Dirk Kienscherf
Appearances
19/3
19/6
19/7
19/9
19/10
19/11
19/12
19/13
19/14
19/15
19/23
19/25
19/26
19/27
19/30
19/33
19/35
19/37
19/40
19/41
19/42
19/43
19/46
19/47
19/53
19/54
19/55
19/56
19/58
19/62
19/63
19/64
19/66
19/69
Last Statements
– Nun seien Sie mal ganz ruhig. Genießen Sie die letzten Wochen hier im Hause
und dann sehen wir weiter.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte zwei, drei Anmerkungen machen.
Sie sollten einfach einmal die Realitäten in dieser Stadt wahrnehmen, auch beim Thema Wohnungslosigkeit. Das würde der CDU ganz gut anstehen.
Ich will an das anschließen, was Herr Joithe zu der Bunker-Situation ausgeführt hat. Das wurde so medienwirksam aufbereitet: Der Senator, der den Notleidenden großzügig eine Unterkunft zur Verfügung stellt; das hatte so etwas richtig Vorweihnachtliches.
Dass sich diese ganze Misere schon über Wochen und Monate angedeutet hatte, haben Sie verschwiegen. Ich finde, Sie sollten da ein bisschen bescheidener auftreten.
Wir haben in diesem Haus doch schon mehrere Male über die Verengung des Wohnungsmarktes
gesprochen, über die drohende Zunahme von Wohnungslosigkeit und über die unhaltbaren Zustände in den Wohnungen von Herrn Kuhlmann. Und da war es leider so, dass von beiden Seiten des Hauses, links wie rechts, immer kam, es sei doch alles wunderbar und eigentlich größtenteils in Ordnung. Das war es nicht. Da hat sich das schon angedeutet, und von daher haben Sie auch ein wenig selber heraufbeschworen, dass es zu diesen krisenhaften Zuständen gekommen ist, die auf keinen Fall zu akzeptieren sind.
Auch zu Ihnen eine Anmerkung, Frau Gregersen. Das, was Sie vorhin über diese 3000 Wohnungen gesagt haben, hört sich zwar ganz gut an, aber schauen wir uns doch einmal an, um welche Wohnungen es sich dabei handelt. Es handelt sich um Wohnungen der SAGA und da geht es darum, bei Mieterwechseln keine Bindungen zu verlieren. Das primäre Ziel ist nicht, diese Wohnungen lang- oder mittelfristig mit Wohnungslosen zu belegen, sondern das ist ein ganz anderer Bereich.
Deshalb ist unser Konzept richtig. Wir wollen die Kooperation mit der Wohnungswirtschaft stärken und wir wollen vor allem trägerbegleitete Maßnahmen, bei denen Träger Wohnungen anmieten. Man muss die Angst der einzelnen Vermieter einfach zur Kenntnis nehmen, die sagen, wir wissen nicht, wie sich das mit diesem Mieter in meinem Haus entwickeln wird, und ihnen diese Angst nehmen, indem man einen Träger zwischenschaltet. Es würde in weiten Teilen der Wohnungswirtschaft großen Anklang finden, wenn die Stadt in diesem Sinne auf sie zugehen würde. Das ist unterblieben, da hätte man viel mehr machen müssen und das sieht unser Antrag jetzt vor. Wir wollen, dass gerade im Bereich der trägerbegleiteten Maßnahmen und der Anmietung von Wohnungen mehr passiert. Das haben diese Menschen bitter nötig und da ist ein riesiges Potenzial. Von daher kann ich Sie nur auffordern, unserem Antrag zuzustimmen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Heute befasst sich die Hamburgische Bürgerschaft – Frau Blömeke hat sonst immer aufgestöhnt, wenn es zum Thema Pflege kam – einmal wieder mit dem Thema Pflege.
Sie haben sich gefreut.
Aber wir befassen uns natürlich nicht deswegen damit, weil wir keine anderen Themen haben, sondern weil es ein Themenfeld ist, das wirklich einer starken Beachtung bedarf und bei dem vieles im Argen ist. Herr Sozialsenator Wersich hat in vielen Bereichen der Pflege – das muss man heute leider feststellen – bitter versagt.
Da geht es zum einen um das Thema des Fachkräftemangels, der zu spät erkannt worden ist. Da
geht es um die Überführung, den damaligen Verkauf der städtischen Pflegeheime und die dadurch entstandenen erheblichen Kostenbelastungen für die Bewohner. Da geht es aber auch darum, dass der Landesplan der pflegerischen Gesamtversorgung mehr oder minder zusammengestutzt wurde und dass es insgesamt bis heute kein klares Konzept für die Hamburger Pflege gibt. Wir Sozialdemokraten sagen ganz deutlich, dass verantwortungsvolle Politik für die Menschen in dieser Stadt anders aussieht.
Dass man verantwortungsvolle Politik in dieser Stadt machen kann, aber dass dies nicht von Senatsseite, sondern von anderer Seite passiert, konnte man auch im Bereich von Pflege feststellen. Im Zusammenhang mit der Überführung des Heimrechtes in die Zuständigkeit der Länder, die 2006 im Rahmen der Föderalismusreform stattgefunden hat, muss man heute feststellen, dass wir in Hamburg vier Jahre, nachdem dies geschehen ist, noch immer kein Gesetz haben, das letztendlich mit Leben gefüllt ist. Auch hierfür trägt der Senator die volle politische Verantwortung, auch hier hätten wir uns durchaus eine andere Politik vorgestellt.
Was aber geklappt hat, und das wollen wir als Sozialdemokraten auch positiv erwähnen, ist, dass wir beim Wohn- und Betreuungsqualitätsgesetz seitens der Bürgerschaft gut zusammengearbeitet haben. Wir haben Anhörungen durchgeführt, uns in den Fraktionen ausgetauscht und das Gesetz, das letztendlich von der Behörde vorgelegt worden ist, an der einen oder anderen Stelle korrigiert. Das war ein deutliches Signal auch an die Menschen in dieser Stadt, dass, wenn wir als Bürgerschaft etwas gemeinsam wollen, man auch im Bereich der Pflege etwas bewirken kann. Wir haben das jedenfalls als guten Ansatz gesehen und wollen uns noch einmal recht herzlich dafür bedanken, meine Damen und Herren.
Was in dieser Anhörung deutlich wurde, war, dass man insbesondere hinsichtlich des Personaleinsatzes und der Qualifikation stark darauf achten muss, wie sich bestimmte Dinge in Hamburg weiterentwickeln und wie diese geregelt worden sind. Ich möchte da einen zentralen Punkt nennen. In den Beratungen ging es insbesondere auch darum, wie sich die sogenannte Fachkraftquote zukünftig in Hamburg entwickeln wird. In der Anhörung gab es bei den Experten durchaus unterschiedliche Ansichten, wie starr eine solche Fachkraftquote sein muss und wie man sie ausgestalten kann, aber sie waren sich alle einig, dass diese Fachkraftquote immens wichtig ist. Wir Sozialdemokraten – das kann man wunderbar in der Drucksache nachlesen – haben dann nach der Anhörung noch einmal beim Senat nachgefragt, wie es
eigentlich hinsichtlich dieser Fachkraftquote aussehe, die in Hamburg bei 50 Prozent liegt. Dazu hatte der Senat leider in den bisherigen Beratungen nichts gesagt und wir haben uns eine deutliche Aussage dahingehend gewünscht. Der Senat, das kann man nachlesen, hat auch entsprechend geantwortet und gesagt, dass er an dieser Fachkraftquote von 50 Prozent festhalten wolle. Das haben alle so wahrgenommen und wir alle haben uns dann darauf eingelassen, ein Gesetz zu beschließen und gleichzeitig den Senat hinsichtlich Personalausstattung, baulicher Änderungen und hinsichtlich der Verwaltungsanforderungen zu ermächtigen, Näheres in den sogenannten Rechtsverordnungen zu regeln. Unser aller Wunsch war damals, und das haben wir alle mitgenommen, dass der Senat sehr verantwortungsvoll mit dieser Ermächtigung umgeht und sich daran erinnern wird, dass er dem Parlament zugesagt hat, an der Fachkraftquote von 50 Prozent festzuhalten. Und was haben wir gelernt? Mehrere Monate später und nachdem sich die Diskussion um die fehlenden Fachkräfte in dieser Stadt verstärkt hatte, hat Herr Senator Wersich in einer Nacht-und-NebelAktion auf einmal versucht, sich des Fachkräfteproblems dank eines Taschenspielertricks zu entledigen. Er hat die Fachkraftquote zwar beibehalten, aber er hat das Thema Fachkräfte einfach neu definiert. Das ist Trickserei, das lehnen wir ab und so geht man nicht mit der Qualität von Pflege in Hamburg um.
Das war schon hanebüchen, was wir da erleben mussten.
Man hat es selbst nicht geglaubt, als man es zum ersten Mal gelesen hat. Bisher war die klare Regelung in dieser Stadt, dass die ausgebildeten Altenoder Krankenpfleger auf diese Fachkraftquote von 50 Prozent angerechnet werden, und auf einmal sollten auch die Assistenz- und Helferkräfte dazu zählen. Auf einmal hätten wir in Hamburg kein Problem mehr mit den 50 Prozent Fachkräften und mit offenen Stellen gehabt, wir hätten auf einmal sogar eine Fachkraftquote von 80 Prozent gehabt. Auf dem Papier wäre das alles wunderbar gewesen. In der Realität hätte sich aber nichts geändert und das ist das Fatale. Nach außen hin ist das ein absoluter PR-Gag, aber es hat nichts damit zu tun, dass sich irgendetwas an der Qualität von Pflege verändert hätte und dass es irgendein Konzept gegeben hätte, das dazu geführt hätte, dass Pflege in dieser Stadt zukunftssicher geworden wäre. Nein, es hätte sogar letztendlich dazu geführt, dass die Qualität deutlich abgesenkt worden wäre. So kann man mit den Menschen und den Problemen in dieser Stadt nicht umgehen.
Es war schon interessant, wie der Senator auf unsere Kritik reagiert hat. Er hat davon gesprochen, dass die Opposition wieder alles missverstanden habe, das sei eigentlich nur im Sinne der Beschäftigten gewesen und man solle das alles nicht so ernst nehmen. Wochen später haben alle Verbände, Herr von Frankenberg hat das auch mitbekommen, ihre Stellungnahme abgegeben. Die Pflegekassen haben ganz deutlich gesagt, dass dies letztendlich der Ausstieg aus der Qualität von Pflege sei und zukünftig dazu führen könne, dass in einigen Einheiten nur noch eine qualifizierte Kraft arbeite. 50 Prozent der zukünftig eingesetzten Kräfte müssten nicht einmal mehr aus dem Pflegebereich kommen. Die Wohlfahrtsverbände haben es abgelehnt und die Arbeitnehmer haben sich kritisch dazu geäußert. All diese Leute haben letztendlich bestätigt, was wir Sozialdemokraten gesagt haben, dass dies der falsche Weg ist und Sie diese Verordnung stoppen müssen. Das haben Sie viel zu spät getan und wir wünschen uns, dass so etwas nicht wieder vorkommt. Das war kein Ruhmesblatt, sondern eher die Bankrotterklärung eines Sozialsenators.
Und wir haben noch viele andere Bereiche. Diese Verordnungen, so wie sie vorgelegt worden sind, haben gestrotzt vor inhaltlichen und sachlichen Fehlern, und gleichzeitig haben sie bestimmte Dinge vorgeschrieben, wodurch Wasserköpfe neu aufgebaut worden wären, aber auch hinsichtlich der Einrichtungsgrößen. Das hätte man alles nicht auf diesem Wege regeln können, sondern dafür hätte man eigentlich eine transparentere Beratung gebraucht. Das ist auch das Ziel unseres Antrags. Wir haben bei der Erarbeitung des Gesetzes wunderbar zusammengearbeitet und auf Bürgerschaftsebene ein gutes Gesetz hinbekommen. Wir haben den Senat damals ermächtigt, die Rechtsverordnungen, die letztendlich dieses Gesetz erst zum Leben erwecken, selbst zu erarbeiten, und wir alle und die Menschen in dieser Stadt sind bitter enttäuscht worden. Deswegen wollen wir Sozialdemokraten völlig unabhängig davon, wer den Senat stellt, dass zukünftig nicht die Verwaltung über die Qualität von Pflege und Einrichtungsstrukturen entscheidet, sondern dieses Parlament. Das Parlament soll nicht nur den Gesetzesrahmen stecken, sondern diese wichtigen Dinge, wie viele Fachkräfte konkret wo eingesetzt werden, wie Einrichtungen in dieser Stadt zukünftig aussehen sollen und welche Verantwortungs- und Verwaltungsstrukturen es gibt, sollen alle im Gesetz geregelt werden. Das bedeutet Transparenz, Verantwortung und vor allen Dingen gute Gesetze zum Wohle der Menschen in dieser Stadt und das sind wir den Menschen auch schuldig.
Wir machen jetzt wahrscheinlich aufgrund Ihres Wunsches noch einmal eine Schleife in den Ausschuss und werden uns dort noch einmal mit dem
Thema befassen. Manche von Ihnen mögen Einwände geltend machen nach dem Motto, man müsse nicht alles im Gesetz regeln, sondern sollte das eine oder andere in Verordnungen festlegen, weil es auch immer Änderungsbedarf gebe. Die Gespräche hierzu haben ergeben, dass es diesen Veränderungsbedarf in dem Bereich sehr selten gibt und wenn es ihn nach einigen Jahren geben sollte, dann ist das Parlament gut beraten, sich darüber zu verständigen und das dann entsprechend auch zu beschließen. Das ist der vernünftige Ansatz und nachdem nicht erreicht werden konnte, dass der Senat – wie es vorher versucht worden ist – eine gute Regelung schafft, sollte das Parlament seiner Verantwortung nachkommen. – Vielen Dank.
Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Herr von Frankenberg.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr von Frankenberg, Sie haben in der Tat relativ ausführlich die Historie, die einzelnen Änderungen und wie sich einzelne Beiträge verändern werden dargestellt. Das will ich nicht noch einmal alles wiederholen, das ist der Sache nicht dienlich. Gleichwohl will ich den Dank der Sozialdemokraten an die ÖRA und an die ehrenamtlich dort Tätigen wiederholen. Sie leisten wirklich eine wichtige Arbeit für einkommensschwache Haushalte und wir sind froh, dass diese wichtige Arbeit auch zukünftig fortgeführt werden kann.
Weil wir – jedenfalls im Sozialausschuss – eine große Einigkeit haben, will ich das nicht unnötig in die Länge ziehen. Lassen Sie mich aber ein, zwei Anmerkungen machen.
Das Gesetzesverfahren an sich kann man im Nachhinein als ein wenig unglücklich betrachten, um es nett auszudrücken. Wir alle wissen, dass der Senat im Juni dieses Jahres einen Gesetzentwurf zum ÖRA-Gesetz vorgelegt hat. Das ist an die Ausschüsse überwiesen worden und dann hat sich erst einmal relativ wenig getan. Die SPD-Fraktion hat sich diesen Gesetzentwurf sehr intensiv angeguckt, hat geschaut, welche Neuerungen es gibt und wie sie zu bewerten sind, auch das Thema, dass zukünftig Kosten erhoben werden. Wir haben gesagt, dass wir das als Fraktion mitmachen werden, weil auch wir glauben, dass es richtig ist, bestimmte Kosten zu erheben, dass es natürlich aber sozial verträglich geschehen muss.
Wir haben allerdings auch entdeckt – und das fanden wir nicht richtig –, dass in dieses Gesetz erstmalig der Tatbestand der Altersdiskriminierung eingebaut worden ist und dass zum ersten Mal vom
Senat deutlich gemacht worden ist, dass Menschen mit 70 Jahren keine ehrenamtliche Tätigkeit mehr ausüben dürfen. Vor dem Hintergrund der ganzen Diskussionen, die wir in den letzten Jahren und Monaten im Sozialausschuss, mit dem Justizsenator und auch dem Sozialsenator geführt haben, halten wir das für völlig unangemessen. Damals war das Signal richtig: Wir wollen in dieser Stadt seitens der Politik keinerlei Diskriminierungstatbestände schaffen, die dazu führen, ältere Menschen von bestimmten Tätigkeiten auszuschließen.
Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Mehrere Wochen lang lag dieser Gesetzentwurf herum, dann hat unsere Fraktion sich dazu geäußert und in diesem einen Punkt in der Tat gesagt: So geht es nicht. Sie, Herr von Frankenberg, haben wenige Stunden später – auch im Namen der GAL-Fraktion – darauf reagiert und gesagt, die Kritik der SPD hinsichtlich der Diskriminierung sei nicht haltbar und GAL und CDU hätten schon einen fertigen Antragsentwurf, der das Ganze letztendlich beheben würde. Also entweder ist es nicht haltbar oder man hat einen alternativen Antragsentwurf, beides kann nicht übereinstimmen, da müssen Sie sich beim nächsten Mal schon entscheiden.
Besonders verwundert hat uns dann die Beratung im Rechtsausschuss Anfang September, Wochen, nachdem Sie im Namen von GAL und CDU erklärt haben, Sie hätten einen Gesetzentwurf, der das Thema Altersdiskriminierung beseitigen würde. Wir waren doch sehr überrascht, als auf einmal im Rechtsausschuss gerade die Vertreter Ihrer Fraktion – Frau Spethmann an vorderster Front – erklärt haben, das sei alles richtig so und gerade sie finde es gut, dass es eine Altersbeschränkung gebe, gerade sie finde diesen Gesetzentwurf so gut, dass doch der gesamte Rechtsausschuss diesem Gesetzesverfahren erst einmal zustimmen solle. Gleichwohl hat man natürlich gesagt, dass es vielleicht noch eine Änderung im Sozialausschuss geben könne.
Was ist das eigentlich für eine Politik, zwei Wochen vorher zu sagen, man hätte einen Änderungsentwurf, der schon vorliege, der SPD vorzuwerfen, Kritik zu üben, die nicht angebracht ist, man wolle nachbessern und zwei Wochen später im Rechtsausschuss alle aufzufordern, diesem Gesetzentwurf, der die Diskriminierung vorsieht, zuzustimmen. Das ist doch keine ehrliche Politik, meine Damen und Herren.
Es ist natürlich gut gewesen – und dafür bedanken wir uns auch –, dass wir gemeinsam im Sozialausschuss dieses Senatspapier eingefangen haben. Sie haben im Rechtsausschuss noch ein Petitum der SPD-Fraktion abgelehnt, diese Bestandteile
letztendlich im Sozialausschuss wieder mit eingeführt, wofür wir Ihnen auch dankbar sind, und dem dann zugestimmt. Dann muss man aber auch Verständnis dafür haben, wenn die Bürgerinnen und Bürger sagen, dass es wohl nicht angehen könne, sich in dem einen Ausschuss so zu verhalten und in dem anderen so. Da muss es auch von Ihnen eine klare Linie geben, das würden wir uns zukünftig wünschen.
Noch einmal vielen Dank, Frau Gregersen, Sie brauchen sich gar nicht aufzuregen, wir haben das alles im Sozialausschuss wunderbar hinbekommen. Wir haben eine Koalition gehabt zwischen Linksfraktion und CDU und zwischen GAL und SPD, die alle gemeinsam dasselbe wollten, nämlich, dass dieser Diskriminierungstatbestand verschwindet.
Was ich aber besonders erstaunlich und betrüblich finde, ist die Haltung der Senatoren Herr Wersich und Herr Steffen. Insbesondere Herrn Steffen kennen wir, wie er nassforsch überall landauf und landab immer gegen Diskriminierung auftritt, immer für mehr Rechte oder für die gleichen Rechte für alle in diesem Land. Das ist richtig, aber dann erwarten wir auch zu Recht, dass, gerade wenn ein Problem ansteht, Sie das auch angehen. Herr Steffen hat im Ausschuss erklärt, dass er das Thema Diskriminierung und Altersdiskriminierung durchaus gesehen habe und auch mit seiner Arbeitsstelle Vielfalt diskutiert hätte, eine Arbeitsstelle, die für viel, viel Geld eingeführt worden ist und wo der eine oder andere die Wirkung bis heute immer noch nicht erfahren hat. Beim Bürger ist bis heute jedenfalls nichts angekommen.
In diesem Punkt, wo zum ersten Mal konkret in Hamburg das Thema zu beleuchten und abzuwägen war, führen wir erstmals ein Gesetz ein, das ganz deutlich macht, dass wir Menschen ab 70 Jahren zum Beispiel nicht mehr dabei haben wollen. An dieser Stelle haben Sie im Rechtsausschuss erklärt, das hätten Sie bewusst abgewogen und sich bewusst dafür entschieden, dieses beizubehalten. Und da sind Sie – das sehen viele Bürgerinnen und Bürger in dieser Stadt auch so – Ihrer Verpflichtung als Justizsenator und als derjenige, der sich das Thema Antidiskriminierung auf die Fahnen geschrieben hat, nicht nachgekommen. Sie haben sie fahrlässig geopfert für andere, die Ihnen gesagt haben, dass sie das möchten. Sie hätten standhaft bleiben und mit dem Parlament im Rechtsausschuss gemeinsam diese Klausel beseitigen müssen. Das haben Sie nicht gemacht und das war ein großer Fehler.
Damit haben Sie letztendlich dem gesamten Verfahren geschadet. Deswegen ist es nicht einzuse
hen, dass der Senat nicht frühzeitig die Reißleine gezogen hat, dass er auf der einen Seite zugelassen hat, dass in dieser Stadt 70-Jährige ehrenamtliche Beratungen nicht mehr ausüben dürfen, aber gleichzeitig hauptamtliche Wirtschaftssenatoren bestellt werden, die weitaus älter und für arbeitslose Menschen und für den Hafen zuständig sind. Da geht es und bei dem anderen geht es nicht; das ist keine aufrechte Politik, meine Damen und Herren.
Gerade vor diesem Hintergrund – und da will ich auch noch einmal ganz persönlich werden, Herr von Frankenberg – ist es ganz gut und wir haben das auch an anderer Stelle gehabt, dass es doch ein Korrektiv in dieser Stadt gibt, wenn Justizsenatoren und Sozialsenatoren nicht funktionieren. Und wenn wir uns alle einig sind,
im Sozialausschuss gemeinsam etwas bewegen zu wollen, dann bekommen wir das hin. Es war in der Tat schade, dass ein Gesetz, von dem 98 Prozent richtig waren und sind, dadurch Schaden genommen hat, dass Sie und Ihr Senat nicht frühzeitig die Reißleine gezogen und diese Dinge korrigiert haben. Wir hoffen im Sinne der älteren Mitmenschen in unserer Stadt, dass dieses ein Ausrutscher war, Sie zukünftig entsprechend handeln und Diskriminierungstatbestände dem Parlament nicht mehr vorgelegt werden. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das hat mich jetzt richtig sprachlos gemacht. Herr von Frankenberg, ganz im Ernst, soziale Nachbarschaften sind ein wichtiges Thema. Ich finde auch, dass wir in der Bürgerschaft über wichtige Themen reden sollten. Aber wir sollten solche Themen nicht der Lächerlichkeit preisgeben.
Das muss ich ganz deutlich sagen. Und dass Sie das einen Monat, nachdem es gelaufen ist, als Veranstaltungskalender nehmen und so ziemlich jeden aufführen, der da aufgetreten ist, war nicht angemessen. Auch die Wohlfühlstimmung, die Sie verbreiten wollen, ist nicht ganz angemessen.
An dieser Stelle möchte ich den von uns allseits geschätzten Senator Wersich noch einmal ansprechen. Wir wollen doch alle nicht verdrängen, dass er es sich nicht hat nehmen lassen, im Juli dieses Jahres, nachdem 47 Mitteilungen von Senatoren an die Bediensteten als E-Mail verschickt wurden, anlässlich dieser schönen Aktionswoche 70 000 Bedienstete persönlich anzuschreiben nach dem Motto: Das ist eine tolle Sache, Sie sollten vielleicht einmal darüber nachdenken, da mitzumachen. Der ganze Spaß hat, auch wenn Herr Wersich das in der Antwort auf die Schriftliche Kleine Anfrage nicht so darstellen wollte, rund 20 000 Euro gekostet – 20 000 Euro, damit ein Senator freundlich einen Veranstaltungshinweis geben kann.
Und auf der anderen Seite, Herr Roock, ringt die Bezirksversammlung Altona darum, dass sie im nächsten Jahr 25 000 Euro bei der Seniorenarbeit einsparen soll und nicht weiß, woher das Geld kommen soll. So geht es nicht in dieser Stadt.
Wir sind auch gefordert – und die Bürger haben dafür mittlerweile einen Instinkt entwickelt –, Diskussionen ehrlich zu führen, auch im Sozialbereich. Sie sprechen von 200 Veranstaltungen. Es hätte auch gereicht, wenn Sie von 100 Veranstaltungen gesprochen hätten, wenn es nur richtige Veranstaltungen gewesen wären, die auch dem Zweck gedient hätten. Aber wer sich die Themen der 200 Veranstaltungen angesehen hat, konnte nur staunen, was alles die Nachbarschaft fördern soll. Da gibt es eine Veranstaltung in Bahrenfeld mit dem Titel "Die größten Rätsel und kleinsten Teilchen des Universums". Ich weiß nicht, Herr Senator, was mit den größten Rätseln gemeint ist, und was mit den kleinsten Teilchen, Herr Roock. Es gibt auch Veranstaltungen zur Gefährlichkeit
von Vulkanen, es gibt auch den Mentoringtag der HafenCity, auch eine wunderbare Sache. Was ich aber besonders schön fand, war die ECE-Veranstaltung in der Hamburger Straße anlässlich des verkaufsoffenen Sonntags, Basteln mit Kindern, alles natürlich zur Stärkung der Nachbarschaft. Wenn wir darüber reden, dann lassen Sie uns doch gemeinsam eine Aktionswoche entwickeln, wo es wirklich um Veranstaltungen geht, die speziell für diese Aktionswoche gemacht sind. Das wäre eine ehrliche Politik.
Diese Aktionswoche kann natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, was für Nachbarschaften wichtig ist. Da geht es um das Thema Stadtteilkultur, da geht es um das Thema Wohnraum, da geht es auch darum, wie die Wohlfahrtsverbände eigentlich auskommen, wie sie Ehrenämter organisieren können. Sie streichen denen auf der anderen Seite 480 000 Euro und sagen uns dann, diese Aktion war doch eine erfreuliche Sache. Das passt nicht zusammen, das nimmt Ihnen keiner mehr ab in dieser Stadt.
Wir Sozialdemokraten sind für die Förderung von Nachbarschaften, aber wir finden es falsch, wenn es immer wieder nur zu neuen PR-Veranstaltungen kommt. Wir brauchen klare Konzepte, wir brauchen Konzepte, die durchfinanziert sind, wir brauchen eine Arbeitsmarktpolitik auch in der integrierten Stadtteilentwicklung, damit wir zu mehr Beschäftigung vor Ort kommen. Letztendlich müssen sich alle Beteiligten an einen Tisch setzen und es muss die Langfristigkeit im Mittelpunkt stehen. Das haben Sie leider mit dieser Woche allein nicht erreicht und wir können nur an Sie appellieren, damit es beim nächsten Mal und in den restlichen Wochen des Jahres anders funktioniert. Das erwarten die Hamburger, sie erwarten keine lächerlichen Debatten im Parlament und Veranstaltungshinweise, die uns nicht weiter bringen. – Vielen Dank.
Also zur Wohnung: Herr Müller, wir sind immer für Integration und Sie könnten oder dürften auch mein Nachbar sein. Von daher würden wir Ihnen da entgegenkommen.
Aber Sie haben ein paar Punkte angesprochen, auf die ich eingehen will. Ich fand den ersten Beitrag von Herrn Frankenberg nicht angemessen. Ich halte das Thema Nachbarschaft für sehr wichtig. Dort, wo wir eine erfolgreiche Koalition in den Bezirken haben – das ist in Hamburg-Mitte mit Rot und Grün der Fall –, haben wir den Slogan "Gute und starke Nachbarschaften" und das wird dort auch gelebt und zeigt, dass es für uns, die Sozialdemokraten und die Grünen, wichtig ist. Was wir aber nicht brauchen, sind Fensterreden oder eine Aktionswoche.
Ich will auf ein paar Punkte eingehen, Herr Wersich, die Sie bewusst falsch verstehen wollten. Zum einen finde ich es immer noch erstaunlich, was für eine gemeinsame Werteorientierung Sie haben. Dass Sie über Werte reden, wo wir doch heute eigentlich über das Thema HSH Nordbank reden wollten und darüber, wie mit dem Haushalt in den letzten Jahren umgegangen worden ist und wie Sie ihn ausgeplündert haben, ist doch ein Widerspruch in sich.
Wir begrüßen natürlich die Beteiligung der Bürger an Treppenhausfesten und an was weiß ich noch allem, was in Ihren Flyern angekündigt war oder stattgefunden hat. Doch wenn man sich Ihren Veranstaltungskalender einmal anguckt, machen solche guten Bürgerveranstaltungen nur einen Bruchteil aus, während die Tatsache, dass ECE in seinen Einkaufszentren anlässlich verkaufsoffener Sonntage Veranstaltungen macht, aus unserer Sicht nichts mit guten Nachbarschaften zu tun hat. Das ist Punkt eins.
Punkt zwei – und das finde ich allerdings bedenklich – kommen Sie wieder auf Ihre neue Sozialpolitik zu sprechen. Ich glaube, die Menschen in dieser Stadt haben eine Sehnsucht nach einem handlungsfähigen Staat. Die letzten Jahre haben doch gezeigt, was die Menschen wollen und verlangen.
Sie wollen nicht alleine gelassen werden, sie wollen nicht den freien Marktkräften überlassen werden, sondern sie wollen eine Politik, die handeln will.
Deswegen kann ich Ihnen nur Folgendes sagen: Natürlich brauchen wir Eigenverantwortung und natürlich brauchen wir Impulse aus den Nachbarschaften, aber wir als Politik haben dafür zu sorgen, dass Grundvoraussetzungen geschaffen werden. Das sind klare Konzepte und langfristige Finanzierung und das ist zum Beispiel im Bereich Arbeitsmarktpolitik, die auch im Rahmen der integrierten Stadtentwicklung in den Stadtteilen wirkt, dass wir dort keinen Kahlschlag zulassen dürfen, sondern dass wir alle gemeinsam – und da sind Sie gefordert, Herr Sozialsenator – alles dafür tun müssen, damit sich letztendlich diese Nachbarschaften auch entwickeln können. Dazu kann nicht alleine so eine Aktionswoche dienen, sondern dazu brauchen wir notwendigerweise durchfinanzierte Konzepte und nicht alle paar Wochen einen PRGag des Sozialsenators, der medienwirksam sein mag, letztendlich aber den Bürgerinnen und Bürgern und der Stadt mittel- und langfristig nichts bringt.
Von daher komme ich noch einmal auf unser Angebot an Sie zurück. Legen Sie einmal klare Konzepte vor und lassen Sie uns im Parlament darüber diskutieren, wie wir Nachbarschaften weiter stärken können. Dann bin ich sicher, dass in dieser Stadt, wenn es die entsprechenden Rahmenbedingungen gibt, wenn Sie die Träger stärken anstatt sie wie jetzt zu schwächen, auch in der Nachbarschaft noch wesentlich mehr möglich ist. Wenn Sie dann auch noch die eine oder andere Wohnung bauen, wird auch die eine oder andere Familie in einer Umgebung wohnen können, in der sie sich auch wohlfühlt. Das muss unser Ziel sein und nicht Ihr Alleinstellungsmerkmal, dass Sie letztendlich etwas für die Nachbarschaft tun und durch die Hintertür eine neue Sozialpolitik integrieren wollen, die letztendlich dazu führt, dass die Bürgerinnen und Bürger irgendwann in dieser Stadt allein gelassen werden. Das lehnen wir ab. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das war wieder einmal bezeichnend, Herr Senator, was Sie hier vorgetragen haben. Wenn es Probleme gibt, dann wollen Sie alle mit ins Boot holen und dann sind es wieder die Sozialdemokraten, die Schuld haben.
Natürlich haben wir beim Thema Hartz IV gerungen und natürlich haben wir uns auch die Frage gestellt, ob das ausreichend ist. Wir haben das auch in der Partei diskutiert.
Olaf Scholz hat schon vor einem Jahr gesagt, wir wollen das überprüfen. Es soll eine neue Einkommens- und Verbrauchsstatistik geben und dann werden wir entscheiden. So hätten wir es gemacht, und zwar nachvollziehbar für alle; das ist die Wahrheit.
Sie haben Ihren Appell an alle Parteien gerichtet, aber dank Herrn Lieven haben wir feststellen können, dass es in dieser Bürgerschaft eine große, überwältigende Mehrheit gegen die Hartz-IV-Trickserei gibt.
Wir können nur an die Grünen appellieren. Wir und auch die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt werden genau darauf schauen, wie Sie sich verhalten, wenn es im Bundesrat um das Thema Hartz IV geht.
Die SPD-Ministerpräsidenten haben verlautbaren lassen, dass sie diesen Prozess konstruktiv begleiten werden und dass es darum gehen wird, dass die Kinder eine bessere Bildung bekommen und das Thema Mindestlohn endlich auf die Tagesordnung gesetzt wird. Das ist konstruktive Politik zum Wohle der Menschen in dieser Stadt und in diesem Land.
Und, Herr Senator, natürlich haben die Leute ein großes Gespür. Die Menschen in dieser Stadt und in diesem Land verstehen überhaupt nicht, wenn wir auf der einen Seite Sozialpolitik nach Kassenlage machen und auf der anderen Seite den Hotelbesitzern 1 Milliarde Euro zukommen lassen. Dafür haben die Menschen kein Verständnis und deswegen haben sie auch kein Verständnis für Ihre Argumentation in dieser Debatte.
Ich nenne Ihnen einen Punkt, der mich besonders entrüstet hat. Eine chemische Reinigung – Herr Lieven, das ist ein praktisches Beispiel – wird als nicht mehr notwendig angesehen aus ökologischen Gründen, das gehöre nicht mehr zum Existenzminimum, denn chemische Reinigung sei nur notwendig, wenn es um teure Kleidung gehe. Das muss man sich einmal vergegenwärtigen.
Wir wollen also Hartz-IV-Empfängern deswegen keine chemische Reinigung mehr ermöglichen, weil wir davon ausgehen, dass diese Menschen gar keine teure Kleidung haben. Oder anders herum, man solle es ihnen ansehen, dass sie arm sind. Das ist Ihre Politik, meine Damen und Herren.
Ein weiterer Punkt, den man auch nachlesen kann, ist das Thema Alkohol. Das haben wir in unserer Fraktion auch diskutiert. Ich kann verstehen, dass viele sagen, sie wollten keinen übermäßigen Alkoholkonsum oder Ähnliches finanzieren. Aber hier geht es beispielsweise um 30 oder 35 Cent pro Tag für ein Bier. Ich glaube, dass es der Gesellschaft durchaus zugemutet werden kann, dass die Menschen, die in finanzieller Abhängigkeit leben, sich unter anderem einmal ein Bier leisten können. Hier von maßlos zu sprechen und zu sagen, dass sie zukünftig nur noch Mineralwasser oder Leitungswasser trinken sollten, zeigt, dass Sie kein Gespür für die wahre Lage der Menschen in dieser Stadt und in diesem Land haben, Herr Senator.
Deswegen: Machen Sie Ihre Hausaufgaben, machen Sie keine Politik nach Kassenlage, wie Herr von Frankenberg das hier dargestellt hat nach dem Motto, man wüsste sonst gar nicht, wie man das finanzieren solle. Wir Sozialdemokraten haben uns dafür eingesetzt, Hartz IV neu zu berechnen, ehrlich zu berechnen und etwas für die Menschen zu tun. Wir sind nicht dafür, dass an dieser Stelle weiter gespart wird und dass Geringverdiener und Hartz-IV-Empfänger gegeneinander ausgespielt werden. Das lehnen wir ab. – Vielen Dank.
Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Herr Bischoff.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Genau heute vor einem Jahr, am 29. September 2009, berichtete das Straßenmagazin "Hinz & Kunzt"
erstmals über die Machenschaften des Vermieters Kuhlmann. Wir alle konnten dort nachlesen, was man zu diesem Zeitpunkt kaum noch für möglich gehalten hat, dass es in unserer Stadt Menschen gibt, die in Kellerräumen hausen müssen, dass es Menschen gibt, die Gesundheitsgefährdungen in großem Maße ausgesetzt sind, dass es Menschen gibt, mit deren Not Geschäfte gemacht werden, dass es skrupellose Vermieter gibt, die die Not dieser Menschen ausnutzen, die Gesellschaft letztendlich betrügen und damit Millionen Euro einnehmen. Uns als Sozialdemokraten hat das damals sehr schockiert und wir sagten damals und auch heute sehr deutlich: Dieses ist durch nichts zu rechtfertigen, wir als Gesellschaft müssen alles dafür tun, dass es dazu nicht weiter kommt.
Deswegen war unsere Erwartung, aber auch die der Stadt insgesamt, dass sich von den zuständigen Stellen in Hamburg darum gekümmert wird, die Menschen aus ihrem Elend herauszuholen und man alles tut, um diesen skrupellosen Vermietern das Handwerk zu legen. Heute, ein Jahr nach dieser ersten schockierenden Berichterstattung, müssen wir feststellen, dass es noch immer große Probleme in diesem Bereich gibt,
dass noch immer viele Fragen ungeklärt sind, dass wir noch immer nicht wissen, wie viele Millionen Euro diese Abzockmieter letztendlich von uns, von den Steuerzahlern, zu Unrecht erhalten haben. Aber vor allem, und das finde ich besonders schockierend, müssen wir auch heute noch im Straßenmagazin "Hinz & Kunzt" nachlesen, dass die Probleme, die es damals gab, heute nach wie vor existieren und es noch immer Menschen gibt, die in unerträglichen Zuständen leben müssen – ein Jahr nach der Aufdeckung dieses Skandals. Es ist weiterhin unerträglich, dass nichts passiert ist.
Nun will ich aber nicht sagen, dass das alles nur unerträglich und unglaublich ist, wobei ich die Menschen in dieser Stadt verstehe, die fragen, warum sich eigentlich in den letzten zwölf Monaten der zuständige Fachsenator nicht einmal zu diesem Thema geäußert habe.
Ich verstehe die Menschen, die heute zu Recht erbost darüber sind, dass anlässlich dieser Debatte der zuständige Fachsenator nicht da ist. Noch stärker kann man es nicht ausdrücken, wie ernst man als Senator dieses Thema nimmt oder welche Angst man vor den Fragen des Parlaments oder der Öffentlichkeit hat.
Trotzdem, das möchte ich besonders in Richtung GAL sagen,
haben wir natürlich erleichtert aufgenommen, dass sich die GAL mit diesem Thema ernsthaft im Sozialausschuss befassen will; das ist direkt einmal etwas Positives, das kommt selten vor. Ich muss auch Herrn von Frankenberg loben, dass er diese Diskussion im Fachausschuss ermöglichen will. Wir als Parlament sind in diesem Bereich gefordert, genauso wie beim Thema Heimgesetz oder Einzelförderung. Hier haben wir nicht all das er
reicht, was wir als Sozialdemokraten erreichen wollten, aber wir sind sehr selbstbewusst gegenüber der Fachbehörde aufgetreten und haben das eine oder andere erreicht. Wenn wir zusammenstehen, wenn wir alle gemeinsam wollen, dass sich die Zustände ändern, dann ist es der richtige Weg und dafür bedanken wir uns bei Ihnen, dass Sie diesen Weg mit der Überweisung an den Ausschuss ermöglichen.
Gleichwohl möchte ich zu dieser Angelegenheit mit einer gewissen Zurückhaltung ein paar Anmerkungen machen. Man muss an dieser Stelle sehr wohl kritisch anmerken oder nachfragen, wie es eigentlich der Senat oder die Fachbehörde bei diesem wichtigen Thema mit der Wahrheit halten. Ich will nicht irgendetwas behaupten, sondern ich will nur aus den Antworten vortragen, die uns der Senat gegeben hat. Ich sagte, dass Ende September in "Hinz & Kunzt" in einem langen Bericht darüber geschrieben wurde, wie unerträglich die Zustände sind und dass es in Hamburg möglich ist, für ein Kellerloch eine Quadratmetermiete von 25 Euro zu erhalten, wie es sonst nur in Uhlenhorst oder Winterhude möglich ist. Es wurde deutlich darauf hingewiesen, dass der Vermieter Kuhlmann letztendlich dafür die Verantwortung trage. Die SPD-Fraktion hat gefragt, ob dem Senat bekannt sei, dass es Probleme gibt, und der Senat hat am 3. November geantwortet. Auf die Frage, ob dem Senat Probleme derartiger Art, wie in "Hinz & Kunzt" berichtet, mit Kuhlmann und der Grundstücksverwaltung bekannt seien, hat der Senat ganz eindeutig mit Nein geantwortet. Aber es gäbe Hinweise, dass der ARGE oder team.arbeit.hamburg ein Pressebericht vorliege. Das war alles. Wir Sozialdemokraten haben natürlich dem Senat geglaubt beziehungsweise nach ein oder zwei Monaten festgestellt, dass dies nicht wahr sein kann. Nach weiteren Nachfragen räumte der Senat sieben Monate später ein, wiederum auf die Frage, wann ihm das Problem mit dem Vermieter Kuhlmann bekannt gewesen sei, dass ihm die grundsätzliche Problematik im Oktober bekannt gewesen wäre.
Im November haben Sie noch behauptet, Ihnen sei nichts bekannt, sieben Monate später war es dem Senat bekannt. Auf eine weitere Anfrage hin hat der Senat dann auch noch eingeräumt, es habe sogar rege Kommunikation im Oktober 2009 gegeben.
Meine Damen und Herren! Wenn man dieses Thema ernst nimmt und wenn man wirklich, wie Herr Ahlhaus sagt, zum Wohle der Menschen zusammenarbeiten will,
dann muss man auch den Menschen gegenüber die Wahrheit sagen; das erwarten wir zu Recht.
Ebenfalls war es keine Erfolgsgeschichte, wie man mit diesen ersten Verdachtsfällen umging. Es gibt ein beeindruckendes Interview vom ZDF mit einer Pressesprecherin, die anscheinend vorgeschickt wurde – die Frau tat einem richtig leid.
Es wurde gefragt, wie damit umgegangen worden wäre. Es wurde daraufhin gesagt, man hätte mit dem Vermieter gesprochen und er hätte gesagt, es tue ihm leid, das sei ein Einzelfall gewesen und sei ein wenig unglücklich gelaufen. Das ZDF fragte dann nach, ob bei dem Vermieter nicht nachgefragt wurde. Es wurde geantwortet, das hätte man getan, aber der Vermieter hätte versichert, dass es keine weiteren Fälle gäbe.
Wenn es um Kindeswohlgefährdung oder ähnliche Dinge geht, spricht der Senator immer vom worst case. Hier ist man anscheinend von dem best case ausgegangen und meinte wohl, bevor man noch näher nachfragen würde, sollte man dem Ganzen lieber glauben. Wenn man hier verantwortungsvolle Politik machen will, dann muss man nachfragen und sich die Wohnungen anschauen. "Hinz & Kunzt" hatte im Oktober 110 Wohnungen benannt; das hätte die Aufgabe der Behörde sein müssen. Auch diese Frage muss geklärt werden.
Die Behörde hat lange Zeit darauf hingewiesen, dass man nichts machen könne und die Mieter allein verantwortlich dafür seien. Das ist so, es gibt ein Stück Privatautonomie und es ist auch so, dass der Mieter der Vertragspartner des Vermieters ist und das wollten wir auch alle. Aber man muss sich einmal anschauen, worauf die Behörde und die Stadt verwiesen haben: Die Mieter sollten sich an den Mieterverein wenden und dann werde alles gut. Man weiß aber, dass dies ein Großteil der Mieter überhaupt nicht tut, weil sie Angst haben, dann irgendwo anders unterkommen zu müssen und es vergleichbare Wohnungen vielleicht gar nicht gibt. Wenn man sich dann anschaut, was mit den Mietern passiert ist, die sich tatsächlich an den Mieterverein gewandt haben und versucht haben, gegen diesen Vermieter vorzugehen – 50 Prozent von ihnen, in einigen Objekten bis zu 100 Prozent, ist gekündigt worden –, dann zeigt dies doch, dass die Sorge der Mieter berechtigt war und die Stadt mehr Verantwortung auf sich hätte nehmen und den aktiven Part hätte ergreifen müssen.
Es ist auch verwunderlich, wenn es letzten Freitag heißt, man hätte sich mit dem einen Vermieter geeinigt und erhielte 110 000 Euro zurück. Was sind hier 110 000 Euro? Für den Vermieter Kuhlmann ist das eine Monatsmiete. Der Vermieter Kuhlmann hat aber auch allen gegenüber erklärt, dass er seit vielen Jahren Wohnungen an ALG-II-Empfänger vermiete. Von daher ist diese Summe doch ein Tropfen auf den heißen Stein. Hier geht es nicht um 110 000 Euro, sondern es geht um Millionen Euro und die Stadt ist gefordert, alles zu tun und sich das Geld zurückzuholen.
Es geht natürlich auch um die Frage, warum monatelang nichts getan wurde. Es geht auch um die besondere Rolle von Herrn Kuhlmann als Vermieter und Deputierter. Es ist schon ein besonderes Erlebnis, wenn dann geantwortet wird, dass der Behörde im Oktober diese Tatbestände bekannt gewesen wären, dass man aber keinen Anlass gehabt hätte, um mit dem Kollegen und Deputierten Kuhlmann zu reden. Auf unsere Nachfrage hin, ob dieser Deputierte noch weitergewirkt hätte – zum Beispiel im Bereich Kosten der Unterkunft, aus denen er seine Mieten erhalten hat, wo es um Fachanweisungen und andere Dinge geht –, hat uns die Behörde bestätigt, dass der Vermieter Kuhlmann in diesem Bereich weiterhin tätig gewesen ist und auch weiterhin Informationen von der Behörde abgefragt habe. Da kann man nicht sagen, der Vermieter Kuhlmann habe die Straftat begangen, der Deputierte Kuhlmann jedoch nicht. In solch einem Fall muss man mit etwas mehr Fingerspitzengefühl handeln, ich formuliere das einmal vorsichtig.
Und man muss dafür sorgen, dass wegen der schon damals bekannt gewordenen Fälle, bei denen er zugegeben hat, dass etwas falsch gelaufen sei, dieser Mann aus der Deputation herausgenommen wird. Da hilft es auch nicht, auf die Bürgerschaft zu verweisen. Wir ernennen zwar die Deputierten, aber Sie wissen alle, dass die Deputierten zur Verschwiegenheit verpflichtet sind und wir im Einzelnen nicht beurteilen können, was sie entsprechend in der Behörde tun. Auch da hätte sich die SPD-Fraktion von der Behörde eine klare und deutliche Entscheidung gewünscht; das ist leider unterblieben.
Last but not least zeigt das Ganze – das ist besonders schockierend –, dass die Stadt heute mit diesen Vermietern, auch mit dem Vermieter Kuhlmann, nach wie vor Geschäfte macht. Nach wie vor ist es so, dass die Stadt für ALG-II-Empfänger Wohnungen von Kuhlmann anmietet. Warum ist das so? Der Mieterverein zu Hamburg, der von der
Behörde selber beauftragt worden ist, sich um diesen Bereich zu kümmern, spricht davon, dass die Stadt erpressbar geworden und dass es kein Wunder sei, wenn Herr Weise von der Arbeitsagentur sagt, er wäre froh gewesen, die Menschen überhaupt irgendwie unterbringen zu können.
Der Wohnungsbau in dieser Stadt ist jahrelang reduziert worden. Die öffentliche Unterbringung wurde um 7000 Plätze reduziert, öffentliche Förderungen und Bindungen sind weggefallen und die Leerstandsquote liegt bei einem Prozent. Das heißt natürlich, dass kaum noch Wohnraum für diese Menschen zur Verfügung steht. Wir als Parlament sind deswegen gefordert, uns nicht mit der Situation abzufinden, sondern zum einen gegen diese kriminellen Machenschaften von Vermietern vorzugehen und zum anderen dafür zu sorgen, neue Rahmenbedingungen festzulegen, die es ermöglichen, dass alle Menschen in Hamburg menschenwürdig wohnen können. Das muss unser Ziel sein im Parlament.
Deswegen freuen wir uns auf die Diskussion im Ausschuss – noch einmal unser Dank an GAL und CDU – und hoffen, dass wir diese gemeinsam und vielleicht auch mit dem einen oder anderen politisch Verantwortlichen führen können. Das sind wir der Stadt schuldig. Es wurde viel zu lange damit gewartet, dieses Problem wirksam anzupacken. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nachdem der Senat nun hier hereingekommen ist, muss man noch das eine oder andere sagen. Herr Senator, Herr Kuhlmann ist schon fast zum Musterknaben eines kriminellen Vermieters geworden, so haben Sie ihn jedenfalls hier dargestellt,
der nun alles tut, um die Fälle aufzuklären. Ich finde es immer toll und bewundere Sie, wie Sie dies nach außen vertreten, PR-mäßig relativ geschult.
Ich finde nur erstaunlich, dass die ARGE im März schon angekündigt hat, alle 270 noch infrage kommenden Wohnungen zu vermessen und dies in den nächsten Wochen stattfinden zu lassen. Monate später verhandeln Sie immer noch mit Herrn Kuhlmann darüber, dass diese Vermessung stattfindet. Da kann doch von Erfolg keine Rede sein, Herr Senator.
Eine Frage besteht noch, die ich vorhin schwerpunktmäßig nicht angesprochen habe, aber Herr von Frankenberg hat es zu einem Schwerpunkt gemacht, er hat von Filz gesprochen, und Sie haben den Deputierten Kuhlmann auch noch einmal angesprochen, aber eine Frage haben Sie bis heute nicht beantwortet. Im Oktober sind Sie von Ihren Mitarbeitern persönlich darüber informiert worden, dass der Deputierte Kuhlmann im Verdacht steht,
Mietbetrug zu begehen. Und im Oktober haben sich die Mitarbeiter an Sie gewandt und gesagt, Herr Kuhlmann ist nach wie vor dabei, uns hinsichtlich der Fachanweisung auszufragen und ist weiterhin hinsichtlich der Kosten der Unterkunft tätig. Die Mitarbeiter fragten Sie, was sie tun sollten, und Sie haben geantwortet, dass alles weiterhin so geschehen solle. Dabei wissen Sie, dass laut Geschäftsordnung der Deputation, Paragraf 12, Deputierte in eigener Angelegenheit nicht mitwirken dürfen. Dort, wo sie berufliches, privates oder wirtschaftliches Interesse haben, müssen sie ausgeschlossen werden. Sie haben aber nichts getan, um diesem Grundsatz gerecht zu werden, Sie haben Herrn Kuhlmann weiterhin wirken lassen. Die Antwort, warum Sie das taten, sind Sie hier schuldig geblieben, Herr Senator.
Dass es überhaupt dazu kam, dass etwas passierte, liegt nicht an Ihnen, an der Behörde oder an der ARGE, es liegt allein daran, dass "Der Spiegel" im Februar 2010 die Story erneut aufgegriffen hat, dass die "Hamburger Morgenpost" und die "Bild"-Zeitung darüber berichtet haben. Wenn das nicht geschehen wäre, dann würden wir hier immer noch Jahr für Jahr Millionen Euro an Herrn Kuhlmann und Co. bezahlen und der Senator würde das weiterhin decken; das ist die bittere Realität.
Wenn Sie am Freitag darauf hingewiesen haben, dass Sie nun hofften, dass der Bund endlich eingreife, dann wissen Sie doch ganz genau, dass es nach Paragraf 22 SGB zwar eine Höchstgrenze
gibt, aber dass das Bundessozialgericht gesagt hat, dass sie angemessen sein müsse.
Sie wissen ebenso genau – dass sagte Ihnen auch der Mieterverein –, dass wir in dieser Stadt gegen Wuchermieten vorgehen können, dass die Stadt es aber nicht macht und dies gedeckt wird. Das wurde auch von Ihnen gedeckt, Herr Senator, das ist die bittere Wahrheit.
Lassen Sie diese PR-Aktionen, machen Sie Ihre eigenen Hausaufgaben und beantworten Sie endlich die Frage, warum Sie fünf Monate lang zugesehen haben, wie der Vermieter Kuhlmann in Ihrer Behörde weiterhin aktiv war. Warum haben Sie das nicht verhindert? Diese Fragen müssen Sie endlich beantworten. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eine kurze Anmerkung zur vorangegangenen Debatte.
Herr Warnholz, nun halten Sie sich zurück.
Dies ist ein Sozialthema, das wir diskutieren, und das vorherige war auch ein Sozialthema. Ich finde es bezeichnend, dass sich bei solch einem wichtigen Thema der Sozialsenator nicht zu Wort meldet. Diese Stadt hat etwas anderes verdient.
Kommen wir jetzt zu einem weiteren Zukunftsthema, Herr Schira.
Herr Schira ist auch aufgewacht, das ist schön.
Wir reden in dieser Debatte über den Kita-Bereich und über wichtige Themen für die Zukunft unserer Stadt, die Bereiche Pflege, Altenpflege und Altenpflegeausbildung.
Herr von Frankenberg, bevor Sie nachher nach vorn kommen und Frau Blömeke Ihnen wahrscheinlich assistieren wird, indem sie sagen wird, wie toll alles sei, was Sie gemacht haben, und wir als Opposition das alles nur nicht verständen, stelle ich einleitend fest, dass wir sehr wohl sehen, dass Sie das eine oder andere erreicht haben. Es gibt auch den einen oder anderen Fortschritt. Gleichwohl müssen wir feststellen, dass es aktuell 400 offene Stellen im Bereich der Altenpflege gibt und dass dies zeigt, dass bisher zu wenig passiert ist. Da müssen wir ansetzen.
Dieser Fachkräftemangel von 400 Personen kommt nicht von ungefähr. Viele Experten haben jahrelang gewarnt, haben an den Sozialsenator appelliert, dass er dort mehr tun müsste, dass wir
mehr und intensiver über neue Konzepte diskutieren müssen und dass wir vor allen Dingen dafür sorgen müssen, dass es mehr Menschen gibt, die sich für den Bereich der Pflege und der Pflegeausbildung interessieren.
Wo er ist? Das ist eine gute Frage. Daran sieht man – Herr Rose, vielen Dank –, welchen Stellenwert Pflege für einen Sozialsenator in dieser Stadt hat.
Die Ausbildungszahlen sind ein wenig angestiegen, das finden wir alle gut. Aber man muss den Beruf weiterhin attraktiver gestalten. Nachdem wir im Sozialausschuss und im Schulausschuss viele Diskussionen geführt haben, möchte ich auf einige Punkte hinweisen.
Beim ersten Punkt geht es darum, inwieweit wir als Gesellschaft bereit sind, dafür zu sorgen, dass diese Menschen eine ordentliche Bezahlung erhalten. Da gibt es das Thema Mindestlohn, das für die Assistenzkräfte ein wichtiger Baustein ist, damit sich eventuell mehr Menschen für diesen Beruf interessieren. Es wird insgesamt darum gehen, ob wir als Gesellschaft bereit sind, auch über den Bereich Pflegeversicherung mehr Geld in das System zu investieren, um die Kräfte besser zu bezahlen.
Ohne die Herstellung besserer Arbeitsbedingungen und ohne bessere Bezahlung werden wir es nie erreichen, dass wir mehr Auszubildende in diesem Bereich bekommen. Deshalb muss es unser aller Ziel sein, an dieser Diskussion weiterzuarbeiten und uns alle dafür auf Bundesebene einzusetzen.
Wir müssen uns auch mit dem Thema Durchlässigkeit und Transparenz in der Ausbildung beschäftigen. Es ist interessant, dass der Senat auf unsere Große Anfrage, Drucksache 19/5599, antwortet, dass er sich in diesem Sinne auf Bundesebene dafür eingesetzt hätte und es einen entsprechenden Beschluss der Arbeits- und Sozialministerkonferenz aus dem November 2009 gäbe, die eindeutig festgestellt hätte, dass eine Durchlässigkeit im Bereich der Weiterbildung sehr wichtig wäre, um in diesem Bereich voranzukommen. Man müsse es schaffen, ein transparentes Ausbildungssystem von den Assistenzkräften bis zur akademischen Ausbildung zu erreichen. Das ist gut und wir Sozialdemokraten unterstützen das. Wir wollen, dass jeder Mensch von der Assistenzkraft bis zur akademischen Ausbildung in der Pflege tätig sein kann.
Man muss sich natürlich vor diesem Hintergrund fragen, was Hamburg getan hat, wie es in Hamburg mit dieser Durchlässigkeit aussieht. Hier kann man feststellen, dass bis zum Jahre 2003 alle
Schüler der Altenpflegeschulen die Möglichkeit hatten, während ihrer Ausbildung beispielsweise die Fachhochschulreife zu erwerben. Das ist eine Notwendigkeit, wenn man letztendlich Auszubildende oder junge Menschen davon überzeugen will, dass dieser Beruf auch dazu dienen kann, beruflich weiterzukommen, dass er auch dazu dienen kann, eine akademische Laufbahn zu beschreiten. Das war bis 2003. 2004 hat dieser Senat die beruflichen Schulen privatisiert. Wie ist nun die Situation im Jahre 2010? 2010 ist es mittlerweile so, dass weniger als die Hälfte der Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit hat, während ihrer Ausbildung die Fachhochschulreife zu erreichen. Das heißt, innerhalb dieser sechs Jahre haben wir, obwohl wir diesen Beschluss der Arbeits- und Sozialminister aus dem November 2009 haben und obwohl der Senator sich eigentlich rühmt, dass er das erreichen will, einen deutlichen Rückstand und verweigern damit 50 Prozent der Jugendlichen die Zukunftschancen. Das ist aus unserer Sicht nicht hinnehmbar.
Wir haben im Schulausschuss, aber auch in der letzten Sitzung des Sozialausschusses den Einwand gehört, es sei alles nicht ganz einfach, man fände nicht die geeigneten Lehrer, außerdem seien es so kleine Schulen, es sei alles sehr schwierig und würde auch noch etwas kosten. Diese Schulen mussten nicht privatisiert werden, das haben Sie gemacht, Sie haben die Spielregeln festgelegt. Im Jahre 2011 wird Hamburg rund 85 Prozent der Kosten dieser Schulen tragen. Da wird es doch wohl möglich sein, dass sich ein Sozialsenator mit den Altenpflegeschulen zusammensetzt und ein System überlegt, wie allen Schülern diese Fachhochschulreife ermöglicht werden kann. Das muss möglich sein und wir Sozialdemokraten wollen das.
Eine weitere Anmerkung betrifft das Thema Schulgeld. Es ist aus unserer Sicht überhaupt nicht akzeptabel, dass in einem Bereich, von dem wir wissen, dass wir dort nach wie vor einen riesigen Personalbedarf haben, diesen Auszubildenden zwischen 50 und 150 Euro monatlich von ihrem Ausbildungseinkommen abgezogen wird. Das kann nicht Sinn einer zukunftsweisenden Ausbildungspolitik gerade in diesem Bereich sein. Deswegen noch einmal der Appell: Es reicht nicht, wenn Sie erklären, dass die eine oder andere Altenpflegeschule darüber nachdenkt, das Schulgeld zu reduzieren, sondern es muss konkrete Vorgaben geben, es muss konkrete Verhandlungen mit den Altenpflegeschulen geben. Wir wollen runter vom Schulgeld, das ist unser Ziel.
Noch eine Anmerkung zum Thema Umschulung. Wir alle haben vor einigen Jahren bemerkt, dass man gerade im Bereich der Umschulung sehr viel Potenzial von Menschen erschließen kann, die später im Leben und dann langfristig in der Altenpflege tätig sind. Es war der damalige Bundesarbeitsminister, Olaf Scholz, der dafür gesorgt hat, dass wir es unter anderem im Konjunkturprogramm II ermöglicht haben, die Umschulung in drei Jahren durchgängig zu finanzieren. Das ist ein großer Erfolg. Wir glauben, dass man diesen Weg verstetigen muss. Das, was wir jetzt an Signalen vom Bund erhalten, was auch auf eine Anfrage der SPD-Fraktion hin im Bundestag deutlich wurde, dass nämlich die Bundesregierung diesen Bereich wieder zusammenstreichen will, dass sie dieses Modell der Umschulung beenden will, halten wir arbeitsmarktpolitisch für einen völlig falschen Weg.
Deswegen sei insgesamt noch einmal festgehalten, dass es nichts bringt, immer kurze Maßnahmen zu machen wie beim Thema Umschulung oder beim Thema Sofortprogramm im Zusammenhang mit dem "Bündnis für Altenpflege", wo Sie letztendlich versucht haben, mehr Auszubildende in den ambulanten Bereich zu bekommen, und wo Sie ein Sonderprogramm im Umfang von 25 Auszubildenden gestartet haben. Man merkt, dass die Auswirkungen praktisch gleich null sind, denn Sie haben insgesamt nur acht Auszubildende mehr in dem Bereich.
Wenn wir den Personalbereich stärken und mehr Auszubildende im Sozialbereich wollen, dann brauchen wir erstens einen Sozialsenator, der bei den Debatten anwesend ist, der ernsthaft mit uns darüber diskutieren will und nicht hinausläuft. Und wir brauchen strukturelle Maßnahmen, die dazu dienen, dass Menschen die Fachhochschulreife erwerben können und dahin gehend, langfristig Umschulungen zu ermöglichen. Wir brauchen Maßnahmen wie zum Beispiel die Streichung des Schulgeldes, um junge Menschen nicht abzuschrecken, sondern ihnen Lust zu machen, in die Altenpflege zu gehen. Ich hoffe, dass wir uns irgendwann alle – vielleicht auch der Senator – dafür interessieren
und gemeinsam dieses Ziel verfolgen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr von Frankenberg, wenn Sie sagen, dass Sie für Transparenz sind und deshalb diese Debatte anmelden, dann sollten Sie den Leuten nicht vorenthalten, dass Sie vorhin dafür plädiert haben, diese Debatte zu streichen. So viel zum Thema Transparenz und zum Thema Ehrlichkeit und dazu, dass die CDU diese schwierigen Themen angeblich in der Bürgerschaft ansprechen will. Ich finde, das sollte einmal deutlich gesagt werden.
Herr Beuß, bleiben Sie ganz ruhig.
In der Globalrichtlinie wie im Gesetz selbst steht hinsichtlich des Ziels der Einzelförderung, dass mit diesem Förderinstrument versucht werden soll, pflegebedürftige Menschen in den Heimen vor dem Sozialhilfebezug zu bewahren. Gerade vor dem Hintergrund der heutigen Haushaltslage ist es für uns Sozialdemokraten immer noch ein wichtiges Ziel, möglichst wenig Menschen in die Sozialhilfe abgleiten zu lassen. Wir werden alles tun, damit dies nicht passiert.
Herr von Frankenberg, Sie haben auch angesprochen, was der Senator am 6. April in seiner Presseerklärung sagte,
nämlich warum Sie die Einzelförderung streichen wollen. Er hat zwei Dinge genannt, zum einen die Haushaltskonsolidierung. Es ist immer erstaunlich, warum gerade solche Dinge passieren müssen, weil der Haushalt in diesem Bereich in die Schieflage geraten ist. Über die Glaubwürdigkeit dieser Angelegenheit haben wir vorhin schon diskutiert.
Das Zweite, was Sie auch vorgebracht haben, ist das Thema Fehlanreize. Auch der Senator hat gesagt, es habe zu Fehlanreizen geführt. Menschen sind also eher in die stationäre Unterbringung gegangen, anstatt sie zu Hause ambulant zu pflegen. Wenn wir schon über Transparenz und Ehrlichkeit sprechen, dann möchte ich bitte von Ihnen oder dem Senator eine Stellungnahme eines Sozialverbandes, eines Wohlfahrtverbandes und eines Privatmenschen haben, der sagt, diese Einzelförderung habe dazu geführt, dass Menschen letztendlich in stationäre Einrichtungen gekommen seien. Das Gegenteil ist der Fall, es gab keinen Anreiz
und von daher ist Ihr Argument unehrlich.
Wenn Sie mit den Angehörigen sprechen, wenn Sie mit den Wohlfahrtsverbänden sprechen, sagen alle, dass die stationäre Unterbringung das letzte Mittel ist, dass viele Angehörige in Hamburg und Deutschland alles versuchen, um Angehörige erst einmal zu Hause zu pflegen. Da sind wir uns in der Politik eigentlich auch einig, dass dieser Weg unterstützt werden muss, ambulant vor stationär, das ist ganz klar. Aber dort, wo es nicht mehr geht und die stationäre Unterbringung eigentlich besser wäre, müssen wir verhindern, dass Menschen aus finanziellen Gründen oder weil ältere Menschen Angst davor haben auf eine stationäre Unterbringung verzichten. Das ist gegen das Wohl der Betroffenen und gegen das Wohl der Angehörigen und das kann doch nicht Ziel Ihrer Politik sein.
Deswegen haben wir dazu aufgefordert, dieses Thema sehr ausgiebig und transparent zu diskutieren in einer Expertenanhörung und auch in verschiedenen Ausschusssitzungen. Es ist schon erstaunlich, dass der Senator Ende letzten Jahres festgestellt hat, bei der Einzelförderung etwas zu tun, uns die Drucksache aber erst im Mai im Ausschuss erreicht hat
und man versucht hat, das Gesetz relativ schnell durchzupeitschen, und mit welcher Konsequenz? In der Presseerklärung des Senators wurde gar nicht darauf hingewiesen, welche Konsequenzen es hat. Nach seinen Vorstellungen, was Sie jetzt etwas abgemildert haben,
hatte der Sozialsenator dieser Stadt vor, 7400 Menschen die Förderung zu streichen und 2000 Menschen zusätzlich mit mindestens rund 4000 Euro im Jahr zu belasten. Wir reden immer darüber, dass alles sozial gerecht geschehen müsse, aber dass wir in diesem Bereich Menschen mit 4000 Euro mehr im Jahr belasten, ist beispiellos. Und dass dies gerade im Pflegebereich passiert, ist einfach zynisch, meine Damen und Herren.
Sie haben selbst mitbekommen, für welche Unruhe dies in den Pflegeheimen und im Landesseniorenbeirat gesorgt hat. Alle haben gesagt, es könne nicht angehen, dass diese Menschen freiwillig Auskünfte hinsichtlich ihrer Vermögensverhältnisse gegeben haben, dass sie damit geplant haben, aber auf einmal wird ihnen das Geld weggenommen. Gleichzeitig erfahren sie noch, zum Beispiel durch Vitanas, erhebliche Mietsteigerungen. Dieses hat Sie wahrscheinlich auch dazu gebracht, dass Sie sagten, hier wollten Sie die Notbremse ziehen.
Aber es ist auch nicht ehrlich, wenn Sie sagen, es werde jeden Heimbewohner treffen beziehungsweise er würde davon profitieren. Das ist nicht der Fall. Es wird nur die Heimbewohner treffen oder begünstigen, die jetzt schon in der Einzelförderung sind. Diejenigen, die vor einem halben Jahr in ein Pflegeheim gekommen sind, deren Vermögen jetzt abgeschmolzen wird und die in zwei, drei Monaten eigentlich in die Einzelförderung gelangen würden, werden dort nicht hineinkommen. Die werden in den Sozialhilfebezug gehen oder, was die Behörde besonders gern möchte, die Angehörigen oder die Partner werden zur Kasse gebeten. Das ist aus unserer Sicht keine soziale Politik. Familien in diesem Land sind ohnehin schon über die Maßen belastet, sie brauchen Stärkung und keine Schwächung.
Was hier geschieht, war weder transparent noch wurde es von irgendjemandem fachpolitisch begründet. Und es geschieht auch vor dem Hintergrund der Enquete-Kommission Pflege in Nordrhein-Westfalen, wo sich Ihre Parteikollegen eindeutig für den Fortbestand des Pflegewohngeldes eingesetzt haben. Hamburg vergibt hier die Chance, weiterhin sozial tätig zu sein, und Hamburg vergibt auch den Spielraum, den uns der Bundesgesetzgeber mit der Einführung der Pflegeversicherung und den finanziellen Möglichkeiten zum Wohle der Menschen eingeräumt hat. Das bedeutet einmal die Objektförderung, das heißt die Unterstützung beim Bau oder Umbau von Pflegeheimen mit öffentlichen Mitteln oder eben auch die direkte Unterstützung der Bewohner. Weil dies nicht geschieht und Sie einseitig bestimmte Gruppen belasten, können wir Ihnen nur sagen: Lassen Sie die Finger davon, machen Sie auch dort eine Kehrtwende und beseitigen Sie endlich diese Verunsicherung, die es in den Heimen gibt. Tun Sie etwas für die Familien, für die Pflegebedürftigen und nicht gegen sie und kümmern Sie sich um die Einzelfälle. Frau Blömeke, es ist zum Teil ganz bitter, was sich da abspielt. Daran müssten wir als Politiker eigentlich alle gemeinsam arbeiten. Dazu sind wir Sozialdemokraten bereit, aber wir sind nicht dazu bereit, bestimmte Personen einseitig zu belasten. – Vielen Dank.
Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Frau Blömeke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir können heute eigentlich da anknüpfen, wo wir gestern aufgehört haben,
und zwar beim Thema Armut und beim Thema, wie die Stadt und der Senat mit bestimmten Gruppen und Missständen umgehen. Es geht um drei konkrete Personengruppen.
Zum einen sind das die Personen, die nicht im Licht der Öffentlichkeit stehen, die auf der Schattenseite in unserer Stadt leben, die zum Teil unter menschenunwürdigen Umständen in Hamburg leben müssen. Ich weiß, dass Sie als CDU-Fraktion wenig Verständnis für diese Menschen haben, aber seien Sie versichert, die meisten Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt wollen sich darum kümmern.
Hören Sie doch erst einmal zu. Herr Beuß, Sie auch.
Es geht also um diese Personen,
die letztendlich nicht im Licht der Öffentlichkeit sind, sondern in Armut und sozialer Ausgrenzung in dieser Stadt leben.
Zum zweiten geht es um eine Person, die schon etwas besser dasteht, um den Vermieter Kuhlmann, der viel Geld mit der Armut in dieser Stadt verdient.
Und drittens, Herr Hecht, geht es um einen Sozialsenator, der eigentlich per Amt damit beauftragt ist, sich um die Menschen zu kümmern, die in Armut leben, und der eigentlich damit beauftragt ist, Missstände in dieser Stadt aktiv zu bekämpfen. Wir Sozialdemokraten sehen dieses gerade bei dem Fall, den ich Ihnen jetzt erzähle, nicht gewährleistet. Wir glauben nicht, dass dieser Senator seinen Verpflichtungen in dieser Stadt nachkommt.
Wir wollen das auch konkret an diesem Fall beleuchten. Es geht bei dieser Personengruppe, die ich unter erstens genannt habe, um Menschen, die in Kellerräumen, an der Max-Brauer-Allee zum Beispiel, wohnen und dafür 440 Euro zahlen. Es geht dabei um Menschen, die auf 14 Quadratmetern wohnen und dafür 380 Euro zahlen. Dies ist ein Mietniveau, das deutlich über dem in der HafenCity liegt.
Herr Hamann, solche Zwischenrufe bei einem solch ernsten Thema zu machen, finde ich nicht gut. Da müssen Sie mit sich selbst einmal ins Reine kommen.
Es geht um Menschen, die in unvorstellbaren Zuständen wohnen, in feuchten Wohnungen mit feuchten Wänden, mit Schimmelbefall, die über keine Küche verfügen und die in der Toilette den
einzigen Zugang zu fließendem Wasser haben. Das sind Situationen, die sich so mancher Mensch gar nicht vorstellen kann, das sind aber Realitäten in dieser Stadt und wir sind alle gemeinsam gefordert, dieses abzustellen.
Beim zweiten Punkt komme ich zu dem Vermieter Kuhlmann. Das ist der Mensch, der die eben beschriebenen Wohnungen gewinnbringend an die Menschen vermietet hat über Monate oder Jahre. Herr Roock kennt ihn sehr gut, er hat lange Zeit mit ihm zusammengearbeitet bei der CDU in Osdorf. Dieser Vermieter, Herr Kuhlmann, war lange Zeit auch Deputierter der Sozialbehörde
und er war unter anderem auch in dem Verwaltungsausschuss, der zuständig für die Kosten der Unterkunft und diese Mietzahlungen ist.
Als dritten Akteur haben wir den Senator. Sozialsenator Wersich als Vorsitzender der Deputation…
Herr Hamann, nun bleiben Sie doch ganz ruhig. Ich weiß, dass Sie bei diesem Thema aufgeregt sind
und die Gefahr sehen, dass man Ihnen nachweisen kann, dass Sie sich nicht richtig verhalten haben.
Der Sozialsenator hat noch im November in einer Pressekonferenz gesagt, die Sozialleistungen dürften nicht weiter steigen, die Kosten der Unterkunft seien zu hoch und man müsse dafür sorgen, dass man künftig anders damit umgehe.
Diese drei kommen nun irgendwann zusammen, berichtet wird davon in der Jubiläumsausgabe von "Hinz & Kunzt" am 29. September letzten Jahres. Das Straßenmagazin berichtet in einem sehr ausführlichen Artikel über die unhaltbaren Zustände in diesen Wohnungen und über den Vermieter Kuhlmann. Nachdem es keine Reaktion der Behörden gab, hat die SPD-Fraktion – und da bin ich meiner Kollegin Bekeris sehr dankbar –
dieses Thema Ende Oktober aufgegriffen und den Senat gefragt, ob ihm diese Probleme bekannt seien und ob er handeln würde. Es ist interessant, was die zuständige Behörde mehrere Wochen nach diesem umfangreichen Artikel geantwortet hat: Nein, aber sie hätte Kenntnis davon gewonnen, dass die team.arbeit.hamburg davon Kenntnis aus der Presse genommen hätte – eine bezeichnende Antwort, die schon damals zeigte, dass die
ser Senator und seine Behörde sich nur unzureichend um dieses Problem kümmerten. Das kann man nicht akzeptieren.
Das war Anfang November. Anfang November wussten Sozialsenator Wersich und die Sozialbehörde Bescheid über den Bericht. Eigentlich wusste diese schon ein paar Wochen vorher Bescheid,
aber offiziell wusste sie es zumindest mit Beantwortung der Schriftlichen Kleinen Anfrage.
Was passierte daraufhin in den nächsten Wochen?
Der CDU-Deputierte und Vermieter Kuhlmann blieb weiterhin Deputierter. Er pflegte auch weiterhin Kontakt zu Mitarbeitern der BSG und fragte beispielsweise nach, wie man bestimmte Mietverträge ausgestalten könnte. Es gab Hinweise an die Präsidialabteilung und die Frage, ob man mit dem Deputierten Kuhlmann nicht vielleicht anders verfahren solle. Die Präsidialabteilung regte sich nicht; ihr Signal war immer wieder, dass alles so weiterlaufen solle.
Wir reden also über einen Vermieter, der Mietbetrug betrieben hat, der für 16-Quadratmeter umfassende Zimmer 40 Quadratmeter in Rechnung gestellt und Wohnungen mit Schimmelpilz an seine Klienten vermietet hat, der zugleich CDU-Deputierter war und engen Kontakt zu Behördenmitarbeitern hatte. Wir reden davon, dass die Behördenleitung über diese Verfahren Bescheid wusste und trotzdem seit Oktober nichts getan hat,
um den Vermieter Kuhlmann aufzufordern, diese Vorwürfe – damals waren es noch Vorwürfe – zu entkräften. Das ist ein unglaublicher Vorgang.
Im November tat sich also nichts. Im Dezember hat Vermieter Kuhlmann weiterhin Mietbetrug begangen und Geld von Hartz-IV-Empfängern für unzureichende Wohnungen kassiert. Im Januar tat sich auch nichts. Mitte Februar haben "Der Spiegel" und die "Hamburger Morgenpost" das Thema aufgegriffen und auch zu diesem Zeitpunkt hat sich an der Spitze der Sozialbehörde nichts getan.
Sie hatten alle Zeit der Welt, Herr Senator, sich um Ihren CDU-Deputierten zu kümmern, und Sie hatten eigentlich auch die moralische und politische Verantwortung, ihn aufzufordern, sein Mandat entweder ruhen zu lassen, es niederzulegen oder die Vorwürfe zu entkräften. All das ist unterblieben und das Schlimme ist: Bis heute haben Sie sich in diesem Fall nicht einmal konkret gegenüber der Öffentlichkeit geäußert. Das ist eines Sozialsenators
unwürdig. Wir als Sozialdemokraten fordern Sie dazu auf, der Öffentlichkeit zu erklären, warum Sie so lange zugelassen haben, dass dem Steuerzahler und den Menschen in dieser Stadt geschadet worden ist. Das sind Sie den Menschen und der Stadt schuldig. Heute haben Sie die Gelegenheit dazu. Wir Sozialdemokraten hoffen, dass Sie sie nutzen werden.
Wir stellen diesen Antrag, nachdem wir trotz mehrmaligem Nachfragen keine Informationen erhalten haben, außer der, dass irgendwann im März dann auch die Behörde einräumte, es gebe Probleme mit dem Vermieter Kuhlmann, über den genauen Umfang könne man aber nichts sagen und die Zeit, die für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehe, reiche nicht aus. Ich finde das schon erstaunlich. Mehrere Monate, nachdem diese Fälle bekannt geworden sind, haben Sie anscheinend immer noch nicht den Überblick gewonnen. Wir wollen heute mit unserem Berichtsersuchen die Behörden auffordern, endlich darzulegen, wann konkret welche Informationen vorlagen, was sie in den letzten Monaten getan haben und was sie weiterhin zu tun gedenken, damit diese schlimmen Zustände beendet werden. Das kann sich Hamburg nicht leisten, das wollen und dürfen wir uns als Gesellschaft nicht leisten. Herr Senator, Sie müssen für Aufklärung sorgen. Sie sind gefordert und wir sind gespannt auf Ihre Antwort. – Vielen Dank.
– Bleiben Sie mal ganz ruhig.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nur noch ein paar kurze Anmerkungen.
Herr von Frankenberg, so richtig glaube ich es Ihnen nicht, dass Sie mit sich gerungen haben. Natürlich wollten wir den Antrag nicht an den Ausschuss überwiesen haben, sondern wir wollen eine umfassende Berichterstattung und die ist nur dann gewährleistet, wenn Sie unserem Antrag zustimmen. Wir wollen die Fragen auch nicht mit Ihnen diskutieren, sondern wir und auch die Öffentlichkeit wollen Aufklärung und die haben wir heute wieder nicht erhalten.
Frau Möller, natürlich kann man sagen, wir hätten auch noch eine Große Anfrage stellen können. Wir haben aber schon zwei Kleine Anfragen gestellt und Sie kennen die wirschen Antworten, mit denen unser Anliegen abgebügelt wurde. Das war drei, vier Monate, nachdem die Fälle bekannt geworden sind. Man musste also davon ausgehen, dass der Senat das schon aufgearbeitet hatte. Von daher
machte es – jedenfalls aus unserer Sicht – auch gar keinen Sinn, noch einmal nachzufragen.
Es wäre einfach wichtig und auch im Sinne Ihrer Fraktion gewesen, dass Senat und Senator heute die Gelegenheit ergriffen und deutlich gemacht hätten, dass wir uns das, was die einen oder anderen Geschmäckle nennen und was bei den Hamburgern auf völliges Unverständnis stößt, nur eingebildet haben, dass der Senator tatsächlich schon im September gehandelt hat und Herrn Kuhlmann um Aufklärung gebeten und ihm nahegelegt hat, sein Mandat niederzulegen. Dazu haben Sie hier die Möglichkeit, keiner von uns kann Ihnen das verwehren. Der Senator kann sich vorne hinstellen und über all das berichten, sodass selbst Herr Hamann letztendlich nachvollziehen oder nicht nachvollziehen kann, was passiert ist oder nicht.
Diese Chance haben Sie heute vertan und das ist in der Tat ein Geschmäckle.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr von Frankenberg, Sie haben uns ein großes Sammelsurium hier vorgestellt und ganz richtig darauf hingewiesen, dass wir im Sozialausschuss sicherlich noch entsprechend Zeit haben werden, das ausgiebig aufzudröseln und zu diskutieren. Ich finde es allerdings schon bezeichnend, dass Sie auf den Anlass Ihrer Großen Anfrage und des Europäischen Jahres zur Bekämpfung
von Armut und sozialer Ausgrenzung eigentlich gar nicht richtig eingegangen sind.
Es geht doch nicht darum, hier eine Art Leistungsshow zu machen und der Selbstzufriedenheit Raum zu geben. Das Europäische Jahr ist geschaffen worden, damit wir alle unser Bewusstsein schärfen für die Folgen von Armut und sozialer Ausgrenzung. Politik, aber auch Unternehmen und Bürger sollen alles daransetzen und gemeinsam eine Strategie entwickeln, um Armut und sozialer Ausgrenzung wirksam zu begegnen. Das ist der Sinn des EU-Jahres und es wäre eigentlich ganz schön, wenn das bei Ihnen auch deutlich werden würde.
Ich will noch einmal zwei, drei Dinge ansprechen, die mir wichtig erscheinen.
Der Bürgermeister hat in der letzten Woche davon gesprochen, dass es nun darum gehe, die volle Wahrheit aufzudecken und Herr Kerstan will – wir haben es gerade vernommen – die Bürger zu mehr Ehrlichkeit zwingen. Es ist wichtig, offen und ehrlich über die Situation in dieser Stadt zu sprechen, gerade in einem so schwierigen Bereich wie der Sozialpolitik. Dazu gehört auch, offen und ehrlich über die Daten zu sprechen.
Herr von Frankenberg, Sie haben ausführlich ausgeführt, dass die von Ihnen abgefragten Daten ganz eindeutig dafür stünden, dass Hamburg spitze sei. Es gibt eine recht interessante Situation. Da stellt die CDU-Fraktion in ihrer Großen Anfrage gleich als erstes die Frage, wie sich die Armutsgefährdungsquote in Hamburg in den letzten Jahren entwickelt hat. Das ist eine so allgemeine Frage, dass jeder Statistiker nachfragen würde, was denn eigentlich genau gemeint sei. Der Senator hat in seinem Hintergrundgespräch im Februar und auch jetzt als Kennziffer die Armutsgefährdungsquote im Vergleich zum Bund gewählt und daraufhin festgestellt, Hamburg sei spitze. Das kann man so machen. Allerdings weiß jeder, und das sagt auch das Statistische Bundesamt, für solch eine Diskussion zwei Kennziffern entscheidend sind. Als Vergleichsgröße dient einmal der Bund und – viel entscheidender, wenn es um soziale Spaltung und Armut in einer Stadt geht – das durchschnittliche Einkommen in der jeweiligen Region. Was stellt das Statistische Bundesamt nun 2009 in einer Pressemitteilung fest? Gemäß dieser letzten Kennziffer erreicht Hamburg mit 16,8 die negativsten Werte, gefolgt von Bremen. Im letzten Jahr hält Bremen den Negativrekord, aber Hamburg nimmt immer noch eine Spitzenstellung ein.
Wenn wir zwei Kennziffern haben, dann seien Sie doch bitte so ehrlich und sagen Sie dieser Stadt ganz deutlich, dass insbesondere die Kennziffer
hinsichtlich der sozialen Spaltung unserer Stadt negativ ausfällt und sich auch nicht positiv entwickelt. Das gehört zur Ehrlichkeit dazu.
Wenn wir uns das einmal anschauen, erkennen wir, dass es keinen einheitlichen positiven Trend gibt. Immer noch sind 26 Prozent der Unter-16-Jährigen armutsgefährdet und immer noch sind 40 Prozent der Alleinerziehenden armutsgefährdet. Wir erkennen auch, dass die Zahl der armutsgefährdeten Erwerbslosen in den letzten vier Jahren bis 2008 – bis dahin geht die Statistik – deutlich angestiegen ist, von 47 Prozent auf 55 Prozent. Und da reden Sie von einem positiven Trend. Ich weiß nicht, woher Sie das nehmen.
Das eigentlich Erschreckende ist, dass diese Entwicklung vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Boomjahre stattgefunden hat. Die Jahre 2005 bis 2008, jedenfalls bis 2007, waren wirtschaftliche Boomjahre. Wir alle in Hamburg, zumindest die verantwortungsvollen Sozialpolitiker, mussten aber feststellen, dass wir es in diesen Boomjahren nicht geschafft haben, bestimmte Bevölkerungsgruppen und Stadtteile zu erreichen. Die sind abgekoppelt und das ist negativ; da müssen wir nachbessern und dürfen nicht in Selbstzufriedenheit versinken.
Deswegen betrachten es viele schon fast als einen Skandal, dass sich der Senat auf die Anfrage der CDU-Fraktion hin eine Kennziffer heraussucht und nicht einmal darauf hinweist, dass es eine weitere Kennziffer gibt, die man genauso hätte nehmen können, sogar eher hätte nehmen müssen, und dass auch bei Hintergrundgesprächen des Senators nur eine der Kennziffern genannt wird. Das ist keine offene, ehrliche Politik und damit werden Sie dem Ziel des Europäischen Jahres zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung nicht gerecht. Hier gilt es, einen anderen Kurs zu fahren.
Wir merken an vielen Stellen, dass die Bürgerinnen und Bürger dazu bereit sind. Es wird über soziale Spaltung diskutiert – zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Gängeviertel oder der Initiative "Eine Stadt für alle" – und darüber, dass wir neue Wege gehen und Politik und Gesellschaft gemeinsam für ein besseres Hamburg kämpfen müssen. Wir Sozialdemokraten sind dabei, aber wir wollen eine offene und ehrliche sozialpolitische Diskussion. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Senator, das sind fast schon Durchhalteparolen, die Sie hier abgeben, eine Endzeitstimmung, die sich breitmacht. Ich habe teilweise bei Ihrer Rede den Eindruck gehabt, dass Sie ein wenig überfordert sind.
Herr Beuß, Sie hatten hier schon Ihren genialen Auftritt.
Wenn wir einmal auf die Seite des Statistischen Bundesamtes gehen, gibt es dort zwei Armutsgefährdungsquoten, die ganz normal erläutert werden. Bei der einen zieht man das Durchschnittseinkommen auf Bundesebene heran, bei der anderen ist es das Durchschnittseinkommen der Region und der Bundesländer, was insbesondere interessant ist, wenn es um das Thema soziale Spaltung und Ausgrenzung geht. Wir sind uns doch alle darüber einig, dass wir letztendlich die Lage in Billstedt eher mit der Lage in Harvestehude als mit der in Saarlouis vergleichen,
weil es um die soziale Spaltung unserer Stadt geht. Dies wird dort ganz normal aufgeführt, Herr Senator. Sie weisen bei Ihrem Hintergrundgespräch, aber auch bei Ihrer Beantwortung der Großen Anfrage nicht einmal darauf hin, dass es zwei Quoten gibt. Sie weisen nicht einmal darauf
hin, dass sich für bestimmte Gruppen in dieser Stadt die Lage eher verschlechtert hat. Das werfen Ihnen die Bürger zu Recht vor, das hat nichts mit Offenheit und Wahrheit zu tun.
Es klang schon teilweise so, als ob Sie in der Tat den Ausstieg langsam vorbereiten. Was Sie mit Ihren goldenen Regeln schon einmal angedeutet haben, wollen Sie vielleicht doch irgendwann einmal hier vollziehen, denn wie anders kann es sein, dass Sie als Sozialsenator schon vor Monaten auf die Idee kamen, Menschen von der Inanspruchnahme gesetzlicher Leistungen letztendlich auszunehmen. Das gehört sich für einen Sozialsenator nicht.
Und wenn Sie auf die wirtschaftliche Entwicklung dieser Stadt hinweisen, dann müssen Sie sich als Sozialsenator mit dem Thema befassen, dass gerade in den Boomjahren bestimmte Stadtteile und bestimmte Gruppen davon nicht profitiert haben; Herr Lieven hat das auch angesprochen. Auch da sagt das Statistikamt Nord, dass es einen Armutsgürtel gäbe, der sich von Jenfeld über Billstedt, Horn, Veddel, Rothenburgsort bis nach Harburg erstrecke. Das müssen wir doch einmal akzeptieren, bei Ihnen muss doch die Bereitschaft vorhanden sein, sich dieses Problems anzunehmen und es nicht wegzudiskutieren.
Von daher war es auch ein Fehler, dass Sie sich wie Ihre Vorgängerin jahrelang geweigert haben, den von uns immer wieder geforderten Lebenslagenbericht und die Evaluation aller sozialpolitischen Maßnahmen durchzuführen. Das rächt sich jetzt, Sie haben keinen Plan, Sie haben keine soziale Strategie,