Herr Heintze, mir fehlt ein bisschen Optimismus beim Blick auf das Geschäftsmodell. Statt von einer eventuellen Vergrößerung des Geschäftsvolumens zu sprechen, sollten wir uns eher auf Restrukturierung und Verkleinerung konzentrieren. Dem Geschäftsmodell der HSH Nordbank in der Perspektive, dass es wieder größer werden soll, stehen wir GRÜNEN ausgesprochen kritisch gegenüber. Wir sehen die Schwerpunktsetzung durch den Senat genau in die andere Richtung als angezeigt.
Die Dynamik der Entwicklung zum Schlechten bei der Bank in den letzten Wochen – ich spreche gar nicht von Monaten – und auch der Informationspolitik durch die Bank selbst – ich habe mich letzte Woche bei einer Information durch den Finanzsenator vertreten lassen müssen – ist für mich eher ein betrübliches Signal. Das sage ich ausdrücklich in Richtung Bank und nicht in Richtung Senat. Wenn uns eine Garantieerhöhung vorgelegt wird – Herr Senator, Sie haben sich bisher positiv zu dieser Aussicht geäußert –, dann werden wir das sehr kritisch sehen. Ich kann mir nur schwerlich vorstellen, dass wir am Ende einer Garantieerhöhung zustimmen, die zusammen mit einem privaten Investor erfolgt, wenn dieser private Investor weniger Risiken trägt als die Stadt. Wenn es also darum geht, mit Flowers zusammen eine Garantieerhöhung vorzunehmen, dann muss das eine zu hundert Prozent symmetrische Risikoverteilung auch in Richtung Flowers sein. Ich hoffe sehr, dass Sie an dieser Stelle bei Ihren Verhandlungen standhaft bleiben. Wir erwarten die Drucksache ansonsten Ende März. – Schönen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Quast, die HSH Nordbank bedroht Hamburg, und zwar ständig. Es gibt eine – Herr Kluth hat die Zahlen aufgeführt – so große Belastung, dass dies eine gute Begründung dafür ist, sich jedes Mal hierüber auseinanderzusetzen und sich Gedanken zu machen, ob man einigermaßen richtig liegt. Bei solch einem gewichtigen Thema darf man nicht sagen, dass das nicht in die Öffentlichkeit gehöre und man versuche, das möglichst versteckt zu machen. In dem Augenblick, in dem es um die Existenz dieser Stadt geht, gilt es, dies zu debattieren, und da finde ich den Hinweis ungehörig.
Das ist auch allein deswegen in der gegenwärtigen Situation notwendig, weil die Erhöhung der Garantie deutlich zeigt, dass die Bank nicht auf einem guten Weg ist. Das ist eindeutig zu merken, denn man nimmt nicht in dem Augenblick eine Erhöhung der Garantie vor, in dem alles wunderbar läuft. Man muss stattdessen feststellen, dass diese Bank auf einem schlechten Weg ist. Das Geschäftsmodell funktioniert nicht, und dementsprechend müssen wir das debattieren. Eine HSH Nordbank, die unkontrolliert pleitegeht, bedeutet, dass diese Stadt in der Form, wie es sie gegenwärtig gibt, dann nicht mehr existiert. Wir wären nicht mehr in der Lage, souverän Politik zu machen, und dementsprechend müssen wir das äußerst kritisch und ständig diskutieren.
Was bedeutet es, dass das Geschäftsmodell nicht funktioniert, und was ist gegenwärtig die Schwierigkeit mit dem Schiffsportfolio? Wir haben nachgefragt. Das Schiffsportfolio besteht im Wesentlichen aus Schiffen, die drei bis vier Jahre alt sind. Das bedeutet, dass die Bank – nach der Krise aufgrund von faulen Neukrediten – überlegt hat, ein Neugeschäft zu organisieren, welches sie dann im Bereich der Schiffe gefunden hat. Dort hat sie im Wesentlichen investiert. Das heißt, die Bank ist in der schlechtesten Zeit in eine Spekulationsblase eingestiegen, die uns jetzt zum zweiten Mal kräftig trifft. Es ist ein äußerst kritisches Zeichen, dass nicht mehr die Krise von vor fünf, sechs Jahren das Hauptproblem ist, sondern die neue Krise des Schiffsportfolios und der neuen Aktivitäten der HSH Nordbank. Das zeigt, wie kritisch die Situation der Bank ist.
Ich will einen weiteren Punkt nennen, warum ich sehr kritisch bin. Wenn Sie sich anschauen, welche neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die HSH Nordbank gegenwärtig an sich zieht, so sind das keine Leute mit regionaler Verankerung. Diese
wollen kein regionales Portfolio entwickeln, sondern Investment-Geschichten. Wir haben den Eindruck, dass weiterhin kräftig Spekulationen betrieben werden und dass Herr Tschentscher nicht in der Lage ist, dessen Herr zu werden. Stattdessen ist es so, wie ich es mir typischerweise immer bei den Sozialdemokraten vorgestellt habe: Da ist der Tiger, und die SPD versucht, mit ihm zu kuscheln. Das wird nicht funktionieren.
Sie werden nicht in der Lage sein, dieses Problem dadurch zu lösen, dass Sie Herrn Kopper ein bisschen streicheln,
und auch nicht mit dem Geschäftsmodell von Herrn Oesterreich, der uns darstellt, dass ein "Wir strengen uns jetzt mal richtig an" in der Lage ist, das Problem zu lösen. Frau Hajduk hat hier durchaus recht, ich bin in der Kritik nur noch schärfer als sie. Sie müssen dort etwas verändern, das ist das Entscheidende.
Wir sind die Einzigen, die nicht mit den Bankleuten verbündet sind und mit den verschiedenen Dingen, die in den letzten Jahren damit verbunden waren. Sie versprechen im Wahlkampf einiges, aber wir sehen Ihren Kuschelkurs gegenüber den Finanzhaien in dieser Stadt. Das ist inakzeptabel und wird nicht gutgehen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist für die Fraktionen und Abgeordneten sicher ungewöhnlich, dass die HSH Nordbank eben gerade keine Black Box ist, wie es die Anmeldung zur Aktuellen Stunde besagt. Die HSH Nordbank ist das Unternehmen, über das der Senat gemeinsam mit dem Vorstand häufiger, umfassender und detaillierter informiert als über jedes andere Unternehmen, an dem die Stadt beteiligt ist.
Jeder Quartalsbericht und jede besondere Entwicklung werden im Ausschuss dargestellt, jedes aktuelle Ereignis wird im Ausschuss oder in einem Obleutegespräch berichtet. Deshalb wissen Sie auch, Herr Heintze, dass wir sehr intensiv mit den anderen Akteuren an allen Fragen arbeiten, die sich jeweils stellen. Für einen Vertreter jener Fraktion, die vor allen anderen für das Milliardendesaster der HSH Nordbank politisch verantwortlich ist, Herr Heintze, halten Sie übrigens sehr offensive Reden.
Die zweite unzutreffende Feststellung in der Anmeldung zur Aktuellen Stunde besteht darin, dass es angeblich immer neue Risiken bei der HSH Nordbank gebe. Das ist ausdrücklich nicht der Fall. Es sind die alten und bekannten Risiken, die immer wieder auf unterschiedliche Weise auftauchen und die auf das Altgeschäft zurückgehen, das die Bank bis 2008 betrieben hat. Die derzeit befürchtete Inanspruchnahme der Garantien im Umfang von 1,3 Milliarden Euro belegt genau diesen Bezug zu den Altgeschäften, denn nur darauf wirkt die Garantie. Für dieses Altgeschäft von damals über 180 Milliarden Euro haften die Länder, ob sie wollen oder nicht, denn sie waren die Eigentümer, auf deren Rechnung die Geschäfte gemacht wurden. Das nimmt uns keiner ab, solche Belastungen lassen sich auch nicht verkaufen oder wegorganisieren, und deshalb haben die Bank und die Länder 2009 begonnen, der Bank unter dem Schutz von 10 Milliarden Euro Garantien Zeit zu geben, ein neues Geschäftsmodell als Bank für Unternehmer zu entwickeln und aus diesen Erträgen die Verluste zu tragen, die sich aus den alten Krediten jedes Jahr ergeben. Das ist kein einfacher Weg, und es gibt kein Patentrezept. Die Bank bewegt sich in einem schwierigen Feld, in dem auch andere Banken ohne solche Altlasten derzeit Probleme haben. Sie muss sich zwischen den schwierigen Bedingungen der Schifffahrtskrise, dem Wechselkursrisiko, der Bankenaufsicht, den Ratingagenturen und der Beihilfekontrolle der EU-Kommission einen Weg bahnen und Stück für Stück sicheren Boden unter die Füße bekommen. Das verlangt jeden Tag Entscheidungen und gute Nerven. Hauruckmaßnahmen und Scheinlösungen, wie sie zuweilen in den Zeitungen stehen, sind das Gefährlichste, was der Bank, dem Vermögen der Länder und dem Geld der Steuerzahler passieren kann.
Das Neugeschäft der HSH Nordbank – ich sage das ausdrücklich – entwickelt sich positiv. Es führt auch zu angemessenen Erträgen, wie berichtet wird. Hier mehr zu fordern und höhere Renditen zu verlangen, wäre ein schwerer Fehler, der in der Vergangenheit schon einmal gemacht wurde. Diese Forderungen verkennen, dass es die Verluste und Risiken des Altgeschäfts sind, die die angemessenen Erträge des Neugeschäfts überholen und zu schlechten Jahresergebnissen führen. Es ist wichtig, dass die Bank ihre Planungen den neuen Einschätzungen zum Verlauf der Schifffahrtskrise, den Prognosen zur konjunkturellen Entwicklung und dem Dollarkurs anpasst. Diese externen Faktoren sind es, die auch im Interesse des Vermögens der Stadt Hamburg eine Wiedererhöhung der Garantie auf den Rahmen von 10 Milliarden Euro erforderlich machen, einen Rahmen, den die Länder bereits einmal gewährt haben. Deshalb müs
sen wir jetzt die Bedingungen einer Wiedererhöhung der Garantie konkretisieren, diese mit der EU-Kommission besprechen und Ihnen zur Beratung vorlegen. Dass Sie, Herr Kluth, das heute vorab in der Aktuellen Stunde schon einmal ablehnen, ist kein Beleg dafür, dass Sie sich sorgfältig und unvoreingenommen, so wie Frau Hajduk es vorgetragen hat, mit dieser Frage befassen wollen.
Wir werden die erforderlichen Abwägungen, Fakten, Risiken und Chancen beschreiben und Ihnen dann in enger Abstimmung mit der Bank und der Landesregierung in Kiel zur Beratung vorlegen. Wir bearbeiten das sorgfältig und mit Blick auf die Milliardenrisiken, die weiterhin in der Entwicklung des Instituts liegen. Wir haben diese Entwicklung nicht allein in der Hand, aber wir sollten die HSH Nordbank in unserem eigenen Interesse in allen Punkten unterstützen, die erforderlich sind, um die Risiken weiter abzubauen und eine gute Entwicklung zu ermöglichen.
Nach Paragraf 22 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung bekommt nun Herr Kluth das Wort, und alle anderen Fraktionen haben auch die Chance auf eine zusätzliche Runde.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Tschentscher, Sie haben sich selbst für die Information und Berichterstattung über die Entwicklung bei der HSH Nordbank gelobt. Bei der Bedeutung und dem Volumen, über das wir hier sprechen, halte ich es für eine pure Selbstverständlichkeit, dass das Parlament zeitnah und umfassend ständig unterrichtet wird.
Herr Quast, Sie haben moniert, dass wir das Thema HSH Nordbank zur Debatte angemeldet haben, und gefragt: Warum jetzt? Ich stelle Ihnen eine Gegenfrage. Wir stehen unmittelbar vor einer möglichen weiteren Erhöhung der Garantien und vor einem neuen Beihilfeverfahren, das sich daraus ergibt mit weitreichenden Konsequenzen für das Geschäftsmodell. Da stellt sich die Frage: Wann, wenn nicht jetzt, wollen wir darüber diskutieren?
Herr Tschentscher, Sie selbst haben das neue Geschäftsmodell der HSH Nordbank angesprochen. Ich stimme Ihnen zu, dass die Politik nicht versuchen sollte, den besseren Banker zu stellen, aber spätestens mit einem neuen Beihilfeverfahren, ich habe es bereits ausgeführt, ist auch das Geschäftsmodell der HSH Nordbank wieder auf dem
Prüfstand. Ich habe wirklich Zweifel, ob es Sinn macht, ein neues Geschäftsmodell – Sie haben es erwähnt, eine Unternehmerbank des Nordens – zu etablieren, ein Geschäftsmodell, mit dem Geschäftsbanken, Sparkassen und genossenschaftliche Institute längst unterwegs sind, jedoch ohne die Beschränkung eines EU-Beihilfeverfahrens und somit zu ungleich besseren Refinanzierungsbedingungen als andere. Mehr Marktanteile holt eine Bank entweder dadurch, dass sie günstigere Konditionen anbietet oder durch die Übernahme von Risiken, die andere nicht wollen. Das eine kann die Bank nicht, und das andere soll die Bank nicht. Welche Blüten die Suche der HSH Nordbank nach neuen Geschäftsfeldern treibt, können Sie in einer Presseerklärung von vergangenem Montag nachlesen – ich zitiere –:
"HSH Nordbank und IBB [– also Investitionsbank Berlin –] unterzeichnen Globaldarlehen über 50 Millionen Euro."
"Mit dem Globaldarlehen können wir mittelständischen Firmen- und Immobilienkunden in Berlin zinsvergünstigte Kredite anbieten."
Wohlgemerkt in Berlin, abgesichert durch Garantien von Hamburg und Schleswig-Holstein. Ich halte das für kurios.
Die FDP bleibt deshalb dabei: Es darf in der Diskussion um das weitere Schicksal der HSH Nordbank keine Denkverbote geben. Ohne Denkverbote vorzugehen, heißt dann aber auch, über eine planmäßige Abwicklung der Bank nachzudenken mit langen Übergangsfristen, die es den Kreditnehmern ermöglichen, sich neu zu orientieren, unter Berücksichtigung der in den nächsten Jahren deutlich abschmelzenden Gewährträgerhaftung, mit einer Übertragung und Veräußerung ertragsstarker Bereiche und mit einem sozialverträglich gesteuerten Abbau der Mitarbeiterzahlen. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Kluth, Sie wollten mich sicherlich missverstehen, aber ich sage es gerne noch einmal ganz klar: Wir sind jederzeit bereit, über die HSH Nordbank zu reden, aber wir tun es lieber auf der Basis von Fakten und nicht auf der Basis von Vermutungen.