Protocol of the Session on February 8, 2012

Deshalb mein Appell: Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass noch mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Chancen und Möglichkeiten erkennen, die Social Media und E-Government ihnen und auch den Bürgern bieten. Deswegen beantragt die FDP-Fraktion die Überweisung der Großen Anfrage an den Haushaltsausschuss, damit sich dort der Unterausschuss Personalwirtschaft und öffentlicher Dienst mit dem Thema beschäftigen kann. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Nun hat noch einmal Frau Artus das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen! Erst einmal möchte ich mich bei allen Rednerinnen und Rednern für die Debatte zu unserer Großen Anfrage bedanken. Ich fand da einige Sachen sehr wohl hilfreich. Herr Wankum, ich stimme Ihnen zu, dass wir uns in einem Jahr wieder mit dem Thema beschäftigen und schauen sollten, was der Senat nun aus der Großen Anfrage gemacht hat. Wir haben deswegen auch unsere Überweisung an den Verfassungs- und Bezirksausschuss zurückgezogen, und wir würden auch einer Überweisung an den Haushaltsausschuss nicht mehr zustimmen.

Frau Suding, nachdem ich Ihre Rede gehört habe, glaube ich, dass Sie Soziale Medien vor allen Dingen unter dem Aspekt des Einsparens im öffentlichen Dienst sehen,

(Katja Suding FDP: Da haben Sie ja was ge- gen!)

(Katja Suding)

und diesen Weg möchten wir ungern mitgehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Selbstverständlich kann es zu mehr Effizienz führen, aber erst einmal sollten die Inhalte und die Strategie im Vordergrund stehen, und dann kann man in einem zweiten Schritt sehen, wo es möglicherweise Synergien und Einsparungen bringt.

Lassen Sie mich noch auf ein paar Aspekte eingehen, die in der Debatte zur Sprache kamen. Hier möchte ich die Beiträge des Kollegen Schmidt und des Kollegen Wankum noch einmal kurz in Erinnerung rufen. Es ist sehr wohl ein Problem, dass Soziale Medien nicht beim Amt für Medien gebündelt sind, sondern dass die verschiedenen Bereiche in den Ämtern und Behörden nebenher laufen; Herr Müller hat das benannt. Ich sehe da die Bündelung nicht, zumindest habe ich es nicht aus der Großen Anfrage herausgelesen. Das Problem sind auch nicht missglückte Versuche, wo man sagen muss, shit happens, das hätte besser laufen müssen. Das geht an dieser Sache, die wir mit der Großen Anfrage verfolgt haben, vorbei. Es geht ebenso auch nicht darum, wie sich die Senatorinnen und Senatoren im Internet präsentieren und welche Accounts sie haben. Das war nicht Zielrichtung unserer Großen Anfrage, das habe ich in einer vorherigen Schriftlichen Kleinen Anfrage einmal abgefragt. Da würde ich höchstens die Frage stellen, wie unsere politischen Repräsentantinnen und Repräsentanten befähigt werden, sich auch im Netz zu bewegen, aber ansonsten stimme ich Ihnen natürlich zu, dass das jeder für sich selbst entscheiden muss. Wir wollten abfragen – und ich persönlich fand den Begriff gar nicht so staatstragend –, wie Senat und Behörden mit den Sozialen Medien umgehen.

Herr Wankum, eines noch: Politische Inhalte mit Parteipropaganda gleichzusetzen, fand ich sehr zugespitzt. Denken Sie noch einmal darüber nach, ob das Ihr Verständnis von Politik ist, denn dann wäre alles, was die CDU-Senate in den letzten Jahren gemacht haben, entweder keine Politik oder ausschließlich Parteipropaganda. Ein bisschen schräg fand ich das schon.

(Beifall bei Dora Heyenn DIE LINKE)

Ich möchte noch einmal kurz auf Sinn und Zweck unserer Großen Anfrage zurückkommen, damit das auch allen in Erinnerung bleibt.

(Glocke)

Meine Damen und Herren! Frau Artus hat gesagt, dass sie noch einmal kurz darauf zurückkommen möchte. Vielleicht können wir noch einen Moment zuhören.

Ich möchte hierzu noch eine weitere aktuelle Studie heranziehen, die vom forsa-Institut in Auftrag gegeben wurde, "Soziale Netzwerke: Was Bürger von der Verwaltung erwarten", und zwei Aspekte aus der Zusammenfassung zitieren. Es ist ein bundesweites Monitoring gewesen und insofern erspart es dem Senat nicht, ein hamburgbezogenes Monitoring durchzuführen, aber zwei Zahlen sollten Sie in Ihren wohlverdienten Feierabend mitnehmen:

"Eine deutliche Mehrheit von 71 % der Bundesbürger …"

das steht hier so, deswegen gendere ich das jetzt nicht –

"… erwartet, dass die Zufriedenheit mit der öffentlichen Verwaltung stiege, wenn es für die Bürgerinnen und Bürger mehr Möglichkeiten als heute gäbe, […] mit Behörden und Ämtern in Kontakt zu treten."

Der zweite Aspekt:

"Mit den bestehenden Kontaktmöglichkeiten zu Ämtern und Behörden via Internet sind jedoch lediglich 29 % aller Befragten zufrieden."

Diese Zahlen sollten genug Anlass geben, daran zu arbeiten. Ich bin skeptisch, ob wir auf einem guten Weg sind, aber wir werden in einem Jahr nachfragen, Herr Wankum, und dann führen wir die Debatte hier fort. – Schönen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung. Das Überweisungsbegehren der LINKEN ist zurückgezogen.

Wer einer Überweisung der Drucksache 20/2262 an den Haushaltsausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist das Überweisungsbegehren mit den Stimmen der CDU- und SPD-Fraktion abgelehnt.

Ich stelle fest, dass die Bürgerschaft von der Großen Anfrage Kenntnis genommen hat.

Wir kommen zu Punkt 58, Drucksache 20/3017, Interfraktioneller Antrag: St. Petersburg – Hamburgs Partnerstadt muss Menschenrechte achten.

[Interfraktioneller Antrag: St. Petersburg – Hamburgs Partnerstadt muss Menschenrechte achten – Drs 20/3017 –]

Wer wünscht das Wort? – Herr Kühn, Sie haben es.

(Kersten Artus)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Leider ist unser Interfraktioneller Antrag tagesaktueller, als es uns sicherlich bei diesem Thema lieb ist, denn vor wenigen Stunden hat parallel zu unserer Sitzung das Stadtparlament von St. Petersburg in zweiter Lesung den Gesetzantrag wiederum bestätigt, der ein Stück weit die Grundlage dafür bildet, warum wir heute dieses Thema interfraktionell zur Debatte angemeldet haben. Traurigerweise geht Russland – St. Petersburg als zweitgrößte Stadt der Russischen Föderation ist hier keine Ausnahme in den letzten Jahren, vor allem auch in den letzten Monaten – bei allen positiven Anzeichen aber doch in beängstigender Art und Weise und sehr fragwürdigen Schritten gegen diverse Minderheiten vor. Nicht nur, dass wir in Russland eine Diskussion über Ausländer haben, sondern wir haben dort beispielsweise auch eine Diskussion über sexuelle Minderheiten.

Mit dem vorliegenden Antrag wollen sich alle Fraktionen hier im Hause gemeinsam gegen einen Gesetzentwurf wenden, der eine ganz perfide Form angenommen hat, indem man nämlich beispielsweise Homosexualität mit Pädophilie gleichsetzen will. Das ist ein Unding, und die gesamte Hamburgische Bürgerschaft muss sich gegen ein solches Vorhaben aussprechen.

(Beifall bei der SPD, der GAL, der FDP, der LINKEN und vereinzelt bei der CDU)

Hier werden Dinge vermengt, die nicht zusammengehören, und es wird ein billiger Versuch unternommen, sexuelle Orientierung wieder zu stigmatisieren und vor allem – das ist das Entscheidende und dagegen muss sich dieses Haus entschieden wehren – sexuelle Identität zu kriminalisieren.

(Beifall bei der SPD, der GAL, der FDP, der LINKEN und vereinzelt bei der CDU)

Ohne Frage steht die Freie und Hansestadt Hamburg hier in einer besonderen Verantwortung, eben auch deshalb, weil St. Petersburg seit 1957 Partnerstadt von Hamburg ist. Insofern ist es besonders wichtig, dass wir heute als Hamburger Stadtparlament ein deutliches Zeichen gegen diese Art von Politik aussenden.

Ohne Frage ist es leider ein Stück weit Systematik autokratischer Systeme, dass sie versuchen, über Ausgrenzung und Stigmatisierung quasi ein Gemeinschaftsgefühl entstehen zu lassen, das natürlich ein trügerisches, falsches und rückwärtsgewandtes ist und das auf keinen Fall eines ist, das in eine moderne zukünftige Gesellschaft führen kann. Die Russische Föderation ist Mitglied im Europarat und sie hat sich mit dieser Mitgliedschaft im Europarat zu Grundsätzen bekannt. Diese Grundsätze einzufordern, sind unser gemeinsames Anliegen und unser gemeinsamer Auftrag. Dafür

möchte ich mich auch an dieser Stelle vorab bedanken.

(Beifall bei der SPD und bei Robert Bläsing FDP)

Worum handelt es sich nun aber konkret? Um es vielleicht einmal plastisch zu machen, es geht unter anderem darum, dass, wenn zum Beispiel ein schwuler Mann mit einer Regenbogenfahne durch Moskau oder St. Petersburg läuft, dies dann schon kriminalisiert werden kann und er dafür rechtlich belangt werden kann. Das ist eine Form von Bevormundung und da wird auch ein Gesellschaftsbild deutlich, das wir kritisieren müssen und gegen das wir uns stemmen müssen. Insofern bin ich wirklich sehr nachhaltig dankbar, dass es uns hoffentlich heute gelingt, mit den Stimmen aller Mitglieder dieses Hauses ein deutliches Zeichen dagegen zu setzen.

Ohne Frage – das lassen Sie mich bitte zum Schluss noch sagen – muss gegen Pädophilie mit aller Härte des Gesetzes, aber auch mit allen therapeutischen Möglichkeiten, die wir haben, vorgegangen werden. Natürlich hat hier niemand die Absicht, in irgendeiner Art und Weise Pädophilen und ihrer sexuellen Störung oder Krankheit, wie immer man es nennen will, Vorschub leisten zu wollen. Deshalb ist es umso wichtiger, hier noch einmal ganz klar darzulegen, dass Homosexualität in keiner Weise irgendetwas mit Pädophilie zu tun hat, und gegen diese unsittliche Gleichsetzung müssen wir uns wirklich entschieden wehren.

(Beifall bei der SPD, der FDP, der LINKEN und vereinzelt bei der CDU)

Insofern danke ich allen Fraktionen, dass wir es geschafft haben, gemeinsam hier mit einem Antrag heute in diese Debatte zu gehen.

Gestatten Sie mir zum Schluss noch den Hinweis, das möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich erwähnen, dass die Justizsenatorin sich bereits Anfang Dezember, als die erste Lesung in St. Petersburg stattgefunden hat, mit einem sehr eindringlichen und deutlichen Brief an die dortige Stadtregierung gewendet hat. Die Justizsenatorin kann heute nicht hier sein. Sie hätte sich gerne an der Debatte beteiligt, aber sie sitzt im Vermittlungsausschuss; auch das ist eine wichtige Aufgabe, das ist entschuldbar. Aber sie begrüßt es, wenn wir diesen Antrag interfraktionell so beschließen. In diesem Sinne herzlichen Dank, dass Sie hoffentlich alle dieses Anliegen teilen, und ich freue mich auf die noch folgenden Wortbeiträge meiner Kollegen. – Vielen Dank.

Das Wort hat Herr Heintze.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag

steht in einer sehr guten Tradition in diesem Hause. Wir haben uns immer auch als Bürgerschaft, und dabei haben wir uns nicht nur auf den Senat verlassen, mit unseren Partnerstädten intensiv auseinandergesetzt und einen konstruktiven Dialog geführt. Dieses beinhaltet auch – und das ist Dialog –, dass wir klar Stellung beziehen, wenn Entwicklungen in eine Richtung gehen, die mit unserem Grundverständnis und unserem Werteverständnis, die dieser Partnerschaft zugrunde liegen, nichts zu tun hat. Das tut der St. Petersburger Antrag in einer klaren und deutlichen Form, und die CDU-Fraktion kritisiert diesen ausdrücklich.

(Beifall bei der CDU)

Wir unterstützen den Senat, der gegenüber St. Petersburg bereits eindeutig Position bezogen und gesagt hat, dass das Vorgehen des Stadtparlaments bedenklich ist. Wir sollten nicht in die Details von Gesetzen einsteigen und diese gegenseitig in den jeweils anderen Parlamenten diskutieren, sondern wir sollten, wie es der Antrag auch zum Ausdruck bringt, verdeutlichen, dass es nicht sein kann, dass Intoleranz und Ausgrenzung aus populistischen Gründen – wir dürfen nicht vergessen, dass dort Wahlkampf ist – genutzt werden, um auf Kosten von Minderheiten Punkte im Wahlkampf zu machen. Dem stellen wir uns als Freie und Hansestadt Hamburg entgegen, egal wo dies auf der Welt passiert. Dieses Signal sollte von dem Antrag ausgehen.