Deshalb gilt es hier anzusetzen. Neben der Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen für die Weitergabe von Daten innerhalb des Staates und dem Einsatz elektronischer Medien muss politisches Streben bei der Bewusstseinsförderung jedes Einzelnen ansetzen. Datenweitergabe kann ein Problem werden, wenn ich nicht weiß, dass es sich bei weitergegebenen Informationen überhaupt um Daten handelt und dass Daten in gewissen Bereichen zwangsläufig anfallen und ich muss mir ganz bewusst die Frage stellen, ob ich das will.
Im Gegensatz zum Tätigkeitsbericht 2008/2009 sagt der Tätigkeitsbericht 2006/2007 dazu nichts. Und ich bin sehr dankbar, dass mit unserem neuen Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, Professor Dr. Johannes Caspar, eine ganz neue Intention verbunden ist und eine ganz neue Richtung eingeschlagen wurde. Während der alte Tätigkeitsbereicht noch an den Symptomen herumkurierte und besonders auf Rechtsstaatlichkeit staatlichen Handelns achtete, geht der neue Tätigkeitsbericht in die Richtung, die Ursachen von ungewollter Datenweitergabe zu bekämpfen.
Die bereits jetzt im Unterausschuss Datenschutz laufende Erörterung des Tätigkeitsberichts 2008/ 2009 macht Hoffnung, denn aufgrund der vehementen und mit ausnehmend viel Inbrunst, aber auch Sensibilität des neuen Datenschutzbeauftragten, Professor Caspar, betriebenen Problemvermittlung und Erörterung ist es innerhalb der Verwaltung zu einem sehr sensiblen Verständnis über die Bedeutung von Daten, Datensammlung und Datenverwertung gekommen.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass wachsendes Verständnis für Problemlagen im Bereich Datengewinnung, -archivierung und -verwertung im Senat zusehends zu unkomplizierter Zusammenarbeit führt. Datenschutzbeauftragter und
Senat arbeiten sehr verständnisvoll und umgänglich miteinander zusammen. Es ist ein Verhältnis von Kooperation, nicht mehr von Konfrontation, denn auch in der Verwaltung der Freien und Hansestadt Hamburg wird man sich dessen bewusst, dass ungerechtfertigte Datenweitergabe jeden Einzelnen treffen kann.
Als beispielhaft – das hat der Kollege Möller auch schon angesprochen – möchte ich auch die hervorragende Initiative des Datenschutzbeauftragten "Meine Daten kriegt ihr nicht!" hervorheben, die unter Einbeziehung der Schulbehörde Kinder und Jugendliche in Datenschutzfragen zu bilden versucht. Wenn sich in der Vergangenheit über Jahrzehnte, vielleicht Jahrhunderte gewisse Verhaltensmuster als verboten herauskristallisiert haben und sozusagen mit der Muttermilch eingesogen wurden, wie zum Beispiel der Handtaschenraub bei der alten Dame, ist das bei der Gewinnung und Weitergabe von Daten noch lange nicht der Fall, weil dieses technische Feld erst seit 15, 20 Jahren existiert und
damit verbundene Probleme noch nicht ins Bewusstsein gelangen konnten. Deswegen ist es völlig richtig, bei Kindern anzusetzen, damit es sich langsam durchbildet, Problembewusstsein gefördert wird und jeder Mensch zukünftig eigenverantwortlich mit den Daten umgeht.
Die sich aus dem Tätigkeitsbericht ergebenden Fragestellungen und Problemfelder werden wir im Unterausschuss Datenschutz konstruktiv abarbeiten, eine auch weiterhin spannende Aufgabe, der wir uns wohlwollend widmen, weil es eine sinnvolle Aufgabe ist.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, so lautet jetzt sein vollständiger Titel, Professor Caspar, hat uns seinen ersten Tätigkeitsbericht vorgelegt. Insgesamt ist dies der 22. Bericht zum Datenschutz in Hamburg und er beweist: Es ist gut, dass wir einen senatsunabhängigen Datenschutzbeauftragten haben, der dem Senat einen Spiegel vorhält.
Der Tätigkeitsbericht zeigt uns deutlich, dass dem Thema Datenschutz eine wachsende Bedeutung in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens zukommt. Die persönlichen Daten der Bürgerinnen
und Bürger sind zu einem wirtschaftlichen Gut geworden. Das kann man bedauern und kritisieren, aber man muss dies zunächst einmal nüchtern feststellen, um dann einen angemessenen Schutz und Umgang mit diesen Daten zu organisieren.
Datenschutz ist längst nicht mehr nur eine Frage des Schutzes der persönlichen Daten vor dem Staat und seinen Behörden, sondern auch des Schutzes der Daten gegenüber der privaten Wirtschaft und sonstigen Dritten. Datenschutz ist Bürgerrechts- und Verbraucherrechtsschutz im besten Sinne. Ich begrüße daher ganz ausdrücklich – insofern stehe ich im Einklang mit meinem Vorredner – das Projekt "Meine Daten kriegt ihr nicht!", das vom Hamburgischen Datenschutzbeauftragten durchgeführt wird und in dem es darum geht, Schülerinnen und Schülern Datenschutzkompetenz zu vermitteln. Dass es notwendig ist, auch und gerade bei jungen Menschen diese Kompetenz zu fördern, steht für mich außer Frage, denn gerade die Selbstverständlichkeit, mit der junge Menschen die neuen Kommunikationswege des Internets und des Mobiltelefons benutzen, lässt sie sorglos – zu sorglos – mit ihren eigenen Daten umgehen.
Ich möchte auch das Engagement des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten und des Düsseldorfer Kreises im Hinblick auf Google Street View loben. Dass es gelungen ist, Google zu einer ganzen Reihe von wichtigen Zugeständnissen zu bewegen, ist ein Erfolg für den Datenschutz. Ich nenne als wichtige Punkte die Möglichkeit, Gesichter und Kfz-Kennzeichen verschleiern zu lassen, das Widerspruchsrecht für Mieter und Gebäudeeigentümer und vor allem das Löschen der entsprechenden Rohdaten.
Es ist aber die zentrale Aufgabe des Datenschutzbeauftragten, Missstände auf dem Gebiet des Datenschutzes aufzuzeigen. Und hier muss ich meine Vorredner kritisieren. Es hätte Ihnen gut angestanden, auch diese Missstände, die nach wie vor bestehen und die die in den Vorgängerberichten aufgezeigten Missstände sogar überragen, auch zu benennen.
Ich möchte einige dieser Missstände aufführen. Bereits der Vorbericht 2006/2007 kritisiert, dass es keine gesetzliche Verpflichtung für öffentliche Stellen gibt, einen eigenen Datenschutzbeauftragten zu bestellen. Trotz einer entsprechenden Anregung hat der Senat hier nicht gehandelt und das, obwohl es eine entsprechende Verpflichtung für die private Wirtschaft sehr wohl gibt. Bedeutende Fachbehörden und Bezirksämter haben weiterhin keinen eigenen Datenschutzbeauftragten und das ist blamabel.
Es ist nun endlich an der Zeit, dass der Senat hier tätig wird, zumal er sich dies selbst in seinem Koalitionsvertrag zum Ziel gesetzt hat. Davon war jetzt kein Wort zu hören.
Ebenfalls bereits im letzten Bericht angesprochen ist die Übernahme des IuK-Netzes der Polizei durch Dataport. Noch immer sind die Bedenken des Datenschutzbeauftragten nicht vollständig von der Polizei ausgeräumt worden. Wir werden bei unseren noch anstehenden Beratungen im Unterausschuss Datenschutz darauf drängen, dass das Thema nun abschließend bearbeitet wird.
Der Bericht stellt fest, dass es noch immer an einer rechtlichen Grundlage für die Videoüberwachung von öffentlich zugänglichen Räumen fehlt. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits Anfang 2007 entschieden, dass es dafür einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage bedarf. In Hamburg ist aber nichts in dieser Richtung geschehen, weder unter dem alten CDU-Senat noch unter Schwarz-Grün. Das ist ein Skandal. Die VogelStrauß-Taktik des Senats muss jetzt ein Ende haben. Kommen Sie – das geht an den Senat – endlich zu Potte und legen Sie uns ein Gesetz vor, dass diesen hochsensiblen Bereich vernünftig regelt.
Die schon genannte Steigerung der Eingabenanzahl an den Datenschutzbeauftragten um 50 Prozent zeigt eine erhöhte Aufmerksamkeit für den Datenschutz. Es ist aber erschreckend, dass sich immer noch keine spürbare Verbesserung des Datenschutzes bei den anlassunabhängigen Betriebsüberprüfungen feststellen lässt. Keine dieser Überprüfungen verlief beanstandungsfrei. Hier besteht dringender Handlungs- und Aufklärungsbedarf.
Neu im Bericht und nunmehr den Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich erweiternd ist der Bereich Informationsfreiheit. Der Bericht spricht davon, dass es notwendig sei, in Hamburg eine "informationsfreiheitsfreundliche Verwaltungskultur" zu etablieren, ein schönes Wortungetüm, mit dem der Bericht aber den Finger in die Wunde legt. Das Recht der Bürgerinnen und Bürger auf Zugang zu den bei den Behörden vorgehaltenen Informationen muss etwas Selbstverständliches werden. Ziel ist eine transparente und im Ergebnis bessere Verwaltung. Dazu muss man freilich auch die Bürgerinnen und Bürger ermuntern, von diesem neuen Recht Gebrauch zu machen. Die immer noch geringen Fallzahlen zeigen uns, dass nur wenige von ihren neuen Rechten wissen. Es stünde dieser Stadt und ihrem Senat gut an, wenn sie sich durch
Ich freue mich auf die Beratung im Rechtsausschuss und im Unterausschuss Datenschutz und darf etwas spitz anmerken, dass ich es auch begrüßen würde, wenn eine gelegentlich festzustellende Zurückhaltung bei der Vereinbarung und Wahrnehmung von Sitzungsterminen aufgegeben würde. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, Herr Präsident! Auch ich sage einen herzlichen Dank an den Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit für den ausführlichen Bericht, den wir in seinen Einzelheiten noch im Unterausschuss diskutieren werden.
Die modernen Informations- und Kommunikationstechniken sind auf dem Vormarsch im öffentlichen Leben, in den Verwaltungen, in den Unternehmen. Sie prägen zunehmend alle Bereiche des Lebens: die Arbeitswelt, die sozialen Kontakte, die politische Meinungs- und Willensbildung. Das ist eine sehr widersprüchliche Entwicklung. Wir sind uns einig, vieles wollen wir nicht missen, vieles können wir auch gar nicht mehr missen. Aber hier befassen wir uns mit den problematischen Seiten dieser Entwicklung.
Wir müssen feststellen, dass zunehmend alle Lebensäußerungen registriert, dokumentiert und überwacht werden, sei es durch den Staat, sei es durch Private – vor allem mächtige Private –, sei es durch die Öffentlichkeit. Der Bericht dokumentiert es. Auf allen Ebenen nimmt mit den technischen Möglichkeiten die Dokumentations-, Kontroll- und Überwachungssucht wachsende Ausmaße an. Vorläufig letztes Stichwort: ELENA.
Aber der Bericht nennt auch viele andere große und kleine Beispiele, die gar nicht alle aufgezählt werden können. Das geht von dem öffentlichen Arbeitgeber, der in einer Stellenausschreibung eine Bescheinigung der Krankenkasse über die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit in den letzten drei Jahren verlangt, bis zu der ausufernden Videoüberwachung nicht nur des öffentlichen Raums, sondern – das wird ausführlich dargelegt – einer Überwachung bis in den Wohnbereich hinein. Wenn auch oft nicht Kontroll- und Überwachungssucht der Motor für entsprechende Projekte oder die Einführung moderner Datenverarbeitungssysteme sind, so bleibt doch festzustellen, dass die Möglichkeiten
zur Kontrolle und zur Verletzung schützenswerter Interessen und Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger enorm steigen. Umso wichtiger sind restriktive gesetzliche Regelungen und die strikte Beachtung des Datenschutzes. An beidem mangelt es aber noch oft, wie der Bericht aufweist.
Insgesamt ist die Tendenz, das menschliche Kommunikationsverhalten total zu erfassen und zu protokollieren, hochproblematisch. Daraus ergeben sich im Hinblick auf die demokratische Verfasstheit der Gesellschaft grundlegende Fragen, denn Datenschutz und das Wissen, unbeobachtet und unangepasst kommunizieren zu können, sind entscheidende Grundlagen für demokratisches, zivilgesellschaftliches Engagement. Wer sich ständig beobachtet und registriert sieht, fängt automatisch – mehr oder weniger unbewusst – an, sein Verhalten zu ändern. Wer sich ständig beobachtet fühlt und fühlen muss, der passt sich an. Das will zumindest die LINKE nicht. Wir wollen freie, unangepasste Kommunikation als Voraussetzung für eine demokratische Gesellschaft, die auch konfliktfähig ist. Wir verteidigen das Recht auf unangepasstes, ungenormtes Verhalten, sofern dadurch nicht die Normen gesellschaftlichen Zusammenlebens verletzt werden.
Wir sind deshalb auch stolz, dass wir als Opposition nicht unmaßgeblich zu zwei Teilerfolgen bei der Eindämmung staatlicher Überwachung beigetragen haben, zum einen zur Beendigung der Verfassungsschutzpraxis, sich von den Bezirksämtern alle Personen und Organisationen melden zu lassen, die Informationsstände anmelden, bis hin zu den Kirchen. Unser Dank gilt dem Hamburgischen Datenschutzbeauftragten, dass er unsere Kleinen Anfragen dazu aufgenommen und inzwischen auch erreicht hat, dass die diesbezüglichen Meldungen der Bezirksämter an das Landesamt deutlich eingeschränkt wurden.
Zweitens haben wir durch Kleine Anfragen enthüllt, – Herr Klooß hat es schon angesprochen –, dass es einen beträchtlichen Wildwuchs bei den staatlichen Videoüberwachungen gibt. Auch das ist dankenswerterweise vom Datenschutzbeauftragten aufgegriffen worden. Ob die Konsequenzen aus seiner Kritik und seinem Vorschlag zu einer restriktiven gesetzlichen Regelung gezogen werden, wird uns in hoffentlich absehbarer Zukunft hier noch beschäftigen.
Aufgrund der im Tätigkeitsbericht dokumentierten Entwicklung gewinnt der Schutz der Grundrechte, namentlich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, stark an Bedeutung. In diesem Zusammenhang kann ich den Beitrag des Kollegen Müller und auch dem zustimmenden Verweis auf ein Zitat des früheren Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts im vorliegenden Tätigkeitsbericht
"Die Privatisierung der Informationstechnologie hat im Zusammenhang mit der Globalisierung die Zahl potentieller 'Big Brother' so unübersichtlich werden lassen, dass aus datenschutzrechtlicher Sicht anarchische Zustände eher zu drohen scheinen als ein totalitärer Überwachungsstaat."
Natürlich kann man die Gefahren, die die von den Privaten, von Unternehmen, Wohnungsbaugesellschaften und den Betreibern von Einkaufszentren in Gang gesetzte Überwachung bedeutet, gar nicht überschätzen. Diese Entwicklung ist bedrohlich. Sie ist auch deshalb bedrohlich, weil Private das Verhalten von Bürgerinnen und Bürgern als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, als Mieterinnen und Mieter, als Einkaufende et cetera steuern. Wenn zum Beispiel die Betreiber von Einkaufszentren durch immer bessere Überwachungstechnologien völlig neue Möglichkeiten haben, ihr Hausrecht auszuüben und aus dem öffentlich zugänglichen Bereich missliebige Menschen herauszuhalten oder zu vertreiben, wenn also mächtige Private dank dieser Überwachung ihre ordnungspolitischen Vorstellungen in der City und in den Zentren der Stadtteile durchsetzen, dann finde ich das hoch gefährlich.
Doch andererseits unterschätzt Professor Papier die Rolle des Staats in dieser Entwicklung, denn dem Staat obliegt es, die Grundrechte zu schützen. Wenn er selber die Grenzen ständig verschiebt, ein ums andere mal Vorstöße zur Ausweitung der Überwachung unternimmt, Grundrechte relativiert und sich, wie im Falle der Hamburger Polizeigesetze in ihrer derzeitigen Fassung, um Verfassung und Rechtsprechung nicht sonderlich schert, dann setzt er Maßstäbe und reißt Dämme ein.
Ich will hier nicht auf Einzelheiten eingehen, die bleiben der Ausschussdiskussion vorbehalten. Nur zwei Dinge möchte ich abschließend sagen, Herr Klooß hat es auch schon angesprochen.
Erstens: Wenn sich neben der Finanzbehörde, die mit höchst sensiblen Daten zu tun hat, ausgerechnet die Innenbehörde, die viel mit Grundrechten zu tun hat, nicht dazu hat entschließen können, behördliche Datenschutzbeauftragte zu bestellen, dann ist das kritikwürdig. Wir unterstützen die Forderung des Datenschutzbeauftragten, die Bestellung behördlicher Datenschutzbeauftragter gesetzlich zu regeln.