Protocol of the Session on January 25, 2012

trachtung zweifelhaft, sie ist international ein Auslaufmodell,

(Anja Hajduk GAL: Das ist aber eine kesse Behauptung!)

und sie trifft in Wahrheit die Falschen.

(Beifall bei der FDP und bei Karin Prien CDU)

Die Erhebung der Vermögensteuer trifft die Falschen, weil sie unter den Bedingungen der Globalisierung gerade nicht die Bezieher hoher oder sehr hoher Einkommen trifft, sondern typischerweise inhabergeführte mittelständische Unternehmen, wie sie die Hamburger Wirtschaft in besonderer Weise prägen, nämlich diejenigen, die über Betriebs- und Grundvermögen verfügen. Die Einführung einer Vermögensteuer nützt Hamburg also nichts, sondern sie schadet Hamburg. Daher, werte sozialdemokratische Kollegen, folgen Sie den Erkenntnissen von Frank-Walter Steinmeier, Peer Steinbrück und Helmut Schmidt: Finger weg von der Einführung der Vermögensteuer.

(Beifall bei der FDP)

Zum Zusatzantrag der SPD. Wir finden diesen bemerkenswert, weil er sich im ersten Petitum nur dann gegen Steuersenkungen ausspricht, wenn keine vollständige Kompensation für Länder und Gemeinden erfolgt. Im Umkehrschluss bedeutet das also, findet eine solche Kompensation statt, dann haben wir die Sozialdemokraten bei Steuersenkungen an unserer Seite. Das wäre zwar ein ganz neuer Ansatz, aber durchaus ein Schritt in die richtige Richtung,

(Dora Heyenn DIE LINKE: Mein Gott!)

und sie wären dann auch sofort zu gemeinsamen Steuersenkungsinitiativen eingeladen,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Bei der Kompen- sation enttäuschen Sie uns immer ein bisschen!)

denn, wie Sie der zweiten Senatsdrucksache, die wir debattieren, selbst entnehmen können, hat der Bund beim Steuervereinfachungsgesetz 2011 sämtliche Steuermindereinnahmen übernommen. Da wir aber befürchten, meine Kollegen, dass Sie etwas ganz anderes gemeint und nur schlampig formuliert haben, werden wir Ihren Antrag vorsorglich besser ablehnen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat Herr Hackbusch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Jetzt wäre eine gute Gelegenheit, die Diskussion über die Betriebsprü

(Dr. Thomas-Sönke Kluth)

fer, die Vermögensteuer und Herrn Ohlsen, die wir vor einem halben Jahr schon einmal gehabt haben, noch einmal zu wiederholen. Das will ich nicht tun, denn wir werden das überweisen und diese Fragen dort noch einmal genauer diskutieren. Stattdessen möchte ich den Aspekt, den Herr Petersen aufgeworfen hat, noch einmal verstärken und sagen, warum diese Debatte so bedeutend ist. Die Überschrift des SPD-Antrags lautet, nicht ganz ungewichtig: "Handlungsfähigkeit der Stadt erhalten". Das ist richtig. Die Einnahmesituation der Stadt ist für uns alle, die hier sitzen, und für alle, die in dieser Stadt leben, die entscheidende Frage nicht nur des nächsten Jahres, sondern des nächsten Jahrzehnts. Jeder wird in seinem politischen Bereich merken, welche Auswirkungen das hat. Das wird weniger in den Anträgen spürbar, die jetzt diskutiert worden sind, sondern mehr in dem, was der Rechnungshof uns vorgelegt hat und was wir mit der heutigen Sitzung an den Haushaltsausschuss überweisen werden. Ich will kurz drei Schlagworte nennen, damit das jedem klar wird.

Der Rechnungshof hat gesagt, dass die Berechnung des SPD-Senats, dass 250 Stellen im Jahr abzubauen wären, eine Milchmädchenrechnung sei, und dass nach den Berechnungen, die der Rechnungshof überprüft hat, in jedem Jahr fast 950 Stellen abzubauen sind. Diese Republik und diese Stadt würden dann nicht wiederzuerkennen sein. Schon gegenwärtig haben wir in den Verwaltungen eine Situation, wie ich sie im PUA Elbphilharmonie fast jede Woche schmerzhaft erleben muss, wo schon nicht mehr richtig überprüft werden konnte, wie Baumaßnahmen geplant worden sind, und dann wollen wir jedes Jahr 1000 Stellen abbauen. Das ist das Erste, was nicht geht.

(Beifall bei der LINKEN)

Zweitens hat der Rechnungshof völlig richtig dargestellt, dass in den letzten Jahrzehnten die Infrastruktur dieser Stadt so marode geworden ist, dass sie nur sehr teuer wiederherzustellen ist. Wir haben eine besonders dramatische Situation. Es zeigen sich hohe Kosten, weil Straßen, wenn man sie eine Zeit lang vergammeln lässt, wie wir das in dieser Stadt haben geschehen lassen, dann in der Reparatur um etliches mehr kosten, als wenn man das sofort macht. Das ist seit Jahrzehnten geschehen. Ich will keinen parteipolitischen Hickhack darüber, wer wie dafür verantwortlich ist, aber das ist der gegenwärtige Stand. Der Rechnungshof hat dargestellt, wie viele Milliarden Euro absolut notwendig sind, um das wieder zu verbessern. Das heißt, diese Summen sind zusätzlich aufzubringen.

Einen dritten Punkt hat der Rechnungshof leider etwas vernachlässigt. Ich bitte alle, die sich in dieser Stadt auskennen, das stärker zu berücksichtigen, was ich die soziale und kulturelle Infrastruktur nennen würde. Die Schäden in einer sozialen und kulturellen Infrastruktur sind genauso gravierend

wie die bei Baumängeln. Man kann sie nicht so schön ausrechnen und präsentieren, aber sie sind genauso hart.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Gladiator zum Beispiel in Bergedorf oder Frau Dobusch im Kulturbereich wissen, welche infrastrukturellen Probleme gegenwärtig schon im sozialen und kulturellen Bereich existieren, wie wenig dort besetzt worden ist, welche Mangelsituation wir dort haben. Wenn wir dort noch weiter abbauen, dann wird diese Stadt nicht wiederzuerkennen sein.

Meine Damen und Herren! Das zeigt, dass der Plan, den dieser Senat vorgelegt hat, eine völlig veränderte Stadt mit sich bringt. Das wird der Streit sein, den wir in den nächsten zehn Jahren in dieser Stadt haben. Dieser Streit wird uns in einer Art und Weise beschäftigen, wie wir uns das gegenwärtig noch gar nicht vorstellen können. Nur mit Einnahmeverbesserungen können wir diese Stadt weiterentwickeln, alles andere wäre fahrlässig.

(Beifall bei der LINKEN)

Bei aller Freude über seinen kurzen Beitrag hat Herr Petersen einen Bericht in der "Welt" gemacht, bei dem ich mich ein bisschen über die Formulierung geärgert habe. Er hat dort gesagt, dass wir die Einnahmesituation verbessern müssen, völlig richtig, aber er hat dann auch diese allgemeinen Klischees benutzt – ich zitiere –:

"Tabus können wir uns nicht mehr leisten."

Ich weiß nicht, welche Tabus es bisher gab.

"Jede Ausgabe muss hinterfragt werden dürfen."

Ich frage CDU und SPD, welche Ausgabe sie in der letzten Zeit nicht hinterfragt haben.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Die LINKE hat da noch nie was hinterfragt!)

"Lieb gewordene Gewohnheiten […]"

müssen wir aufgeben. Das hört sich ein bisschen so an, als wäre es nicht schlimm, wenn wir das aufgeben. Das, was ich dargestellt habe, sind bereits völlig andere Situationen.

"Auf Besitzstände und Ähnliches […]"

muss verzichtet werden. Das ist für viele Beschäftigte in dieser Stadt mit dem letzten Weihnachtsgeld bereits geschehen.

Meine Damen und Herren! Das sind weichgespülte Formulierungen für den Kampf, der auf uns zukommt. Das ist nicht adäquat und keine richtige Vorbereitung auf das, was kommen soll.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Andreas Dres- sel SPD: Was ist denn Ihr Beitrag?)

Alle, die hier sitzen, können leicht erfahren, dass wir keinesfalls vor einer neuen Kürzungsdebatte stehen. Schon damals, ich zum ersten Mal in die Bürgerschaft gewählt worden bin – das sind etliche Jahrzehnte her –,

(Wolfgang Rose SPD: Welche Partei war das?)

hatten wir einen Sparkurs und Kürzungsdebatten. Das ist nicht das erste Mal, wir gucken uns so etwas seit Langem an. Dementsprechend ist es ein bisschen beschämend, jetzt zu sagen, dass wir das neu überlegen müssen; das muss nicht so sein. Das, was auf uns zukommen kann, ist eigentlich in seiner Substanz schon so klein, wie es kleiner nicht gemacht werden kann. Deswegen geht es mir um eine Verbesserung der Einnahmesituation, und ich ärgere mich darüber, dass diese so schwach dargestellt wird. Eine Änderung der Vermögensteuer – ich will die Debatte jetzt nicht führen – und auch der Kapitalertragsteuer wurden richtig aufgeführt, allerdings nicht in der Debatte, und auch die Erhöhung der Spitzensteuersätze ist notwendig. Ich fordere vor allen Dingen von der SPD und den Grünen, die wahrscheinlich die nächste Bundesregierung stellen werden,

(Beifall bei der SPD und der GAL)

diese Frage klar und deutlich zu definieren. Wir müssen andere Einnahmen im Bundesbereich haben, sodass die Kommunen und Länder finanziell besser ausgestattet werden. Das haben Sie unter einem Basta-Präsidenten schon einmal versprochen bekommen und nicht eingehalten.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich habe nicht alles sagen können, aber es wird schwer.

(Beifall bei der LINKEN – Vizepräsidentin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.)

Das Wort bekommt Senator Dr. Tschentscher.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Ersuchen der Bürgerschaft berühren Punkte, die alle unter der Überschrift Haushaltskonsolidierung stehen. Ich möchte nicht wiederholen, was wir in den Drucksachen aufgeschrieben haben, darf Ihnen aber über den Inhalt der Drucksachen hinaus noch einige persönliche Einschätzungen zur Diskussion anbieten, erstens zu den finanziellen Belastungen der Länder durch Maßnahmen des Bundes. Alle Finanzministerinnen und Finanzminister der Länder, von welcher Partei sie auch immer kommen – CDU/CSU, SPD, die grüne Senatorin in Bremen, der Finanzminister der LINKEN in Brandenburg –, waren sich auf der Jahresfinanzministerkonferenz in Hamburg im letzten Jahr einig. Es

muss damit Schluss sein, dass die Länder die Rechnungen für Beschlüsse der Bundesregierung zahlen.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben das etwas diplomatischer formuliert, aber uns steckt doch noch das sogenannte Wachstumsbeschleunigungsgesetz von 2009 in den Knochen. Zwei Tage vor Weihnachten beschließt die Bundesregierung etwas und schon hat Hamburg 600 Millionen Euro weniger in der Finanzplanung. Das muss ein Ende haben, und solche Vorhaben werden ab sofort spätestens an der Mehrheit der SPD-geführten Bundesländer im Bundesrat scheitern.

(Beifall bei der SPD)