu verringern. In Hamburg müssen diese Menschen nämlich alle Belege sammeln, die mit der Rentenzahlung verbunden sind, also Belege für Überweisungskosten, Übersetzungskosten und Fahrtkosten; die Rente wird ja nicht von selbst nach Deutschland ausgezahlt. Diese Belege müssen sie mitbringen, wenn sie ihre Grundsicherung beantragen. Das ist wirklich viel Papier – für die Rentner und für unsere Verwaltung. Nur bei Vorlage aller Belege werden ihnen diese Kosten nicht von der Grundsicherung abgezogen. In anderen Städten werden ihnen diese Kosten ohne Papierkram pauschal und unbürokratisch anerkannt: In Frankfurt sind es 10 Euro im Monat, in anderen
Städten 25 Euro. In Nürnberg sind es – das wurde von einem SPD-Bürgermeister eingeführt – 50 Euro im Monat, die pauschal anerkannt und nicht abgezogen werden. Ein solches Verfahren, in verschiedenen Städten unabhängig von der Parteifarbe eingeführt, entlastet die Sachbearbeiter, es entlastet die Rentner und sorgt dafür, dass lebenslange Arbeit belohnt und nicht benachteiligt wird.
Herr Abaci, Sie irren, wir haben das nicht diskutiert.
Dieser Antrag wurde ohne Diskussion abgestimmt, und keine Fraktion in diesem Haus hat gegen unseren Antrag gestimmt, außer Ihrer Fraktion. Sie waren die Einzigen, die dagegen waren, etwas einzuführen, was pragmatisch ist und deutschlandweit unabhängig von Parteizugehörigkeit praktiziert wird.
Und deshalb, liebe Kollegen von der SPD – dies auch gerne an Sie persönlich gerichtet, Herr Abaci –, fordere ich Sie auf, einmal mitzukommen zu einer Veranstaltung älterer Russlanddeutscher, wobei das genauso auch jüdische Zuwanderer betrifft und viele andere. Kommen Sie doch einfach einmal mit, setzen Sie sich mit den Menschen zusammen, hören Sie sich an, wie das jetzige Verfahren die Menschen belastet, als wie ungerecht es empfunden wird, und folgen Sie dann dem Vorbild Ihrer sozialdemokratischen oder auch Ihrer christdemokratischen Kollegen in anderen Städten Deutschlands. Stimmen Sie einer Pauschalregelung nach Frankfurter oder Nürnberger Vorbild zu.
Ich habe schon gesagt, wie sehr wir als Christdemokraten die Lebensleistung älterer Menschen, die hier gearbeitet und ihre Kinder erzogen haben, schätzen.
Die LINKEN haben einen Antrag vorgelegt, in dem sie die Menschen, um die es geht, immer nur als – ich zitiere – "mehrfach benachteiligte Menschen" sehen. Damit untergraben Sie im Grunde die Würde älterer Zuwanderer – so sehen die sich nämlich nicht – und instrumentalisieren sie für ihren politischen Klassenkampf. Dieses Muster kennen wir nur zu gut. Wir wollen konkrete Fortschritte, wie eben gerade ausgeführt, wir wollen keine diffusen Masterpläne. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab. Der Überweisung der Drucksache stimmen wir zu. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier ein Sammelsurium an flüchtlingspolitischen Themen unsystematisch und teilweise aus der Vergangenheit wiederholend nur deshalb vorgetragen wird, weil man sich in der SPD-Fraktion gedacht hat, dass man nach der Lampedusa-Debatte nun irgendetwas zu Flüchtlingen machen sollte. Es scheint mir eine aufgezwungene Debatte zu sein, und ich kann nicht erkennen, was Sie Neues vorgetragen haben, Herr Abaci.
Ihr Antrag, liebe Kollegen von der SPD, soll angeblich die Integration von Flüchtlingen in Arbeit bewirken, aber nach den Ausführungen von Herrn Abaci bin ich mir nicht mehr sicher, was Sie eigentlich meinen, wenn Sie immer wieder von Flüchtlingen sprechen. Das Wort "Flüchtling" hat ein starkes rechtliches Fundament und eine starke rechtliche Tragweite. Die Genfer Flüchtlingskonvention regelt genau, was es bedeutet, ein Flüchtling zu sein. Und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stellt jedem Flüchtling in dieser Stadt einen amtlichen Bescheid aus, der dafür sorgt, dass Flüchtlinge hier in Stabilität und Sicherheit bleiben und leben können. Die Grundlage dessen ist unser Grundgesetz. Wir Christdemokraten sind stolz darauf, dass sich der Parlamentarische Rat unter dem Vorsitz von Konrad Adenauer dafür entschieden hat, jedem Menschen in Deutschland Schutz zu bieten, der in seiner Heimat verfolgt wird. Eine solche Regelung ist einmalig und beweist, wie ernst wir es meinen, wenn wir Menschen Schutz bieten wollen.
Irgendwann ist allen im Land und in der Politik klar geworden, dass nicht jeder, der einen Asylantrag stellt, sofort und automatisch auch ein Flüchtling ist. Diese Unterscheidung habe ich in Ihren Ausführungen nicht finden können. In Wahrheit ist nur
eine Minderheit der Antragsteller zu Hause politisch verfolgt worden, eine große Mehrheit hingegen nicht. Liebe Kollegen von der SPD, wenn Sie in der Überschrift Ihres Antrags und in Ihrer Rede "Flüchtlinge" sagen und unten im Inhalt des Antrags Asylsuchende und Geduldete meinen, nämlich all das, was Flüchtlinge nicht sind, dann vermischen Sie unzulässigerweise die Begriffe und zeigen fehlenden Respekt für das Schicksal von Menschen, die schutzlos sind, die verfolgt werden und deshalb in unserem Land um Schutz bitten.
Ein Beispiel: Erst kürzlich wurde bekannt, dass ein somalischer Pirat, also ein Erpresser und Entführer, einen Asylantrag in Deutschland gestellt hat. Ich frage Sie, ob dieser Mann für Sie ein Flüchtling ist, wenn Sie die Begriffe so vermischen. Sind wir auch diesem Mann gegenüber verpflichtet, ihm Schutz vor politischer oder sonstiger Verfolgung zu bieten? Diese Frage muss geklärt sein, bevor wir die Einzelheiten dieses Antrags besprechen. Gleich im ersten Punkt fordern Sie nämlich, dass jeder Asylsuchende – also auch dieser Mann, der mit Erpressung und Raub seinen Lebensunterhalt verdient hat – einen Rechtsanspruch gegen diesen Staat auf einen Integrationskurs von 600 Stunden erhalten soll. Dieser Kurs soll ihm also vom deutschen Steuerzahler bezahlt werden. Tatsache ist, dass jeder Mensch und also auch dieser Mann heute schon an einem Integrationskurs teilnehmen kann, wenn genügend Plätze vorhanden sind. Diejenigen aber, die rechtmäßig in unserem Land leben, haben natürlich bei der Platzvergabe Vorrang. Das ist doch klar, und auch der Koalitionsvertrag von Union und SPD enthält aus gutem Grund keine Änderung dieser Regelung, denn sie ist klug und gerecht.
Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, warum Sie diese Regelung nun plötzlich durch eine Gleichmacherei ersetzen wollen, die keine Grundlage hat. Sie sind außerdem dafür in diesem Saal am völlig falschen Ort. Wo waren denn der angeblich so mächtige Koalitionsverhandler Herr Scholz und die angeblich so durchsetzungsstarke Integrationsexpertin Frau Özoguz, als es in den Verhandlungen um diese Frage ging? Anscheinend war ihnen dieser Punkt doch nicht so wichtig, denn sonst hätten sie nicht ihre Unterschrift unter den Koalitionsvertrag gesetzt.
Ich sage Ihnen, herzlich willkommen in der Großen Koalition. Sie tragen jetzt Verantwortung in diesem Land und können nicht mehr mit dem Finger auf Berlin zeigen, wenn Ihnen etwas nicht passt.
Wenn Sie wirklich eine Ausweitung des Rechtsanspruchs auf alle gewollt hätten, warum haben Sie das nicht einfach in Hamburg eingeführt? Das können Sie doch mit Ihrer absoluten Mehrheit machen.
Warum zeigen Sie nach Berlin, wenn Sie hier und in Berlin regieren? Ich kann das nicht verstehen.
Sie haben in allen anderen Punkten Ihres Antrags Dinge aufgeschrieben, die entweder schon in der Umsetzung sind und bei denen Sie hier von Hamburg aus darauf drängen wollen, dass sie schnell umgesetzt werden, oder Selbstverständlichkeiten, die im normalen Verwaltungsverfahren abgehandelt werden können, und das, kurz nachdem Sie ein Integrationskonzept verabschiedet haben. Wie immer krönen Sie sich dabei als große Integrationsmeister und erhoffen sich Beifall von allen Zuwanderern in dieser Stadt für in Wahrheit nur leere Worte. Einen solchen Beifall werden Sie nicht erhalten, insbesondere nicht, wenn Sie mit Ihrer undifferenzierten Rhetorik und dem Begriff "Flüchtling", den Sie überall und an jeder Ecke sehen, weitermachen.
Klar ist, dass jeder Zuwanderer, der ehrlich und gesetzestreu in unser Land kommt, der alle Vorschriften erfüllt, der einen Beitrag zur Gesellschaft leistet und für seine Familie sorgt, nicht gegenüber demjenigen hintanstehen will, der illegal zu uns kommt, der seine Herkunft und Identität verbirgt oder auf sonstige Weise gegen Recht und Gesetz verstößt. Zuwanderer denken hierbei genauso wie alle anderen Menschen auch. Deshalb werden diese Zuwanderer Ihnen für eine solche Initiative auch nicht applaudieren.
Sie können also gern darauf verzichten, sich dafür zu loben, dass Sie Asylbewerber nur in Integrationskonzepten erwähnen. Ich habe jedenfalls noch keine Menschen und Wähler in dieser Stadt gesehen, die sich freuen, dass sie in irgendeiner Senatsdrucksache Erwähnung finden. Die Menschen wollen Tatsachen und Taten statt leerer Worte. Hören Sie auf, den Zuwanderern in dieser Stadt etwas vorzumachen. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Kollege Rose, Sie sind für Ihre markigen Worte bekannt,
und auch bei einem Antrag, der so wenig Substanz enthält, haben Sie kein Problem damit, sehr starke Begriffe politisch von der Tribüne herunterzuschmettern.
Ich glaube, da haben Sie sich ein ganz klein wenig zu weit herausgewagt.
Erstens: Herzlich willkommen in der Großen Koalition. Die Zeiten, in denen Sie diese Textbausteine verwenden, dass die CDU nach Berlin gehen solle, sind vorbei. Ihre Abgeordneten sind jetzt genauso in der Regierung wie unsere Abgeordneten. Sprechen Sie doch bitte einmal mit Ihren Abgeordneten.
Zweitens: Ihre Unterstellung, man könne mit uns keine Politik für Zuwanderer in dieser Stadt machen, kann doch wohl nur ein Scherz sein. Wer hat das Stipendienprogramm, das eben bei Ihnen anklang und ganz zentral steht,
eingerichtet? Wer hat das Hamburg Welcome Center eingerichtet? Wer hat das Integrationskonzept eingeführt? Das war alles die CDU. Während 40 Jahre SPD-Regierung war Stillstand; wir haben das gemacht.
Der einzige substanzielle Punkt, der in Ihrem Antrag wirklich enthalten ist und über den ich deshalb so lange gesprochen habe, bezieht sich gar nicht auf Hamburg. Sie haben keinen Antrag gestellt, in Hamburg einen Rechtsanspruch einzuführen. Darüber hätten wir uns unterhalten können, da hätten wir Für und Wider abwägen können.
Sie haben einen Antrag im Bund gestellt, wo Sie mitregieren, auf Hamburger Ebene einen Rechtsanspruch einzuführen. Ich kann nicht verstehen, wie das mit unserem Grundgesetz vereinbar sein soll.
Wenn Ihr Herz wirklich so für die Zuwanderer brennt, dann gehen Sie doch bitte zurück in die Debatte über den Hamburger Haushalt, die wir schon zweimal geführt haben. Ich habe dort zweimal darum gebeten, den Zuwanderern in dieser Stadt Integrationskurse mit dem Zweck einer Diplom-Anerkennung zu finanzieren und einzurichten. Diese Menschen brauchen diese Kurse. Und
zweimal haben Sie das abgelehnt. Dann kommen Sie aber an und sagen, Ihr Herz brenne für die Zuwanderer und Sie seien nicht kaltherzig. Ich kann das nicht verstehen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Verehrter Herr Kollege Abaci, es ist beeindruckend, wie Sie eine Große Anfrage mit so wenigen neuen Daten und Fakten, aber so hochtrabenden Worten zu einem
Vorgang von geradezu globaler Bedeutung hochstilisieren möchten.
Wir raten Ihnen deutlich, sich hier mit Eigenlob zurückzuhalten und mehr Einsatz zu zeigen. Mehr Sein als Schein würde Ihrer Fraktion in diesem Zusammenhang guttun.
Wir sollten bei diesem Thema keine weitschweifigen Theorien entwickeln, sondern wir sollten uns aus Sicht der betroffenen Menschen anschauen, was diese Initiative überhaupt ausmacht. Der Senat schreibt es auch in seiner Antwort auf Ihre Anfrage – ich zitiere –:
"Jeder Einbürgerungswillige [kann] einen Einbürgerungsantrag stellen, ohne vom Bürgermeister dazu ausdrücklich ermutigt worden zu sein."
Ich bin dem Senat dankbar, dass er das klargestellt hat,
denn das Einbürgerungsverfahren bleibt wie so viele andere auch nach dieser Initiative ein Antragsverfahren. Dass dieses eine Verfahren jetzt kundenfreundlicher und effizienter geworden ist, können wir als Christdemokraten nur begrüßen.
Klar ist aber auch, dass dieses Projekt eine bevorzugte Personalausstattung genossen hat und einer strengeren Prozesskontrolle unterlag, weil der Bürgermeister es nun einmal so stark mit seiner eigenen Person verbunden hat. Das ist selbstverständlich. Wir sagen aber, dass jeder Bürger in dieser Stadt, ob Deutscher oder Ausländer, einen Anspruch auf ein kundenfreundliches, effizientes und zügiges Antragsverfahren hat, wenn er sich auf den Weg in eine unserer Behörden macht. Das gilt für Einbürgerungsanträge genauso wie für Anträge auf Anerkennung von ausländischen Diplomen, für Anträge auf Sprach- und Integrationskurse oder für Anträge auf aufenthaltsrechtliche Entscheidungen.
Es kann aber nicht sein, dass man Effizienz alleine dadurch erreicht, indem man einzelne Projekte zur Chefsache des Bürgermeisters macht. Kein Bürgermeister kann alle Prozesse persönlich kontrollieren und beaufsichtigen.
Was wir brauchen, ist eine breite Offensive für Effizienz und Kundenfreundlichkeit in unseren Behörden gegenüber allen Hamburgern.
Ich führe viele Gespräche mit Zuwanderern in dieser Stadt, und das Thema Antragsbearbeitung sorgt immer wieder für Unmut. Bei der Diplomanerkennung sagen die Verwaltungen, an der hohen
Antragsbearbeitungsdauer seien die Antragsteller selbst schuld. Es heißt, dass die Menschen nicht die richtigen Unterlagen bringen würden und dadurch immer wieder Zeit verloren gehe. Aber wenn ich mit den Menschen spreche, dann höre ich, dass die Leitfäden für die notwendigen Unterlagen falsch sind und diese auch nicht korrigiert werden. Ich höre auch, dass Antragsteller genau die geforderten Unterlagen mitbringen und dann zwei-, dreimal wiederkommen müssen, weil dem Sachbearbeiter immer wieder neue notwendige Unterlagen einfallen. Jeder Monat Bearbeitungszeit bedeutet für diese Menschen aber häufig einen Verdienstausfall in dreistelliger oder vierstelliger Höhe.
Solange das ignoriert wird, können wir noch nicht von Kundenorientierung in diesem Bereich sprechen, und wir wissen auch, dass die Einrichtung der "Zentralen Anlaufstelle Anerkennung", die wir sehr gern gewonnen haben und auf deren Dienstleistung wir nicht verzichten möchten, deutlich macht, dass das normale Antragsverfahren ohne Beratung durch eine neutrale Stelle noch nicht gut genug funktioniert. Aber warum eigentlich nicht? Deshalb fordere ich den Bürgermeister auf, als nächstes Projekt die Antragsbearbeitung im Bereich Diplomanerkennung zur Chefsache zu machen, damit die fleißigen und leistungsbereiten Zuwanderer in dieser Stadt so schnell wie möglich mehr Geld verdienen, mehr Steuern zahlen und mehr zu unserem Gemeinwesen beitragen können.
Ein anderes Beispiel für wenig kundenfreundliche Antragsbearbeitung sind viele Vorgänge in unseren Ausländerämtern. Solange wir kein modernes Terminmanagement in jedem Ausländeramt haben und immer wieder chaotische Zustände vorkommen, werden Menschen jahrelang den Eindruck von Unprofessionalität von unserer Stadt haben, und der positive Eindruck durch die schnellere Bearbeitung der Einbürgerungsanträge wird dadurch zunichte gemacht. Ich fordere deshalb den Bürgermeister auf, als nächstes Projekt die Antragsbearbeitung im Bereich Aufenthaltsrecht zur Chefsache zu machen, damit die legal hier lebenden fleißigen und leistungsbereiten Zuwanderer in dieser Stadt ihre Zeit nicht in Amtsfluren verbringen, sondern ihre Zeit bei der Arbeit und ihren Familien verbringen können.
Meine Damen und Herren! Sie sehen an diesen Beispielen, dass die Initiative des Bürgermeisters allenfalls ein Anfang sein kann. Wir lassen es nicht zu, dass der Senat hier stehen bleibt und seine Priorität auf Eigenlob anstatt auf Einsatz setzt. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach den Äußerungen von Frau Fegebank erscheint es mir sinnvoll, ganz vorn anzufangen, nämlich bei der Frage, warum unsere Stadt eigentlich Städtepartnerschaften unterhält. Dazu habe ich in unserer Verfassung einen klaren Auftrag gesehen. Hamburg will – ich zitiere –:
"[…] im Geiste des Friedens eine Mittlerin zwischen allen Erdteilen und Völkern der Welt sein."
Das ist ein klarer Auftrag. Und aus diesem Grund ist auch die erste und älteste unserer Partnerschaften mit St. Petersburg entstanden. Sie hat auch in schwierigen Zeiten zur besseren Verständigung Deutschlands mit Russland beigetragen; Frau Steppat hat das völlig richtig und im Detail dargestellt. Klar ist, dass die Unions-geführte Bundesregierung die von den Vorrednern erwähnte Gesetzgebung bereits mehrfach und in deutlicher Form kritisiert hat und sie in die Reisehinweise für deutsche Bürger aufgenommen hat. Wir Christdemokraten unterstützen die klare Haltung der Bundesregierung, weil wir uns für Menschenrechte in allen Ländern dieser Welt mit Deutlichkeit einsetzen.
Unsere Haltung zu Menschenrechten darf aber nicht relativierbar und auch nicht beliebig sein. Deshalb dürfen wir nicht willkürlich St. Petersburg an den Pranger stellen und woanders die Augen verschließen. Sie wissen selbst, dass auch in unserer Partnerstadt Daressalam die Gesetze von Tansania gelten. Dort wird Homosexualität mit bis zu 14 Jahren Gefängnis hart bestraft.
Was können wir in einer solchen Lage tun? Wer es wirklich ernst meint, der kämpft für Menschenrechte in dieser Welt nicht nur durch unverbindliche Äußerungen, sondern durch verbindliche, zwischenstaatliche Vereinbarungen. Deshalb begrüßen wir, dass Russland als Mitglied des Europarats die Europäische Menschenrechtskonvention verbindlich akzeptiert und das Zusatzprotokoll zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten unter
zeichnet hat. Dort heißt es ganz unmissverständlich, dass niemand von einer Behörde diskriminiert werden dürfe. Und das darf keine leere Floskel bleiben.
Russland hat sich der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte unterworfen. Mit über 20 000 anhängigen Verfahren nutzen russische Staatsbürger häufiger als alle anderen die Möglichkeit einer Beschwerde beim Gerichtshof. Mit rund 1200 Verurteilungen steht die Russische Föderation auf dem dritten Platz der Verurteilungsstatistik des Gerichtshofs. Übrigens wird die Türkei, die auf dem zweiten Platz der Verurteilungsstatistik steht, auch in diesem Hause bei vielen als zukünftiges Mitglied der EU gesehen.
Was aber unsere Beziehung zu St. Petersburg angeht, so hat dieses Haus bereits einen Versuch unternommen, auf die Gesetzgebung in Russland Einfluss zu nehmen. Unsere erste Resolution zu diesem Thema ist in St. Petersburg deutlich wahrgenommen worden. Die lange geplante Unterzeichnung des Manifests über die Zusammenarbeit unserer Städte kommt nun aber trotzdem – manche sagen auch deshalb – nicht wirklich voran. Wie können wir mit Hilfe einer zweiten Resolution einen echten Beitrag zur Stärkung der Menschenrechte in Russland leisten? Falls das gelingen kann, sind wir Christdemokraten jederzeit bereit, eine solche Resolution zu verabschieden, wenn sie konstruktiv und hilfreich ist. Für uns ist klar, dass eine echte Partnerschaft auch schwierige Diskussionen aushalten muss.
Frau Fegebank, Sie haben in diesem Zusammenhang eine Petition erwähnt, aber nicht klar gesagt, wie Sie eigentlich zu dieser Petition stehen. Wir wissen aber, wie wir dazu stehen. Wir wollen auf keinen Fall einer Lösung zustimmen, die unsere Partnerschaft mit St. Petersburg aus politischem Kalkül rücksichtslos beschädigt oder infrage stellt. Ein sogenanntes Ruhenlassen oder gar eine Kündigung der Partnerschaft ist weder im Interesse Hamburgs noch im Interesse Russlands und seiner Bürger und mit uns nicht zu machen.
Frau Fegebank, Sie haben eine Petition erwähnt, aber nicht gesagt, wie Sie dazu stehen. Kommen Sie hierher und sagen Sie, wie Sie dazu stehen.
Wir Christdemokraten stehen für eine solide, eine verlässliche und eine wertegebundene Außenpolitik im Interesse Hamburgs. Schnellschüsse helfen nicht weiter. Eine Ausschussberatung dieses Antrags ist aus unserer Sicht deshalb unumgänglich, und wir stimmen der Überweisung zu. – Vielen Dank.
– Vielen Dank, Frau Präsidentin, ich möchte sehr gerne.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind soeben Zeuge geworden, dass Fraktion und Senat bei Ihnen in einer Sache eng zusammenstehen,
nämlich bei dem Versuch, den Integrationsbeirat als eine sozialdemokratische Erfindung darzustellen
und die Erfolge der engagierten Bürger im Beirat als sozialdemokratische Erfolge für sich zu vereinnahmen. Wir Christdemokraten können nicht zulassen, dass Sie so unverhohlen die Geschichte dieses Beirats verfälschen, dass Sie Ihren Irrweg des Ausländerbeauftragten-Konzepts völlig verschweigen, weil wir wissen, dass der Integrationsbeirat eine Erfindung der CDU in Hamburg ist, und die informierten Menschen in dieser Stadt wissen das auch.
Und genau diesen Menschen haben Sie, wie so häufig, Versprechungen gemacht – Versprechungen, die Sie nicht halten können, wenn man sie genau betrachtet. Dieser Bericht ist ein Beispiel dafür. Sie haben sehr vollmundig angekündigt, die Vertreter der Fraktionen aus diesem Hause seien im Integrationsbeirat überflüssig,
weil es diesen Bericht gäbe, durch den man alle zwei Jahre umfassend informiert würde. Tatsache ist aber, dass substantielle inhaltliche Darstellungen aus der Arbeit des Beirats sich nur auf den Seiten 4 bis 12 Ihrer Drucksache finden, und davon entfällt der Großteil auf Darstellungen über die Anzahl der Treffen, wie häufig und worüber man miteinander gesprochen hat, und auf die abstrakte Benennung von Themenfeldern. Aber wir finden keine Sitzungsprotokolle des Beirats, wir finden keine Abstimmungsergebnisse, und wir finden vor allem keinen Hinweis auf die Ideen und Vorschläge des Beirats, die der Senat nach seinem klugen Ermessen entschieden hat zu ignorieren. Sie filtern die Arbeit des Beirats gegenüber uns, dem Parlament, und zeigen uns nur das, was Ihnen passt. Dabei behaupten Sie selbst auf Seite 4 Ihres Berichts – ich zitiere –:
"Zudem greift die Hamburger Verwaltung Beschlüsse und Empfehlungen des Beirats verbindlicher auf. Das bedeutet speziell für die Fachbehörden ein Novum: Sie sind zur Prüfung der Beschlüsse und Empfehlungen des Integrationsbeirats verpflichtet. Sollten diese nicht umgesetzt werden, haben sie dies […] substantiiert zu begründen."
Herr Scheele, ich fordere Sie auf: Stellen Sie dem Parlament dar, welche Vorschläge des Beirats Sie geprüft haben, und begründen Sie substantiiert, warum Sie diese Vorschläge nicht umgesetzt haben.
Sie verweisen immer wieder auf das von Ihnen gegenüber dem Konsensprinzip bevorzugte Prinzip der Mehrheit. Dann stellen Sie doch bitte dar, welche Abstimmungen so umstritten waren, dass sich in einer Mehrheitsentscheidung Mehrheit gegen Minderheit durchsetzen musste; ich kann mich an solche Streitigkeiten im Beirat jedenfalls nicht erinnern.
Sie erwecken ansonsten hier den Eindruck, Beteiligung und Mitsprache zu versprechen, aber eine Deckelung der Meinungsverschiedenheiten zwischen den beteiligten Bürgern und Ihrem Senat zu betreiben.
Selbstverständlich werden wir Christdemokraten mit unseren verfassungsgemäßen Möglichkeiten dafür sorgen, dass eine echte Bilanz der Mitsprache erstellt wird, dass wir transparent deutlich machen, ob vollmundige Ankündigung und Realität wirklich übereinstimmen. Das sind wir den Menschen schuldig, die sich teilweise in schwierigen räumlichen Verhältnissen bis spät in den Abend versammeln, um neue Lösungen für das Zusammenleben in dieser Stadt zu finden. Nehmen auch Sie diese Menschen ernst und legen Sie uns das nächste Mal einen echten, einen ehrlichen Bericht über die Arbeit des Beirats vor. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich darüber gefreut, dass Frau Martin gesprochen hat, und Sie haben das auf eine sehr charmante Art getan.
Ich hätte sonst erwartet, dass einer der mir seit vielen Jahren bekannten Sozialdemokraten aus der SPD Hamburg-Mitte zu diesem Thema sprechen würde. Gott sei Dank haben Sie uns das erspart, und Sie hatten Ihre Gründe.
Wir sind uns bei der Bedeutung des DOMs parteiübergreifend einig. Die jahrhundertealte Geschichte muss nicht rezitiert werden und ist jedem Hamburger bekannt. Und wir sind uns auch einig, dass wir froh darüber sein müssen, einen Rechnungshof in dieser Stadt zu haben, der die Finanzen dieser Stadt in den vielfältigsten Bereichen durchleuchtet und dafür sorgt, dass wir auch über die Einhaltung von fachlichen Standards bei der Kalkulation von Gebühren informiert sind. Es liegt aber an uns, die wir politische Verantwortung tragen, die Empfehlungen des Rechnungshofs auch dann ernstzunehmen, wenn es um emotionale Themen wie unseren Hamburger DOM geht. Klar ist, dass es aus fachlicher Sicht eine Art Monopol gibt, da es nur einen DOM gibt. Jede Erhöhung von Gebühren ist aus ökonomischer Sicht die Ausnutzung einer Monopolposition. Jede Art von Erhöhung sollte deshalb mit kühlem Kopf begründet und abgewogen werden. Auch die Schaffung eines privaten statt eines staatlichen Monopols muss klug bedacht sein. Wir sind uns in der CDU-Fraktion einig, dass die Privatisierung an dieser Stelle falsch ist.
Schließlich muss klar sein, dass jede Gebührenerhöhung automatisch eine Preiserhöhung für jede Bratwurst, jeden Maiskolben und jede Karussellfahrt, die auf unserem schönen DOM gekauft und bezahlt wird, bedeutet. Wir wissen, dass die Diskussion um die Preise bei Volksfesten viele Menschen persönlich berührt. Unsere Kollegen im SPD-regierten München haben zum Beispiel letztes Jahr eine Maß Bier auf dem Oktoberfest von 9 Euro auf 9,30 Euro im Preis ansteigen lassen.
Das sind 3,9 Prozent Preissteigerung. Diese Dinge werden heiß diskutiert, und zwar zu Recht. Die Fahrgeschäfte auf dem DOM kosten zwischen 3 und 6 Euro für eine Person für eine Fahrt. Zumindest wir Christdemokraten brauchen weiterhin einen DOM, der jeder Krankenschwester und jedem Polizisten in dieser Stadt offensteht, auch wenn sie mit zwei oder drei Kindern dort einen schönen Abend verbringen wollen, ohne dass sie den ganzen Abend ins Portemonnaie schauen müssen.
Ich persönlich habe den DOM das erste Mal mit elf Jahren gesehen, als wir neu in Hamburg waren. Auch damals gab es schon Computerspiele und faszinierende elektronische Geräte, aber die Faszination eines Volksfestes war damals nicht geringer als vor Jahrhunderten, als der DOM gegründet worden ist. Auch in einer Stadt, die zu Recht kühl rechnet und darauf stolz sein kann, müssen wir uns im Klaren darüber sein, dass unsere Entscheidungen Auswirkungen darauf haben, ob jedes Kind in dieser Stadt diese Faszination erleben kann oder nicht. Wir wollen die Empfehlung des Rechnungshofs deshalb zum Anlass nehmen, die finanzielle Struktur des DOMs behutsam zu diskutieren und einen Beitrag dazu zu leisten, ihn noch erfolgreicher, beliebter und faszinierender für Groß und Klein zu machen, ohne den DOM zu teuer für die große Mehrheit unserer Bevölkerung zu machen.
Übrigens haben sicher auch die dort seit Generationen tätigen Schausteller Ideen, die wir, die die politische Verantwortung tragen, prüfen und diskutieren können. Nutzen Sie gemeinsam mit uns diese Gelegenheit, den DOM besser zu machen, und zeigen Sie Ihr Herz für den DOM. Überweisen Sie Ihren Antrag an den Haushaltsausschuss.
Wir unterstützen ihn in vielen Punkten, aber diese Gelegenheit sollten wir gemeinsam ergreifen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Verehrte Kollegen von der SPD und auch Herr Abaci, wir haben Sie bei der Debatte im Februar vergangenen Jahres davor gewarnt, Ihren Antrag einzubringen, ohne auf die Ergänzung der Opposition einzugehen. Wir haben uns auch gewundert, wie wenig Sie über den Alltag der Zuwanderer in Gesundheitsfragen wissen, und Ihnen geraten, davon abzusehen, immer nur vom kranken und unglücklichen Zuwanderer zu sprechen.
Immer wieder wurden diese Szenarien, und das steht zum Glück im Protokoll, von allen Rednern der SPD dargebracht. Auch die Senatorin hat das auf eine Art gemacht, die ich persönlich nicht besonders angenehm fand. Sie haben leider in Ihrer Art – damals gewohnt selbstgerecht, mittlerweile haben Sie ein bisschen von der Realität gelernt –
alle Vorschläge der Opposition abgelehnt. Damit haben Sie bewiesen, dass Sie über das von Ihnen selbst angemeldete Thema nicht besonders viel wissen.
Sie haben zum Beispiel bewiesen, dass Sie nicht wissen, dass die wichtigste alltägliche Gesundheitsinstanz für viele Zuwanderer der muttersprachlich sprechende Arzt ist. Er kommt nicht in Ihrem Antrag vor, er kommt nicht im Bericht des Senats vor.
Er kam in der Rede der Senatorin durchaus vor, ich vermute aufgrund unserer Hinweise, die Sie damals abgelehnt haben. Sie können doch nicht die wichtigste Instanz, die wirklich für die meisten Menschen im Alltag bei Gesundheitsfragen wichtig ist – nicht, wenn es um die schlimmsten Krankheiten geht –, einfach ausklammern und sie nur am Rande in der Rede der Senatorin erwähnen. Ich glaube, dass die Überweisung an den Gesundheitsausschuss eine Chance ist, über diese Ärzte zu sprechen, vielleicht auch mit diesen Ärzten zu sprechen, um Ihnen einen Einblick in die Realität zu ermöglichen. Ich wünsche Ihnen viel Offenheit und Aufgeschlossenheit für unsere konstruktiven Vorschläge und die Vorschläge der anderen Oppositionsparteien. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! In unserer Stadt ist die Zuwanderung und auch die Auswanderung seit Jahrhunderten der Normalfall, und Integrationserfolge, auch Integrationsprobleme, gehören eben immer dazu, wenn Menschen verschiedener Herkunft in dieser weltoffenen Stadt zusammenleben. Auch heute müssen wir uns die Frage stellen,
was können wir und was kann unsere Stadt tun, um für den Einzelnen und die Gesellschaft die Zahl der Erfolge zu erhöhen und das Ausmaß der Probleme zu verringern.
Wir Christdemokraten haben hier eine klare Vorstellung. Wir wollen eine Stadt, die jedem, der ehrlich und leistungsbereit ist, der zum Gemeinwesen beitragen möchte, unabhängig von seiner Herkunft alle Türen öffnet, alle Chancen ermöglicht und alle Hilfestellung gibt, um für sich und seine Familie eine bessere Zukunft zu finden.
Dabei ist es uns wichtig, individuelle Unterschiede, kulturelle Unterschiede, religiöse Unterschiede und ethnische Unterschiede anzuerkennen. Sie sind Realität in dieser Stadt und sie führen sowohl zu positiven als auch zu negativen Ergebnissen der Integration. Hier unterscheiden wir uns vom Menschenbild und vom Gesellschaftsbild des Senats und auch der Fraktion des linken Flügels.
Dort setzt man auf eine Ideologie von Nivellierung und Gleichmacherei, die mich persönlich sprachlos macht.
Der Senat schreibt in sein Konzept, die Erhebung des Migrationshintergrundes solle als zeitlich begrenztes Instrument verstanden werden, welches vorübergehend zur Messung struktureller Diskriminierung notwendig sei. Dieser Senat will also von den Menschen gar nicht wissen, woher sie kommen, woran sie glauben, was ihre Werte und ihre Kultur sind, was ihre Bräuche sind, welche Ziele sie haben und warum.
Sie wollen nur noch wissen, wo sie von den Menschen dieser Stadt benachteiligt werden und wo sie ausgegrenzt und diskriminiert werden. Sie schreiben in Ihrem Konzept 51-mal das Wort Diskriminierung. Sie führen in Ihrem Konzept elfmal das Wort Benachteiligung an, auf jeder Seite einmal.
Und Sie steigern sich noch, denn Sie sagen, ob es sich im Einzelfall um objektiv erfolgte oder lediglich empfundene Diskriminierung handele, sei unerheblich.
Das ist nicht die Realität der Zuwanderung, die wir kennen. Wir sehen in der Mehrheit der Zuwanderer keine Menschen, die sich jeden Tag als unmündige Opfer eines Systems fühlen. Eine Umfrage der
Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat ergeben, dass sich zum Beispiel im Bereich Arbeitsmarkt drei Viertel aller Zuwanderer noch nie diskriminiert gefühlt haben. Die große Mehrheit ist also anders als das, was hier dargestellt wird.
Viele Menschen leben hier das erste Mal in Freiheit. Sie leben hier in Würde und werden solidarisch unterstützt, wenn sie selbst kein ausreichendes Einkommen haben, und sie leisten einen Beitrag zum Gemeinwesen. Es gibt auch Diskriminierung, aber sie steht nicht im Vordergrund der Beziehung im Bereich der Integration in dieser Stadt.
Wenn Sie diejenigen Menschen fragen, die all diese Dinge erfolgreich tun, dann werden Sie hören, dass es eben auch auf die richtige Einstellung ankomme. Und wer sich selbst in eine Opferrolle hineindenkt, hat auch deutlich geringere Chancen, seine Träume zu verwirklichen. Das sagen Ihnen sehr viele erfolgreiche Migranten, unabhängig von dem Ort, von dem sie nach Deutschland gekommen sind.
Ich möchte Ihnen ein Beispiel geben. Wie kann es sein, dass zwei Drittel aller vietnamesischen Schüler erfolgreich das Gymnasium besuchen? Ich fordere alle Anhänger der Ideologie von Opfer und Benachteiligung auf: Gehen Sie zu den Eltern dieser Kinder und sagen Sie ihnen, dass der Erfolg dieser Kinder nichts zu tun hat mit Werten und mit kulturellen Einstellungen, nichts zu tun hat mit der Wertschätzung von Bildung, die sie von ihren Eltern bekommen, sondern nur etwas zu tun hat mit struktureller Diskriminierung, die sie nicht trifft, aber andere schon. Sie sehen, wie absurd dieser Ansatz ist.
Wo Grundsätze weltfremd sind und wo Grundsätze realitätsfern sind, sind leider auch die Ziele und Maßnahmen ungeeignet. Häufig setzen Sie in Ihrem Konzept auf unwichtige Ziele wie Informationsveranstaltungen. Aber immens wichtige Ziele wie die Abiturientenquote, die Hochschulabschlussquote und die Arbeitslosenquote werden leider nicht ernsthaft bearbeitet.
Ich nehme als ein Beispiel die Arbeitslosenquote. Das ist für uns einer der wichtigsten Bereiche überhaupt. Diese wollen Sie von 25 Prozent im Jahr 2006 auf unter 12 Prozent im Jahr 2015 senken. Sie schreiben keinen Satz dazu, wie Sie das erreichen wollen. Anstatt über 60-mal von Diskriminierung und Benachteiligung zu sprechen, sollten Sie lieber darüber sprechen, wie wir Zuwanderer in Arbeit bringen, damit sie und besonders ihre Kinder nicht nur die finanziellen, sondern auch die nichtmateriellen Vorteile eines Lebens in Arbeit erfahren.
Meine Damen und Herren! Dies war nur ein Beispiel von vielen. Unsere Fraktion ist darauf vorbereitet, mit Ihnen über jedes Teilgebiet und jede Zielkennzahl ausführlich im Ausschuss zu diskutieren. Wir hoffen, dass Sie bis dahin den Weg in die Realität gefunden haben, damit wir gemeinsam im Sinne der leistungsbereiten Zuwanderer in Hamburg alles bewegen und ermöglichen können, was den Weg der Migranten zum Erfolg in dieser Stadt leichter macht. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es passt gut, dass Herr Neumann gerade gesprochen hat.
Vor zwei Wochen erlebte ich einen sehr bewegenden Besuch bei einem Verein, der von jungen Offizieren der Bundeswehr in Hamburg gegründet wurde. Diese Offiziere waren wie alle anderen Soldaten auch, sie hatten einen Eid geschworen, unser Land auch unter Einsatz ihres Lebens zu verteidigen. Eines aber war an ihnen besonders: Keiner von ihnen konnte von sich sagen, dass seine Eltern beide in Deutschland geboren sind. Die meisten von ihnen haben lediglich die deutsche Staatsbürgerschaft. Diese jungen Menschen haben ihrem Verein den Namen Deutscher.Soldat e.V. gegeben. Dort setzen sie sich ehrenamtlich für die Integration von Kindern und Jugendlichen in unserer Stadt ein.
Sehr geehrte Kollegen von den GRÜNEN! Ich fordere Sie auf, mit diesen jungen Menschen zu sprechen, bevor Sie die Zuwanderer in unserer Stadt wieder einmal als Opfer von Diskriminierung darstellen, wie Sie das so gerne tun. Mir fällt auf, dass Sie als Überschrift dieser Diskussion "Lasst beide Herzen schlagen" gewählt haben. Mit dieser Wortwahl gestehen Sie ein, dass ein Mensch seine Heimat im Herzen trägt. Dies ist eine Selbstverständlichkeit für so gut wie alle Parteien in so gut wie allen Ländern dieser Welt, für mich aber ein geradezu revolutionäres Eingeständnis seitens Ihrer Partei und des linken Flügels dieses Landes,
und ich beglückwünsche Sie zu dieser Erkenntnis. Oder liege ich im Unrecht, wenn ich an die vielen Diskussionen über den Patriotismus in unserem Land denken muss, in denen ich die schlimmsten Vorwürfe gegen Menschen gehört zu haben glaube, die ihr Land lieben, seine Flagge lieben, die Nationalhymne ihres Landes lieben, ob sie in diesem Land geboren sind oder nicht? Und erinnere ich mich falsch, wenn ich den Eindruck habe, dass diese Vorwürfe allesamt aus dem linken Flügel gekommen sind?
Für viele Menschen ist das aber ein Thema.
Sie sagen, man könne sich nicht mit diesem Land identifizieren, wenn man nicht zwei Pässe haben dürfe. Ich sage Ihnen, man kann sich sehr wohl mit einem Land identifizieren, wenn man das Gefühl hat, dass die Menschen und auch die Politiker ihr Land lieben und einem einen Anlass geben, sich mit diesem Land zu identifizieren. Darüber sollten Sie nachdenken.
Verehrte Kollegen vom linken Flügel, ist Ihnen bewusst, dass Sie eine Debatte über Gesetze führen, deren Auswirkungen 60, 70 oder weit über 100 Jahre nachwirken werden, wenn die Enkelkinder der jungen Menschen, über die wir sprechen, zu wählen haben werden, in welchem Land sie leben wollen? Es gibt wohl kaum Gesetze, die länger Gültigkeit haben als diese Materie. Deshalb möchte ich Sie bitten, eine ernsthafte Debatte zu führen und nicht so zu tun, als läge die Entscheidung auf der Hand und als wüssten nur Sie, was für diese Menschen gut ist.
Wenn wir gemeinsam mit jungen Menschen – ob in Deutschland oder in anderen Ländern geboren – ein Land aufbauen wollen, in dem man sich heimisch fühlt und das man liebt, dann ist es nicht hilfreich, wenn Sie immer wieder davon sprechen, dass Gesetzesvorhaben, die eine Entscheidung herbeiführen, diese jungen Menschen diskriminie
ren. Ich glaube, die jungen Menschen von Deutscher.Soldat e.V. und viele, viele andere geben Ihnen da nicht recht. Besuchen Sie sie, dann sprechen wir noch einmal. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben dieses Jahr einen Haushaltsantrag vorgelegt, der viel Integration für wenig Geld bewirken kann. In diesem Antrag finden Sie – das haben Sie bemerkt – genau die gleichen Forderungen wie im vergangenen Jahr. Der Grund ist ein einfacher. Wir mussten feststellen, dass die Fortschritte des Senats auf dem Feld der Integrationspolitik in den vergangenen zwölf Monaten leider sehr bescheiden waren.
Deshalb wollen wir die Lektion noch einmal mit Ihnen wiederholen, und wenn wir das hinter uns haben, dann werden Sie auch in das nächste Schuljahr versetzt.
Sie, Frau Bekeris, haben deutlich gemacht, dass dies wirklich notwendig ist. Sie haben am Anfang Ihrer Rede die Felder der Sozialpolitik aufgezählt. Sie haben gesagt, nicht nur die offene Kinderarbeit gehöre dazu,
sondern auch Programme für Menschen mit Behinderung, obdachlose Menschen oder Zuwanderer. Ich möchte für meine Fraktion klar und deutlich feststellen, dass für uns Integrationspolitik nicht Sozialpolitik ist, für uns sind Zuwanderer nicht in einer Reihe mit Menschen mit Behinderung oder Obdachlosen zu sehen. Wir wollen alle Zuwanderer mitnehmen und sie nicht als Sozialfall abstempeln, wie Sie es tun.
Weiterhin, Frau Bekeris, haben Sie sehr pauschal und ohne auf Einzelheiten einzugehen die erfolgreiche CDU-Integrationspolitik der vergangenen Jahre verunglimpft. Sie haben gesagt, diese Politik sei defizitär oder Ähnliches gewesen. Dann bringen Sie doch den Mut auf, all diese Dinge, die Sie für so schlimm halten, rückgängig zu machen.
Bringen Sie doch den Mut auf, die erfolgreiche Sprachstandserhebung für Viereinhalbjährige rückgängig zu machen, bringen Sie den Mut auf, das erfolgreiche Hamburg Welcome Center rückgängig zu machen, und bringen Sie den Mut auf, die zentrale Anlaufstelle für die Anerkennung ausländischer Diplome rückgängig zu machen, was Sie übrigens beinahe gemacht hätten. Wenn Sie all das nicht tun, dann verunglimpfen Sie aber nicht unsere Politik als defizitär.
Ich habe die Ideen, die wir in unserem Antrag aufgeschrieben haben, in diesem Jahr auf vielen Veranstaltungen gegenüber Hunderten von Zuwanderern aus den verschiedensten Ländern mit den verschiedensten Erfahrungshintergründen vorgetragen.
Ob jung oder alt, ob hochgebildet oder nicht, die Menschen sagen mir, das stimmt, wir brauchen diese Projekte, wir fühlen uns in diesen Fragen nicht genügend mitgenommen, und die Verantwortung dafür trägt der Senat. Besonders gut kommt es bei den Menschen an, wenn ich unser Programm zur Beratung von Zuwanderereltern vorstelle. Wir wollen Eltern in der Volkshochschule neutral und sensibel über das Hamburger Schulsystem beraten. Wir wollen über die Talente, die Neigungen, die Fähigkeiten des einzelnen Kindes sprechen, und wir wollen über die richtige Wahl einer passenden Schule aufklären. Es zeigt wiederum ein völlig falsches Menschen- und Weltbild, wenn einige sagen, dies sei ein Programm für bildungsferne Eltern.
Bildungsfern wird wieder mit Zuwanderern gleichgesetzt; das wollen wir nicht. Auch Ingenieure, die aus einem anderen Land kommen, können nicht das Hamburger Schulsystem kennen. Woher sollen sie es denn auch kennen? Auch sie brauchen diese Beratung, und deshalb sage ich Ihnen: Gehen Sie diesen Schritt mit.
Nicht nur die Eltern wollen es, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, auch wir als Politiker sollten es wollen, denn es ist auch eine Antwort auf die besorgniserregende und fortschreitende Spaltung unserer Stadt, eine Spaltung in Schulen mit sehr hohem Migrantenanteil von 50, 60, bis zu 90 Prozent und Schulen mit einem Migrantenanteil nahe null. Sie haben diese Spaltung noch gar nicht zur Kenntnis genommen. Wir bieten einen Ansatz, auf diese Spaltung mit einem ersten Schritt zu reagieren.
Ein weiterer wunder Punkt für viele Zuwanderer ist die Anerkennung ausländischer Diplome. Es ist gut, dass die CDU-geführte Bundesregierung ein Gesetz zur Diplomanerkennung eingeführt hat. Rot-Grün hat einen solchen Vorstoß nie geschafft.
Aber Tatsache ist auch, dass jetzt die Bundesländer gefragt sind, dieses Gesetz mit Leben zu füllen und praxisnahe hochwertige Aufbaukurse anzubieten, damit die Diplomanerkennung auch zu einem Einstieg in den Arbeitsmarkt führt.
Wir bieten Ihnen an, gemeinsam mit uns solche Kurse auf den Weg zu bringen, denn Tatsache ist auch, dass Sie enorme Geldsummen in die Hand nehmen, um die Einstellung älterer Langzeitarbeitsloser beim Arbeitgeber mit 75 Prozent zu subventionieren. Herr Senator, ich kann innerhalb einer Woche Dutzende älterer Langzeitarbeitslose, zumeist aus der ehemaligen Sowjetunion, direkt zu Ihnen ins Büro bringen, die eine ausländische Hochschulausbildung haben, die Arbeitserfahrung haben, die Ihnen aber sagen werden, dass sie eine Diplomanerkennung brauchen, einen guten Aufbaukurs und einen Praktikumsplatz, damit sie auf dem normalen Arbeitsmarkt Geld verdienen können, und dass sie keine subventionierte Arbeitsstelle als Hilfsarbeiter brauchen.
Wir sagen deshalb: Leistung muss sich immer und überall lohnen, und das bedeutet eben auch, Integrationsleistung muss sich lohnen.
Integrationsleistung darf nicht ignoriert werden. Das unterscheidet unsere Politik von Ihrer Politik. Nehmen Sie unsere Anträge an. – Vielen Dank.
Herr Senator, alle in diesem Haus sind für Bildung, aber das Thema auf der Tagesordnung heißt "Umfairteilung".
Und dazu haben Sie noch wenig gesagt. Ich würde gern wissen: Halten Sie die Reformen der SPD-geführten Bundesregierung unter Gerhard Schröder, die auch viele in dieser Partei im Nachhinein für richtig halten, für richtig oder für falsch?
Frau Präsidentin, liebe Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Die Kolleginnen auch, aber erst einmal die Kollegen von der SPD.
Ihre Reaktion bestätigt mich darin, dass es für uns ganz richtig ist, mit Ihnen gemeinsam über das Thema von fünf Jahren Integration in unserer Stadt zu diskutieren. Gestern sollte diese Debatte geführt werden, und einen Tag vorher bringen Sie ein Papier heraus, in dem Sie sich pressewirksam zu genau dem gleichen Thema äußern. Das zeigt, dass wir Sie antreiben, wir lassen Sie arbeiten und das ist auch gut so.
Aber es ist auch kein Wunder, denn alles, was Sie bisher in diesem Bereich zustande gebracht haben, war ein Antrag zur Integration in den Bezirken. Schlimmer noch: Entgegen dem eigenen Antrag sind Sie gerade dabei, in den Bezirken die Integrationsbeauftragten abzuschaffen. Diese Menschen machen dort gute Arbeit und sie sind beliebt vor Ort. Lassen Sie das und nehmen Sie Ihr eigenes Papier bitte ernst.
Aber nun ist es auch genug mit der Parteipolitik, es geht mir vielmehr um die ernsten Themen bei der Integration in dieser Stadt. Ich sehe in meinem Bezirk Hamburg-Mitte, in dem ich seit 16 Jahren lebe, wenn ich vor die Haustür gehe oder U-Bahn fahre – wir haben auch Rückmeldungen und Beobachtungen im Alltag, Berichte von Stadtteilbewohnern und die Daten, die wir bei der Beantwortung dieser
Großen Anfrage bekommen haben –, dass manche Stadtteile jedes Jahr immer mehr den Pfad der Integration verlassen.
Auf der Veddel haben heute sieben von zehn Menschen einen sogenannten Migrationshintergrund. Übrigens mag ich dieses Wort nicht, kein Zuwanderer mag es. Das allein ist überhaupt kein Grund zur Sorge. In meinem Abiturjahrgang waren auch sehr viele Zuwanderer und das hat auch keinem geschadet. Aber die Menschen vor Ort beobachten eben immer mehr, dass gerade die Zuwandererfamilien mit guten Sprachkenntnissen, mit guter Arbeit und guter Bildung, sobald sie die Möglichkeit dazu sehen, immer häufiger ihren Stadtteil verlassen. Das ist eine Entwicklung, die uns Sorge macht, wenn nämlich die Zuwanderer-Mittelschicht in einigen Stadtteilen wegbricht.
Für uns ist das einer der zentralen Erkenntnisse für das nächste Handlungskonzept Integration, eine Sache, über die wir gemeinsam ernsthaft nachdenken müssen. Wir müssen Vorschläge machen und wir machen jetzt einen Vorschlag hierzu. Wir möchten, dass das erfolgreiche Programm "Studenten auf die Veddel" in diesem Stadtteil und in anderen Stadtteilen mit großem Einsatz aufgelegt und ausgeweitet wird, um dafür zu sorgen, dass diese Stadtteile eine neue Chance bekommen.
Dieses Programm hilft nicht nur den Szene-Stadtteilen und nimmt dort den Mietendruck heraus, es hilft nicht nur der Entwicklung in den Stadtteilen mit hohem Zuwandereranteil, sondern es ist auch gut für den einzelnen Studenten, frühmorgens die Realität des Lebens zu sehen, bevor er sich in die Theorie der Vorlesung stürzt.
Deshalb möchte ich Ihnen diese Sofortmaßnahme ans Herz legen. Sie ist auch stellvertretend für unsere Art, über diese Dinge nachzudenken. Wir wollen mit Ihnen eine solche faktenbasierte Diskussion führen und die Dinge gemeinsam anpacken, anstatt die Probleme wegzureden.
Ein zweiter Punkt, der uns an Ihrem Denken wiederum nicht gefällt, ist, dass Sie leider Integration viel zu stark als sozialstaatliche Aufgabe sehen, als Frage von Transfers, und das ist eine alte Sichtweise.
Das steht in Ihren Eckpunkten, aber wir sprechen jetzt über unsere Große Anfrage. Ich will Ihr Papier jetzt nicht diskutieren, aber es steht darin.
Ich möchte unsere Sichtweise dagegenstellen.
Unsere Sichtweise finden Sie in unserer hamburgischen Verfassung.
Sie kennen den Absatz wahrscheinlich gar nicht.
Dort steht:
"Die Allgemeinheit hilft in Fällen der Not den wirtschaftlich Schwachen und ist bestrebt, den Aufstieg der Tüchtigen zu fördern."
Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Wir konzentrieren uns stark darauf und auch zu Recht, den wirtschaftlich Schwachen in der Not zu helfen. Aber fördern wir wirklich im Moment ausreichend den Aufstieg der tüchtigen Zuwanderer in unserer Stadt? Ich meine, wir tun das nicht, und ich bekomme auch solche Rückmeldungen.
Liebe Kollegen, das ist natürlich schade. Leider haben Sie ein wenig Angst vor diesem Thema und überweisen es nicht an den Ausschuss, aber wir werden es ein anderes Mal wieder ins Plenum einbringen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben nun vier Positionen gehört, die jeweils in sich völlig widersprüchlich waren. Ich hoffe, dass ich jetzt eine Position vortragen kann, die zumindest in sich schlüssig ist. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen und der Linkspartei, dass Sie dafür sind, weltweit jede Art von Reisebeschränkung aufzuheben, weiß man und das gesteht man Ihnen auch zu,
aber Sie können nicht gleichzeitig so tun, als würde diese Reisefreiheit für alle weltweit zu keinerlei Konsequenzen für uns in Hamburg führen.
Wenn Sie, Frau Möller, sagen, dass jede Person aus ganz Deutschland nach Hamburg zum Arbeiten, zu Besuch und Ähnliches kommen dürfen muss und das keine Veränderungen für den
Wohnort habe, dann frage ich, wie Sie denn jeden kontrollieren wollen, ob er abends wieder nach Hause fährt. Wie wollen Sie das eigentlich sicherstellen?
Selbstverständlich werden Menschen nicht nur für einen Tag, nicht nur für fünf Tage, sondern dauerhaft nach Hamburg ziehen, weil es eine attraktive Stadt ist, und dann werden Sie natürlich sagen, dass man die Regelung auf ein Dauerbleiberecht ausweiten soll.