Protocol of the Session on June 3, 2010

Das andere Thema, was hier berührt wird, ist die Suizidprophylaxe. Das ist ein Thema, was den Hamburger Strafvollzug auch nicht erst seit diesen drei Vorfällen, sondern seit geraumer Zeit intensiv beschäftigt. Es ist keine neue Erkenntnis, dass insbesondere in der Untersuchungshaft das Risiko für Suizide erhöht ist. Der Inhaftierungsschock ist für viele Menschen gravierend und deswegen muss der Vollzug wachsam sein, wenn es darum geht, Suizidabsichten zu erkennen. Es gibt ein sehr intensives, engmaschiges Konzept der Suizidprophylaxe, in dem alle Erkenntnisse, die bundesweit und auch international über die Früherkennung von Suiziden zu gewinnen sind, eingebunden wurden und werden. Es gibt auch seit Jahren eine enge Zusammenarbeit mit der Suizidambulanz am Universitätsklinikum, wo wirklich alle wissenschaftlichen Erkenntnisse, die genutzt werden können, eingebunden werden. Das ist eine Selbstverständlichkeit, aber es ist auch eine Leistung des Vollzugs, die man nicht zu gering schätzen sollte. Hier engagieren sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter außerordentlich und nicht erst seit diesen Vorfällen, sondern auch schon lange davor.

Wir haben darüber hinaus aber diese Vorfälle zum Anlass genommen zu schauen, wo wir noch besser werden und unser Konzept der Suizidprävention ausbauen, ergänzen und erweitern müssen. Da gibt es im Wesentlichen vier Punkte.

Wir haben zum einen gesagt, dass wir, anders, als es bisher gewährleistet war, auch an Wochenenden und Feiertagen die ständige Verfügbarkeit von Psychologen brauchen, um in akuten Krisensituationen intervenieren und psychologischen Beistand und Beratung organisieren zu können.

Ich habe außerdem entschieden, dass bei Personen, bei denen aufgrund der äußeren Umstände eine Suizidgefahr nicht fernliegend ist, das Vier-Augen-Prinzip gilt. Wenn also jemand zum Beispiel in den Hungerstreik tritt oder eine Straftat mit suizidalem Anteil begangen hat wie Mike S., der sich durch die Kollision mit einem Bus selbst in Lebensgefahr gebracht hat, reicht es nicht aus, dass eine Person zu der Überzeugung kommt, eine Suizidgefahr sei nicht gegeben. Dieser Befund muss von einer zweiten qualifizierten Person, einer Psychologin oder einem Psychiater, bestätigt werden. Das ist eine wichtige Absicherung in Fällen, bei denen die äußeren Umstände eine Suizidgefahr zunächst einmal als nicht fernliegend erscheinen lassen.

Auch bei der Frage, wie eigentlich die Suizidkonferenzen ablaufen, habe ich einen unter Umständen strukturellen Mangel erkannt. Es ist eine gute Pra

xis, dass sich alle zusammensetzen, die mit demjenigen zu tun hatten, der sich das Leben genommen hat, um zu überlegen, wo Fehler waren und wo die Suizidabsicht früher hätte erkannt werden können. Diese gute Praxis der Suizidkonferenzen soll durch die Teilnahme externer Fachleute ergänzt werden, die auch kritische Fragen stellen können, um Dinge aufdecken zu können, die vielleicht in der alltäglichen Arbeit nicht gesehen wurden.

Der letzte Punkt, den wir anstreben, ist die Schaffung gefährdungsarmer Hafträume, die möglichst wenig Risiken aufweisen und auch möglichst wenig praktische Gelegenheiten bieten, sich das Leben zu nehmen. Das beginnt bei ganz einfachen Dingen wie etwa der Frage, was es für Möglichkeiten gibt, Gegenstände aufzuhängen, die unter Umständen auch genutzt werden könnten, um sich selber daran zu erhängen. Es sind solche einfachen Fragen, die wir bearbeiten wollen. Dabei ist es wichtig zu sehen, dass wir damit auf ein grundlegendes Dilemma reagieren. Wenn im öffentlichen Raum nach solchen Suiziden gefordert wird, man hätte dies doch erkennen und beispielsweise auf einen Hungerstreik – unabhängig von den Ergebnissen der von den Psychologen geführten Gesprächen – in jedem Fall mit Maßnahmen reagieren müssen, die die Durchführung des Suizides in ganz praktischer Hinsicht verhindern, dann wird den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Hamburger Vollzug unrecht getan. Natürlich können wir Maßnahmen ergreifen, die fast alle Suizidmethoden ausschließen. Uns stehen besonders gesicherte Hafträume zur Verfügung, um einer akuten Suizidabsicht zu begegnen und in einem Zeitraum von ein bis zwei Tagen erst einmal dafür zu sorgen, dass es nicht zu dem Suizid kommt, um dann überhaupt die Gelegenheit schaffen zu können, in Gespräche einzutreten. Derartige gesicherte Hafträume taugen aber nicht für eine längerfristige Unterbringung. Man kann keinen Menschen, insbesondere niemanden, der ohnehin schon eine depressive Neigung hat, über Wochen in einem solchen gesicherten Haftraum unterbringen. Gesicherter Haftraum bedeutet: Kachelung von oben bis unten, kein Bett, lediglich eine mit nicht zu entfernendem Gummi bespannte Matratze ohne Überzug, keine Möglichkeit, selber das Fenster zu öffnen. Diese Hafträume können eine Möglichkeit für eine Nacht sein, aber sie werden nicht dazu führen, dass jemand, der eine Suizidabsicht in sich trägt, von dieser Absicht fortgeführt wird und wieder neuen Lebensmut schöpft. Deswegen brauchen wir Alternativen für die Entscheidung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und deswegen wollen wir in jedem Bereich Hafträume schaffen, die in der Ausstattung ein Stück weit reduziert, aber gleichwohl weit weg sind von diesen gesicherten Hafträumen, wie wir sie bislang in allen Haftanstalten haben.

(Senator Dr. Till Steffen)

Sie sehen, wir sind an einer ganzen Reihe von Punkten dabei, die Praxis der Suizidprophylaxe zu verändern.

Wir sind auch dabei, eine ganze Reihe konkreter Punkte in der Praxis der Abschiebehaft zu überprüfen und werden diese weiter verändern. Einige Schritte haben wir schon eingeleitet und Sie werden davon auch berichtet bekommen. Wichtig sind besonders zwei Maßnahmen, die aufseiten der Justizbehörde schon ergriffen wurden. Wir haben die Besuchszeiten für Abschiebegefangene verlängert, sodass deutlich wird, dass Abschiebegefangene nicht mit normalen Strafgefangenen gleichzusetzen sind und natürlich einen Anspruch auf mehr Außenkontakte als normale Gefangene haben. Die zweite Maßnahme, deren Konsequenz gar nicht hoch genug einzuschätzen ist, ist der Verzicht auf Abschiebehaft bei Minderjährigen. Das ist ein wichtiger Schritt, um derartigen Krisensituationen entgegenzuwirken.

Eines möchte ich noch mit Blick auf die Zahlen sagen. Auf Basis der Statistiken im Vollzug kann ich sehr genau verfolgen, dass wir eine deutlich zurückgehende Belegung der Abschiebehaft haben. Gegenüber den Zahlen, die wir noch im Jahr 2001 regelmäßig erreicht haben, ist die Belegung auf rund ein Drittel gesunken. Das hat natürlich zu tun mit globalen Wanderungsbewegungen, die sich verändern, aber auch mit der alltäglichen Arbeit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Behörden. Es hat auch zu tun mit der Arbeit, die hier im Parlament, insbesondere im Eingabenausschuss und in der Härtefallkommission, geleistet wird. Die Arbeit dort, am Einzelfall zu schauen, in welchen Fällen eine Abschiebung wirklich angezeigt ist und in welchen Fällen nicht doch Belange überwiegen, die einen Verbleib in Deutschland als zwingend erscheinen lassen, ist eine ausgesprochen wertvolle Arbeit, von der die Menschen sehr profitieren. Das schlägt sich auch in den Zahlen nieder. Ich bin froh, dass das Thema Abschiebehaft damit ein zum Glück immer kleiner werdendes Thema ist. Trotzdem braucht es unsere volle Aufmerksamkeit, damit Abschiebehaft, wenn sie sein muss, so wenig einschneidend wie möglich ist.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort hat nun Herr Yildiz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die öffentliche Sitzung des Innenausschusses hat uns leider vor Augen geführt, dass es den Suizid von Yeni P. nicht gegeben hätte, wenn die Ausländerbehörde – der Justizsenator hat viel über die Justiz gesprochen, mir geht es um die Ausländerbehörde – mehr Sensibilität gezeigt und auf die Signale geachtet hätte.

Diese Beobachtung trifft auch auf den Fall David M. zu. Die Ausländerbehörde hätte hier aufgrund des Hungerstreiks entscheiden können, das Asylverfahren in Deutschland durchzuführen. Es ist viel von Dublin II die Rede gewesen; nach Artikel 3 Absatz 2 dieses Abkommens hätte die Zuständigkeit aus humanitären Gründen auf Deutschland übertragen werden können. Dass ein verzweifelter Mensch über Wochen im Hungerstreik ist, ist ein Signal, dass er nicht zurückkehren möchte. Das hätte man berücksichtigen können.

(Beifall bei der LINKEN)

Außerdem hätte die Ausländerbehörde – das haben auch meine Vorrednerinnen gesagt – David M. zwecks Inobhutnahme an das Jugendamt weiterleiten können. Das ist nicht geschehen. Die Ausländerbehörde hat ungeachtet des Hungerstreiks wieder einmal zuungunsten des Flüchtlings entschieden.

Bedauerlicherweise ist festzustellen, dass die erforderliche Lektion nicht gelernt wurde. Die Ausländerbehörde hat wie schon im Fall David M. auch im Fall Yeni P. ein restriktives Verhalten an den Tag gelegt und trägt somit auch hier die politische Verantwortung.

Yeni P. hat zum Ausdruck gebracht, dass sie eine Abschiebung in Begleitung als ungerecht empfindet. Ihr Rechtsanwalt hat einen Antrag auf freiwillige Ausreise und Haftentlassung gestellt, der jedoch abgelehnt wurde. Die Ausländerbehörde hat an der Abschiebehaft festgehalten, das kann man im Protokoll nachlesen. Die Ausländerbehörde hätte dies ernst nehmen und in dieser Frage einlenken müssen. Ich habe hierzu Erkundigungen eingeholt und mir sagen lassen, dass eine Abschiebung in Begleitung für eine Frau in Indonesien eine Demütigung darstellt. Man hätte das wissen oder aber Erkundigungen anstellen müssen, nachdem Yeni P. sich vehement gegen eine Abschiebung in Begleitung aussprach. Man muss bei einer Abschiebung auch die Herkunft und den kulturellen Hintergrund berücksichtigen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das wurde nicht getan.

Fragwürdig ist auch die Praxis, den Flüchtlingen die Kosten für ihre eigene Abschiebung in Rechnung zu stellen. Von Yeni P. wurde ein Betrag in Höhe von 1900 Euro einbehalten. In Indonesien liegt das durchschnittliche Monatseinkommen bei nicht einmal 100 Euro. 1900 Euro bedeuteten also, dass ein Mensch 19 Monate lang ohne Abhängigkeit in Indonesien hätte leben können. Auch das muss man berücksichtigen.

(Beifall bei der LINKEN – Jörn Frommann CDU: Was ist das für eine Argumentation?)

Ich will nicht sagen, dass allein diese Punkte Yeni P. zum Suizid veranlasst haben, meine aber,

(Senator Dr. Till Steffen)

dass sie sie in ihrem Suizidentschluss bestärkt haben. Diese beiden Punkte zeigen, dass Abschiebepraxis und Justizvollzug fehlgeschlagen sind. Sie erzwingen eine umfassende Veränderung. Es gibt Fortschritte, der Justizsenator sagte es, diese reichen aber nicht aus. Es muss schnell und zügig vorgegangen werden.

Ich halte es für begrüßenswert, dass der Justizsenator Änderungen beabsichtigt und habe die Hoffnung nicht aufgegeben, dass die Grünen, die viele ihrer humanitären Ansätze über Bord geworfen haben, sich ihrer ursprünglichen Werte besinnen. Nicht hinnehmbar ist jedoch – und das lässt Zweifel hinsichtlich Ihrer Ernsthaftigkeit aufkommen –, dass die Opposition von dem geplanten Runden Tisch ausgeschlossen wird. Dass Abschiebehaft und Suizidvorfälle in Abschiebehaft seit Langem in Hamburg und bundesweit thematisiert werden, ist sicher nicht von heute auf morgen verursacht worden. Wenn Opposition, Flüchtlingsorganisationen und die Presse, der gegenüber ich hier meinen Dank aussprechen will, nicht gewesen wären, dann stünde dieses Thema weder in Hamburg noch bundesweit in diesem Maße auf der Tagesordnung.

Ich möchte an den Senat appellieren, nicht nur die Abschiebepraxis, sondern generell den Umgang mit Flüchtlingen von Grund auf in Frage zu stellen und radikale Veränderungen zugunsten der Flüchtlinge in die Wege zu leiten. Ist Abschiebung nicht längst überholt? Aufgrund europäischer Abschottungspolitik und restriktiver Ausländergesetzgebung in Deutschland sind die Zahlen der Flüchtlinge rückläufig. Könnte man diesen Menschen, die verzweifelt ein Leben in Deutschland suchen, nicht eine Bleibeperspektive anbieten?

(Beifall bei der LINKEN)

Ein erster Schritt in die richtige Richtung wäre, zumindest Frauen, Jungerwachsene – Jugendliche wurden erwähnt –, Eltern von minderjährigen Kindern, Schwangere und kranke Menschen von der Abschiebung auszunehmen.

Ich darf zum Schluss noch einmal daran erinnern, dass es nicht sein kann, dass sich Hamburg als weltoffen, tolerant und multikulturell darstellt, sich gleichzeitig aber gegenüber den Hilfsbedürftigen dieser Welt abschottet und mit Flüchtlingen inhuman umgeht. Flüchtlinge müssen ohnehin tagtäglich die Beschneidung vieler ihrer persönlichen Rechte hinnehmen, da muss man sie nicht noch in Abschiebehaft überführen und dort zum Abschied drangsalieren.

Einen Punkt möchte ich noch erwähnen, den auch der Justizsenator angesprochen hat. Man muss sich vor Augen halten, dass die Menschen, die in Abschiebehaft genommen werden, meist unsere Sprache, die Kultur und auch ihre Rechte nicht kennen. Diese Menschen konfrontiert man nun mit

Ärzten, Psychologen oder Mitarbeitern von Justizbehörde und Anstalten. Viele der Menschen in Abschiebehaft haben in ihren Herkunftsländern negative Erfahrungen mit dem eigenen Staat gemacht. Sie haben nun in der Haft das Problem, dass sie sich beispielsweise gegenüber den Psychologen nicht so öffnen können, wie sie es könnten, wenn diese nicht in der Anstalt arbeiten, sondern von außen kommen würden. Man müsste auch dies in Betracht ziehen, damit man nicht nur auf die anstaltszugehörigen Mitarbeiter zurückgreifen, sondern auch Psychologen, Ärzte und andere Personen, die von außerhalb kommen und diese Menschen unterstützen können, in Anspruch nimmt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Dann stelle ich fest, dass die Bürgerschaft von der Drucksache 19/6131 Kenntnis genommen hat.

Ich rufe auf den Punkt 56 der Tagesordnung, Drucksache 19/6216, Antrag der CDU-Fraktion: Maßnahme gegen Schulabsentismus fortsetzen.

[Antrag der Fraktion der CDU: Maßnahme gegen Schulabsentismus fortsetzen – Drs 19/6216 –]

Wer wünscht das Wort? – Herr Kreuzmann, bitte.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Schulabsentismus, das heißt, das dauerhafte Fernbleiben von Schülerinnen und Schülern von der Schule, ist besonders in Großstädten ein Problem. Auch wenn es immer wieder Schüler gibt, die mit den Maßnahmen gegen den Absentismus nicht erreicht werden können und ganz spezielle Hilfe brauchen, lohnt sich das Eingreifen doch in jedem Einzelfall. Die Folgen des dauerhaften Fehlens sind tiefgreifend: Schulversagen, geringe Ausbildungschancen, später Arbeitslosigkeit, gesundheitliche und psychische Probleme, Abhängigkeit von sozialen Netzwerken und negative Karrieren. Wenn man sich die Statistiken der Jugendkriminalität ansieht, kann man feststellen, dass vielen dieser kriminellen Karrieren ein langer Schulabsentismus vorangegangen ist.

In zahlreichen Schulen dominiert eine rechtliche Interpretation des Schulabsentismus. Aus juristischer Sicht handelt es sich um eine Verletzung der gesetzlichen Schulpflicht.

(Wilfried Buss SPD: Richtig!)

Diese wird mit Geldstrafen, gegebenenfalls ersatzweise Haft für die Erziehungsberechtigten, sowie polizeilich begleiteter Zwangszuführung des Schülers geahndet. Der Erfolg dieser juristischen Maßnahmen ist aber eher fragwürdig.

(Mehmet Yildiz)

(Beifall bei der CDU und bei Michael Gwosdz – Vizepräsidentin Dr. Eva Gümbel übernimmt den Vorsitz.)

Meist ist die Unterdrückung der Versäumnisse nicht nachhaltig genug. Nach einer nur kurzen Phase des regelmäßigen Schulbesuchs setzen die Schulversäumnisse oft wieder ein. Das Problem sollte also nicht in erster Linie juristisch, sondern pädagogisch betrachtet werden. Dazu muss man zunächst die drei Formen des Schulabsentismus unterscheiden. Ich möchte sie kurz darstellen.

Die größte Gruppe sind die Schulschwänzer. Bei ihnen geht die Initiative für die Schulversäumnisse auf den einzelnen Schüler oder eine Gruppe zurück. Selten einzeln, meist in Gruppen, verbringen die Schulschwänzer die Vormittage im außerschulischen Bereich und gehen Aktivitäten nach, die ihnen angenehmer sind. Die Erziehungsberechtigten haben in der Regel keine Kenntnis davon, was ihre Kinder am Vormittag machen. Diese Kinder weisen häufig schon bei Schuleintritt ein Defizit auf, sodass sie über die von der Schule erwarteten Lernund Verhaltensvoraussetzungen nicht verfügen. Schulschwänzen nimmt mit steigendem Alter zu und erreicht seinen Höhepunkt in der Sekundarstufe.

Eine weitere Form des Schulabsentismus ist die Schulverweigerung. Die betroffenen Kinder und Jugendlichen haben immense Schwierigkeiten, den Unterricht zu besuchen oder sich auch nur der Schule zu nähern. Das hat oft seine Ursache in einer Trennungsangst vom Elternhaus. Im Gegensatz zu den Schulschwänzern suchen diese Kinder keine außerhäusliche Zerstreuung, sondern möchten in ihrer sicheren Umwelt bei den Eltern bleiben. Diese Schüler klagen meist über Schmerzen und Gesundheitsprobleme, für die sich keine organischen Gründe finden lassen.

Eine dritte, noch dramatischere Form ist die Zurückhaltung. Hier geht die Initiative für den Schulabsentismus von den Erwachsenen aus und es besteht in der Regel ein heimliches Einverständnis zwischen Schülern und Eltern. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Die Eltern zeigen in der Regel eine starke Abneigung gegen die Schule oder haben einfach nur Desinteresse, weil sie ihre eigenen Lebensprobleme nicht in den Griff bekommen und sie selbst, zum Beispiel durch Drogensucht oder psychische Krankheiten, beeinträchtigt sind. Auch kulturelle und religiöse Unterschiede können dazu führen, dass die Kinder der Schule entzogen werden. Fehlzeiten durch Zurückhalten können auch ein Anzeichen für Kindesmissbrauch sein. Den Opfern wird verboten, die Wohnung zu verlassen, um Verletzungen zu vertuschen oder um zu verhindern, dass sich das Opfer verrät.

Diese Vielschichtigkeit des Schulabsentismus macht deutlich, wie schwierig es für den Lehrer ist, richtig zu reagieren. Zunächst stellt er nur fest,

dass der Schüler fehlt. Da das Schulschwänzen häufig in Verbindung mit weiteren Verhaltensproblemen auftritt, können abwesende Schüler mitunter den Schulalltag erleichtern,

(Dora Heyenn DIE LINKE: Das stimmt!)