Schauen wir doch einmal zurück in die Vergangenheit. Die Einführung von zwei verbindlichen Lernentwicklungsgesprächen sollte auch das Ziel haben, Halbjahreszeugnisse überflüssig zu machen. Aber die Erfahrungen aus den vergangenen Schuljahren haben einen anderen Trend gezeigt, nämlich dass der Wunsch der Eltern nach Noten zum Schulhalbjahr groß ist, und den werden wir respektieren.
Das heißt nichts anderes, als dass diese Lernentwicklungsgespräche jetzt on top kamen, und keine Entlastung für die Lehrerinnen und Lehrer entstanden ist. Weiterhin ist noch mindestens an zwei Tagen Unterrichtsausfall für die Durchführung der Gespräche angefallen.
Ich komme noch kurz zur Forderung eines Abgeordneten der CDU-Fraktion, der in einer Pressemitteilung schreibt, dass das zweite Lernentwicklungsgespräch wieder durch ein klares Notenzeugnis ersetzt werden solle. Herr Scheuerl, die Noten waren nie weg. Schauen wir einmal in die Ausbildungs- und Prüfungsordnung. Dort steht in Paragraf 9 Absatz 2 eindeutig, dass die Eltern sich auf Wunsch den Leistungsstand ihrer Kinder in Noten ausweisen lassen können.
Zum Zusatzantrag der GRÜNEN. Frau von Berg, dieser Antrag vermittelt den Eindruck, als wenn die Schulen in Zukunft nur noch ein Lernentwicklungsgespräch durchführen dürften. Aber wenn an einer Schule zwei oder vielleicht auch drei Lernentwicklungsgespräche für alle Beteiligten das ideale Modell zur Leistungsrückmeldung sind, dann können und sollen diese Schulen das auch weiterführen. Was wir wollen, ist mehr Flexibilität.
Wir wissen doch, dass jedes Kind unterschiedlich ist. Ich weiß nicht, wie Sie, Frau Heyenn – ich darf Sie einmal direkt ansprechen –, das im Alltag erleben.
Sie können eventuell bestätigen, dass besonders sozial auffällige oder auch sehr leistungsschwache Schülerinnen und Schüler nicht nur zwei Gespräche im Schulhalbjahr oder pro Schuljahr brauchen, sondern dass hier viel mehr Gespräche benötigt werden. Bei manchen Kindern reicht ein kurzes Telefonat aus, bei ihnen können wir das Instrument des Schultagebuchs oder auch der Logbücher ganz einfach verwenden. Da ist es eben nicht
Wir wollen behutsam mit den zeitlichen Ressourcen der Lehrerinnen und Lehrer umgehen. Es ist eben nicht immer notwendig, dass ganze Jahrgänge oder ganze Klassen Eltern verpflichten, in die Schule zu kommen. Diese starre Regelung wollen wir erleichtern und an die Bedarfe der einzelnen Schulen anpassen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir erleben heute mit der geplanten Abschaffung des zweiten verbindlichen Lernentwicklungsgesprächs ein Trauerspiel in drei Akten. Ich muss Sie als Präludium daran erinnern, dass das Ganze zurückzuführen ist auf das Primarschulpaket, die Schulgesetzänderung im Oktober 2009, als in der Tat – so steht es auch in der Begründung des SPD-Antrags – die Notenzeugnisse zu jedem Halbjahr abgeschafft und durch Lernentwicklungsgespräche ersetzt wurden, ohne dass damals jemand darüber nachgedacht hat, wie das in der praktischen Folge umgesetzt werden kann, wenn man keine zusätzliche Lehrerarbeitszeit dafür zur Verfügung stellen will und wenn nach und nach aufwachsend alle Jahrgänge mit mindestens zwei Lernentwicklungsgesprächen bedacht werden sollen. Das ist die Vorgeschichte.
Kommen wir zum ersten Akt. Er beginnt am 3. September dieses Jahres. Herr Rabe, offenbar gepeinigt von der Lobbyarbeit der bekanntlich SPD-freundlichen GEW mit immerhin 9000 bis 10 000 Mitgliedern nach eigenen Angaben,
kommt mit einer Pressemitteilung auf den Markt, in der er in eigener Machtvollkommenheit verkündet – ich zitiere –:
Tag? In ungewohnter Einmütigkeit, wenige Stunden später, kommt der Vorsitzende der Elternkammer, Herr Hartwig, ein SPD-Mitglied und durchaus näher bekannt mit der Bürgerschaftspräsidentin, mit einer Pressemitteilung heraus
(Dr. Andreas Dressel SPD: Unterste Schub- lade! – Wolfgang Rose SPD: Das ist hoch- gradig peinlich! – Dirk Kienscherf SPD: Was ist denn mit Ihren Bekannten?)
und fordert für die Elternkammer, unbedingt an den Lernentwicklungsgesprächen festzuhalten. Parallel dazu kommt das Elternnetzwerk "Wir wollen lernen!" mit einer Pressemeldung heraus und fordert auch im Interesse der Schülerinnen und Schüler und der Eltern, die nämlich gerade bei pubertierenden Schülerinnen und Schülern gar nicht mitbekommen, was in der Schule stattfindet, unbedingt an dem zweiten verbindlichen Lernentwicklungsgespräch festzuhalten.
Wenige Tage später, am 18. September, kommt die Gemeinschaft der Elternräte der Stadtteilschulen und fordert das Gleiche und sagt, Herr Rabe, so geht es nicht, die Lernentwicklungsgespräche, und zwar verpflichtend mindestens zwei pro Schuljahr, müssen unbedingt beibehalten werden. Und zu guter Letzt fordert auch die Elternkammer in diesen Tagen mit einem förmlichen Beschluss – Herr Senator Rabe, die Elternkammer ist immerhin das formal nach dem Schulgesetz beratende Gremium für die Schulbehörde –, von einer Reduzierung der im Schulgesetz normierten mindestens zwei Lernentwicklungsgesprächen pro Schuljahr abzusehen und bei dieser Mindestregelung zu bleiben. Wir kommen zum Ende des ersten Akts. Das Ganze ist wohl zu viel Gegenwind für den Senator.
Zweiter Akt: Er schickt die SPD-Fraktion vor. Die SPD-Fraktion, ungern offenbar, schludert ein bisschen, denn erst am 24. Oktober kommt die SPD-Fraktion mit ihrem Antrag. Dieser Antrag hat mich deswegen so gefreut, weil in der Begründung unverhohlene Kritik an Senator Rabe geübt wird und die Lobbyarbeit der GEW sogar noch bestätigt wird. Ich will einmal vorlesen, was in dem Antrag steht. Es wird ausdrücklich angeführt – als Begründung der geplanten Abschaffung des zweiten Lernentwicklungsgesprächs –, dass in den vergangenen Jahren sehr oft zusätzliche Aufgaben auf die Schulen übertragen worden seien, ohne die Konsequenzen abzuschätzen; sehr richtig.
Ein Beispiel ist die Erstellung schuleigener Bildungspläne. Diese Erstellung, die jetzt den Schulen oktroyiert wurde, ist Teil des kompetenzorientierten Umstellens der Bildungspläne und der Verlagerung auf die Schulen. Dann heißt es weiter, dass diese wachsende Belastung weder den Leh
rerinnen und Lehrern noch der Schule insgesamt gut tue. Aber was machen Sie? Sie denken nicht darüber nach – das ist die Überschrift der Pressemeldung und steht auch im Antrag, man wolle das Wichtige richtig machen –, was wirklich wichtig ist. Ist es wichtig, die Lehrer zu entlasten, oder ist die Schule vielleicht auch für die Schülerinnen und Schüler da? Ist die Schule dafür da, dass Leistungsklarheit und Transparenz für die Schülerinnen und Schüler besteht, und zwar das ganze Schuljahr hindurch? Und ist die Schule dafür da, dass auch die Eltern während des Schuljahres – zum Halbjahr zumindest alle Eltern – darüber informiert werden, wie die Sache steht?
Meine Damen und Herren! Die Reduzierung der Lernentwicklungsgespräche – und das, liebe SPD-Abgeordnete, ist Ihr Antrag – auf nur noch mindestens eines pro Jahr ist unverantwortlich.
Diese richtige Überschrift, "Das Wichtige richtig machen", muss bedeuten, dass die Schülerinnen und Schüler und ihre Familien durch das ganze Schuljahr hindurch
jederzeit Leistungstransparenz und Klarheit über den Leistungsstand der Schüler haben. Und dafür sind entweder Notenzeugnisse, auch zum Halbjahr, oder mindestens zwei verpflichtende Lernentwicklungsgespräche pro Schuljahr erforderlich. Das ist das absolute Minimum.
Ich komme zum Ende des zweiten Akts. Das Wichtige richtig machen darf nicht heißen, dass die Leistungsklarheit und Transparenz – und das wollen Sie heute Abend beschließen – für die Schülerinnen und Schüler und die Familien den Behördenmaßnahmen geopfert werden, wie nämlich das Verlagern des Schreibens neuer, schuleigener Bildungspläne, was ohnehin dazu führen wird – und das ist pädagogischer Unsinn –, dass sich alle Schulen unterschiedlich entwickeln und eigene Curricula und Bildungspläne entwickeln. Das sollte jedoch in Hamburg einheitlich sein, damit Familien auch innerhalb Hamburgs umziehen können, ohne fürchten zu müssen, an eine Schule zu kommen, in deren Bildungsplan ganz andere Sachen behandelt worden sind und die Kinder dann möglicherweise ein halbes Jahr zurückgehen müssen. Das alles könnte man vermeiden, wenn man dabei bliebe, die Bildungspläne dort zu schreiben, wo sie hingehören, nämlich in der Schulbehörde, Herr Rabe. Stattdessen sollten sich die Lehrer um die Kinder kümmern. Die Kinder haben dann etwas von den Lehrern, wenn sie mit ihnen Gespräche führen, zum Beispiel Lernentwicklungsgespräche, und nicht dann, wenn die Lehrer im Lehrerzimmer sit
Dritter Akt. Ich habe einen Fahrplan für die SPD-Abgeordneten – er liegt hier aus –, wie sie heute abstimmen sollen.
In diesem Fahrplan steht, wir als CDU-Fraktion hätten beantragt, dass diese wichtige Änderung des Schulgesetzes nicht durchgezogen wird, ohne im Schulausschuss vernünftig beraten zu werden. In diesem Fahrplan steht für Sie zum Abstimmen, dass Sie eine Überweisung ablehnen sollten. Und für den Antrag der GRÜNEN, die völlig zu Recht fordern, Frau Dr. von Berg, dass auf jeden Fall das zweite verbindliche Lernentwicklungsgespräch beibehalten werden soll, steht im Fahrplan auch "ablehnen".
Weiter steht dort: Im Anschluss an die Sitzung ist schon ein Tisch im "Brauhaus" reserviert. Vielen Dank für die Kinder von Hamburg.
(Beifall bei der CDU – Philipp-Sebastian Kühn SPD: Das machen wir jedes Mal! – Dirk Kienscherf SPD: Das ist eine Lüge, was Sie hier machen!)