Protocol of the Session on February 29, 2012

Deshalb haben wir intensive Gespräche im Kreise des Konsortiums geführt und mit der TUI verhandelt, lange und durchaus hart. Und, wie schon ge

(Erster Bürgermeister Olaf Scholz)

sagt, wir haben stets zu erkennen gegeben, dass wir auch nicht kaufen, wenn der Anteil zu groß ist und der Preis nicht stimmt. Wir haben uns nicht unter Zeitdruck setzen lassen. Bis zuletzt war offen, ob es zu einer Verständigung über die Konditionen kommt.

(Anja Hajduk GAL: Aber jetzt ist Hektik!)

Der Finanzsenator hat wiederholt im Ausschuss für öffentliche Unternehmen darüber berichtet, dass diese Verhandlungen laufen. Im Ergebnis haben wir erreicht, dass die Gefahr eines Mehrheitsverkaufs endgültig abgewendet ist.

(Beifall bei der SPD)

Ich nenne die wesentlichen Punkte:

Die erzielte Verständigung sieht zunächst vor, dass ein hoch verzinstes TUI-Darlehen teils getilgt und im Umfang von 125 Millionen Euro durch das Albert-Ballin-Konsortium angekauft wird. Durch die anschließende Wandlung wird das Eigenkapital von Hapag-Lloyd weiter gestärkt.

In einem weiteren Schritt haben die Verhandlungspartner vereinbart, dass das Hamburger Konsortium für 475 Millionen Euro 17,44 Prozent der Anteile von TUI übernimmt. Hieran beteiligen sich die HGV, Kühne und die beiden Hamburger Versicherungen HanseMerkur und SIGNAL IDUNA.

Das sich daraus ergebende Gesamt-Investment des Albert-Ballin-Konsortiums von 600 Millionen Euro verteilt sich auf die Stadt mit 420 Millionen Euro, den Logistikunternehmer Kühne mit 160 Millionen Euro sowie auf die Versicherung HanseMerkur mit 13 Millionen Euro und SIGNAL IDUNA mit 7 Millionen Euro.

Auf Grundlage dieser Verständigung verzichtet TUI auf ihr vertragliches Andienungs- und Mehrheitsverkaufsrecht.

Auch über den Kaufpreis, insbesondere über den zugrunde zu legenden Aktienkurs, haben die Stadt und die privaten Mitgesellschafter der Albert Ballin KG mit der TUI verhandelt. Im Ergebnis wurde erreicht, dass der mit der TUI vereinbarte Preis einem Kurs von rund 80 Prozent des errechneten Kurses zum Jahresende 2011 entspricht.

Meine Damen und Herren! Mit diesem Verhandlungspaket haben wir einen fairen Interessensausgleich mit TUI erreicht.

(Beifall bei der SPD)

Es ist uns gelungen, das Mehrheitsverkaufsrecht aufzulösen, ohne die vollen zur Übernahme vorgesehenen 33,3 Prozent der TUI erwerben zu müssen. Es ist uns gelungen, mit der Ablösung des teuren Hybridkapitals die Voraussetzung dafür zu schaffen, dass das Ausschüttungspotenzial von Hapag-Lloyd künftig allen Gesellschaftern in Form von Dividenden zugute kommt.

(Beifall bei der SPD)

Erreicht wurde das nicht allein durch das Engagement der Stadt, sondern mit großen Beiträgen privater Partner des Albert-Ballin-Konsortiums – Kühne, HanseMerkur, SIGNAL IDUNA –, und ich sage ganz klar: Ohne die privaten Investoren und ihre Bereitschaft, ungefähr zu einem Drittel teilzunehmen, hätten wir uns nicht mit einem so hohen Anteil beteiligt.

(Beifall bei der SPD)

Genau gesagt: Wir hätten es gar nicht gemacht.

Übrigens ist Kühne nach den Kapitalmaßnahmen mit insgesamt fast 925 Millionen Euro bei HapagLloyd investiert und hatte neben den nunmehr vereinbarten 160 Millionen Euro bereits 2011 als einziger Gesellschafter der Albert Ballin KG eine Kapitalmaßnahme von 315 Millionen Euro finanziert. 315 plus 160, das sind 475 Millionen Euro von Kühne in 2011 und 2012. 420 Millionen Euro sind jetzt das neue Investment der Stadt.

Kühne und die anderen Investoren rechnen wie wir. Und wer wie Kühne mit 925 Millionen Euro, also fast einer Milliarde, investiert ist, rechnet spitz und macht das nicht nur, weil er gern an einer Reederei beteiligt ist, sondern weil er es für wirtschaftlich vernünftig hält – trotz der Liebe zu Hamburg und der Schifffahrt, die das ja nicht ausschließt.

(Beifall bei der SPD)

Durch die Veränderung der Anteilsverhältnisse gewinnt die Stadt ein weiteres Aufsichtsratsmandat. Da TUI den Aufsichtsratsvorsitz abgibt, werden wir hierdurch an der Spitze des Aufsichtsgremiums in Abstimmung mit den anderen Albert-Ballin-Gesellschaftern einen zukunftsweisenden Wechsel herbeiführen können.

(Thilo Kleibauer CDU: Sie wollen doch gar keinen Einfluss nehmen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das erhöhte Engagement der Stadt ist nicht auf Dauer angelegt. Wir wollen die Anteile der Stadt in einem absehbaren Zeitraum an seriöse Partner veräußern oder im Rahmen eines Börsengangs breit gestreut am Markt platzieren. Yes, we do want our money back.

(Beifall bei der SPD)

Ich füge hinzu: Wir wollen auch das Geld, das frühere Senate investiert haben, zurück.

(Beifall bei der SPD)

Man hört gelegentlich Äußerungen, die so klingen, als wäre das alles nie gewesen.

Wir wollen eine stabile, zukunftsfähige Gesellschaftsstruktur bei Hapag-Lloyd schaffen, die den Standort sichert und dem Vorstand die erforderli

(Erster Bürgermeister Olaf Scholz)

che Gestaltungsfreiheit gibt, um Hapag-Lloyd optimal im Wettbewerb zu positionieren. Jetzt, wo potenzielle Investoren bei ihrem Einstieg nicht mehr auch noch das Problem mitlösen müssen, dass TUI aussteigen will, erweitert sich der Kreis der infrage kommenden Interessenten. Und noch einmal: Wir wollen mittelfristig wie bei früheren vergleichbaren Engagements der Stadt das eigene Investment zumindest haushaltsneutral wieder zurückführen.

(Beifall bei der SPD)

Die geplanten Kapitalmaßnahmen kosten viel Geld: 420 Millionen Euro. Die HGV wird dafür temporär Kredite aufnehmen müssen, aber es ist nur eine Bilanzverlängerung; den Schulden steht ein Vermögenswert in gleicher Höhe gegenüber. Wir können das verantworten, weil das Engagement zeitlich befristet angelegt und aus heutiger Sicht zu erwarten ist, dass die zusätzlichen Finanzierungskosten der HGV ab 2013 durch entsprechende Einnahmen aus Dividenden ausgeglichen werden können. Darüber hinaus wurde für die neu zu erwerbenden Aktien im Gegenwert von rund 150 Millionen Euro bereits jetzt schon eine Option zwischen der HGV und Kühne verhandelt. Danach könnten schon bis Mitte 2014 bis zu 5,5 Prozent der durch die HGV erworbenen Aktien an Kühne abgegeben werden.

Die Vereinbarungen mit der TUI sehen vor, dass die Verträge bis Ende März geschlossen werden müssen. Danach hat TUI das Recht, von den Verträgen zurückzutreten und die eingangs skizzierten Andienungs- und Mehrheitsverkaufsrechte weiter zu verfolgen. In der Drucksache, die der Senat vorige Woche beschlossen hat, wird die Bürgerschaft daher zeitnah um Zustimmung zur Übernahme weiterer Anteile der Hapag-Lloyd durch das Albert-Ballin-Konsortium gebeten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin überzeugt davon, dass wir nach ziemlich harten Verhandlungen ein gutes Ergebnis für die Stadt Hamburg, den Hamburger Hafen und Hapag-Lloyd erzielt haben. – Vielen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD)

Das Wort hat nun Herr Wersich.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es waren entschlossene Hamburger Bürger und es waren mutige Unternehmen, die 2008 den Verkauf von Hapag-Lloyd an einen Konkurrenten und damit die feindliche Übernahme verhindert haben.

(Beifall bei der CDU)

Hapag-Lloyd ist als viertgrößte Reederei der Welt nicht nur eine unverzichtbare Tradition Hamburgs,

sondern auch ein herausragender Standortfaktor für Hafen und Logistik. Deshalb hat der CDU/GALSenat sich 2008 am Konsortium Albert Ballin beteiligt und damit den Verbleib Hapag-Lloyds in Hamburg ermöglicht.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Aber gesichert hat er ihn nicht!)

Die CDU hat Hapag-Lloyd in Hamburg gesichert. Zu dieser Überzeugung stehen wir auch heute.

(Beifall bei der CDU – Dr. Andreas Dressel SPD: Damals ja!)

Doch damals ging es nicht um eine Übernahme durch die Stadt. Damals ging es nicht um einen operativ beherrschenden Einfluss. Damals ging es nicht um eine Staatsreederei. Der Kauf der Anteile war die Abwehr einer realen Gefahr eines Ausverkaufs nach Fernost im Handelsboom des Jahres 2008.

Ganz anders stellt sich das Scholz-Geschäft 2012 dar: Es ist ein hochriskantes Geschäft mit 420 Millionen Euro neuen Schulden und 15 Millionen Euro Zinsen jedes Jahr, das innerhalb weniger Tage durchs Parlament gepeitscht werden soll.

(Dirk Kienscherf SPD: Wochen!)

In Ihrer Rede, Herr Bürgermeister, haben Sie uns eine Lösung präsentiert. Sie sind uns aber eine überzeugende Begründung des Problems schuldig geblieben,

(Dirk Kienscherf SPD: Da müssen Sie mal zuhören!)