Protocol of the Session on August 25, 2011

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Frau Senatorin Dr. Stapelfeldt.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist erst zwei Jahre her, dass der Stadt vor Augen geführt wurde, welche Konsequenzen für die Universität ein Hochschulgesetz hat, das in erheblichen Teilen die akademische Mitwirkung an den Hochschulen abgeschafft hatte. Es ging um eine tiefe Vertrauenskrise an der Universität und das damalige schwierige Ende der Amtszeit von Frau Auweter-Kurtz. Die CDU spricht in ihrem Antrag von wichtigen strukturellen Weichenstellungen für Hamburgs Hochschullandschaft in den vergangenen Jahren und sieht diese natürlich positiv an. Das haben Sie, Frau Heyenn, eben auch schon festgehalten. Am Beispiel des sogenannten Hochschulmodernisierungsgesetzes wird aber überdeutlich, dass das Gegenteil der Fall ist:

(Beifall bei der SPD)

ein Bruch mit der akademischen Selbstverwaltung und ein Weniger an Demokratie, Transparenz und Partizipation. Hochschulen sind auch nicht schlicht nach betriebswirtschaftlichen Kategorien eines

Wirtschaftsunternehmens zu führen. Ich halte wirklich viel von effizienter Verwaltung, ordentlicher Haushaltsführung, kaufmännischer Buchführung und transparenter Rechnungslegung auch an Hochschulen, aber im Kern geht es an Hochschulen um mehr.

(Beifall bei der SPD)

Der Rechtsrahmen ist von entscheidender Bedeutung für den Erfolg der Hochschulen. Ich möchte die Hochschulautonomie stärken und diese verlangt nach demokratischen Strukturen, damit die Autonomie in Verantwortung aller Mitglieder der Hochschulen wahrgenommen werden kann. Die Veränderungen des Hochschulgesetzes 2003 haben zu undemokratischen Verhältnissen, zu intransparenten Entscheidungsprozessen und auch zu Demotivierung geführt. Ich wiederhole deswegen auch gerne, was ich an dieser Stelle schon einmal gesagt habe. Die Universität braucht Demokratie und die Fähigkeit ihrer Mitglieder, Verantwortung in einem demokratischen System zu übernehmen. In diesem Sinne werden wir das Hochschulgesetz novellieren und die verhängnisvollen Veränderungen des letzten Jahrzehnts revidieren.

(Beifall bei der SPD)

Diese sind auch im Dezember 2010 vom Bundesverfassungsgericht festgestellt worden, das wesentliche Regelungen schlicht für verfassungswidrig erklärte. So monierte das Gericht im Kern, das geltende Gesetz beschneide die Wissenschaftsfreiheit, indem demokratische Mitwirkungsrechte ausgehöhlt würden. Ich hoffe sehr – und ich höre das zum Teil, wenn auch nicht von allen Fraktionen –, dass es hier fraktionsübergreifend einen Konsens gibt, das Hochschulgesetz im Sinne des Verfassungsgerichtsurteils zu verändern und die Mitwirkung auch zum Beispiel unterhalb der Fakultätsebene wieder einzuführen.

Interessanterweise fordert die CDU-Fraktion mit dem vorliegenden Antrag auch nur, Hochschulräte mit eigenen Entscheidungskompetenzen zur strategischen Steuerung der Hochschulen zu versehen. Ist es so zu verstehen, dass auch die CDU die Wahl der Präsidenten, die Genehmigung von Wirtschaftsplänen et cetera nicht mehr als Aufgabe des Hochschulrats ansieht? Wie auch immer, wir werden es in den Beratungen über das Gesetz sicherlich sehen.

Am Beispiel des Hochschulrats wird die Problematik des Gesetzes aber wirklich sehr deutlich. Abgesehen von der Art und Weise, wie die Zusammensetzung der Hochschulräte erfolgt, über die ich an dieser Stelle gar nicht reden will, ist nicht verständlich, warum nach dem Gesetz Hochschulräte ihre Entscheidung an keiner Stelle erläutern, legitimieren und damit öffentlich verantworten müssen. Das geht nicht, sondern das müssen wir umkehren.

(Beifall bei der SPD)

(Dora Heyenn)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mehrfach ist jetzt der Prozess der Hochschulgesetz-Novellierung angesprochen worden. Die Behörde arbeitet sehr intensiv daran und anders, als Sie glauben, Frau Dr. Gümbel, geht es nicht um kosmetische Veränderungen, sondern schon um ganz wesentliche, weil das, was der Entwurf im vergangenen Jahr vorgesehen hat, nicht vollständig dem entspricht, was wir uns unter demokratischer Mitwirkung an den Hochschulen vorstellen. Natürlich gehört in den Kontext der Beratungen, die wir auch hier im Parlament führen werden, zum Beispiel die Frage nach mehrjährigen Hochschulverträgen. Wenn man solche Hochschulverträge tatsächlich einführt, finde ich es richtig, dass nicht nur der Staat seine Leistungen zur Verfügung stellt im Sinne von Finanzierung und anderen Rahmenbedingungen, sondern dass auch die Leistungen der Hochschulen durchaus bewertet werden dürfen, und deswegen ist es schon eine Frage, was sich aus Verträgen tatsächlich im Endeffekt ergibt. Im Gesetzgebungsprozess wird es möglich sein, das alles zu diskutieren, wie im Übrigen auch die Frage nach der Autonomie in Personalfragen, die insbesondere angemahnt worden ist und die tatsächlich an dieser Stelle zu diskutieren zu umfangreich wäre. Es geht nicht alleine um gesetzliche Veränderungsnotwendigkeiten, sondern es geht auch um die Frage, wie die Praxis zu diesem Thema gelebt wird.

Wir werden Ihnen dieses Gesetz vorlegen. Ich freue mich sehr auf die Diskussion mit Ihnen über die vielen Themen und ich würde mich auch sehr freuen, wenn es möglich wäre, in einer größeren Mehrheit als nur durch die Mehrheitsfraktion der SPD ein neues Gesetz für die Hamburger Hochschulen zu schaffen, das die Grundlagen, wie ich sie eben beschrieben habe, tatsächlich enthält.

(Beifall bei der SPD)

Neben dieser Weichenstellung hin zu weniger Demokratie und nicht zu mehr gibt es zwei weitere richtig falsche strukturelle Entwicklungen aus den vergangenen zehn Jahren. Das eine ist die Entwicklung zu weniger Chancengerechtigkeit durch die Studiengebühren und das andere ist leider die Entwicklung, die zu einer Vernachlässigung der Bausubstanz an den Hochschulen geführt hat. Im Zusammenhang mit der Chancengerechtigkeit sind die Studiengebühren an erster Stelle zu nennen und ich bin sehr froh, dass es uns möglich sein wird, die Studiengebühren zum Wintersemester 2012/2013 wieder abzuschaffen, und das bei einer vollen Kompensation der wegfallenden Einnahmen für die Hochschulen. Eine entsprechende Drucksache wird in Kürze auf Sie zukommen.

(Beifall bei der SPD)

Die dritte gravierende Fehlentwicklung kumuliert in einem erheblichen Bau- und Modernisierungsstau an den Hochschulen. Der Senat hat sich zum Ziel

gesetzt, diesen hinterlassenen massiven Sanierungsstau wieder aufzulösen. Es gab im letzten Jahrzehnt eine klare Prioritätensetzung zulasten der Universität und auch der Hochschule für Angewandte Wissenschaften und zugunsten des Universitätsklinikums und jetzt der HafenCity Universität. Beim UKE waren es 760 Millionen Euro in zwölf Jahren. Das ist sehr viel und ich finde auch, dass die Neubauten dort wissenschaftlich und wirtschaftlich wirklich notwendig gewesen sind. Das Problem ist der Verfall der baulichen Substanz an den anderen Hochschulen, was uns jetzt als noch zu lösendes Problem – und das ist erheblich – auf die Füße gefallen ist. Und es ist auch ein Problem, dass viel zu viel Zeit damit vergeudet worden ist, über die Verlagerung der Universität in den Hafen zu diskutieren.

(Beifall bei der SPD und bei Dora Heyenn DIE LINKE)

Das waren schwarz-grüne Luftschlösser anstelle von realen Sanierungen von Geomatikum oder Philosophenturm.

Dieses sind zwei große neue Veränderungen: die Abschaffung der Studiengebühren und die Auflösung des Investitions- und Sanierungsstaus. Das sind zwei Weichenstellungen, die wichtig für die Stadt sind und die große finanzielle Kraftanstrengungen in den kommenden Jahren bedeuten werden, womit ich also bei den Hochschulfinanzen wäre.

Wenn wir ein Jahr zurückschauen, dann wissen wir, dass genau zu dieser Zeit die Vorbereitungen für die Sparklausur des schwarz-grünen Senats liefen, die Ende September 2010 stattfanden. Es war dies die zweite nach 2009 und alleine in der Sparrunde vor einem Jahr war es so, dass für die Wissenschaft und Forschung Einsparungen in einer Höhe von 15 Millionen Euro von Schwarz-Grün vorgesehen waren, und eine solide und vernünftige Vorsorge für den notwendigen Hochschulbau fehlte gänzlich. Der neue Senat sieht, dass wir eine verlässliche Finanzierung der Hochschulen brauchen, und der Haushaltsplan-Entwurf sieht einen Anstieg nicht nur des Gesamtetats der Wissenschaftsbehörde vor, sondern auch einen Anstieg der Mittel für die Hochschulen, denen in den Jahren 2011 und 2012 558 Millionen Euro und 559 Millionen Euro an Betriebszuweisungen und kleinen Investitionen zur Verfügung stehen. Hinzu kommen die zentralen Mittel für IuK und kleine Bauten in einer Höhe von 18 Millionen Euro und 16,6 Millionen Euro und weiterhin fließen den Hochschulen in diesem Jahr 61,5 Millionen Euro und 2012 68,7 Millionen Euro aus dem Hochschulpakt zu. Also verfügen die Hochschulen schon ohne die Studiengebühren über deutlich mehr Mittel als in den Jahren 2009 und 2010.

(Zuruf von Thilo Kleibauer CDU)

(Zweite Bürgermeisterin Dr. Dorothee Stapelfeldt)

Das heißt es genau nicht, aber nicht, wenn man sie in diese Rechnung einbezieht.

(Beifall bei der SPD)

Damit ist auch eine Verlässlichkeit gegeben. Lassen Sie mich zu den von Ihnen aufgeworfenen Fragen zwei Punkte gerne aufnehmen. Die eine war zur Bundesexzellenzinitiative. Da ist darüber gesprochen worden, dass der Senat die zwei Exzellenzinitiativen der Universität Hamburg, einmal in der Physik und einmal in den Klimawissenschaften, nicht ausreichend unterstützen würde, und ich hoffe sehr, dass diese beiden erfolgreich sein werden. Aber festzuhalten ist auch die Tatsache, dass in den Haushaltsplan-Entwürfen, die SchwarzGrün uns übergeben hat, für die Ausfinanzierung der Bundesexzellenzinitiative keinerlei Mittel vorgesehen waren, sondern dass wir diese überhaupt erst durch Umschichtung jetzt zur Verfügung stellen müssen.

(Beifall bei der SPD)

Ich bin sehr froh, wenn wir sowohl mit der Entscheidung des Preisgerichts im September als auch dann mit der dazugehörigen Finanzierungsentscheidung es möglich machen werden – was lange Zeit nämlich auch in der Schwebe war –, dass es für die Klimawissenschaften tatsächlich ein neues Gebäude auf dem MIN-Campus an der Bundesstraße geben wird. Das ist eine Unterstützung der Bundesexzellenzinitiativen, wie sie für die Universität notwendig ist, aber gewährleistet wird sie erst dadurch, dass wir die Voraussetzung dafür über die Haushaltspläne jetzt neu schaffen.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben nicht alles korrigieren können, das ist richtig und das werde ich auch nie bestreiten, aber wir konnten an wenigen Stellen Akzente neu setzen, weil wir beispielsweise in drei Fällen die vorgesehenen Konsolidierungen wieder zurückgenommen haben durch Umschichtung aus dem Haushalt selbst, nämlich für die Forschungsstelle für Zeitgeschichte und das Institut für die Geschichte der deutschen Juden und auch die soziale Förderung für ausländische Studierende haben wir wieder aufgenommen.

Lassen Sie mich deswegen noch einmal zum Haushalt zusammenfassen: Der Etat steigt insgesamt an, die Hochschuletats, das heißt die Zuweisungen an die sechs staatlichen Hochschulen, werden ansteigen, die Studiengebühren werden abgeschafft und die wegfallenden Einnahmen werden vollständig kompensiert, und in die Neubautensanierung und -modernisierung der Hamburger Hochschulen wird massiv investiert werden müssen.

(Beifall bei der SPD)

Neben den Fragen des Hochschulgesetzes, über die wir schon gesprochen haben und über die wir

noch ganz intensive Diskussionen haben werden, steht für mich im Vordergrund, dass wir gegenüber den Hochschulen Verlässlichkeit zeigen in den Fragen der Finanzierung und der Chancengerechtigkeit für die junge Generation. – Vielen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Kleibauer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst einmal freue ich mich, dass der von uns vorgelegte Antrag hier zu so einer breiten wissenschaftspolitischen Diskussion führt und dass auch die Senatorin sich genötigt fühlt, hier sehr umfassend zu aktuellen Themen aus dem wissenschaftspolitischen Bereich Stellung zu nehmen. Das hätte vielleicht doch dafür gesprochen, liebe Kollegen von der SPD, das auch im Ausschuss weiter zu verfolgen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Allerdings habe ich bei Ihnen, Frau Dr. Stapelfeldt, den Eindruck, dass Sie noch nicht ganz auf der Regierungsbank angekommen sind. Sie sind nun schon weitaus länger als 100 Tage im Amt und kommen hier immer noch mit Absichtserklärungen, wir wollen, wir werden, dann machen Sie doch einmal, es liegt noch gar nichts vor.

(Beifall bei der CDU)

Herr Schinnenburg hat in der Tat darauf hingewiesen, dass wir nächste Woche Dienstag den Etat Ihrer Behörde im Haushaltsausschuss haben. In diesem Etat sind für dieses Jahr und für das nächste Jahr jeweils 38 Millionen Euro Einnahmen aus Studiengebühren vorgesehen. Der Etat wurde vom Senat am 3. Mai beschlossen, aber seit dem 19. April erzählt der Senat, dass Studiengebühren abgeschafft und kompensiert werden. Seit dem 19. April waren Sie nicht in der Lage, dies dem Parlament mit einer Drucksache vorzulegen; das ist kein richtiges Handeln.

(Beifall bei der CDU – Thomas Völsch SPD: Ich glaube, das sehen die Studenten ganz anders!)

Ich möchte noch auf einige Punkte eingehen. Unter anderem haben Sie sich sehr ausführlich mit dem Thema Hochschulrat beschäftigt. In der Tat ist unsere Formulierung ein Stück weit ergebnisoffen, weil wir im Ausschuss gerne das Gespräch über diesen Antrag suchen würden. Auch der Gesetzentwurf, der damals vorgelegt wurde oder der noch auf dem Papier besteht, sah eine Mitwirkung des Hochschulrats bei der Präsidentenwahl vor. Da gibt es unterschiedliche Modelle, aber in jedem Fall braucht der Hochschulrat auch eine starke Stimme, denn ansonsten tun Sie das, was Sie ger

(Zweite Bürgermeisterin Dr. Dorothee Stapelfeldt)

ne machen: Sie vergraulen externe Experten. Das machen Sie an vielen Stellen. Wir haben das Thema UKE und die Kuratoriumsbesetzung. Wir haben das Thema Wissenschaftsstiftung. Auch da gibt es externe Experten, die darüber entscheiden, ob Anträge gut sind oder nicht und wer das Geld bekommt. Das ist doch in der Wissenschaftslandschaft heute gang und gäbe, aber auch das wollen Sie wieder eindampfen und stattdessen in die eigene Behörde überführen. Und nun haben wir dieses Thema Hochschulräte und wir sind sehr gespannt, wie Sie diese dann weiterhin besetzen.

Stattdessen haben Sie hier nur in einer Randbemerkung, Herr Tode vorsichtshalber gar nicht, zum Thema Hochschulverträge Stellung genommen, einem der wesentlichen Kernpunkte unseres Antrags. Ich finde es sehr gut, dass Sie das Thema Motivation der Hochschulen angesprochen haben und auch Frau Heyenn hatte diesen Motivationsbegriff. Als sich der Universitätspräsident im März 2010 im Wissenschaftsausschuss vorstellte, hat er gesagt: Gebt uns Hochschulverträge und mehr Selbstständigkeit, dies löst einen Motivationsschub aus. Dann müssen Sie auch auf dieser Seite Klarheit zeigen und für Motivation der Hochschulmitarbeiter sein.

(Beifall bei der CDU)