Protocol of the Session on February 29, 2012

und eine Lösung ohne Problem ist keine Lösung.

(Beifall bei der CDU, der GAL und bei Finn- Ole Ritter FDP – Dr. Andreas Dressel SPD: Reden Sie mal über Verantwortung!)

Sie haben argumentiert, wie auch aus den Reihen der SPD-Fraktion zu hören ist, man würde jetzt die schwarz-grünen Pläne vollenden. Das ist nicht nur falsch, sondern das ist der durchschaubare Versuch, Verantwortung abzuwälzen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Hier riechen wir die Angst vor der Verantwortung in der SPD.

Ich will das auch begründen und dazu einen kleinen Rückblick wagen. 2009 war das Jahr mit dem Kriseneinbruch in der Welt, und schon damals wurden Zweifel am Wert des Anteilskaufs laut. Kritiker fürchteten, dass die Stadt im Boom vielleicht zu teuer gekauft habe. In diesem Jahr entstand die Situation, dass Hapag-Lloyd einen Liquiditätsbedarf von 700 Millionen Euro hatte, aber ohne Sicherheiten nicht in der Lage war, sich dieses Geld auf dem Bankenmarkt zu besorgen. In dieser Situation hat Hamburg eben nicht den Geldhahn geöffnet, sondern wir haben TUI in die Pflicht genom

(Erster Bürgermeister Olaf Scholz)

men. Dadurch ist das Hybridkapital entstanden, mit dem TUI selber ins Risiko gegangen ist und Geld zur Verfügung gestellt hat.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Sie haben uns Dividenden entzogen!)

Dieses teilweise als Eigenkapital gewährte Gesellschafterdarlehen sollte zurückgezahlt werden. Trotz – Herr Dressel, hören Sie ruhig zu –

(Dr. Andreas Dressel SPD: Sie haben die Verträge nicht gelesen, die Sie selber abge- schlossen haben!)

des Rekordergebnisses 2010 ist diese Rückzahlung offenbar nicht erfolgt. Warum? Jetzt werden von den 350 Millionen Euro Hybrid nur 100 Millionen Euro getilgt, der Rest wird in eine dauerhafte Erhöhung des Eigenkapitals umgewandelt. Warum wird das nicht durch einen Bankkredit abgelöst? Gibt es möglicherweise weiterhin einen Mangel an Sicherheiten?

(Dr. Andreas Dressel SPD: Was heißt wei- terhin? Sie haben das Geschäft doch gera- de eben gelobt, Herr Wersich!)

Ich habe deshalb weiterhin gesagt, weil 2009 schon die Situation eingetreten war, dass HapagLloyd Kapital brauchte und es nicht am Kapitalmarkt bekommen hat. Sie müssen auch die Realitäten des Jahres 2009 in der Krise wahrnehmen, sonst können Sie das Risiko dieses Geschäfts überhaupt nicht bewerten.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das sind nicht die einzigen Fragen, denn mit der Umwandlung des Kredits in Eigenkapital stellt sich doch die Frage, ob dieses Unternehmen heute mit 10 Prozent mehr Eigenkapital auch wirklich 10 Prozent mehr wert ist als 2008. Überhaupt stellt sich die Frage, was Hapag-Lloyd heute wert ist. Wie sieht es aus mit den Prognosen der internationalen Schifffahrt? Wie sieht es aus mit Frachtraten und Frachtmengen? Experten sprechen von einer anhaltenden Krise, von der größten Krise im Bereich von Seeschifffahrt und Reederei. Es ist doch ein Alarmzeichen, wenn Hapag-Lloyd trotz Wachstum der transportierten Mengen im Jahr 2011 einen Gewinneinbruch hatte und sogar ein Defizit eingefahren hat. Deswegen frage ich Sie, Herr Bürgermeister: Hat der Senat vor dieser Entscheidung wie ein guter Kaufmann eine Risikoabwägung vorgenommen? Hat es eine Kosten-Nutzen-Analyse gegeben oder verlassen Sie sich in dieser Frage ausschließlich auf Herrn Kühne? Diese Frage müssen Sie sich gefallen lassen und diese Frage müssen Sie beantworten.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Natürlich müssen Sie dann auch beantworten, warum die Stadt nicht von der vertraglich vorgese

henen Möglichkeit Gebrauch gemacht und ein Wertgutachten angefertigt hat. Hätte TUI eventuell nach so einem Wertgutachten seine Bilanz anpassen und Werte für Hapag-Lloyd abschreiben müssen? Rettet Hamburg Hapag-Lloyd oder rettet Hamburg mit den Krediten die Bilanz von TUI? Das ist die Frage, die wir uns hier stellen, Herr Bürgermeister.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Denn es ist doch Fakt, dass Sie mit der Bonität des Staates Hapag-Lloyd Geld zuführen, was es so am Kapitalmarkt nicht zu diesen Konditionen bekommen würde. Deswegen stellt sich auch zu Recht die Frage, ob es da vielleicht ein Problem mit dem Wettbewerbsrecht, mit dem Beihilferecht oder EURecht gibt. Auch diese Fragen müssen beantwortet werden. Meine Damen und Herren, alles in allem will der Bürgermeister ein hochriskantes Geschäft zulasten des Steuerzahlers.

(Beifall bei der CDU – Jan Quast SPD: So ein Quatsch!)

Die etwas ominöse Begründung, die Sie dafür anführen, lautet, dass sich beim Bürgermeister Wettbewerber gemeldet hätten, die Hapag-Lloyd gerne kaufen würden. Ich habe da meine Zweifel. Gibt es derzeit überhaupt Konkurrenzkäufer für die TUIAnteile? Angesichts dieses hochriskanten Geschäfts und angesichts der Tatsache, dass man knapp 2 Milliarden Euro bezahlen müsste, um die Mehrheit der Anteile eines Unternehmens zu kaufen, das im Moment keine Dividende abwirft, frage ich mich, wer in der Welt 2 Milliarden Euro Eigenkapital für eine Verzinsung von null Euro gibt. Diesen Käufer wollen wir erst einmal sehen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Aber selbst wenn es diese Interessenten geben sollte, Herr Bürgermeister, warum haben Sie dann nicht über einen Einstieg in das Albert-Ballin-Konsortium verhandelt? Warum machen nicht alle Anteilseigner im Konsortium mit? Warum trägt die Stadt den Löwenanteil allein? Herr Bürgermeister, wir brauchen Antworten und keine Kraftsprüche à la "We do want our money back".

Zum Stichwort "todsicheres Geschäft" möchte ich den Blick nach Baden-Württemberg richten. EnBW kostet das Land heute Milliarden Euro, und das droht auch Hamburg.

(Beifall bei der CDU – Jan Quast SPD: Das war aber ein CDU-Senat!)

Meine Damen und Herren! Handelt Scholz zum Wohle Hamburgs oder unter Druck und zum Wohle der TUI? Sie sagen, Sie wollen das weltweite Monopoly-Spiel verhindern. Die Wahrheit ist: Sie spielen mit, mit Staatskrediten, für die Hamburgs Bürger haften. Dafür wollen Sie uns mit verantwortlich machen.

Ich will an dieser Stelle einmal aus dem Petitum, das der Senat der Bürgerschaft vorgelegt hat, vorlesen:

"Der Senat beantragt, die Bürgerschaft wolle […] der Teilnahme der HGV an der Kapitalerhöhung bei der Albert Ballin KG in Höhe von 420 Mio. Euro"

und jetzt kommt es –

"sowie den möglichen finanziellen Auswirkungen zustimmen".

Was heißt das?

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das stand bei Ih- nen nie in den Drucksachen?)

Was, Herr Bürgermeister, halten Sie für möglich? Wenn wieder eine Krise auftaucht und Hapag-Lloyd wieder, wie vor zwei Jahren, 700 Millionen Euro braucht, heißt das dann, dass wir mit unserem Anteil von 40 Prozent 280 Millionen Euro nachschießen müssen? Dieses Petitum ist nichts anderes als ein Blankoscheck, der innerhalb von fünf Wochen durch das Parlament gepeitscht werden soll.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das ganze Verfahren ist auch keine Einbindung des Parlaments, sondern es ist eine Bindung. Ich kann Ihnen versprechen, dass wir uns nicht fesseln lassen. Zumindest erstreckt sich Ihre Macht nicht auf die Opposition in diesem Haus. Und ich füge hinzu: Das ist auch gut so.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Ich verbinde das mit einem Appell an die SPD-Fraktion: Nehmen Sie Ihre Verantwortung als Abgeordnete wahr.

(Dirk Kienscherf SPD: Machen Sie das mal!)

Ich werde es Ihnen ersparen, einzelne Personen in Ihren Reihen anzusprechen. Aber erkennen Sie das Bauchgrummeln als Ausdruck des gesunden Menschenverstands und geben Sie diesem Grummeln eine Stimme. Lassen Sie das nicht mit sich machen.

(Beifall bei der CDU, der GAL und der FDP)

Der Termindruck mag wünschenswert sein, aber er ist nicht nachvollziehbar.

(Dirk Kienscherf SPD: Peinliche Rede!)

Wir reden nicht über die Abwendung der Liquiditätskrise 2009, sondern über eine mögliche Verhandlungslösung bis zum September dieses Jahres. Wir reden darüber, dass zur Not kritische Punkte im Interesse Hamburgs auch nachverhandelt werden müssen.

(Dirk Kienscherf SPD: Da sind Sie ja beson- ders gut!)

Meine Damen und Herren! Ich möchte zum Schluss noch einen Aspekt beleuchten, weil ich glaube, dass dieser Fall auch viel von dem offenbart, was den Regierungsstil des neuen Bürgermeisters ausmacht. Der Bürgermeister verkündet, dass es um das Wohl der Stadt gehe.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ja!)

Wer entscheidet, was das Wohl der Stadt ist?

(Arno Münster SPD: Die Bürgerschaft!)

Er selbst, der Bürgermeister und Parteivorsitzende. Wir erinnern uns, es ist jetzt ungefähr ein Jahr her, Olaf Scholz saß drei Wochen allein auf der Senatsbank – ein Sinnbild seines demokratischen Absolutismus.