Protocol of the Session on November 9, 2011

Die FDP stellt in dem Antrag fest, dass sie mit dem Status quo – mit dem sie bisher gar nichts zu tun hatte, weder im Guten noch im Schlechten – unzufrieden ist. Und wohin soll die Reise gehen? In Richtung Bremen und Berlin, zwei SPD-regierte Länder, und das lässt hoffen. Beide Länder haben, wie Sie richtig gesagt haben, Informationsfreiheitsgesetze entwickelt, die in Richtung eines Informationsveröffentlichungsgesetzes gehen, das heißt, dass öffentliche Informationen über Organisations-, Geschäftsverteilungspläne, Verwaltungsvorschriften und so weiter einer Veröffentlichungspflicht unterliegen. Diesem Ansinnen stehen wir grundsätzlich positiv gegenüber. Wir als SPD halten Transparenz in der Verwaltung sowieso für ein hohes Gut,

(Finn-Ole Ritter FDP: Interessant!)

(Finn-Ole Ritter)

was wir mit der Fortführung des PUA Elbphilharmonie ständig unter Beweis stellen.

(Beifall bei der SPD)

Allerdings, und deswegen plädieren wir für eine Überweisung des Antrags an den Justizausschuss, sind gegebenenfalls mehr Punkte prüf- und regelungsbedürftig, als Sie in Ihrem Antrag fordern. Ein Beispiel: In Ihrem letzten Beitrag, Herr Kollege Ritter, haben Sie noch die unbeschränkte Veröffentlichung von Verträgen der Freien und Hansestadt Hamburg mit privatwirtschaftlichen Unternehmen gefordert, in Ihrem Antrag vom selben Tag wiederum – ich nehme an, nach der Aktuellen Stunde – ist davon bereits keine Rede mehr. Man fragt sich, was nun gilt.

(Finn-Ole Ritter FDP: Das haben Sie falsch verstanden! Jetzt haben wir einen Antrag eingereicht!)

Gut, wir werden das im Unterausschuss diskutieren.

Bei diesem und anderen kritischen Punkten, etwa der Frage des Rechtsschutzes, ist es unseres Erachtens des Schweißes der Edlen wert, dass wir uns in dem dafür zuständigen Fachausschuss damit befassen. Herr Kollege Ritter, Sie können kritisieren, dass der Unterausschuss Datenschutz noch nicht eingerichtet ist, aber Voraussetzung dafür, dass Ihr Antrag an den Unterausschuss Datenschutz geht, ist doch erst einmal, dass er an den Justizausschuss geht. Das machen wir heute, früher hätten wir das gar nicht machen können.

(Finn-Ole Ritter FDP: Tätigkeitsbericht auch!)

Erwecken Sie hier nicht den Eindruck, wir würden etwas verzögern, was in der Sache überhaupt nicht zutrifft.

(Finn-Ole Ritter FDP: Das ist so!)

Zu guter Letzt weise ich Sie noch darauf hin – auch die Kollegin Schneider meinte, wir müssten dringend den Bericht des Datenschutzbeauftragten diskutieren –, dass wir diese Gelegenheit auch dazu nutzen sollten, den Informationsfreiheitsbericht, der demnächst vom Hamburgischen Datenschutzbeauftragten vorgestellt wird, mitzudiskutieren. Insofern macht es doppelt Sinn, wenn wir das noch abwarten, um die Erkenntnisse und Informationen des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit in die Debatte einzubeziehen. Was spricht denn dagegen? Es ist doch seine Aufgabe, uns mit diesen Informationen und Erkenntnissen zu versorgen.

Ich kann verstehen, dass die FDP, weil sie sich vielleicht im Themenwettstreit mit der Piratenpartei befindet oder weil sie auf ihre Umfragewerte schaut, meint, es sei vielleicht hilfreich, sich an ei

ne Volksinitiative zu hängen, und hier ganz eilig vorgehen will.

(Finn-Ole Ritter FDP: Können Sie sich mal auf das Thema konzentrieren!)

Ich konzentriere mich die ganze Zeit darauf.

Wir sollten eher schauen, dass wir ein vernünftiges Gesetz gründlich beraten. Wir Sozialdemokraten stehen dem offen gegenüber und stimmen deswegen einer Überweisung an den zuständigen Justizausschuss zu. Und ich bin zuversichtlich, dass wir das dann von dort aus an den bald einzuberufenden Unterausschuss Datenschutz weiterleiten werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Frau Spethmann.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Tabbert, es wäre schön, wenn dieser Unterausschuss tatsächlich tagen würde. Ich möchte den werten Kollegen nur erläutern, dass es inzwischen schon sieben oder acht Tagesordnungspunkte für diesen Unterausschuss gibt,

(Jan Quast SPD: Dann lohnt sich das ja!)

weil die SPD erst einmal monatelang darüber verhandelt hat, wie viele Mitglieder dieser weltbewegende Unterausschuss Datenschutz bekommen soll. Es muss halt unbedingt das Mehrheitsverhältnis in diesem Arbeitsausschuss abgebildet werden – das zu dem Thema, Hamburg will gut regiert werden.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf von Andy Grote SPD)

Herr Tabbert, ich hoffe, dass Sie sich in der ersten Ausschusssitzung nicht übernehmen angesichts der vielen Themen, die sich da angesammelt haben, und dass Sie das ein bisschen strukturiert bekommen.

Ich bin etwas verwirrt darüber, was die FDP eigentlich mit ihrem Antrag bezweckt. Was für eine Partei sind Sie eigentlich? Sind Sie eine wirtschaftsfreundliche Partei? Sind Sie eine Bürgerrechtspartei?

(Dr. Thomas-Sönke Kluth FDP: Beides, Frau Spethmann! Wir sind eine Bürgerrechtspar- tei!)

Herr Tabbert hat das eben angesprochen: Wollen Sie den Piraten Konkurrenz machen?

Dieser Antrag ist ein bisschen verwirrend und es würde uns allen sehr helfen, wenn Sie im Ausschuss deutlich machen würden, wofür Sie stehen, denn hier laufen durchaus zwei Interessen gegeneinander. Tatsächlich vertritt die Bürgerinitiative

(Urs Tabbert)

andere Ansätze als Ihr Antrag. Sie haben beim letzten Mal in der Aktuellen Stunde die Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen propagiert.

(Finn-Ole Ritter FDP: Das stimmt nicht! Schauen Sie in den Antrag hinein!)

Ich glaube nicht, dass die wirtschaftsfreundlichen Kollegen in Ihrer Partei das so gut finden würden. Auch da sind Sie sehr verwirrend. Entscheiden Sie sich, was Sie wollen, liebe FDP.

Die CDU hat im Jahr 2006 den Paradigmenwechsel eingeleitet. Wir sind vom Amtsgeheimnis weggekommen und zur kompletten Transparenz übergegangen, mit nur geringen Ausnahmen. Das heißt, die CDU steht für Transparenz und Bürgerorientierung. Und das muss hier einmal deutlich gesagt werden, diesen Paradigmenwechsel hat es im Jahr 2006 unter der Alleinregierung der CDU gegeben.

Die Forderungen, die Sie stellen und die die Bürgerinitiative stellt, muss man prüfen. In manchen Bereichen wird die Veröffentlichungspflicht zu viel Bürokratie führen. Das alles werden wir im Unterausschuss weiter prüfen. Alles Weitere würde die Kollegen hier überfordern. Insoweit werden wir uns dieser Arbeit im Unterausschuss widmen, wenn er denn endlich arbeitsfähig ist. – Danke.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Müller.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Tabbert, so ergeht es einem, wenn man Ausschussvorsitzender ist. Dann wird man getrieben, den Ausschuss einzurufen. Aber ich bin sicher, das bekommen wir hin.

Wir Grünen sehen die Zielrichtung des Antrags der FDP positiv und freuen uns auch, dass die Mehrheit in diesem Hause so gnädig war, uns zu erlauben, ihn im Ausschuss zu diskutieren.

(Katja Suding FDP: Das ist doch schon mal was!)

Wir gehen davon aus, dass diese Diskussion dann auch ein Ergebnis hat, das tatsächlich zu einer Verbesserung führen könnte. Wir haben zu einzelnen Punkten sicherlich noch etwas zu sagen, zu einem ganz bestimmten komme ich noch. Wir sollten aber auch im Hinterkopf haben – wir hatten die Debatte in der Aktuellen Stunde vor zwei Wochen –, dass zurzeit in der Stadt eine Unterschriftensammlung für ein Transparenzgesetz läuft, das noch ein größerer Schritt nach vorne wäre als die Vorschläge der FDP. Wir Grünen haben gesagt, dass mehr Transparenz, als wir sie heute haben, wichtig ist, aber kein Selbstzweck. Deswegen sehen wir den Ansatz, den die FDP gewählt hat, durchaus positiv, dass man nämlich nicht nur ir

gendwelche Daten ins Netz stellt, sondern eine Plattform schafft, auf der man diese Informationen besser verständlich präsentieren kann für die Menschen, die sich nicht tagtäglich mit solchen Informationen auseinandersetzen, aber dennoch interessiert sind. Das könnte der Einstieg in das neue Transparenzgesetz sein, man muss das nicht alles von heute auf morgen machen. Wichtig ist, dass die Transparenz überhaupt wächst.

Es ist richtig, dass die CDU das in der Zeit ihrer Alleinregierung eingeführt hat. Wir würden uns aber auch freuen, wenn die CDU uns weiterhin auf dem Weg zu mehr Transparenz begleiten würde. Das bedeutet nicht automatisch Wirtschaftsfeindlichkeit.

(Katja Suding FDP: Richtig!)

Das ist ein platter Begriff, da muss man aufpassen. Wenn das Gemeinwohl in der Stadt gefährdet wäre, würden wir sicherlich mehrheitlich sagen, dann eher nicht. Wenn die Interessen der Wirtschaft beleuchtet werden, muss man abwägen, inwieweit es tatsächlich um Geschäftsgeheimnisse geht oder ob es nicht, wenn wir Dienstleistungen der freien Wirtschaft für die öffentliche Hand einkaufen, trotzdem einer gewissen Transparenz bedarf, ohne dass die Unternehmen Schaden nehmen. Diese Abwägung müssen wir uns zumuten, wie auch in vielen anderen Fällen, in denen wir diese Abwägung zu treffen haben.

Bei Punkt 5 Ihres Antrags bin ich allerdings weniger abwägungsfreudig. Vielleicht ist das auch nur ein Missverständnis, darüber können wir im Ausschuss noch einmal diskutieren. Dieser Punkt betrifft Paragraf 7. Für diejenigen, die das nicht wissen: Das bedeutet, wenn man heute eine Frage an die Verwaltung stellt, dann hat diese vier Wochen Zeit, die Frage zu beantworten. Beantwortet sie die Frage nicht, gilt sie als abgelehnt. Das ist die Ablehnungsfunktion, die die FDP gern herausnehmen möchte, weil sie der Meinung ist, dies sei nicht bürgerfreundlich. Wir haben sie damals gerade deswegen eingeführt, weil wir sie für bürgerfreundlich halten, und ich sage Ihnen gern warum. Weil nämlich der Bürger, wenn es gar keine Reaktion gibt, Schwierigkeiten hat, seiner Frage Nachdruck zu verleihen, denn es gibt keinen Verwaltungsvorgang, gegen den er Einspruch erheben kann. Er kann die Verwaltung nur auf Untätigkeit verklagen; da kann man ihm viel Spaß auf dem Weg wünschen. Wir haben mit der Einführung dieser VierWochen-Frist beabsichtigt, dass der Bürger dann Einspruch erhaben kann. Und die Erfahrungen, dass sich die Rechtsabteilungen in den Behörden dann mit diesen Einsprüchen befassen, sind eher positiv. Sie sagen vielleicht, die Entscheidung, nichts zu veröffentlichen, war doch ein bisschen übervorsichtig. Deswegen würden wir Grünen diese Funktion nicht abschaffen wollen, wenn wir in der bisherigen Logik des Informationsfreiheitsge

(Viviane Spethmann)

setzes bleiben und nicht sowieso alle Informationen veröffentlichen.

Wir werden uns das alles im Ausschuss noch einmal genauer ansehen und uns dann vielleicht auch schon mit dem ersten Entwurf des Transparenzgesetzes der Volksinitiative befassen, wenn sie erfolgreich ist. Und ich könnte mir vorstellen, dass wir ein paar Experten einladen, die uns etwas zu den Bedenken der CDU hinsichtlich des Geschäftsgeheimnisses und anderer datenschutzrechtlicher Fragen, die natürlich eine Rolle spielen, sagen können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL)

Das Wort bekommt Frau Schneider.