Protocol of the Session on May 29, 2008

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Das Wort hat Frau Gregersen. Bevor Sie beginnen, habe ich noch einen Hinweis an unsere Damen und Herren auf der Zuschauertribüne. Ich möchte darauf hinweisen, dass Beifallsbekundungen nicht erlaubt sind. Vielen Dank für Ihr Verständnis.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Armut macht perspektivlos und Armut grenzt aus. Von daher ist es unsere Aufgabe, Armut zu bekämpfen. Es ist unsere Aufgabe, Wege aufzuzeigen, die aus Armut herausführen und dieses sollten wir gemeinsam erarbeiten. Jeder Mensch soll in Würde leben dürfen, das steht schon in unserem Grundgesetz.

Deshalb ist eine Analyse sehr wichtig und wir brauchen gezielte Maßnahmen. Ich sagte schon ein paarmal an dieser Stelle, dass wir nicht ohne Analyse herumdoktern dürfen, sondern eine gezielte Analyse erstellen und dann gezielte Maßnahmen ergreifen müssen.

(Uwe Grund)

(Beifall bei der GAL und bei Elisabeth Baum DIE LINKE)

Wir haben in unserem Koalitionsvertrag Maßnahmen stehen, die mir sehr wichtig waren und wo ich auch dem Koalitionsvertrag zustimmen konnte. Dies sind der kostenlose Mittagstisch, das Sozialticket, die Hilfe zur Vermeidung von Wohnungsverlust und bessere Hilfe für obdachlose Menschen. Es sind viele Maßnahmen für psychisch Kranke oder aufsuchende Hilfen drin und das sind die Punkte, die wir brauchen, die uns jetzt schon auf der Hand liegen und die wir umsetzen müssen.

Aber wir müssen natürlich noch viel tiefer gucken, dafür ist ein Armutsbericht wichtig und diesen müssen wir erarbeiten. Deshalb haben wir, wie auch schon all die Jahre zuvor, einen Armutsbericht gefordert. Er heißt jetzt Lebenslagenbericht und wird in diese Richtung gehen. Er wird erweitert und die Aspekte Armut und Reichtum mit behandeln,

(Wolfgang Rose SPD: Reichtum ist da drau- ßen!)

er wird die Lebenslagen von Migranten mit berücksichtigen, er wird auf Jugendliche und Integration eingehen, er wird Arbeitseinkommen oder Arbeitsarmut mit berücksichtigen. Von daher verdient er auch den Namen Armutsbericht.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Aber das hat der CDU-Kollege ganz anders gesagt!)

Frau Schneider, dann fragen Sie den CDU-Kollegen, nicht mich bitte.

Da wir dieses umsetzen wollen und es handlungsorientiert und auch praktikabel sein soll, ist es für mich besonders wichtig, die Akteure aus dem Sozialbereich alle mit einzubeziehen, denn wir können es nicht als Politiker alleine umsetzen. Das ist eine zu große Aufgabe, da sind die Spezialistinnen und Spezialisten in der Stadt mit gefordert und deshalb freue ich mich auch, dass wir das gemeinsam machen wollen.

(Beifall bei der GAL)

Wenn uns gerade die praktikablen Handlungsansätze so wichtig sind, dann wundere ich mich schon, wo eigentlich die praktikablen Vorschläge aus der Links-Partei sind. Wenn da steht, weg mit Hartz IV oder man macht nur eine Montagsdemo, dann frage ich mich, wie das Armut verhindern kann.

Herr Joithe-von Krosigk, Sie sprachen noch etwas an und es steht mir vielleicht gar nicht zu, hier diese Rolle einzunehmen. Aber dass Ole von Beust in der "Alimaus" war, fand ich gut und wissen Sie auch warum.

(Beifall bei der GAL und der CDU – Bülent Ciftlik SPD: Warum fanden Sie das gut?)

Ich habe hier viele Jahre Sozialpolitik gemacht und viele Sozialprojekte in Hamburg besucht und sie sind vielfältig. Ich habe das Projekt "Alimaus" besucht und war total begeistert von der Warmherzigkeit und der Arbeit, die dort geleistet wird. Aber da Sie, Herr Grote, auch aus Hamburg-Mitte sind, wissen Sie, dass der Bebauungsplan, der vielleicht irgendwann realisiert wird, die "Alimaus" dort nicht mehr mit drauf hat.

(Andy Grote SPD: Dann müssen Sie auch wissen, dass Alimaus gar nicht in Mitte liegt!)

Sie können sich gleich zu Wort melden. – Ich habe Schwester Gerharda, die dieses Haus betreibt, gesagt, wenn Sie hier bleiben möchten, dann laden Sie doch einmal den Bürgermeister ein. Er ist dort gewesen und hat es sich angeguckt und vielleicht hilft es der "Alimaus" als auch den Menschen in dieser Stadt. Sie sollten nicht immer nur kritisieren, sondern das vielleicht auch einmal zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Also machen wir jetzt einen Lebenslagenbericht, setzen ihn gemeinsam um und ich würde mich freuen, wenn Sie bei der Armutsbekämpfung mitarbeiten würden und nicht einfach aus Oppositionsgründen immer nur sagen, das ist alles schlecht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort erhält Frau Baum.

Herr Präsident, liebe Abgeordneten! Ich finde es schon sehr traurig, dass wir in Hamburg, in einer der reichsten und schönsten Städte überhaupt, von Armut sprechen müssen.

(Beifall bei der LINKEN – Christiane Schnei- der DIE LINKE: Richtig!)

Wir müssen von Armut sprechen, weil der vielgepriesene Aufschwung die Armen dieser Stadt noch nicht erreicht hat, und wir müssen daran arbeiten, dass dieser Aufschwung, in welcher Form auch immer, diese Menschen erreicht.

(Olaf Böttger CDU: Weil Sie die anderen Länder ruiniert haben!)

Diese Armen in den Quartieren sind auf Hilfe der Politik angewiesen, die die Rahmenbedingungen schafft, damit diese Menschen an der Gesellschaft teilhaben können. Damit das funktionieren kann, brauchen wir schnellstmöglich detaillierte Angaben wie zum Beispiel einen Sozial- oder Armutsbericht, damit wir aktuell alles aufgelistet bekommen, was in den einzelnen Quartieren von Bedeutung ist. Darum unterstützen wir natürlich die Bestrebungen

(Martina Gregersen)

der SPD und der Gewerkschaften, die auch schon längere Zeit einen Armuts- und Reichtumsbericht fordern.

So sagt zum Beispiel die Unicef-Studie aus, dass die Kinderarmut in dieser Stadt und auch im Bundesgebiet erheblich schlimmer ausfällt, als im Bericht von Bundesarbeitsminister Scholz zu lesen war. Demnach lebt in Deutschland jedes sechste Kind unterhalb der Armutsgrenze.

Ich zitiere aus dem "Hamburger Abendblatt" von Anfang dieser Woche:

"Der Bericht des Uno-Kinderhilfswerks Unicef kritisierte, dass Deutschland das Wohlergehen von Kindern nicht als zentralen Maßstab für die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft ansehe."

Und jetzt frage ich Sie: Sind Kinder unsere Zukunft?

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat Herr Kienscherf.

(Wolfgang Beuß CDU: Der gibt jetzt die Ant- wort!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich wollte mich eigentlich gar nicht zu Wort melden,

(Vereinzelter Beifall bei der GAL und Zurufe von der CDU)

weil ich es richtig finde, gemeinsam im Sozialausschuss das Thema Armuts- oder Lebenslagenbericht zu diskutieren. Aber, Frau Gregersen, Sie haben zwei, drei Dinge gesagt, die man nicht einfach so im Raum stehen lassen kann.

Wenn Sie zu Herrn Grote sagen, er müsse sich bei der "Alimaus" auskennen, weil die "Alimaus" schließlich im Bezirk Hamburg-Mitte sei, dann muss ich Ihnen leider mitteilen, dass das nicht im Bezirk Hamburg-Mitte liegt, sondern im schönen Bezirk Altona

(Beifall bei der SPD)

und ich glaube, der Bezirk Altona wird schwarzgrün regiert. Von daher wären Sie eigentlich der richtige Ansprechpartner. Da haben Sie ein bisschen die räumliche, vielleicht auch die politische Orientierung verloren.

(Jörg Hamann CDU: Sie sind ja so klug, Herr Kienscherf!)

Herr Hamann, kommen Sie doch einfach nach vorne. Ihre Reden haben immer einen hohen Unterhaltungswert und von daher wären wir alle sehr gespannt darauf.

Frau Gregersen, ich habe Sie bisher immer so verstanden – vielleicht hat sich das auch geändert –, dass wir unter Sozialpolitik nicht verstehen, dass der Bürgermeister zu einem Haus geht, in dem es kostenloses Mittagessen gibt, sondern unser Anspruch an eine Sozialpolitik ist doch gerade, dass es gar nicht mehr notwendig sein soll, dass die Menschen dort hingehen; das wollen wir doch.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Ich kann die GAL nur davor warnen, auch in diesem Bereich einen Schwenk zu machen, der sich bei Frau Möller gestern schon angekündigt hat. Wo es bisher hieß, der Senat wolle eine seniorengerechte Stadt schaffen, heißt es jetzt nur noch, eine seniorenfreundliche Stadt. Erinnern Sie sich daran, womit Sie vier Jahre lang durch die Gegend gelaufen sind. Da war viel Wahres dran, dafür haben wir Sie auch geschätzt.

(Zurufe von der CDU: Oho! Oho!)

Machen Sie da weiter und lassen Sie nicht alles nur aus reinem Machtwillen hinten runterfallen. – Vielen Dank.