Protocol of the Session on November 7, 2012

– Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Die SPD handelt konsequent gegen die Vernunft und hat Angst vor der Wahrheit. In Bezug auf die Rasseliste heißt es bei der SPD: Augen zu und durch. Wer untaugliche Mittel verwendet, macht nichts anderes, als die Bürger zu gefährden. Ich bitte um Verständnis dafür, dass die FDP so etwas keinesfalls mitmacht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort hat nun Herr Dr. Schäfer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Grund, weshalb im Jahr 2000 eine Hundeverordnung erlassen wurde, war ein sehr trauriger. Ein Kind war von zwei Hunden totgebissen worden, und zwar von zwei Hunden mit einer entsprechenden Veranlagung. Damals wurde sehr schnell – das sei eingeräumt – eine Hundeverordnung erlassen, die solche Rasselisten beinhaltete. Daher musste im Jahr 2006 aus der Verordnung ein Gesetz gemacht werden, das von der damaligen Alleinregierung der CDU unter Mitwirkung der damaligen GAL und auch von uns sehr verantwortungsvoll konzipiert wurde. Dieses Gesetz wird seit Januar 2006 angewandt und wir sind damit bislang wirklich gut gefahren.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Es ist schlicht unseriös, die in der Evaluation aufgelisteten Beißvorfälle so zu werten, wie das Herr Schinnenburg gemacht hat.

(Beifall bei der SPD und bei Jens Kerstan GRÜNE)

Es geht nicht nur um die Anzahl von Beißvorfällen, sondern auch um deren Schwere. Und diese schweren Beißvorfälle sind Gott sei Dank deutlich zurückgegangen. Wir hatten glücklicherweise keine solchen Fälle mehr zu verzeichnen wie damals im Jahr 2000. Und das liegt unserer Überzeugung nach auch daran, dass es in dieser Stadt ganz bestimmte Hunde in der Anzahl wie damals nicht mehr gibt. Aus genau diesem Grund ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass deutlich weniger Beißvorfälle im Zusammenhang mit diesen Rassen

zu verzeichnen sind als zuvor, und das soll auch so bleiben.

Deswegen hat sich an diesem Gesetz recht wenig geändert. Es ändert sich nur an einer Stelle etwas in Bezug auf Hunde der Kategorie 1, die als unwiderlegbar gefährlich eingestuft werden: Diese Hunde können, soweit sie einen Wesenstest bestanden haben und kastriert sind, vermittelt und legal gehalten werden, wenn von dem potenziellen Halter oder der potenziellen Halterin ein besonderes Interesse für deren Haltung vorliegt. Das wird dann aber auch strikt geprüft. In diesem Fall wäre eine Vermittlung aus nicht illegaler Haltung, das heißt insbesondere aus dem Tierheim heraus, möglich.

Das halten wir für angemessen, und ansonsten belassen wir dieses Gesetz so, wie es damals einvernehmlich beschlossen worden ist, weil wir der Überzeugung sind, dass die Menschen in dieser Stadt wie in den letzten sechs Jahren vor Hunden, die von ihrem Potenzial her gefährlich sind, geschützt werden müssen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Thering.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das von der CDU im Jahr 2006 auf den Weg gebrachte Hamburger Hundegesetz war richtig und wichtig.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Seit dem 1. Januar 2007 sind alle Hundehalter verpflichtet, ihren Hund kennzeichnen zu lassen, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen und im Hunderegister anzumelden. Außerdem gilt in ganz Hamburg eine Anleinpflicht. Für bestimmte Hunderassen, die als gefährlich eingestuft werden, gelten besondere Regelungen. Die jetzige Evaluation hat gezeigt, dass das Hamburger Hundegesetz in vielen Teilen erfolgreich ist, für die Hundehalter, für die Hunde, aber auch für alle anderen Hamburgerinnen und Hamburger. Für ein friedliches und tolerantes Miteinander sind einige Regeln unerlässlich – so weit, so gut.

Die Evaluation zeigt aber auch, was sich schon seit Jahren abzeichnet: Es gibt Schwachstellen im Hamburger Hundegesetz. Diese Schwachstellen gilt es jetzt zu beseitigen. Kein Hund wird gefährlich geboren, kein Hund kommt als böses Wesen auf die Welt, kein Hund greift von Natur aus Menschen an. Die Einteilung in Rasselisten und die Vorverurteilung gewisser Hunderassen ist sehr fragwürdig. Die Gefährlichkeit von Hunden richtet sich nicht einfach nach der jeweiligen Rasse, es kann und darf keine Hunderasse unter Generalverdacht gestellt werden. Es muss durch Wesenstests im Einzelfall entschieden werden, ob ein Hund eine

(Dr. Wieland Schinnenburg)

Gefahr für die Allgemeinheit darstellt oder nicht. Jede unserer Fraktionen hat sich auf Einladung des Hamburger Tierschutzvereins auf dem Tierheimgelände in der Süderstraße den Wesenstest angesehen. Der dort getestete Hund gehört einer vermeintlich gefährlichen Hunderasse an. Wir alle konnten uns bei dem Wesenstest davon überzeugen, dass ein Hund einer vermeintlich gefährlichen Hunderasse über ein ruhiges und braves Wesen verfügen kann. Liebe Frau Domres und lieber Herr Kekstadt, Sie waren selber vor Ort. Und auch Ihnen fiel zumindest dort nichts ein, was gegen eine Vermittlung der erfolgreich getesteten Hunde sprechen könnte. Hier zeigt sich einmal mehr, dass die SPD-Abgeordneten im Senat kein Gehör finden.

(Doris Müller SPD: Bullshit!)

König Olaf macht das, was er immer macht, er entscheidet allein. Und das ist nicht richtig.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Es hat sich aber auch gezeigt, dass weniger die Rasse entscheidend ist, als vielmehr die Art der Haltung und die Beziehung des Hundehalters zum Hund. Wenn Hunde schlecht behandelt werden, können sie ein aggressives Verhalten entwickeln – egal, welche Rasse – und damit Menschen gefährden. Solche Hunde müssen wir wirksam stoppen. Aber noch einmal: Mit einem Generalverdacht kommen wir hier nicht weiter.

(Beifall bei der CDU und bei Martina Kaes- bach FDP)

Und was haben Sie von der SPD-Fraktion nach der erfolgten Evaluation mit dem Hamburger Hundegesetz gemacht? Nichts. Welche Konsequenzen wollen Sie ziehen? Keine. Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion, Sie verfahren in dieser Sache, wie Sie es immer machen, wenn Ihnen ein Thema unangenehm ist: Sie versuchen, das Thema schnell und geräuschlos von der Tagesordnung zu nehmen, Sie wollen es am liebsten begraben. Und Sie versuchen das zu erreichen, indem Sie alles verhindern, was eine weitere Beschäftigung mit dem Thema bedeuten könnte. Herr Schinnenburg hat das ausführlich dargelegt. Sie haben sich schließlich schon im zuständigen Ausschuss dagegen gewehrt, dass ein Vergleich mit dem neuen niedersächsischen Hundegesetz überhaupt in Betracht gezogen werden kann. Lassen Sie uns doch nicht nur von den Erfahrungen aus Hamburg profitieren, sondern schauen wir über den Tellerrand.

Der vorliegende Gesetzentwurf beinhaltet keine Verbesserung und hilft unserer Stadt nicht weiter. Deshalb werden wir diesen auch in beiden Lesungen ablehnen. Lassen Sie uns stattdessen das Hamburger Hundegesetz in der Frage der Rasselisten schnell verbessern, lassen Sie uns Wesenstests für alle Hunde verbindlich machen. Sperren Sie sich im Senat und in der SPD-Fraktion nicht

weiter gegen die Ergebnisse der Evaluation, ziehen Sie gemeinsam mit uns logische Konsequenzen, verbessern wir das Gesetz zum Wohle der Menschen und zum Wohle der Hunde in unserer Stadt. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei Martina Kaes- bach FDP und Kersten Artus DIE LINKE)

Das Wort hat nun Frau Schmitt.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Debatte um das Hamburger Hundegesetz zeigt deutlich, wie gespalten die Menschen auf das Thema reagieren. Insbesondere verläuft die Spaltung zwischen Tierschützerinnen und Tierschützern und Menschen, die bestimmten Hunderassen im öffentlichen Raum nicht ungeschützt begegnen wollen. Die Kritiker des Gesetzes sehen in den Rasselisten den Tierschutz verletzt, die Befürworter und Befürworterinnen verweisen auf die Gefahr, die von Hunden bestimmter Rassen ausgehen kann.

In der stark emotional aufgeladenen Debatte könnten, so sollte man meinen, nüchterne Zahlen weiterhelfen, so jedenfalls die Idee der Beißstatistik. Sie soll Aufschluss darüber geben, ob bestimmte Rassen tatsächlich häufiger beißen, und so eine objektive Beurteilungsgrundlage liefern. Es zeigt sich aber, dass die Beißstatistik nur eine äußerst beschränkte Aussagekraft hat. Bei den meisten Rassen ist die Stichprobe in Hamburg schlicht viel zu klein, als dass Beißvorfälle wirklich etwas über die Gefährlichkeit der Rasse aussagen könnten. Bei den sogenannten gefährlichen Hunden, den Kategorie-Hunden, ist es ohnehin unmöglich, die Gefährlichkeit der Hunde über die Beißstatistik zu überprüfen. Auch wenn diese Hunde selten oder gar nicht gebissen haben, muss hier auf die Maulkorb- und Leinenpflicht verwiesen werden; insofern ist dies einfach kein geeignetes Mittel der Überprüfung. Die Rasseliste ist an der Stelle eine Einbahnstraße. Wenn eine Rasse einmal als gefährlich gilt, dann bleibt sie es auch.

Der Umkehrschluss, Herr Schinnenburg, ist aber genauso unzulässig, einfach zu sagen, da kommen nur so wenige Beißvorfälle vor, also sind die Hunde doch ungefährlich. Man kann diese Zahlen einfach nicht in dieser Weise interpretieren und nicht wirklich verwerten.

Der vorgelegte Senatsbericht setzt sich mit diesen Schwierigkeiten in keiner Weise auseinander, und ebenso wenig setzt sich die SPD-Fraktion mit den Einwänden der Oppositionsfraktionen auseinander; das muss ich Ihnen leider sagen.

(Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU und bei Kersten Artus DIE LIN- KE)

(Dennis Thering)

Es ist offensichtlich – das hat Herr Thering betont –, dass die SPD das undankbare Thema gern loswerden und beenden will. Sie will keine Expertenanhörung, keine neue Evaluierung und keinen Vergleich mit den Gesetzen anderer Bundesländer, die mittlerweile auf neue Erfahrungen mit Gesetzen ohne Rasselisten zurückblicken können.

Meine Damen und Herren! Es ist klar, dass man die Debatte um die sogenannten Kampfhunde nur mit großer Vorsicht führen sollte. Das ist Ihre Sache nicht, Herr Schinnenburg, wie Sie wieder unter Beweis gestellt haben.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und ver- einzelt bei der CDU und der LINKEN)

Bei diesem hochemotionalen Thema gibt es daher nur einen guten Weg und das ist der interfraktionelle, wie er in der Vergangenheit beim Hundegesetz auch beschritten wurde.

(Beifall bei Dr. Stefanie von Berg GRÜNE)

Sie haben das erwähnt, Herr Schäfer. Bei der jetzigen Ausschussberatung hat sich aber gezeigt, dass Sie den interfraktionellen Weg verlassen haben und auf die Einwände der Oppositionsfraktionen nicht mehr eingegangen sind. Eine Expertenanhörung, in die auch Erfahrungen aus anderen Bundesländern hätten einfließen können, wäre das Mindeste gewesen, um dem Thema gerecht zu werden. Ziel des Gesetzes muss es sein, den größtmöglichen Schutz vor Beißvorfällen zu garantieren. Aber hierzu muss auch offen diskutiert werden, wie dieses Ziel am besten erreicht werden kann, und es muss diskutiert werden, ob inzwischen andere und bessere Wege bekannt sind. Vorher bleiben zu viele Fragen offen, als dass wir heute dem Senatsantrag zustimmen könnten. Eine ergebnisoffene Evaluierung, wie sie das Gesetz vorsieht, hat nicht stattgefunden. Wir werden uns daher heute der Stimme enthalten. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort hat nun Frau Artus.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen! Ich möchte heute einen letzten Versuch unternehmen, Sie zu überzeugen, warum Sie heute gegen dieses Gesetz stimmen sollten. Ich möchte Sie bitten, Ihre Entscheidung über dieses Gesetz unabhängig davon zu treffen, ob Sie selbst einen Hund halten, ob Sie Hunde mögen oder nicht oder wie berechtigt oder blödsinnig Sie es möglicherweise finden, Hunde in einer Großstadt zu halten, und auch unabhängig davon, ob Sie möglicherweise selbst vor Hunden Angst haben, wenn es sich vielleicht sogar um einen American Stafford oder einen Bullterrier handelt. Das alles darf bei Ihrer heutigen Entscheidung keine Rolle spielen, übrigens auch nicht, ob

Sie eine bestimmte Hunderasse besonders hübsch oder hässlich finden. Es gibt nämlich anderswo andere Regelungen, die besser und vernünftiger sind und den Sicherheits- als auch den Tierschutzinteressen gerechter werden als in Hamburg. In Niedersachsen gibt es seit Langem keine Rasselisten mehr. Dort leben auch in Städten mit über 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern, wie Braunschweig, Göttingen, Hannover oder Osnabrück, Hunde aller Rassen zusammen mit Menschen. Glauben Sie, dass die Politikerinnen und Politiker dort, auch diejenigen, die sich mit der Inneren Sicherheit befassen, völlig verantwortungslos sind, weil sie ein Hundegesetz ohne Rasselisten erlassen haben?

Auch in Berlin sind sich alle Fraktionen des Abgeordnetenhauses darin einig, die Rasselisten abzuschaffen. Das Landesparlament der 3,5-MillionenMetropole will künftig alle Hunderassen gleichbehandeln und das Vorbild dafür ist die niedersächsische Regelung. Wenn Sie heute über das Gesetz entscheiden wollen, müssen Sie sich doch fragen, warum das so ist. Ich kann es Ihnen sagen: Man hat in Niedersachsen und Berlin begriffen, dass alle Stigmatisierungen, die es über bestimmte Hunderassen gibt, nicht zutreffen, wie es auch von Wissenschaftlerinnen und Expertinnen seit Langem gesagt wird.

Warum hat sich jetzt in Hamburg die SPD im Gesundheitsausschuss entschieden, das bisherige Gesetz beizubehalten und es sogar noch zu verschärfen? Sie beruft sich ausschließlich auf Annahmen: Das Gesetz habe sich bewährt, Menschen würden geschützt und gefährliche Hunde würden von der Stadt fern gehalten. Aber alle diese Annahmen treffen nicht zu. Das bisherige Gesetz fußt rein auf der Stigmatisierung weniger Hunderassen, denen alle möglichen Eigenschaften zugeschrieben werden. Und man geht von der falschen Annahme aus, dass es sich bislang bewährt habe; als Beweis wird die Beißstatistik angeführt. Aber nur von zehn der 260 Beißvorfälle sind die genauen Umstände klar und die meisten haben ausschließlich unter Hunden stattgefunden. Das ist eine Datenlage – darauf haben meine Vorredner bereits hingewiesen –, bei der kein verantwortungsbewusster Politiker seriös sagen kann, das habe sich alles bewährt; das stimmt einfach nicht. Hinzu kommt, dass kein Hund aus der Liste der angeblich unwiderlegbar gefährlichen Hunderassen im letzten Jahr überhaupt zugebissen hat.

Nun noch drei weitere, und zwar wirklich schwerwiegende Argumente, die vor allem die Juristinnen und Juristen im Saal interessieren sollten.

Erstens: Das Gesetz verstößt gegen den Tierschutz und Tierschutz ist ein Staatsziel. Frau Senatorin Prüfer-Storcks wurde am 1. September im "Hamburger Abendblatt" wie folgt zitiert:

(Heidrun Schmitt)