Protocol of the Session on December 13, 2012

"Niemand kann einen gerechten Grund haben, zum Schaden des Gemeinwesens zu handeln."

Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und bei Dr. Kurt Duwe und Finn-Ole Ritter, beide FDP)

Das Wort hat nun Herr Dr. Schinnenburg.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Seit knapp zwei Jahren erleben wir eine beschleunigte Auszehrung des Hochschulstandorts Hamburg. Es handelt sich hierbei um eine Tragödie mit Frau Senatorin Stapelfeldt als Hauptdarstellerin. Sie kennen sicherlich den Autor Sophokles. Sophokles hat viele Tragödien geschrieben, unter anderem "Antigone" und "Elektra". Wenn Sophokles heute bei uns in Hamburg wohnen würde, wäre er längst dabei, eine weitere Tragödie zu schreiben. Die hätte den Titel "Dorothee". Sophokles reichten regelmäßig fünf Akte, Frau Stapelfeldt bringt es auf deren zwölf. Der Reihe nach.

Akt Nummer 1: Die Abgeordnete Stapelfeldt kritisiert bis Anfang 2011 die Unterfinanzierung der Hochschulen. Kaum ist sie im Amt, sieht sie sich Massendemonstrationen wegen ihrer Kürzungspläne gegenüber. Noch nie wurde in der Geschichte ein Star so schnell demontiert wie Frau Stapelfeldt.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Zweiter Akt: Im Sommer 2011 quittiert der Chef des UKE, Herr Professor Debatin, seinen Job. Jeder weiß warum, wegen Frau Stapelfeldt.

(Dirk Kienscherf SPD: Stimmt doch gar nicht!)

Einer der besten Menschen im Hamburger Hochschulwesen geht. Das ist ein schwerer Imageschaden, der noch über Jahre nachteilige Folgen haben wird.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU – Jan Quast SPD: Schmierenkomö- die!)

Dritter Akt: die Abschaffung der Wissenschaftsstiftung. Dabei geht es einmal um die Abschmelzung von immerhin 11 Millionen Euro auf demnächst nur noch 3 Millionen Euro. Viel schlimmer ist etwas anderes. Bei der Wissenschaftsstiftung waren zum ersten Mal unabhängige Wissenschaftler und Personen aus der Wirtschaft daran beteiligt, Forschungsgelder zu verteilen. Das passt natürlich jemandem wie Frau Stapelfeldt nicht, soviel Unabhängigkeit passt nicht zu ihr. Was macht sie? Sie schafft die Wissenschaftsstiftung ab und nimmt die ganze Sache in ihre eigene Hand. Früher entschieden in der Stiftung unabhängige Menschen, jetzt entscheidet die Behörde selbst. Das ist ein Schlag ins Gesicht für die Idee einer unabhängigen Wissenschaft.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Vierter Akt: die schon erwähnte Fraunhofer-Gesellschaft, die gegründet werden soll. Ist das nicht peinlich, die Wissenschaftsbehörde muss nun schon die Ideen und das Geld der Wirtschaftsbehörde in Anspruch nehmen, um überhaupt noch irgendeine Innovation zustande zu bringen. Das zeigt, dass die Senatorin nichts für Forschungsförderung tun kann oder tun will.

(Beifall bei der FDP und bei Roland Heintze und André Trepoll, beide CDU)

Fünfter Akt: Es wurde schon ausgeführt, dass Senatorin Stapelfeldt und übrigens auch die SPD sich offenbar von der Idee der Hochschulautonomie verabschiedet haben. Nur so ist zu verstehen, dass sie in ihre Anträge zum Botanischen Garten und bezüglich des Zentrums für Disability Studies Zweckbindung hineinschreiben.

(Dirk Kienscherf SPD: Ach!)

In den Hochschulvereinbarungen, im Hochschulgesetz und auch in den Regierungserklärungen hieß es immer, die Hochschulen bekämen ein Globalbudget, über das sie selbst entscheiden sollen. Nun kommt das Gängelband von Frau Stapelfeldt mit 3 Millionen Euro hierfür, ein paar Hunderttausend Euro dafür, mit Blockade und Ende des Globalbudgets und Ende der Freiheit der Hochschulen. Sie wollen sich fremde Federn anstecken, die andere Leute bezahlen sollen. So geht es nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Sechster Akt: Abschaffung der Studiengebühren. Das ist als solches schon falsch, da Studiengebühren sozial gerecht sind,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Echt lachhaft!)

(Dr. Eva Gümbel)

denn nur so wird vermieden, dass Arbeiter die Ausbildung von Akademikern bezahlen. Außerdem ist Ihre Kompensation völlig unzureichend, da nicht dynamisch. Es gibt keinerlei Anreize und schon gar keine Kompensation der Kosten für die Hochschulen bei steigenden Studentenzahlen wie zurzeit.

(Ksenija Bekeris SPD: Sie haben die Zei- chen der Zeit auch nicht gehört!)

Siebter Akt: Hochschulvereinbarungen werden geschlossen. Jeder weiß, dass 0,88 Prozent Steigerung real eine Kürzung bedeuten. Herr Kühn, dass diese Vereinbarung freiwillig geschlossen wurde, können Sie lange behaupten. Das war alles Mögliche, aber nicht freiwillig. Sie und Ihre Senatorin haben die Hochschulen gezwungen, für sie völlig ungeeignete Hochschulvereinbarungen abzuschließen. Das sind Knebelverträge und nichts anderes.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Achter Akt: Es kommt vielleicht noch schlimmer. Frau Senatorin Stapelfeldt bestreitet, dass dies negative Folgen für Forschung und Lehre hat. Zwei, drei Monate konnte sie es durchhalten, dann kam die Drucksache 20/5435, und auf den Seiten 201 bis 226 kommt die Realität zum Vorschein. Bis 2014 werden wir als Folge dieser Hochschulvereinbarung 1341 Studienanfänger und 26 Professoren an den Hamburger Hochschulen weniger haben. Das sind klare Zahlen, die alles, was Frau Stapelfeldt hierzu einmal gesagt hat, ad absurdum führen. Erneut wurde Senatorin Stapelfeldt nach kurzer Zeit von der Realität eingeholt.

(Beifall bei der FDP und bei Roland Heintze und Christoph de Vries, beide CDU)

Neunter Akt: Die Drucksache 20/5435 zeigt die ganze Unfähigkeit der Senatorin und ihrer Behörde. Es geht um die Ergänzung des HaushaltsplanEntwurfs 2013/2014, insgesamt sind es 415 Seiten. Davon beansprucht allein die BWF 160 Seiten, also fast die Hälfte. Eine von neun Behörden braucht fast die Hälfte. Das ist ein Zeichen von Inkompetenz und Unfähigkeit, einen HaushaltsplanEntwurf korrekt aufzustellen. Kein Wunder, dass der Haushaltsausschuss diesen als nicht beratungsfähig zurückgewiesen hat.

(Jan Quast SPD: Unsinn!)

Das ist eine politische Höchststrafe, und sie wurde Senatorin Stapelfeldt zu Recht erteilt.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Zehnter Akt: Bei den Hochschulvereinbarungen werden die Tarifsteigerungen nicht berücksichtigt. Es steht nicht darin, dass es bei einer Steigerung von 2 Prozent mehr Geld gibt, nein, dann dürfen vielleicht Nachverhandlungen geführt werden. Der

nächste Schritt zur Auszehrung der Hamburger Hochschulen ist damit getan.

Elfter Akt: Keine Berücksichtigung der Mehrkosten durch die Neuordnung der W-Besoldung. Sie wissen vielleicht, dass das Bundesverfassungsgericht beschlossen hat, die W-Besoldung sei zu niedrig. Das Urteil gilt bundesweit, auch wenn das zunächst für Hessen entschieden wurde. Das wird Millionen kosten, und dafür gibt es keinerlei Vorbereitung in der BWF, schon gar nicht im Haushaltsplan-Entwurf.

Zwölfter Akt: Kein Sparen bei sich selbst. Die Behörde für Wissenschaft und Forschung hat im Jahr 2012 156 Stellen und will das immerhin bis 2014 auf 147 Stellen senken. Berlin hat die doppelte Zahl an Hochschulen und fast die doppelte Zahl an Studenten. Dort kommt man mit 75 Stellen aus. Am Anfang hat die Senatorin einmal erzählt, sie würde einen aufgabenkritischen Organisationsprozess durchführen. Wir haben nach zwei Jahren nachgefragt, wie weit dieser Prozess gediehen sei und ob es schon Ergebnisse gäbe. Der Prozess dauert an, immerhin seit zwei Jahren. Senatorin Stapelfeldt lässt bei den Hochschulen Schmalhans Küchenmeister sein, aber sie selbst lässt es sich und ihrer Behörde gut gehen. So geht das nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Wenn Sie bei Wikipedia das Stichwort Tragödie aufrufen, finden Sie unter anderem

(Jens Kerstan GRÜNE: Schinnenburg!)

die folgenden Sätze:

"Kennzeichnend für die Tragödie ist der schicksalhafte Konflikt der Hauptfigur. Ihre Situation verschlechtert sich ab dem Punkt, an dem die Katastrophe eintritt. In diesem Fall bedeutet das Wort Katastrophe nur die unausweichliche Verschlechterung für den tragischen Helden. Allerdings bedeutet diese Verschlechterung nicht zwangsläufig den Tod des Protagonisten.

Für Senatorin Stapelfeldt besteht also offenbar noch Hoffnung, für den Hochschulstandort Hamburg sehe ich leider schwarz. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort bekommt nun Frau Heyenn.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nach zwei solchen Vorrednern und Vorrednerinnen hat man es nicht leicht.

(Dr. Wieland Schinnenburg)

(Jan Quast SPD: Man kann ja mal zur Sa- che reden!)

Frau Gümbel, ich bin sehr erstaunt, dass die GRÜNEN mit so viel leidenschaftlichem Engagement Gewerkschaftspositionen vertreten. Das ist mir völlig neu, aber wir unterstützen das.

(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE und vereinzelt bei den GRÜNEN)