Protocol of the Session on September 30, 2010

Das Wort bekommt Frau Möller.

Es macht sich Unruhe im Saal breit. Ich wollte nicht so massiv in diese wunderbar entspannte Debatte eingreifen. Frau Blömeke hat diese Debatte nicht angeheizt und ich wollte einen weiteren Punkt richtigstellen. Es ist mitnichten so, Herr Yildiz, dass, weil jemand Migrant oder Hartz-IV-Empfängerin oder -Empfänger ist, er oder sie keinen Anspruch auf einen Hortplatz für seine Kinder hat. Dies richtet sich lediglich danach, ob die Eltern berufstätig sind oder nicht. Das ist ein feiner, aber wichtiger Unterschied.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Herr Yildiz, bitte.

Herr Präsident, ich wollte mich eigentlich nicht melden, aber, Frau Möller, was das Kita-Gutscheinsystem betrifft, haben Sie selbst gesagt, wenn Eltern arbeiten, bekommen sie den Gutschein, aber wenn Eltern nicht arbeiten, bekommen sie ihn nicht.

(Antje Möller GAL: Sie stigmatisieren eine Bevölkerungsgruppe und das ist unanstän- dig!)

Das gilt auch für die Kinder, die aus Hartz-IV-Familien kommen, bei denen ein Elternteil nicht arbeiten kann.

Einen anderen Punkt möchte ich noch klarstellen. Zur Gebührenerhöhung hat Senator Wersich, als wir ihn im Ausschuss fragten, was mit dem Geld passieren würde, deutlich gemacht, dass es wieder zurück in die Kitas fließen wird in Form von Kita-Ausbau. Das habe ich vorhin gemeint, Herr Müller, als ich gesagt habe, auf Kosten der Eltern werde der Kita-Ausbau betrieben. Ich finde den Kita-Ausbau nicht falsch, sondern ich finde es nicht richtig, dass dies auf Kosten der Eltern gehen soll.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir kommen dann zur Abstimmung.

Wer einer Überweisung der Drucksachen 19/7084 (Neufassung) und 19/7408 an den Familien-, Kinder- und Jugendausschuss zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Dann ist das mit Mehrheit abgelehnt.

Dann lasse ich in der Sache abstimmen, zunächst über den Antrag der Fraktion DIE LINKE, Drucksache 19/7408. Die SPD-Fraktion möchte diesen Antrag ziffernweise abstimmen lassen.

Wer der Ziffer 1 des Antrags aus der Drucksache 19/7408 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist dann mehrheitlich abgelehnt.

Wer schließt sich der Ziffer 2 an? – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Auch dies ist mehrheitlich abgelehnt.

Wer der Ziffer 3 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Auch dies ist mehrheitlich abgelehnt.

Wer die Ziffer 4 annimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

(Carola Veit)

Wer möchte die Ziffer 5 beschließen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dies ist mehrheitlich abgelehnt.

Wer der Ziffer 6 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Ziffer 6 ist damit mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Wer möchte die Ziffer 7 annehmen? – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Dann ist auch die Ziffer 7 mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Wer nun dem Antrag der SPD-Fraktion aus der Drucksache 19/7084 (Neufassung) zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Dies ist mehrheitlich abgelehnt worden.

Meine Damen und Herren! Ich rufe dann den Tagesordnungspunkt 18 auf, Drucksache 19/7192, Senatsmitteilung: Information über den Sachstand zur Öffnung der Berufszugänge zur Berufsfeuerwehr aufgrund des Ersuchens der Bürgerschaft vom 19. August 2009.

[Senatsmitteilung: Information über den Sachstand zur Öffnung der Berufszugänge zur Berufsfeuerwehr auf Grund des Ersuchens der Bürgerschaft vom 19. August 2009 – Drucksache 19/3870 – – Drs 19/7192 –]

Meine Damen und Herren! Die Fraktionen sind übereingekommen, eine Debatte hierzu nicht zu führen.

Ich stelle deshalb fest, dass die Bürgerschaft von der Drucksache 19/7192 ohne Aussprache Kenntnis genommen hat.

Ich rufe auf den Punkt 41 der Tagesordnung, Drucksache 19/7283, Antrag der Fraktion DIE LINKE: Abzug Hamburger Polizeibeamter aus Afghanistan!

[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Abzug Hamburger Polizeibeamter aus Afghanistan! – Drs 19/7283 –]

Diese Drucksache möchte die Fraktion DIE LINKE an den Innenausschuss überweisen.

Das Wort wünscht Frau Schneider. Sie haben das Wort, bitte schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Bundespolizeigesetz schreibt zwingend vor, dass der Bundestag über die Entsendung von Bundespolizisten zu polizeilichen Auslandsmissionen zu unterrichten ist.

(Erste Vizepräsidentin Barbara Duden über- nimmt den Vorsitz.)

Zwar gibt es keine vergleichbare Regelung auf Landesebene, doch es ist nach unserer Auffassung politisch nicht nur wünschenswert, sondern notwendig, dass der Senat die Bürgerschaft über die Beteiligung Hamburger Polizeibeamter an Auslandsmissionen und konkret an der Polizeimission in Afghanistan unterrichtet. Das hat er bisher nicht getan, obwohl er die Verantwortung dafür trägt, dass derzeit drei Hamburger Polizeibeamte in Afghanistan in einem gefährlichen Einsatz sind.

Anders als beim vormaligen Innensenator Ahlhaus, der die deutsche Polizeimission im März als – Zitat –

"…trotz damit verbundener Risiken – richtig und wichtig"

bezeichnete, stößt der Polizeieinsatz in Afghanistan bei den Gewerkschaften und Verbänden der Polizei auf Zweifel und zunehmend auch auf deutliche Kritik. So äußerte der Bund Deutscher Kriminalbeamter in einer Pressemitteilung am 5. Februar 2010 – Zitat –:

"Wir müssen uns ehrlich fragen, ob in dieser Mission die Bedingungen für einen zivilpolizeilichen Missionseinsatz noch gegeben sind und ob das enorme Risiko in vernünftiger Relation zum dürftigen Ergebnis steht."

In einem Positionspapier spricht der BDK offen von einem Desaster. Die Bundespolizeigewerkschaften im Deutschen Beamtenbund bekräftigten am 12. Februar 2010 ihre Position – Zitat –,

"…dass der Einsatz von Polizeikräften nur in befriedeten Gebieten stattfinden kann."

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, wurde am 17. Juli 2010 in der NDR-Sendereihe "Streitkräfte und Strategien" mit der deutlichen Aussage zitiert – ich zitiere –:

"Wir haben in Bürgerkriegsgebieten nichts zu suchen. Das sage ich ausdrücklich. Wir sind keine paramilitärische Einheit und wir wollen es auch nicht sein, ganz ausdrücklich."

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte vier Gründe für unsere Forderung anführen, die Hamburger Polizeibeamten aus Afghanistan zurückzuziehen.

Erstens: Afghanistan ist de facto Kriegsgebiet. Ob man direkt von Krieg spricht oder, wie Außenminister Westerwelle, von einem "bewaffneten Konflikt im Sinne des humanitären Völkerrechts", in weiten Teilen des Landes, auch im Norden, herrschen zumindest kriegsähnliche Zustände. Die Bedingungen des Krieges beziehungsweise des bewaffneten Konflikts, an dem die Bundesrepublik Deutschland an vorderer Front beteiligt ist, stellen die Aufgabe der deutschen Polizeimission, zivilpolizeiliche Strukturen aufzubauen, infrage. Etwas anderes als

(Vizepräsident Wolfhard Ploog)

den Aufbau zivilpolizeilicher Strukturen kommt aber aus rechtlichen – und unseres Erachtens auch aus politischen – Gründen überhaupt nicht infrage. Die in Afghanistan herrschenden Bedingungen bedeuten darüber hinaus für die eingesetzten Polizeibeamten ein unvertretbar hohes Risiko. Deshalb unterstützen wir auch die Position der Brandenburger Landesregierung, die sich aus diesen Gründen nicht mehr an der Polizeimission beteiligen will. Solange die Bundesregierung sich weigert zu handeln, sind die Bundesländer gefragt, ihre Verantwortung gegebenenfalls im Alleingang wahrzunehmen.

Zweitens: Wir sehen die Militarisierung der Polizeiarbeit im Zusammenhang mit dem Afghanistaneinsatz außerordentlich kritisch. Die Bundesrepublik beteiligt sich mit dem bilateralen Deutschen Polizeiprojektteam und auf multilateraler Ebene an der EU-Polizeimission EUPOL. Obwohl viele Nationen und internationale Organisationen in die Polizeiausbildung in Afghanistan involviert sind, gibt es keine von allen Beteiligten getragene zivilpolizeiliche Konzeption, im Gegenteil. Die USA und NATO auf der einen Seite und unter anderem die Bundesrepublik Deutschland auf der anderen Seite verfolgen bei der Polizeiausbildung sehr unterschiedliche Ansätze. Die USA und NATO verfolgen – ich zitiere die Bundesregierung –

"…ein Gesamtkonzept […] aus Armee und Polizei",

während die Bundesrepublik und die EU einen zivilpolizeilichen Ansatz verfolgen. Tatsächlich jedoch dominiert die militärische Seite, das zeigen schon die Größenverhältnisse. Im Auftrag der NATO und des US-Verteidigungsministeriums sind 2500 Polizeiausbilder tätig. Dazu kommen 500 Ausbilder des vom US-Außenministerium beauftragten privaten Sicherheitskonzerns Blackwater. Im Auftrag von EUPOL sind, Stand Juli 2010, 284 Polizeibeamte in Afghanistan tätig, im Rahmen des Deutschen Polizeiprojektteams rund 200. Ihr Einfluss auf das Ausbildungskonzept ist gering. Die Polizeimission der NATO ist mit der US-Militärdienststelle Vereinigtes Sicherheitskommando praktisch fusioniert. Sie koordiniert die Ausbildung auf Distriktebene und kümmert sich um die materielle Ausstattung. Die US-Militärdienststelle erarbeitet unter anderem den Lehrplan. In der Realität gliedert sich der deutsche Beitrag zum Aufbau der afghanischen Polizei also in ein Konzept ein, in dem das Militärische dominiert. Dem militärischen Ansatz der USA und NATO zufolge soll die afghanische Polizei als zusätzliche Bürgerkriegstruppe rekrutiert werden. Das lässt sich mit der Aufgabenstellung der Polizeimission und dem Berufsbild der deutschen Polizei nicht vereinbaren.

In der Antwort auf eine Große Anfrage der Linksfraktion rechtfertigte die Bundesregierung die Mili

tarisierung der Polizeiausbildung ausdrücklich. Die afghanische Polizei benötige – ich zitiere –

"…robustere Elemente als eine Polizei nach europäischen Maßstäben. Dazu gehört auch eine modulare Ausbildung im militärischen Sinne."