Protocol of the Session on November 24, 2010

(Beifall bei der SPD – Ingo Egloff SPD: Scholz und Gabriel aber auch!)

Anfang Oktober warnte Bernd Neumann vor Sparvorgaben im Kulturbereich. Warum? Weil er ganz richtig betonte, dass es oft Jahre oder Jahrzehnte dauert, eine attraktive Kultureinrichtung mit Ausstrahlungskraft zu entwickeln. Sie aber durch Kürzungen zu zerstören, das geht ganz schnell. Mit Sparen bei der Kultur zerstört man ganz viele kleine Initiativen, die für die kulturelle Vielfalt sehr wichtig sind. Es ist nicht besonders klug, bei der Kultur zu kürzen, denn zukünftig werden in Deutschland mehr denn je Bildung, Forschung und Kultur wichtig sein.

Wenn man sich aber die Kulturpolitik dieses Senats der letzten Wochen anschaut, kommt man nicht umhin zu sagen, dass dieser Senat noch nicht einmal das Problem erkannt hat und nun dabei ist, ganze Kulturinstitutionen in den Ruin zu treiben.

(Beifall bei der SPD)

Schauen wir uns zunächst den Bund an. Die schwarz-gelbe Bundesregierung, die Ihnen, meine Damen und Herren auf der rechten Seite – nun sind Sie etwas dezimiert – doch eigentlich sympathisch sein müsste, geht einen anderen Weg als Hamburg. Sie hat erkannt, dass Kultur keine Subvention ist, sondern eine unverzichtbare Investition in die Zukunft unserer Gesellschaft.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Trotz hoher Schuldenlast wird der Kulturhaushalt des Bundes im Jahre 2011 um 2,4 Prozent erhöht. Das wäre doch ein Vorbild für Hamburg.

Blicken wir auch einmal nach Berlin. Hamburg möchte Berlin doch immer so gerne nacheifern, jedenfalls im Kulturbereich. Auch in Berlin geht man nicht den Weg, bei der Kultur zu sparen. Man muss seine Stärken stärken, heißt es dort. Trotz der Tatsache, dass das hochverschuldete Berlin sparen muss, ist eines beim Berliner Senat sicher: Der Bereich der Kultur gehört nicht zur Verfügungsmasse des Finanzressorts, im Gegenteil, die Mittel für Kultur werden aufgestockt. Der konsumtive Anteil der Kulturmittel wuchs 2010 gegenüber 2009 um 4,3 Prozent und der gesamte Kulturetat soll 2011 sogar noch einmal um 8,5 Prozent wachsen.

Jetzt kommen wir zu Hamburg. Was passiert denn hier? Hier werden Kürzungen in Millionenhöhe im Kulturetat verkündet. Erst nach massiven Protesten werden die fatalen Sparbeschlüsse etwas abgemildert. Hier ging der Kultursenator nach der Devise vor, per Dekret Kürzungen zu verkünden und erst danach mit den Kultureinrichtungen zu sprechen. So handelte ein Senator, der eigentlich dazu angetreten war, Hamburgs Kultur zu schützen. In dieser Art und Weise Kürzungen durchzusetzen, das geht nicht.

(Beifall bei der SPD und bei Norbert Hack- busch DIE LINKE)

Betrachtet man die Beschlüsse zum Kulturhaushalt 2011/2012 in zentralen Bereichen, so ist ein gewaltiger Ansehensverlust in Hamburgs Kulturpolitik entstanden. Das Altonaer Museum sollte geschlossen werden. Auf Einzelheiten zu der Situation der Stiftung Historische Museen Hamburgs wird meine Kollegin, Frau Stapelfeldt, noch eingehen. Beim Deutschen Schauspielhaus war beabsichtigt, die Hälfte des künstlerischen Etats, 1,2 Millionen Euro, einzusparen. Das Deutsche Schauspielhaus als Repertoire-Theater ersten Ranges wäre in seiner Substanz mehr als beschädigt worden. Bei den Hamburger Öffentlichen Bücherhallen sollten 1,5 Millionen Euro eingespart werden. Die Folgen wären Personalabbau und die Schließung weiterer Bücherhallen gewesen. Die Kürzung des Privattheater-Etats um etwa ein halbe Million Euro hätte den Bestand und die Entwicklung der Privattheater sehr beschädigt. Als zu lesen war, dass im Verwaltungsbereich der Kulturbehörde etwa 400 000 Euro eingespart werden sollen, dachten wir zuerst, dass jetzt die Stellen, die sich die Kulturbehörde im letzten Jahr für sage und schreibe 1 Million Euro genehmigt hat, wieder abgebaut werden sollten. Das wäre wenigstens konsequent und ein Signal an die Kulturinstitutionen gewesen, aber da haben wir wieder einmal falsch gedacht.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt muss der Denkmalschutz daran glauben und das Landesbildarchiv, Hamburgs fotografisches Gedächtnis, soll einfach so verlagert werden, natürlich ohne die Stellen. Sparen Sie doch endlich einmal bei sich in der Behörde, Herr Stuth, und nicht bei Museen, Theatern und Bücherhallen. Das wäre doch die richtige Maßnahme.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Kann Hamburgs Kultur nach dem Kulturgipfel nun aufatmen? Keinesfalls, sagen wir, denn dieser Kulturgipfel führte nur zu abgemilderten Kürzungsbeschlüssen. Die Hamburger Öffentlichen Bücherhallen müssen nun immer noch 500 000 Euro einsparen. Ob damit noch Standortschließungen verbunden sind, wissen wir nicht. Auf jeden Fall wird es Leihgebührenerhöhungen geben. Das Hamburger Schauspielhaus muss zwar weniger sparen, doch

wie die Einschnitte bewerkstelligt werden können, ist immer noch offen. Ob es schließlich bei den gekappten Kürzungssummen bleibt oder ob die Einsparungen fortgeschrieben werden, darüber herrscht noch immer Unklarheit. Eines muss im Zusammenhang mit den Kürzungen beim Schauspielhaus auch klar sein: Gute Künstler und vor allen Dingen einen guten Intendanten – und nur solche wollen wir im Schauspielhaus sehen – wird man nicht zum Billigtarif finden.

Ich komme schon zum Schluss. Wir fordern, dass in Hamburgs Kulturpolitik jetzt endlich Klarheit einzieht. Hamburgs Kultureinrichtungen müssen in ihrer Substanz erhalten bleiben und endlich auskömmlich finanziert werden. Kulturpolitik ist Zukunftsaufgabe. Also strengen Sie sich an, meine Damen und Herren vom Senat, und richten Sie nicht noch mehr Schaden an. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Frau Martens hat das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Oldenburg, es gibt beim Thema Haushaltsdebatte in der Tat Positives von der Bundesebene zu berichten. Das positive Signal kommt von Kulturstaatsminister Neumann, dessen Haushalt im kommenden Jahr stabil bleibt.

(Michael Neumann SPD: Der Name zeugt eben von Qualität!)

Sie wissen, Selbstlob stinkt, Herr Neumann.

(Michael Neumann SPD: Wieso, das haben Sie doch gesagt!)

Da hören die guten Nachrichten aber leider auch schon auf. Aus den Ländern und Kommunen sind nämlich insgesamt weniger gute Signale als auf der Bundesebene zu hören. Halle und Leipzig, zum Beispiel, sind nur überregional bekanntere Fälle der geplanten Einsparungen in den gesamten Kulturetats, die teilweise auch zu Schließungen von Kultureinrichtungen führen.

In Hamburg wurde der Versuch, die Kultur aus den Konsolidierungsmaßnahmen herauszunehmen, nicht gewählt. Es gab dafür schlichtweg keine Mehrheiten, auch nicht gegenüber den anderen Ressorts. Ich möchte allerdings betonen, dass wir nicht nach dem Rasenmäherprinzip sparen und gerade nicht die kleinen Einrichtungen kaputtsparen. Die Kulturvielfalt in Hamburg bleibt insgesamt erhalten.

Es wird jetzt nach dem Kulturgipfel von Bürgermeister Ahlhaus konzeptionell, und zwar in Absprache mit den betroffenen Einrichtungen, an die Umsetzung der Konsolidierungsmaßnahmen herangegangen. Dabei heißt gute Kulturpolitik, dass man

bewusst nur die Rahmenbedingungen vorgibt; die fachliche Umsetzung und damit die inhaltliche Gestaltung liegen in der Folge bei den Einrichtungen. Genau das ist auch der Punkt, liebe SPD, warum wir Ihren Antrag heute nicht abstimmen werden, sondern zur weiteren Beratung an den Kulturausschuss überweisen, denn gegenwärtig sind alle betroffenen Kulturinstitutionen mit der fachlichen Umsetzung, das heißt mit den inhaltlichen Konzepten, befasst und wir können hier und heute noch gar nicht über die konkreten Maßnahmen diskutieren. Insbesondere die Stiftung Historische Museen erarbeitet bis April 2011 ein Gesamtkonzept und auch ein spezielles Konzept für das Altonaer Museum.

Zu den Museen möchte ich noch einige Anmerkungen machen. Ich habe die große Hoffnung, dass Frau Prof. Dr. Baumann die Fusion der Historischen Museen endlich erfolgreich umsetzen kann. Sie hat zumindest das Vertrauen des gesamten Vorstands und wurde auf der letzten Sitzung vom Stiftungsrat einstimmig für die neue Aufgabe der Vorsitzenden gewählt, was ich für eine gute Voraussetzung halte. Ich hoffe, dass wir es in der Hamburger Museumswelt endlich schaffen, die Geschichte Hamburgs und insbesondere die Geschichte des Hafens spannend, lebendig und mit neuen Konzepten zu erzählen. Dabei verspreche ich mir viel von dem Gutachten zum Hafenmuseum. Man sollte einmal einen Blick nach Essen werfen, um zu erleben, wie lebendig zum Beispiel auf der Zeche Zollverein die Geschichte des Bergbaus erzählt wird.

Auf der anderen Seite halte ich es für einen komplett falschen Weg, den die Volksinitiative in Altona momentan einschlägt. In diesem Punkt bin ich mir übrigens auch mit den Leitungen der Museen völlig einig: Die Sammlung und die Gebäude in das Stiftungsvermögen zu verlagern ist komplett kontraproduktiv und meiner Einschätzung nach musealer Selbstmord. Hier versucht man unüberlegt, über das Ziel hinauszuschießen. Die Museen können unmöglich die Gelder für den Erhalt der Sammlung selbst aufbringen und erst recht sollen sie sich nicht um den Erhalt der Gebäude kümmern; das ist in jedem Fall Aufgabe des Staates.

Frau Oldenburg, Sie haben recht, für das Deutsche Schauspielhaus ist es derzeit am wichtigsten, einen neuen Intendanten zu finden. Kulturpolitik definiert sich international auch über Köpfe und dafür werden entsprechende finanzielle Spielräume eingeräumt werden. Besonders wichtig zu erwähnen ist vielleicht auch noch der Erhalt des erfolgreichen Jungen Schauspielhauses in Hamburg, und zwar unter der Intendanz von Klaus Schumacher.

Schließlich noch eine Anmerkung zur HÖB. Nach Aussage der Leiterin, Frau Schwemer-Martienßen, plant die HÖB die auf dem Kulturgipfel abgesenkten Sparvorgaben ohne Standortschließung umzu

(Dr. Christel Oldenburg)

setzen. Ihr konkretes Konzept wird sie uns in Kürze auch für die Zentrale vorlegen.

Dann gab es in der letzten Zeit auch einige Diskussionen über Kultur generell und ich habe nicht den Eindruck, dass sich die Hamburger Kulturpolitik nur mit Zahlen und Finanzen beschäftigt. Vielmehr diskutieren wir derzeit in vielen Bereichen intensiv über zukunftsfähige Konzepte für die Einrichtungen, nicht nur bei den Museen, sondern auch bei der Stadtteilkultur, in der Musikstadt Hamburg und schon morgen befassen wir uns im Kulturausschuss in einer Anhörung mit der Zukunft des Jazz in Hamburg.

Man kann es nicht häufig genug sagen: Kultur ist und bleibt das Fundament unserer Gesellschaft, auch in der Kaufmannsstadt Hamburg. Daran ändert auch ein anderslautender "Spiegel"-Artikel von gestern nichts. Ich schließe deshalb auch mit Kultur. Friedrich Nietzsche hat schon geschrieben:

"Die Kunst und nichts als die Kunst! Sie ist die Ermöglicherin des Lebens, die große Verführerin zum Leben."

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort hat jetzt Frau Dr. Gümbel.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte mich den Worten meiner Kollegin anschließen und begründen, warum wir den Antrag überweisen und im Kulturausschuss besprechen wollen. Anders als Sie, Frau Oldenburg, würde ich gerne tatsächlich zu Ihrem Antrag sprechen und nicht einen allgemeinen Rückblick der Kulturpolitik liefern. Das hatten wir in den vergangenen Debatten schön öfter gemacht und es ist klar, dass der Kulturgipfel stattgefunden hat und es jetzt darauf ankommt, welche Ergebnisse wie umgesetzt werden. Insofern finde ich es richtig, wenn Sie schreiben, dass die konkreten Rahmenbedingungen der Sparmaßnahmen im Kulturhaushalt dem Parlament vorzulegen seien. Das halte ich bei den zwei letztgenannten Kultureinrichtungen, also sowohl bei den Privattheatern als auch beim Denkmalschutz, für besonders wichtig. Bei den anderen Einrichtungen, um die es sich beim Kulturgipfel gedreht hat, nämlich bei der HÖB, dem Schauspielhaus und dem Altonaer Museum, ist es schon schwieriger, weil zum Beispiel die HÖB eine Stiftung privaten Rechts ist und wir deshalb nicht direkt vorgeben können, wie gespart werden soll. Im Gegenteil, Sie erinnern sich, dass sich Frau Schwemer-Martienßen extrem dagegen gewehrt hat, als dies im Rahmen der Sparbeschlüsse gemacht wurde; insofern warne ich sehr davor. Aber die Kollegin Martens hat darauf hingewiesen, dass Frau Schwemer-Martienßen ein Konzept erstellt hat, über das wir dann wahrscheinlich im Kulturausschuss informiert werden.

Dasselbe gilt für das Schauspielhaus, für das der Kulturgipfel im Prinzip zwei Dinge festgelegt hat: einerseits gestreckte Kürzungen; das wissen Sie, das brauche ich nicht weiter auszuführen. Wie Sie auch wissen, hat Bürgermeister Ahlhaus aber auch gesagt, dass die Sparsituation des Schauspielhauses nicht der Tatsache im Wege stehen solle, dass ein guter Intendant gefunden wird. Das heißt, auch bezüglich des Schauspielhauses sind die Dinge im Fluss und der Kulturausschuss ist der richtige Ort, um auf dem Laufenden gehalten zu werden.

Ähnlich stellt sich die Situation beim Altonaer Museum dar. Auf dem Kulturgipfel ist beschlossen worden, dass das Konzept zum 1. April 2011 von Frau Prof. Dr. Baumann vorgelegt wird. Ihre Aufgabe wird es sein, aufzuzeigen, welche Form von Museen wir mit der anfangs reduzierten, dann aber gestreckten und bis 2014, wie Sie zu Recht gesagt haben, festgesetzten Sparsumme von 3,5 Millionen Euro umsetzen können. Dann wird es unsere Aufgabe sein zu bewerten, welche Möglichkeiten wir den Museen geben wollen, sich wie und mit welchem Geld zu entwickeln. Insofern ist auch beim Altonaer Museum die Situation offen und der Kulturausschuss der richtige Ort, um über das Konzept von Frau Prof. Dr. Baumann zu sprechen.

Einerseits bin ich gespannt, was uns die einzelnen Einrichtungen vorlegen. Andererseits bin ich natürlich auch neugierig auf die Reaktion der Kulturbehörde zum Denkmalschutz und gespannt auf das Umsetzungskonzept bei den Privattheatern, das wir uns ebenfalls vorstellen lassen. Insofern ist also alles offen.

(Beifall bei der GAL)

Herr Hackbusch hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wahrscheinlich ist die Debatte nicht richtig lebendig, weil wir heute am frühen Abend die Auflösungserscheinung des Hamburger Senats festgestellt haben.

(Olaf Böttger CDU: Wir wollen doch sachlich bleiben!)

Wenn einer zurücktritt, ist es doch sachlich, von Auflösung zu sprechen.

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Eben nicht! Wenn einer zurücktritt, ist es keine Auflö- sung!)

Wenn ich diese kulturpolitische Debatte höre, dann bemerke ich auch leichte Auflösungstendenzen, und zwar allein schon dadurch, dass der Senat nachdrücklich sagt, die und die Einsparmaßnahmen seien zu dem und dem Zeitpunkt umzusetzen. Wenn nun die beiden Kulturpolitikerinnen, die den

(Brigitta Martens)

Senat tragen, sagen, alles wäre offen, dann ist das keine klare Diskussion, sondern eine, die sich im Vagen aufhält, sehr nebulös ist und gewisse Auflösungserscheinungen widerspiegelt, die ich im Großen und Ganzen nicht für das Schlechteste halte.