Protocol of the Session on November 22, 2011

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Entgegen Ihrem Vorschlag, sehr geehrter Herr Müller, ist mein Beitrag keine Konsolidierungsmaßnahme des Senats. Ich bedanke mich zwar für das außerordentliche Vertrauen, dass Sie mir zutrauen, auch den Bereich Gleichstellung und Justiz in den Griff zu bekommen, aber der Grund für meine Rede ist die Tatsache, dass Senatorin Schiedek im Vermittlungsausschuss zwischen Bundesrat und Bundestag die Hamburger Interessen vertritt. Eine Verlegung der Debatte war aufgrund der Absprachen der Fraktionen nicht möglich, was ich nicht bedauere, denn es ist selten, dass man als Innensenator etwas zur Justiz und zu dem wichtigen Thema Gleichstellung sagen darf.

Mit dem vorliegenden Haushaltsplan-Entwurf schlägt der Senat in den Bereichen Justiz und Gleichstellung erste Pflöcke für eine solide und solidarische Entwicklung unserer Stadt ein. Dazu gehören auch eine vernünftige und verlässliche Finanzierung der Vorhaben und die von Ihnen angemahnte Klarheit.

Eine wichtige Korrektur gegenüber den schwarzgrünen Planungen aus dem vergangenen Jahr ist die vom gesamten Senat gemeinsam geschulterte Rücknahme der sogenannten globalen Minderausgaben für das Justiz- und Gleichstellungsressort. Das mag zwar sehr technisch klingen, ist aber von großer praktischer Bedeutung, denn der abgewählte schwarz-grüne Senat hatte im Entwurf für den Einzelplan 2 eine Reihe von Luftbuchungen in Höhe von fast 8 Millionen Euro für die Jahre 2011 und 2012 untergebracht. Diese Einsparungen sahen auf dem Papier vielleicht nett aus, hatten aber mit der Realität nichts zu tun. Dazu gehören auch wolkige Bundesratsinitiativen, die von vorneherein aussichtslos waren und daher vom Vorgängersenat nicht einmal in den Bundesrat eingebracht wurden. Dazu gehören blumige Kooperationsvorhaben mit den norddeutschen Ländern, die unabhängig von der fachlichen Bewertung weder konkretisiert wurden noch in den Jahren 2011 oder 2012 irgendeine Chance auf Realisierung hatten.

(Dirk Kienscherf SPD: Schlimm!)

Mit der Streichung dieser nur scheinbaren Einsparungen sorgen wir im Einzelplan 2 für tatsächliche Klarheit über Ein- und Ausgaben und geben Ihnen als Bürgerschaftsabgeordnete, als diejenigen, die uns ermächtigen, eine belastbare und reelle Entscheidungsgrundlage.

(Beifall bei der SPD)

Das gilt ebenso für eine wichtige inhaltliche Weichenstellung der letzten Wochen. Mit der Richtungsentscheidung zur Neustrukturierung des Strafvollzugs ging es der Senatorin für Justiz und Gleichstellung, Frau Schiedek, um eine Lösung, die vollzugsfachliche Anforderungen erfüllt und zugleich finanziell machbar ist. Diesem Anspruch wird das vorgestellte Konzept mehr als gerecht. Wir werden nun einen sicheren und modernen Strafvollzug bekommen. Wir sparen dabei dauerhaft Personal- und Betriebskosten und bauen unnötige Haftplätze ab. Der offene Vollzug in der JVA Glasmoor wird modernisiert und ausgebaut. Der geschlossene Frauenvollzug wird von der JVA Hahnöfersand in die Vollzugsanstalt Billwerder verlegt. Damit bauen wir 95 Haftplätze in Hahnöfersand ab und lasten gleichzeitig Billwerder endlich besser aus.

(Beifall bei der SPD)

Schließlich wird das nicht mehr benötigte Gelände des Hauses I der Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel mit 300 Haftplätzen endgültig stillgelegt. Damit haben der Bezirk Hamburg-Nord und die zuständigen Behörden die Möglichkeit, an dieser Stelle den so dringend notwendigen Wohnungsbau für Hamburg zu prüfen, denn wir benötigen weitere Flächen. Damit leistet auch die Justizbehörde ihren Beitrag, um unser gemeinsames Ziel des Wohnungsbaus zu erreichen.

(Beifall bei der SPD)

Die finanziellen Auswirkungen dieser Maßnahmen werden wir im Rahmen einer eigenen Mitteilung an die Bürgerschaft konkretisieren, wie es Frau Schneider gefordert hat, und bis dahin sind die im Haushalt eingeplanten Mittel auf die Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses hin gesperrt. Das ist ausdrücklich gut und richtig so. Anders als der schwarz-grüne Senat fordern wir Ihnen keinen Blankoscheck ab und schlagen Ihnen auch keine Lösungen vor, weil von vorneherein klar ist, dass die veranschlagten Mittel nicht ausreichen werden. Das ist das Gegenteil von gutem Regieren gewesen, deswegen machen wir es anders, wir machen es schlichtweg besser.

(Beifall bei der SPD)

Die von Frau Senatorin Schiedek gewählte Lösung hat einen weiteren Vorteil. Am Standort Fuhlsbüttel können Strafvollzug, Sicherungsverwahrung und Sozialtherapie eng zusammenarbeiten; dieser Ansatz entspricht den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur zukünftigen Ausgestaltung der Sicherungsverwahrung. Was die baulichen und organisatorischen Rahmenbedingungen angeht, ist Hamburg damit bereits ordentlich aufgestellt. Anders als andere Bundesländer müssen wir nicht über Investitionen für eine neue Anstalt nachdenken. Die Anforderungen an die künftige therapeutische und personelle Ausstattung des Vollzugs der

(Christiane Schneider)

Sicherungsverwahrung hängen dagegen von den konkreten gesetzlichen Vorgaben des Bundes und den Ergebnissen der eingesetzten Arbeitsgemeinschaft ab. Hamburg wird sich – und tut es bereits – konstruktiv an den entsprechenden Arbeitsgemeinschaften, der Arbeitsgemeinschaft des Strafvollzugsausschusses der Länder beteiligen. Ziel ist dabei aus hamburgischer Sicht ein bundesweit einheitlicher Standard, der den Sicherheitsbedürfnissen der Menschen in unserer Stadt Rechnung trägt. Diesen Standard, gleich, wie er am Ende aussehen mag, wird es nicht kostenlos geben. Deshalb werden wir auch konkretisieren, welche Personalbedarfe damit verbunden sind. Das lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehen, da zum einen die Arbeitsgruppe ihre Arbeit noch nicht abgeschlossen hat und zum anderen der Bundesgesetzgeber, wie leider auch in anderen Bereichen der Gesetzgebung, aufgrund innerkoalitionärer Streitigkeiten zu keinem Ergebnis gekommen ist. Die zu erwartenden Mehrkosten werden allerdings auch nicht vor dem Jahre 2013 zum Tragen kommen, weil die dafür maßgeblichen gesetzlichen Rahmenbedingungen vorher nicht feststehen werden. Dieses Thema wird uns deshalb gewiss bei den nächsten Haushaltsberatungen beschäftigen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich noch auf einige Ihrer Forderungen und Anträge aus der Bürgerschaft eingehen. Für die von der CDU geforderte Aufwertung der Tätigkeit der Gerichtsvollzieher besteht derzeit kein Anlass. Eine Fachhochschulausbildung ist für die Tätigkeit der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher nach Einschätzung aller – ich betone, aller – Landesjustizverwaltungen nicht erforderlich. Auch in dem von Ihnen sehr geschätzten Bayern ist das entsprechende Eingangsamt weiter der Besoldungsgruppe A8 zugeordnet. Wir haben in Hamburg sehr gut ausgebildete Gerichtsvollzieherinnen und -vollzieher, die bereits jetzt über die notwendigen Qualifikationen für ihre Arbeit verfügen. Ob die im Jahr 2013 hinzukommenden Aufgaben zu einer Neubewertung des Dienstpostens führen, kann erst dann und nicht bereits im Vorfeld entschieden werden.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben heute die Grundsatzdebatte – zumindest die Versuche der Grundsatzdebatte – verfolgt. Der Deckungsvorschlag, den die Kollegen der CDU vortragen, trägt nicht. Man kann nicht intensive Mittel zur Finanzierung dauerhafter Ausgaben heranziehen. das sollten Sie, nachdem Sie das in der Vergangenheit immer der Opposition vorgehalten haben, jetzt selbst als Maßstab nehmen.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie diese Mehrausgaben aus dem Justizhaushalt finanzieren wollen, müssten Sie dafür bereit sein, sechs Richterstellen zu streichen. Das

kann nicht das Ziel der CDU sein, unser Ziel ist es gewiss nicht.

(Beifall bei der SPD)

Die GAL muss sich um die gleichgeschlechtliche Jugendarbeit keine Sorgen machen müssen. Wir brauchen aus unserer Sicht weder eine neue Einrichtung noch eine einseitige Förderung der schwulen Jugendarbeit. Das Geld muss effizient und klug in bereits bestehende funktionierende Strukturen eingesetzt werden, um ein Angebot an sämtliche lesbische, schwule, bisexuelle und Trans-Jugendliche zu machen. So können wir das Geld nicht nur vielfältiger, sondern auch besser und vor allen Dingen sinnvoller einsetzen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Wir müssen in Erinnerung rufen, dass wir am Anfang der Legislaturperiode stehen. Anders, als Frau Kaesbach es suggerieren wollte, hatten wir keine acht oder neun Monate Zeit, diesen Haushaltsplan-Entwurf zu überarbeiten. Wir haben ihn bereits im Mai beschlossen, damit das Gesetzgebungsverfahren der Bürgerschaft eingeleitet werden konnte. Wir haben den Haushaltsplan-Entwurf im Frühjahr sehr schnell nach dem Regierungswechsel vorgelegt. Es ist also nicht verwunderlich, dass sich viele unserer Vorhaben für die nächsten Jahre in diesem Haushaltsplan-Entwurf noch nicht wiederfinden. Natürlich können und werden wir erst nach Abschluss der Planungen sagen, welche finanziellen Folgen damit verbunden sind. Dazu gehören zum Beispiel die Umsetzung der Empfehlungen der Fachkommission Resozialisierung und das gleichstellungspolitische Rahmenprogramm, das die Behörde für Justiz und Gleichstellung im kommenden Jahr, also in wenigen Monaten, vorlegen wird. An diesen und weiteren wichtigen justizund gleichstellungspolitischen Vorhaben arbeitet die Behörde für Justiz und Gleichstellung unter der Leitung meiner Kollegin Frau Schiedek sehr intensiv. Vage Projektmittel, wie sie die FDP vermutet, finden Sie im Einzelplan 2 nicht. Insofern geht der Antrag, sie zu sperren, ins Leere, es gibt solche Ansätze überhaupt nicht. Sobald wir wissen, welche finanziellen Folgen mit den Vorhaben verbunden sind, werden wir selbstverständlich konkrete Haushaltsanträge an die Bürgerschaft stellen und entsprechende Deckungsvorschläge machen, denn so funktioniert "pay as you go". Mit uns bekommen Sie auch in der Haushalts- und Finanzpolitik Klarheit, Vernunft und Verlässlichkeit. Das gilt gerade für den Bereich der Justiz und Gleichstellungspolitik. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Frau Spethmann für zweieinhalb Minuten.

(Senator Michael Neumann)

– Es ist nicht mehr viel übrig geblieben.

(Dirk Kienscherf SPD: Dabei haben Sie so wenig Inhaltliches gesagt!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Senator Neumann, Sie können gern die anderen Haushalte in ähnlicher Textbausteinweise vortragen, das würde genauso klingen; es ist ganz nett und wir würden uns das gern anhören.

(Beifall bei der CDU)

Ihren Vortrag zu den Gerichtsvollziehern werden wir beim nächsten Haushalt mit Spannung verfolgen. Wenn Sie in diesem Jahr nicht zustimmen wollen, aber tatsächlich einen Aufgabenzuwachs sehen, dann wollen wir prüfen, ob Sie etwas Gutes für die Gerichtsvollzieher tun können. Wir werden Sie an Ihren Vorgaben messen.

Zum Wohnungsbau in der Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Nicht nur in der Justizvollzugsanstalt!)

Auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel.

Wir werden in zehn, 15 Jahren wahrscheinlich keine einzige Wohnung dort feststellen können. Dort sind archäologische Stätten gefunden worden; mit Sicherheit wird erst einmal gegraben werden und keine einzige Wohnung entstehen. Auf den Denkmalschutz ist in all den bisherigen Überlegungen nicht eingegangen worden. Wir werden Sie auch hier an Ihren Vorgaben messen.

(Andy Grote SPD: Ein bisschen mehr Opti- mismus!)

Sie schieben das Thema Sicherungsverwahrung immer wieder auf die Bundesregierung. Herr Neumann, das Thema schwappt Ihnen auf die Füße. In den nächsten Tagen werden wieder zwei Sicherungsverwahrte entlassen. Diese beiden sind nicht kooperativ. Dieses Problem erben Sie und die Polizei, die diese beiden Männer in Manndeckung in Beschlag nehmen muss. Wir brauchen ein Konzept, und zwar kein juristisches Konzept, wie wir mit der Bundesebene umgehen. Meine Aufforderung an Sie ist – deshalb bin ich froh, dass Sie heute geredet haben –, erarbeiten Sie ein Konzept im Bereich der Sicherungsverwahrung, denn was machen wir mit den entlassenen Strafgefangenen, den Sicherungsverwahrten, die frei herumlaufen? – Danke.

(Beifall bei der CDU und bei Martina Kaes- bach FDP Präsidentin Carola Veit: Das Wort hat nun Frau Steppat. Sabine Steppat SPD: Sehr geehrte Frau Präsi- dentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn möchte ich meiner Freude darüber Ausdruck ver- leihen, dass am internationalen Tag der Gewalt ge- gen Frauen erstmals am Hamburger Rathaus die Flagge "Frei leben ohne Gewalt" von Terres des Femmes wehen wird. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und ver- einzelt bei der GAL)

Sie wird auch an anderen Stellen der Stadt, etwa auf dem Dach der Behörde für Justiz und Gleichstellung, am Eimsbütteler Bezirksamt oder am Altonaer Rathaus zu sehen sein. Damit wird das Thema Gewalt gegen Mädchen und Frauen in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Leider ist das nach wie vor notwendig und daher ist es wichtig, dass dieser Senat einen Landesaktionsplan zur Gewalt gegen Frauen entwickelt und umsetzt. Dazu zählt auch die Weiterentwicklung und verlässliche Finanzierung der Hamburger Frauenhäuser; hierzu haben wir bereits im August einen Antrag eingebracht und beschlossen.

(Beifall bei der SPD)

Die Einrichtung des Sonderdezernats Beziehungsgewalt Anfang dieses Jahres und überfällige Reformen des Polizeirechts mit dem neu aufgenommenen Kontakt- und Näherungsverbot zeigen erste Erfolge.

(Beifall bei der SPD)

Der Kampf gegen Gewalt ist ein wichtiger Aspekt. Weitere Arbeitsvorhaben der Frauen- und Gleichstellungspolitik sind benannt und werden auf den Weg gebracht. SPD-Bürgerschaftsfraktion und Senat sind sich einig, dass das Thema Gleichstellung von Männern und Frauen in dieser Legislaturperiode zu einem gesellschaftlichen Reformprojekt gemacht wird.

(Beifall bei der SPD)

Die zentrale Aufgabe wird die Erarbeitung und Umsetzung eines gleichstellungspolitischen Rahmenprogramms sein. Das Thema Geschlechtergerechtigkeit werden wir in allen Bereichen und Politikfeldern voranbringen und strukturelle Benachteiligungen von Frauen und Mädchen beseitigen. Dies betrifft die Chancengleichheit in der Arbeitswelt und im Bildungsbereich, im Gesundheits- und Sozialsektor, die Einbeziehung der Bedürfnisse von Seniorinnen, Migrantinnen oder behinderten Frauen.

(Glocke)

Meine Damen und Herren! Sie werden lauter als Frau Steppat. Wenn Sie umfänglicher untereinander diskutieren wollen, machen Sie das bitte draußen.

Dies betrifft aber auch, wie bereits angesprochen, den Schutz von Mädchen und Frauen vor Gewalt. Erste Schritte zur Erarbeitung des Rahmenprogramms sind bereits eingeleitet. Es ist unsere Absicht, das Programm in einem breiten Beteiligungsprozess mit vielen Akteurinnen und Akteuren zu erarbeiten. Auf behördlicher Ebene haben wir bereits die entsprechenden Schritte eingeleitet. Das Thema Gleichstellung ist endlich auch wieder in einem Behördennamen sichtbar. Wir haben in der Fachbehörde mit der Abteilung Gleichstellung Zuständigkeiten geschaffen, die sich ganz des Themas Geschlechtergerechtigkeit widmen. Gleichstellung wird in Hamburg wieder ernst genommen.