Protocol of the Session on November 11, 2010

– Ich habe schon ein bisschen mehr als zwei Minuten, aber keine Angst, ich werde nicht lange brauchen.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich schließe mich dem Dank an die Fraktion DIE LINKE und insbesondere an Frau Artus an.

(Kersten Artus)

Frau Fischer, das war ja alles ganz nett, aber ein bisschen märchenhaft. Das Einzige, was aufgrund der real existierenden Politik Ihres Senats zurückbleiben wird: Wenn künftig ein Hamburger Kind den Mund aufmacht, wird man erkennen können, ob es seine Kindheit unter Schwarz-Grün verbracht hat oder nicht.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Es ist so, mach den Mund auf und ich sage dir, von wem du regiert wurdest.

(Heiterkeit bei der SPD und der LINKEN)

Sie haben zwar sehr nett gesprochen, aber es wäre empfehlenswert gewesen, auf die Schriftliche Kleine Anfrage einzugehen, die die Kollegin Artus gestellt hat, nämlich die mit der Nummer 19/6864. Führen wir uns einmal ein paar Zahlen zu Gemüte, um zu schauen, wie gut es um die Untersuchungen der Kinder bestellt ist.

Die Kollegin fragt:

"Wie viele der eingeschulten Kinder in den Jahren von 2007 bis 2009 nahmen an der Schuleingangsuntersuchung teil?"

Nehmen wir einmal die Trommel und greifen uns einen Bezirk heraus, Wandsbek, den größten. Wir stellen fest, dass an der Schuleingangsuntersuchung im Jahr 2009 2716 Schülerinnen und Schüler teilgenommen haben. Wenn ich Frau Fischer wäre, würde ich sagen: 2716 Schülerinnen und Schüler haben an der Untersuchung teilgenommen; wir sind gut. Wenn man aber Gesundheitsund Realpolitiker ist, dann schaut man erst einmal nach, wie viele Schülerinnen und Schüler es in diesem Jahr eigentlich gegeben hat. Und dann stellt man fest, dass etwa ein Viertel aller Wandsbeker Schülerinnen und Schüler die Schuleingangsuntersuchung gar nicht mitgemacht hat, weil es in diesem Jahr 3687 Schülerinnen und Schüler in Wandsbek gegeben hat. Und das ist toll?

(Carola Veit SPD: So, und jetzt kommt die Kürzung!)

Macht den Mund auf, liebe Schülerinnen und Schüler, und ich sage euch, von wem ihr regiert werdet. Das eine ist das Reale, das andere ist die Phantasie.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Gehen wir noch einmal auf die Anfrage ein. Als nächstes stellt die Kollegin Artus die Frage, ob die Kinder ein U-Untersuchungsheft haben. Und auch an dieser Stelle, Frau Fischer, würden Sie sagen: Immerhin konnten 2339 Eltern mit diesem U-Heft nachweisen, dass ihre Kinder an den entsprechenden frühkindlichen Voruntersuchungen teilgenommen haben. Da klafft mittlerweile schon eine Lücke von über 1000 Schülerinnen und Schülern, wenn man die Gesamtpopulation der Wandsbeker Schü

lerinnen und Schüler nimmt. Wir haben also eine Menge zu tun.

Ich hätte diesen Antrag heute so beschließen können, weil DIE LINKE eine Personalausstattung fordert, die in der Tat dringend erforderlich ist. Nun machen wir die Sonderschleife über den Ausschuss, sei es drum. Eines muss aber klar sein: Die Kinder in Hamburg müssen demnächst wieder ohne Sorge ihren Mund aufmachen können und keiner darf daran erkennen, vom wem sie regiert worden sind. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Frau Heitmann, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe LINKE, ich finde es immer wieder faszinierend, wie Sie es schaffen, Anträge mit einem durchaus diskussionswürdigen Inhalt zu stellen und dann zu völlig anderen Themen Pressemitteilungen zu veröffentlichen und Reden zu halten.

Herr Böwer hat den Kern Ihres Antrags noch einmal dargestellt. Er zielt vor allem auf eine Vermehrung, so möchte ich es nennen, des Berichtswesens ab,

(Michael Neumann SPD: Sie können auch Arbeitsgruppen bilden, wie in der Schulbe- hörde!)

um künftig andere oder aus Ihrer Sicht bessere Rückschlüsse ziehen zu können.

Ich möchte auf die sehr erfreuliche Entwicklung bei der Zahngesundheit der Kinder hinweisen, die Sie selbst einmal in einem Ihrer Anträge erwähnt haben. 1997/1998 waren rund 36 Prozent der Milchzahngebisse von Erstklässlern gesund und 2007/2008 waren es immerhin 46 Prozent. Das ist in zehn Jahren eine Steigerung um 10 Prozentpunkte. Ich möchte nicht sagen, dass wir damit am Limit angekommen sind – es geht sicher noch besser –, aber ich möchte, dass das zur Kenntnis genommen und darauf auch eingegangen wird.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Sie gehen in Ihrem Eingangstext nur pauschal darauf ein, dass aus Berichten zur Kindergesundheit nicht unerhebliche gesundheitliche Probleme und Entwicklungsverzögerungen hervorgehen. Ich hätte es schön gefunden, wenn Sie etwas konkretisiert hätten, welche Berichte und auch welche gesundheitlichen Probleme Sie meinen,

(Beifall bei der GAL und der CDU)

damit wir hier über das Gleiche diskutieren, denn bei der Zahngesundheit hat es deutliche Fortschritte gegeben.

(Thomas Böwer)

(Zuruf von Carola Veit SPD)

Wenn ich mir den von Frau Fischer schon erwähnten Bericht "Kindergesundheit in Hamburg" aus dem Jahr 2007 anschaue, dann zieht der Senat dort das Fazit,

(Carola Veit SPD: Er kürzt!)

dass sich die Lage in Sachen Impfschutz, Vorsorgeverhalten und Verhütung von Unfällen deutlich verbessert hat. In den Bereichen Übergewicht, psychische Auffälligkeiten und Allergien besteht hingegen deutlicher Handlungsbedarf. Ich würde mich freuen, wenn Sie diese Differenzierung zur Kenntnis nehmen und nicht alles über einen Kamm scheren würden.

Der Kindergesundheitsbericht von 2007 vergleicht die Daten von 1995/1996 mit denen von 2005/2006. Das ist ein Untersuchungszeitraum von zehn Jahren, der aus meiner Sicht auch sinnvoll erscheint, um wirklich valide Ergebnisse zu produzieren. Wenn man den Untersuchungszeitraum verkürzt, das wurde bereits angesprochen, dann besteht immer die Gefahr, kurzzeitige Phänomene zu entdecken und hoch zu stilisieren, die bei einem längeren Untersuchungszeitraum als irrelevant verschwinden würden.

Wir können gern darüber diskutieren, ob der Senat die ihm vorliegenden Zahlen 2011 so, wie von Ihnen gefordert, aufbereitet oder nicht. Aber ich bin da skeptisch, denn das kann man nicht jedes Jahr machen. Ich halte das für wenig sinnvoll, damit kann man eine Menge Arbeitskraft in der Behörde binden, die dann an anderen Stellen fehlt,

(Beifall bei der GAL und der CDU)

und die Daten, die man bekommt, sind leider wenig aussagekräftig.

Welcher Berichtszeitraum geeignet ist, um aussagekräftige Ergebnisse zu bekommen, aus denen man dann auch Rückschlüsse ziehen kann, darüber kann man sicher trefflich streiten. Das ist eine Diskussion im Ausschuss wert und darauf lassen wir uns auch gerne ein.

Ich möchte allerdings darauf hinweisen, dass die Berichtslage nicht so dürftig ist, wie Sie es in Ihrem Antrag glauben lassen wollen. Neben dem 2007 veröffentlichen Bericht "Kindergesundheit in Hamburg" gibt es beispielsweise noch einen Kurzbericht des Senats zu Entwicklungsauffälligkeiten bei Kindern von 2008 und den Bericht "Basisinformationen zur Gesundheit" von 2009, in dem viel zur Kindergesundheit steht. Außerdem gibt es – Sie haben selbst daraus zitiert – in regelmäßigen Abständen die Gesundheitsberichte der einzelnen Bezirke. Die Datenlage ist also durchaus nicht so miserabel, wie Sie es glauben machen wollen.

Auch auf einen anderen Punkt möchte ich noch zu sprechen kommen. Im Schulgesetz – Sie haben es

erwähnt – ist verankert, dass die Sorgeberechtigten über die Ergebnisse aller schulärztlichen Untersuchungen informiert und auf notwendige oder empfehlenswerte Maßnahmen der Gesundheitsförderung hingewiesen werden.

(Carola Veit SPD: Und dann? – Thomas Bö- wer SPD: Wir kennen das Gesetz, Frau Kol- legin!)

Ein Ziel der Untersuchungen ist es außerdem, für alle Untersuchungswilligen Untersuchungsangebote bereitzuhalten. Diese Untersuchungen sind keine Pflicht. Es zeigt sich, da gebe ich Ihnen recht, dass selbst da, wo alle Stellen besetzt sind und die Untersuchungen regelmäßig stattfinden, längst nicht alle Kinder an ihnen teilnehmen. Man kann auch noch einmal im Ausschuss diskutieren, ob wir Maßnahmen ergreifen müssen, um die Teilnahmequote gerade an den ersten schulärztlichen Untersuchungen deutlich zu steigern, oder ob nicht möglicherweise unnötige Doppeluntersuchungen vorgenommen werden. Das kann diese Debatte nicht leisten, aber das können wir im Ausschuss diskutieren und da zu einer differenzierten Bewertung kommen.

Ich möchte gleichzeitig aber noch einmal an Sie appellieren, den Schulärztlichen und den Schulzahnärztlichen Dienst nicht als allein seligmachendes Instrument zur Verbesserung der Kindergesundheit darzustellen. Natürlich ist er ein Baustein und er ist ein wichtiger Baustein, aber er kann immer nur einer von vielen sein. Frau Fischer hat bereits auf diverse Projekte gerade im frühkindlichen Bereich hingewiesen.

(Thomas Böwer SPD: Sagen Sie mal was zu Wandsbek!)

Auch die Schulverpflegung wird dabei eine immer größer werdende Rolle spielen. In diesem Bereich haben wir das "Hamburger Netzwerk Schulverpflegung" der HAG

(Thomas Böwer SPD: Noch ein Jahr Schwarz-Grün und die Kinder können nicht mehr beißen!)

und von der Schulbehörde gibt es sich stetig weiterentwickelnde Bildungspläne zur Gesundheitsförderung, die sich auch mit den Themen Verbraucherkompetenz und ausgewogene Ernährung beschäftigen.

(Glocke)

(unterbre- chend) : Die Rednerin hat das Wort.

– Sie müssen mir schon zuhören, um qualifizierte Zwischenrufe machen zu können.