Protocol of the Session on March 31, 2010

Herr Böwer hat das Wort.

(Michael Neumann SPD: Blöd ist was ande- res!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Blömeke sprach von der neuen Beweglichkeit in einem Bereich, in dem Eltern Verlässlichkeit verlangen. Mit seiner Entscheidung gibt der Senat den Eltern und ihren Kindern diese Verlässlichkeit nicht mehr. Das ist das Fatale an der Situation.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens: Aufgrund eines Volksbegehrens, infolgedessen wir im Parlament einen Kompromiss geschlossen haben, befinden wir uns jetzt in einer ähnlichen Situation wie im Vorfeld eines anderen Entscheides. Innerhalb des Kinderbetreuungsgesetzes ist in der Tat ein Rechtsanspruch festgelegt worden. Sie vonseiten des Senats höhlen diesen Rechtsanspruch allerdings aus, indem Sie ihn für viele Eltern unbezahlbar machen. Kapieren Sie das doch.

(Stephan Müller)

(Vereinzelter Beifall bei der SPD – Jens Ker- stan GAL: Meine Güte!)

Wenn Sie in einer Großstadt eine Debatte über die von Ihnen festgelegten Gehaltsstrukturen führen und Eltern als gut verdienend bezeichnen, die ihre Familie mehr schlecht als recht über die Runden bringen, dann ist das sehr problematisch; das muss möglicherweise auch ein grüner Fraktionsvorsitzender zur Kenntnis nehmen.

Wir alle hätten hellhörig werden müssen, als im Sommer letzten Jahres der Senat über die KannKinder-Regelung salopp hinweggegangen ist. Schon einmal hat er ein Versprechen gebrochen, nämlich als er gesagt hat, das dritte Kindergartenjahr sei für alle kostenfrei. Doch diese 2 000 KannKinder gucken in die Röhre. Um diesen Punkt geht es im Grunde genommen. Dieser Senatsbeschluss hat dafür gesorgt, dass Hamburg bei den Gebühren für die Kindertagesbetreuung spitze geworden ist. 484 Euro führen in vielen Familien den Rechtsanspruch auf Bildung und Förderung von Kindern ad absurdum. Dafür tragen Sie als Senat die Verantwortung und das ist auch im Hinblick auf das, was uns allen im Sommer bevorsteht, sehr bitter. – Danke.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 2, Drucksache 19/5758, Bestätigung der Berufung eines Senatsmitglieds.

[Antrag des Ersten Bürgermeisters: Bestätigung der Berufung eines Senatsmitglieds – Drs 19/5758 –]

Nach Paragraf 4 des Senatsgesetzes entscheidet die Bürgerschaft über die vom Ersten Bürgermeister beantragte Bestätigung eines Senators ohne Aussprache in geheimer Abstimmung. Vereinbarungsgemäß findet diese Abstimmung in Wahlkabinen statt. Wir verfahren so, dass Frau Thomas und Herr Hakverdi abwechselnd die Mitglieder der Bürgerschaft in alphabetischer Reihenfolge aufrufen werden. Ich bitte Sie, dann zur Kanzleibank zu gehen und dort Ihren Stimmzettel entgegenzunehmen. Jeder Stimmzettel enthält Felder für Zustimmung, Ablehnung oder Enthaltung. Mit dem Stimmzettel gehen Sie in eine der Wahlkabinen und nehmen Ihre Wahlentscheidung vor. Ich bitte darum, den Stimmzettel jeweils nur mit einem Kreuz zu versehen. Stimmzettel, die den Willen des Mitglieds nicht zweifelsfrei erkennen lassen oder Zusätze enthalten, sind ungültig. Auch unausgefüllte Stimmzettel gelten als ungültig. Nach der

Wahlhandlung begeben Sie sich bitte zu Herrn Hakverdi, bei dem die Wahlurne steht. Stecken Sie dann bitte Ihren Stimmzettel in die Wahlurne. Ich darf nun Herrn Hakverdi bitten, mit dem Namensaufruf zu beginnen.

(Der Namensaufruf und die Wahlhandlung werden vorgenommen.)

Meine Damen und Herren! Darf ich fragen, ob ein Mitglied dieses Hauses nicht aufgerufen worden ist? – Ich stelle fest, dass alle Abgeordneten aufgerufen worden sind und die Stimmenabgabe abgeschlossen ist. Damit erkläre ich die Wahlhandlung für beendet.

Ich bitte, nun die Stimmenauszählung vorzunehmen. Für die Dauer der Stimmenauszählung ist die Sitzung unterbrochen.

Unterbrechung: 16.45 Uhr

Wiederbeginn: 16.55 Uhr

Meine Damen und Herren! Darf ich Sie bitten, wieder Platz zu nehmen?

Ich gebe Ihnen das Wahlergebnis bekannt.

Es wurden 117 Stimmen abgegeben, die alle gültig waren. Davon waren 66 Ja-Stimmen und 51 NeinStimmen und es gab keine Stimmenthaltung.

(Beifall bei der CDU und der GAL und ver- einzelt bei der SPD und der LINKEN)

Für die Bestätigung ist die einfache Stimmenmehrheit erforderlich. Diese ist erreicht.

Ich bitte nun Herrn Senator Frigge, nach vorne in unsere Mitte zu kommen.

(Die Anwesenden erheben sich.)

Herr Senator, ich lese Ihnen die Formel vor, die Sie als Eid zu akzeptieren haben, wenn Sie Ihr Amt übernehmen möchten. Nach Artikel 38 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg haben die Mitglieder des Senats vor Antritt ihres Amtes vor der Bürgerschaft einen Eid zu leisten. Ich lese Ihnen den Wortlaut des Eides vor:

"Ich schwöre, dass ich Deutschland, dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und der hamburgischen Verfassung die Treue halten, die Gesetze beachten, die mir als Mitglied des Senats obliegenden Pflichten gewissenhaft erfüllen und das Wohl der Freien und Hansestadt Hamburg, soviel ich vermag, fördern will."

Ich bitte Sie, bei erhobener rechter Hand die Beteuerungsformel "Ich schwöre es" oder "Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe" nachzusprechen.

(Thomas Böwer)

Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe.

Herr Senator, ich gratuliere Ihnen recht herzlich im Namen des ganzen Hauses zu Ihrer neuen Aufgabe und möchte noch persönlich hinzufügen, dass ich Ihnen Gottes Segen wünsche.

(Beifall bei der CDU und der GAL und ver- einzelt bei der SPD und der LINKEN)

Ich bitte, wieder Platz zu nehmen. – Herr Senator, Sie dürfen jetzt in der Senatsbank Platz nehmen.

Meine Damen und Herren! Ich habe gerade ein Schreiben des Präsidenten des Senats erhalten. Darin wird mir mitgeteilt, dass der Senat Herrn Senator Carsten Frigge mit dem Amt des Präses der Finanzbehörde betraut hat.

Nun geht unsere Tagesordnung ihren Gang. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 69, 35 und 36 auf, Drucksachen 19/5703, 19/5566 und 19/6575. Antrag der SPD-Fraktion: Kurswechsel in der Hamburger Finanzpolitik – Stabilisierung der Einnahmen, Konsolidierung der Ausgaben, Klarheit und Wahrheit im städtischen Haushalt. Dieser Antrag wird zusammen debattiert mit den beiden Berichten des Haushaltsausschusses: Bericht des Senats über den Haushaltsverlauf 2009 und Vorlage der Finanzplanung 2009 bis 2013.

[Antrag der Fraktion der SPD: Kurswechsel in der Hamburger Finanzpolitik – Stabilisierung der Einnahmen, Konsolidierung der Ausgaben, Klarheit und Wahrheit im städtischen Haushalt – Drs 19/5703 –]

[Bericht des Haushaltsausschusses zum: Bericht des Senats über den Haushaltsverlauf 2009 hier: Einzelpläne 1 – 9.1 Bezugsdrucksache 18/1427 (Neuf.) – Drs 19/5566 –]

[Bericht des Haushaltsausschusses über die Drucksache 19/4919: Vorlage der Finanzplanung 2009 – 2013 (Se- natsmitteilung) – Drs 19/5575 –]

Wird das Wort gewünscht? – Das ist der Fall. Herr Tschentscher hat das Wort.

(Vizepräsident Wolfhard Ploog übernimmt den Vorsitz.)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Senator Frigge! Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Wahl und herzliches Beileid zu dem, was Sie in der Finanzbehörde vorfinden. Ihr Vorgänger als Senator ist zurück

getreten, aber die Probleme des Haushalts sind nicht zurückgetreten. Sie liegen weiter schwer wie Blei auf der Stadt und ihren Bürgern. Ab heute tragen Sie die politische Verantwortung für die Haushaltslage, nicht für die Ursachen, wohl aber für die Bewältigung der Probleme. Es geht um MilliardenDefizite in den vergangenen Jahren – selbst in Zeiten boomender Konjunktur –, um Betriebskostensteigerungen von 1 Milliarde Euro in vier Jahren, Kostenexplosionen bei Bauprojekten – allein bei der Elbphilharmonie 200 Millionen Euro plus X – und um 1,6 Milliarden Euro Abschreibungen der Stadt in der Bilanz 2008 durch den HSH-Nordbank-Skandal. Eine ganze Reihe dieser Probleme sind heute im Interview des Rechnunshofpräsidenten im "Hamburger Abendblatt" nachzulesen. Das sind die Probleme, mit denen Sie sich befassen müssen.

Damit sich die Wahl eines neuen Finanzsenators lohnt, muss sich auch etwas ändern.

(Beifall bei der SPD)

Dabei haben Sie, wie es sich gehört, 100 Tage Zeit, bevor wir Ihre Arbeit kritisch würdigen. Sie werden auch nicht alle Probleme in 100 Tagen lösen können. Einige unserer Erwartungen an Sie wollen wir Ihnen trotzdem heute mit auf dem Weg geben.

Wir erwarten, dass Sie eine klare Sprache wählen und Milliarden-Schulden nicht als Sondervermögen bezeichnen, sondern als Schulden. Auch alte Kredite sind Kredite und keine Rücklagen, Zinsen keine Sach- und Fachausgaben und ein Defizithaushalt ist nicht ausgeglichen.

Mit der Klarheit der Sprache sollte, das ist unsere zweite Erwartung an Sie, auch die Klarheit im Haushalt wiederhergestellt werden. Ich will heute das böse Wort Schattenhaushalt vermeiden, aber es gibt keinen überzeugenden Grund für ein Sondervermögen Schule und für einen Konjunkturstabilisierungsfonds gibt es überhaupt keinen sachlichen Grund. Beide Sondervermögen müssen aufgelöst und die Schulden – um nichts anderes handelt es sich – müssen klar und deutlich im Haushalt ausgewiesen werden.

(Beifall bei der SPD und bei Norbert Hack- busch DIE LINKE)

Es muss drittens ein Ende haben mit einem Finanzsenator, der immer sagt, dass alles geht, ein Senator, der ständig gute Zeiten für Hamburg erkennt. Wenn ein Finanzsenator die Zügel locker lässt, darf man sich nicht wundern, dass die Ausgaben der Behörden ins Galoppieren kommen. Haushaltsdisziplin bedeutet, Behörden zu stoppen, die mit jeder Umorganisation Dutzende neue Stellen schaffen, höhere Mietkosten und laufende Ausgaben verursachen.