Mein Vorredner hat darauf hingewiesen, dass wir seit 1957 eine sehr gute Städtepartnerschaft und einen regen Austausch mit St. Petersburg führen. In den Neunzigerjahren hat es in Russland entscheidende Fortschritte bei der Bewertung von Homosexualität und Bisexualität gegeben, und Russland hat als Staat gute Schritte für ein anderes Grund- und Werteverständnis getan, was für unsere Partnerschaft wichtig war. Umso schlimmer und erschreckender ist es, dass dieser Weg jetzt aufgrund kurzfristiger Wahlerfolge verlassen wird. Es fällt uns schwer, nichts dazu zu sagen, wie sich das Parlament in St. Petersburg – zumindest die große Mehrheit – verhält, sondern wir werden das klar artikulieren. In Freundschaften und Städtepartnerschaften muss es nicht immer harmonisch zugehen, sondern man muss auch klare Worte sprechen. Das tut die Bürgerschaft mit diesem Antrag. Ich bin mir sicher, dass das in St. Petersburg auch so ankommt. Es geht nicht an, dass Homosexualität, Bisexualität und Transgenderismus kriminalisiert werden und in einer Rhetorik, die menschenverachtend ist, auf Kosten einer Minderheit Wahlkampf gemacht wird. Dem müssen wir uns klar entgegenstellen; das tun wir mit diesem Antrag. Deswegen stimmt die CDU-Fraktion dem selbstverständlich zu.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich schließe mich meinen beiden Vorrednern an, dass das einstimmige Votum bezüglich des Gesetzentwurfs, der, wie Herr Kühn eben ausführte, tatsächlich heute in zweiter Lesung das Stadtparlament in St. Petersburg passiert hat, von uns geächtet und kritisiert wird. Wir stellen uns mit der ganzen Kraft dieses Hauses gegen eine solche Politik der Diskriminierung und der Aufhebung der Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit. Dieses Signal geht heute vom Parlament aus, und ich wünsche mir – das ist gleichzeitig ein Appell an die Präsidentin –, dass dieser Antrag übersetzt und der Duma, dem Stadtparlament in St. Petersburg, zugeleitet wird, damit diese Debatte und dieser Antrag nicht verpuffen und in der Parlamentsdatenbank abgeheftet werden, sondern dass wir damit der Debatte im Parlament in St. Petersburg – vor allem auch in Unterstützung der Zivilgesellschaft vor Ort – Nahrung geben und ein klares Zeichen setzen.
Uns hat nicht nur erreicht, wie Herr Kühn und Herr Heintze ausführten, dass der Entwurf heute vermutlich wahltaktischen Erwägungen folgend als Drohkulisse in zweiter Lesung das Parlament passiert hat, sondern dass der Vorsitzende des russischen Netzwerkes für Schwule, Lesben, Transgender und Bisexuelle nach wie vor in Haft ist, dass er nach den Protestaktionen in den vergangenen Wochen und Monaten inhaftiert wurde. Das sollte für uns ein Signal sein, die Städtepartnerschaft mit St. Petersburg wieder stärker politisch zu nutzen. Es ist auch Aufgabe für uns im Europaausschuss, der sich in der nächsten Sitzung mit der Fortschreibung des Memorandums beschäftigen wird, auf genau diese Aspekte hinzuwirken, dass keine Fortschreibung des Memorandums mit St. Petersburg zustande kommt, wenn dort nicht ausdrücklich die Achtung von Minderheitenrechten erwähnt wird.
Herr Kühn, Herr Heintze und ich gehen davon aus, dass sich auch die folgenden Rednerinnen und Redner dem anschließen werden, dass sich in den letzten Jahrzehnten eine lebendige Städtepartnerschaft entwickelt hat, aus der viele Freundschaften entstanden sind, aber dass es auch unsere Aufgabe ist, immer wieder Missstände und Diskriminierungen anzuprangern und schwierige politische Entwicklungen zu benennen. Das ist unsere Aufgabe als Parlamentarier, und deshalb hoffe ich,
dass in der Fortschreibung des Memorandums nicht nur Minderheitenrechte stärker fixiert werden, sondern dass es uns auch gelingt, alle Aspekte der Städtepartnerschaft auf unterschiedlichen Ebenen in Einbindung der zivilgesellschaftlichen Kräfte zu manifestieren. Da erhoffe ich mir natürlich die Unterstützung aller Fraktionen im Parlament, noch einmal ganz klar nach außen gerichtet gegen jede Form der Diskriminierung, Einschränkung der Meinungsfreiheit und Einschränkung der Versammlungsfreiheit Stellung zu beziehen, die ausgehend von dem Gesetzentwurf dort oppositionelle Kräfte und Minderheiten stark in ihren Rechten eingeschränkt hat. Wir zeigen heute mit einem starken, einstimmigen Signal, dass wir das ächten. Das sollte die Botschaft sein, die wir nach St. Petersburg senden, und nicht diesen Antrag hier im Parlament versanden lassen, sondern übersetzen und dem dortigen Präsidenten zukommen lassen, dass wir aufmerksam und wachsam die dortigen Entwicklungen zivilgesellschaftlicher wie menschenrechtlicher Art im Blick haben. – Danke schön.
Ich darf noch anfügen, dass uns mit St. Petersburg nicht nur eine Städtepartnerschaft verbindet, sondern auch eine Parlamentspartnerschaft mit der Gesetzgebenden Versammlung. Insofern ist es auch ein Gebot der Höflichkeit, unseren Beschluss, wenn er denn hier einstimmig erfolgen sollte, den Kolleginnen und Kollegen dort zur Kenntnis zu geben.
Sehr geehrte Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Es ist sehr begrüßenswert, dass sich die Fraktionen gemeinsam erklären und Position gegen eine solche rückwärtsgewandte und menschenverachtende Politik beziehen.
Durch die Umsetzung der Gesetzinitiative, die das Stadtparlament St. Petersburg heute in zweiter Lesung beschlossen hat, werden in eklatanter Weise Bürger- und Menschenrechte verletzt. Es ist schon schlimm genug, dass bereits in anderen russischen Regionen wie zum Beispiel Rjasan und Archangelsk unter dem Deckmantel des Jugendschutzes ähnliche Gesetze existieren, die lesbische, schwule, bi- und transsexuelle Menschen diskriminieren. Dass jetzt auch noch St. Petersburg, unsere Partnerstadt und eine Stadt, die in Russland die westliche Fahne eigentlich hochhält,
Ich bedanke mich für das Engagement der Hamburger schwulen und lesbischen Verbände, insbesondere Wolfgang Preußner, der in den letzten Wochen immer wieder aktiv den Austausch gesucht hat.
Meine Damen und Herren! Wir müssen nicht nur in unserer Freien und Hansestadt Hamburg, sondern auch gegenüber unseren Partnerstädten konsequent für Menschenrechte eintreten. Der Schutz der Menschrechte ist das Fundament der Freiheit und für die demokratische, wirtschaftliche sowie kulturelle Entwicklung eines Landes maßgeblich. Das Recht auf sexuelle Identität ist unverzichtbarer Bestandteil der universalen Menschenrechte. Es ist gut, dass bei diesem Thema zwischen allen Parteien Einigkeit herrscht. Mit dem Antrag wurde ein Konsens gefunden, um deutlich zu machen, dass die Hamburgische Bürgerschaft die Entwicklung in St. Petersburg mit tiefer Besorgnis beobachtet und zum Ausdruck bringt. Hoffen wir, dass unsere gemeinsame Erklärung ein spürbares Echo in St. Petersburg im Parlament und bei den Bürgern hervorruft.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen! Sie sollen nach dem Willen der Stadtregierung unsichtbar werden – keine Regenbogenflaggen, keine Demonstrationen, keine Paraden, keine Filme und Kulturtage mehr. Schwule, Lesben und Transpersonen müssen vermutlich bald drastische Strafen in Hamburgs Partnerstadt St. Petersburg zahlen, wenn sie ihre sexuelle Identität öffentlich machen und für die Vielfalt des Lebens werben. Dies soll mit einem völlig absurden Gesetz erreicht werden, das angeblich nur auf Minderjährige abzielt. Um Ihnen noch einmal deutlich zu machen, wie dieses Gesetz heißt, zitiere ich:
eine Verwaltungsübertretung darstellen. Der Präsident der Stadtversammlung, Wadim Tjulpanow, wird hierzu wie folgt zitiert:
Nachdem dieser Gesetzentwurf in erster Lesung Mitte November 2011 beschlossen wurde, hagelte es internationale Proteste. Der vorliegende interfraktionelle Antrag zeigt, dass wir ein derartiges Gesetz einmütig ablehnen. Es stellt, abgesehen von seiner lebensfremden Zielbestimmung und Scheinheiligkeit, einen klaren Verstoß selbst gegen russisches Recht dar und widerspricht der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.
In St. Petersburg sind drei Lesungen erforderlich, damit ein Gesetz in Kraft tritt, und deswegen müssen wir weitere Anstrengungen unternehmen. Angeblich ist die Höhe der Geldstrafen noch nicht abschließend geklärt, sodass es bislang zu dieser Verzögerung gekommen ist. Wir vermuten jedoch, dass die vielen internationalen Reaktionen, die es bislang gab, dies bewirkt haben. Vor allem aus Österreich sind erhebliche Proteste gekommen. Graz ist neben Hamburg und 19 weiteren Städten Partnerstadt von St. Petersburg, und es ist ein gutes Zeichen, dass international so vehement reagiert wurde.
Die Bundesrepublik Deutschland ist allerdings der wichtigste Außenhandelspartner der 4,5-MillionenStadt. Daher ist es dringend an der Zeit, dass sich die Hamburgische Bürgerschaft mit einer Erklärung befasst. Dass die Justiz- und Gleichstellungssenatorin dies bereits Ende November getan hat, begrüßt die Linksfraktion ausdrücklich.
Noch ein Wort zu St. Petersburg, eine Stadt der großen Gegensätze. Neben 120 Universitäten, geschätzten 340 000 Studierenden, etlichen Großunternehmen und bedeutenden wissenschaftlichen und kulturellen Einrichtungen sollen 16 000 Straßenkinder in der Stadt leben. 15 Prozent der Bevölkerung leben in Gemeinschaftswohnungen, in denen sich mehrere Familien eine Küche und ein Bad teilen und nur ein Zimmer zur Verfügung haben. Derartige soziale Probleme sind Sprengstoff. Insofern würde das neue Gesetz nach Ansicht der Linksfraktion auch dazu dienen, diese Probleme mit dem Schüren von Intoleranz und der Ausgren
Ich bedanke mich ebenfalls bei allen gleichstellungspolitischen Sprecherinnen und Sprechern in der Bürgerschaft, dass dieser Antrag noch ermöglicht wurde, und hoffe, wir können in Zukunft noch etwas schneller und flexibler reagieren, wenn unsere Stimme gefragt ist. Ich bin sogar dafür, dass nicht nur unser Schreiben übersetzt wird, sondern auch unsere Reden, weil in unseren Beiträgen sehr viel deutlicher zum Ausdruck gekommen ist, was so in dem Antrag, der sehr diplomatisch formuliert ist, nicht steht. – Vielen Dank.
Wer möchte dem interfraktionellen Antrag aus Drucksache 20/3017 seine Zustimmung geben? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist dann einstimmig so beschlossen worden.
Wir kommen zu Punkt 38, Bericht des Innenausschusses: Gewalttätige Ausschreitungen am Rande des Schweinske-Cups 2012.
[Bericht des Innenausschusses zum Thema: Gewalttätige Ausschreitung am Rande des Schweinske-Cups 2012 (Selbstbefassungsan- gelegenheit) – Drs 20/3019 –]