Protocol of the Session on November 28, 2012

Ich denke, dass wir verschiedene Punkte hier noch einmal hervorheben müssen. Der eine Punkt ist, dass wir nicht unterschätzen sollten, welche Bedeutung die Verträge innerhalb der muslimischen Gemeinden oder der Alevitischen Gemeinde haben. Denn es ist ganz wichtig, dass hier die Bereitschaft bekundet wurde, einen Vertrag abzuschließen und sich auf die Grundsätze dieses Staates zu verständigen. Und ich denke, dass der Vertrag es den Verbänden bei der künftigen Diskussion von Themen wie zum Beispiel Beteiligung am Sportunterricht oder an Klassenreisen auch ermöglicht, gegenüber Extremisten im eigenen Lager eine klare Haltung zu beziehen. Und das ist uns in diesem Hause auch ein ganz besonders wichtiges Anliegen.

(Beifall bei der SPD)

Ich denke aber auch, und da bin ich mir mit Frau Möller völlig einig, dass die Verträge ihr Leben eigentlich erst dann entfalten, wenn sie unterschrieben sind. Im Moment führen wir eine sehr elitäre Debatte in diesem Hause, auch in den beteiligten muslimischen Verbänden, aber ich sehe noch keine Debatte in der deutschen Gesellschaft. Ich sehe noch keine Debatte in den Gemeinden der christlichen Kirchen. Diese Debatte, das ist meine Einschätzung, wird erst jetzt beginnen, zusammen mit den Beratungen im Verfassungsausschuss, und ich erhoffe mir davon – das wird von der DITIB zum Beispiel beklagt –, dass auch in der deutschen Gesellschaft mehr über den Islam und über falsche Auffassungen, die dem Islam unterstellt werden, diskutiert wird. Ich denke, dass das eine gute Ausgangslage ist, um insgesamt einen inter

(Christiane Schneider)

religiösen Dialog zu beginnen beziehungsweise fortzusetzen, der dann auch die Mehrheit der Bevölkerung erreicht. Deswegen bin ich auf die Beratungen sehr gespannt und wünsche uns eine möglichst breite Zustimmung zu diesen Verträgen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 20/5830 an den Verfassungs- und Bezirksausschuss zu? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist die Überweisung angenommen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 48, der Drucksache 20/5846, dem Antrag der CDU-Fraktion: Mehr Personalautonomie für Hamburgs Hochschulen.

[Antrag der CDU-Fraktion: Mehr Personalautonomie für Hamburgs Hochschulen! – Drs 20/5846 –]

Wird hierzu das Wort gewünscht? – Herr Kleibauer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In den letzten zwölf Monaten hat der SPD-Senat mit vielen Hochschulen sogenannte Hochschulvereinbarungen abgeschlossen. Diese Hochschulvereinbarungen sollen auf dem Papier zur Planungssicherheit beitragen. Tatsächlich tragen sie erst einmal zur Planungssicherheit in der Hinsicht bei, dass das Budget der Hochschulen real zurückgehen wird. Es gibt keinen Ausgleich von Tarifsteigerungen mehr, es gibt marginale Zuwächse, es gibt keinen Ausgleich für Inflationssteigerungen und es gibt einen Abbaukurs an den Hochschulen.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Wieland Schinnenburg FDP)

Während die Bundesregierung mit einer massiven Aufstockung des Etats für Bildung und Wissenschaft von 13 Milliarden Euro zusätzlich in einer Legislaturperiode einen klaren Schwerpunkt setzt, hat der Hochschulbereich für diesen Senat leider erkennbar keine Priorität. Wir können fast wöchentlich erleben, dass die Regelungen in den sogenannten Hochschulvereinbarungen – Hochschulvereinbarungen, die Sie, Herr Kühn, im Übrigen damals als wegweisenden Zukunftspakt bejubelt haben – viele Schwächen aufweisen. Denken Sie an das Thema Masterstudienplätze. Gerade in den vergangenen Tagen und Wochen war wieder zu lesen, dass insbesondere Bachelorabsolventen

der Erziehungswissenschaften keinen Anschlussstudienplatz im Masterbereich bekommen. Das ist doch ein gravierendes Problem, und dieses gravierende Problem haben Sie nicht damit gelöst, eine Hochschulvereinbarung unterschrieben zu haben.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Wieland Schinnenburg FDP)

Hier klaffen Anspruch und Wirklichkeit sehr deutlich auseinander. Ich fand auch die Einlassungen mancher Ihrer Kollegen gestern im Haushaltsausschuss sehr schön, Herr Kühn, die sich lang und breit an der Rücklagenbildung der Universität Hamburg abgearbeitet haben. Es ist Ihr Senat, unterstützt von der Regierungsfraktion, der mit einer Hochschulvereinbarung klar regelt, dass die Universität Rücklagen bilden und darüber selbst verfügen darf, und es sind Kollegen in Ihren eigenen Reihen, die das in jeder Sitzung des Haushaltsausschusses infrage stellen. Auch hier muss man fragen, wie eigentlich Ihre Sprachregelung ist und welches Verständnis Sie von der Hochschulvereinbarung haben.

(Beifall bei der CDU)

Auch an einem anderen entscheidenden Punkt passen Anspruch und Wirklichkeit nicht zusammen. Mit Abschluss der Hochschulvereinbarung hat der Senat klar gesagt, es gäbe nun mehr Flexibilität und Personalautonomie an den Hochschulen. Im Personalbericht des Senats heißt es sogar – das können Sie nachlesen –:

"Darüber hinaus nimmt der Hamburger Senat nach Abschluss der Hochschulvereinbarungen grundsätzlich keinen Einfluss auf die Personalentwicklung im Hochschulbereich."

Dies ist leider eine Falschaussage, meine Damen und Herren. Mit den Hochschulvereinbarungen wurde den Universitäten lediglich für einige wenige Ausnahmefälle zusätzliche Flexibilität eingeräumt. Bei fast allen Stellenausschreibungen und Neubesetzungen von Stellen des nichtwissenschaftlichen Personals sind die Fachbehörde und das Personalamt mit umfassenden Einflussmöglichkeiten zu beteiligen. Dies führt zu einem hohen Bürokratieaufwand, zu mühseligen und langwierigen Verfahren. Das ist nicht mehr zweckmäßig, das ist nicht mehr zeitgemäß.

(Beifall bei der CDU)

Daher fordern wir in unserem Antrag heute eine stärkere Personalautonomie für die Hochschulen. Wir brauchen starke und leistungsfähige Unis, die selbstständig und flexibel handeln können. Hierzu gehören natürlich vernünftige finanzielle Rahmenbedingungen – die finanzielle Perspektive werden wir sicherlich im Rahmen der Haushaltsberatungen das nächste Mal sehr intensiv diskutieren –, aber hierzu gehört auch, dass wir den eingeschlagenen

(Ekkehard Wysocki)

Weg der Hochschulautonomie, den Hamburg und bundesweit viele andere Städte in den vergangenen Jahren gegangen sind, konsequent weiter gehen.

(Beifall bei der CDU)

Es ist doch unredlich, wenn Sie bei Schwierigkeiten und Problemen sagen, das sei die Selbstständigkeit der Hochschulen und Sie könnten gar nichts machen, aber anderseits immer noch die Möglichkeit haben, sich in die Detailsteuerung einzumischen und die Universität wie eine nachrangige Dienststelle zu behandeln. Das passt nicht mehr zusammen, diesen Zustand sollten wir beenden.

(Beifall bei der CDU)

Ich weiß nicht, was die Kollegen von der SPD gleich zu diesem Antrag sagen werden, sonst wäre die Debatte auch nicht spannend, aber vielleicht sagen sie, es gäbe Gespräche und Möglichkeiten, an der einen oder anderen Stelle vielleicht noch mehr Ausnahmetatbestände zu verhandeln. Dazu kann ich Ihnen, liebe Kollegen von der SPD, nur sagen: Lassen Sie sich von Ihrem Senat nicht täuschen. Es gibt mehrere Antworten des Senats auf Schriftliche Kleine Anfragen, das kann man nachlesen, in denen der Senat seine Position relativ klar macht. Vor einigen Monaten hat er in einer solchen Antwort zum Thema Personalautonomie gesagt, derzeit würden keine über die Hochschulvereinbarungen hinausgehenden Maßnahmen geplant und geprüft. In einer aktuellen Schriftlichen Kleinen Anfrage des Kollegen Schinnenburg, die Antwort habe ich gestern erst gelesen, steht deutlich:

"Die Hochschulen sind keine selbstständigen Dienstherren oder Arbeitgeber […]. Insofern sind auch die für die Stellenbewirtschaftung der Freien und Hansestadt Hamburg geltenden Bestimmungen anzuwenden."

Das beschreibt formal den aktuellen Zustand, aber das ist doch nicht die Entwicklungsperspektive, die wir für unsere Hochschulen brauchen, liebe Frau Stapelfeldt.

(Beifall bei der CDU)

Ich will nicht die gesamte Debatte vorwegnehmen. Herr Dr. Schinnenburg, Sie werden vielleicht gleich auf einen noch weitergehenden Antrag der FDP verweisen, den sie schon im März dieses Jahres eingereicht haben, und in dem Sie Autonomie und Deregulierung der Hochschulen fordern. Dieser Antrag liegt überwiesen seit neun Monaten im Wissenschaftsausschuss. Er liegt noch da, weil von Ihrer Seite aus, liebe Kollegen von der SPD, nichts passiert und weil Sie sich bei den Fragen zur Weiterentwicklung der Struktur und des Hochschulgesetzes gegenseitig blockieren und nicht weiterkommen. Es ist schade, dass wir hier keine Klarheit ha

ben. Deshalb müssen wir als Bürgerschaft an dieser Stelle zur Meinungsbildung beitragen. Wir sollten uns klar positionieren und unser Appell ist eindeutig: Lassen Sie uns gemeinsam für vernünftige Rahmenbedingungen und eine Verbesserung der Situation an den Hochschulen eintreten und dafür, völlig überflüssige Bürokratie abzubauen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Dr. Tode, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kleibauer, als Sie mit Ihrer Rede anfingen, habe ich schon gedacht, Sie setzten zu einer Generaldebatte zur Wissenschaftspolitik an, weil Ihr Antrag eben doch nicht so spannend ist, wie Sie ihn vielleicht finden. Dass die CDU sich aber gleichzeitig von Etatberatungen und ihrer Kontrollfunktion im Haushaltsausschuss verabschiedet und möglicherweise auch Zielvereinbarungen darüber, was die Universität mit ihrem Geld macht, gar nicht mehr für notwendig und sinnvoll erachtet, das wundert mich natürlich dann doch vom stellvertretenden Sprecher der CDU-Fraktion für Haushaltsfragen zu hören. Aber ich möchte zum Antrag zurückkommen und meine Verwunderung darüber ausdrücken, warum Sie diese Dinge, die Sie uns jetzt vorschlagen, nicht schon während Ihrer Regierungszeit umgesetzt haben, denn die Debatte um Hochschulautonomie und Personalautonomie ist keinesfalls neu. Sie wissen selbst, dass es dazu in der "Welt" vom 26. April 2010, das ist fast zweieinhalb Jahre her, entsprechende Äußerungen der Senatorin und auch des Präsidenten der Universität gab. Die Antwort auf diese Frage ist allerdings wiederum weniger überraschend. Sie lautet sehr simpel, dass Ihre eigene Senatorin, Frau Dr. Gundelach, diese Idee bereits geprüft und mit guten Gründen verworfen hatte: erstens, weil Sie dazu an den Hochschulen zusätzliche Verwaltungskapazitäten hätten schaffen müssen und damit alle Synergieeffekte verloren gegangen wären und zweitens, weil die Abgrenzungen bei den Versorgungslasten extrem schwierig sind.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Richtig!)

Mit anderen Worte: Als Opposition schlagen Sie uns jetzt vor, was Sie als Regierung selbst nicht für klug hielten. Darüber hinaus sollten wir gerade erreichen, dass es in allen Bereichen, wo Menschen mittelbar oder unmittelbar für die Stadt arbeiten, eine Gleichbehandlung der Beschäftigten gibt, eine Einheitlichkeit der Arbeits- und Tarifbedingungen. Wir versuchen bereits – das haben wir heute schon gehört – im Bereich des Mindestlohns und anderer Segmente strukturelle Arbeits- und Tarifbedingungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in

(Thilo Kleibauer)

unserer Stadt zu verbessern und einen Wildwuchs zu bekämpfen. Deswegen werden wir natürlich auch nicht in einem so bedeutenden Teilarbeitsmarkt wie den Hochschulen etwas anderes einführen. Zu diesem Punkt hat übrigens das Land Nordrhein-Westfalen, auf das Sie sich in Ihrem Antrag beziehen – auf den Sie natürlich nicht so sehr eingegangen sind, weil Sie offensichtlich die Generaldebatte hervorbringen wollten –, damals unter der CDU genau das, was Sie nun fordern, eingeführt mit dem Erfolg allerdings, dass in Nordrhein-Westfalen der Wechsel von einer zur anderen Hochschule erheblich schwieriger geworden ist, weil nämlich an den Hochschulen jetzt unterschiedliche arbeitsvertragliche und tarifliche Bedingungen herrschen. Durch die vermeintliche Flexibilität an den Hochschulen in Nordrhein-Westfalen ist der Arbeitsmarkt in diesem Sektor nicht flexibler, sondern deutlich unflexibler geworden. Ihr Vorschlag ist aber nicht nur undurchdacht und ungeeignet, er ist auch überflüssig.

(Roland Heintze CDU: Was!)

Daher lehnen wir Ihren Antrag ab. Er ist überflüssig, weil die Hochschulen in Hamburg bereits jetzt eine sehr weitgehende Selbstbestimmung in allen Personalfragen genießen. Das haben wir in den Hochschulvereinbarungen, wie Sie richtig festgestellt haben, einvernehmlich geregelt und verbindlich festgeschrieben. Deshalb brauchen die Hochschulen auch keine weiteren Umstrukturierungen, die im Ergebnis nichts bringen, aber hohen Aufwand und hohe Kosten erzeugen. Die Hochschulbeschäftigten brauchen stattdessen ganz andere, wichtigere Dinge, und die packen wir an. So brauchen wir erstens Planungssicherheit, und die gibt es durch die jetzt geschlossenen Hochschulvereinbarungen ganz im Gegensatz zu früheren Zeiten, in denen Sie die Verantwortung trugen und es ein ständiges Auf und Ab, ein ständiges Hin und Her gab. Reformchaos war gestern, Verlässlichkeit ist heute.

(Beifall bei der SPD)

Die Hochschulen brauchen zweitens wieder mehr innere Demokratie. Ich hatte anlässlich einer ähnlichen Debatte schon im August vorigen Jahres unseren Standpunkt deutlich gemacht, nämlich, dass externe Autonomie nur in Verbindung mit interner Demokratie einen guten Sinn ergibt und zu wirklicher Selbstbestimmung führt. Dazu gehört drittens die Mitbestimmung der Beschäftigten. Deshalb werden wir mit der zwischen Senat und Gewerkschaften vereinbarten Novellierung des Personalvertretungsgesetzes die Mitspracherechte der Personalräte wieder stärken und dies auch an den Hochschulen durchsetzen. Wenn Sie jemals mit den Personalräten sprechen würden, was ich und meine Fraktionskollegen getan haben, wüssten Sie, welche Bedeutung die Mitbestimmungsrechte bei Qualifikation, Arbeitsschutz und im Beteili

gungsverfahren haben. Last but not least brauchen die jungen wissenschaftlichen Beschäftigten an den Hochschulen endlich wieder verlässliche Karriereperspektiven und erträgliche Arbeitsbedingungen statt nur kurzzeitiger Befristungen. Wir streiten mit unserer Initiative dafür, das Wissenschaftszeitvertragsgesetz auf Bundesebene zu verändern. Mit diesen Initiativen und Impulsen für Hamburgs Hochschulen kümmern wir uns um die wirklich wichtigen Dinge für den Wissenschaftsstandort und für die Beschäftigten. Es ist bezeichnend, dass Sie sich stattdessen um eher technische Fragen sorgen, die noch dazu im Ergebnis mehr schaden als nützen würden.

(Beifall bei der SPD)

Aber deswegen sind Sie, meine Damen und Herren, auch in der Opposition und wir in der Regierung, und das ist gut so. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Frau Dr. Gümbel, Sie haben jetzt das Wort.