Genossenschaften werden schon heute hinsichtlich Beratung und Finanzierungshilfen gleichberechtigt neben anderen Unternehmensformen gefördert. Bei dieser Ausgangslage, das möchte ich noch einmal unterstreichen, verzichten wir in Hamburg gern auf die Zwangsinstrumente, die Sie in Ihrem Antrag fordern. Der Markt regelt das und die
Beratungs- und Förderungsmöglichkeiten bestehen. Ihr Antrag ist überflüssig und wir werden ihn daher ablehnen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Genossenschaftswesen in Deutschland hat eine sehr lange und erfolgreiche Tradition, viel länger und erfolgreicher als in vielen anderen Ländern. Es ist ein wichtiger Bestandteil unseres Wirtschaftslebens. Natürlich ist das Prinzip der Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung ein wichtiges, wenn man es mit mündigen Bürgerinnen und Bürgern zu tun haben will, die sich selbst organisieren und sich selbst helfen. Es liegt aber in der Natur der Sache, dass dieses Prinzip nicht politisch verordnet werden kann. Es ist in gewisser Weise ein Widerspruch in sich, wenn eine Partei sagt, sie wolle mehr Selbstverantwortung, und dann einen solchen Antrag stellt. Man kann Genossenschaften gut finden, man kann sich zu ihnen bekennen – wir Grünen haben das immer getan –, aber aufgrund dessen innerhalb der Parteien Strategien zu wirtschaftspolitischen Ansätzen entwickeln zu wollen, finde ich fragwürdig.
Schauen wir uns einmal Ihren Antrag genauer an. Sie listen in Ihrem Petitum sechs Punkte auf. Viermal fordern Sie Unterstützung und Förderung durch die Bürgerschaft, wobei Sie kein einziges Mal konkret sagen, was genau denn getan werden solle, außer dass der Senat überlegen möge, wie er unterstützen und fördern könne.
Sie sehen ein Problem vor allem bei den Beratungsangeboten, Herr Schwinke, Sie haben das betont. Es gibt in dieser Stadt viele Ecken und Enden, an denen man sich beraten lassen kann, wenn man eine Genossenschaft gründen will; die Kollegin Özkan hat die H.E.I. erwähnt. Im Internet finden Sie unter www.genossenschaftsgruendung.de eine Reihe von Angeboten für Interessierte. In der Baumeisterstraße 2 in St. Georg ist sogar eine Geschäftsstelle, in der Sie sich vor Ort beraten lassen können.
Und es gibt die Lawaetz-Stiftung, die insbesondere bei Genossenschaftsgründungen berät und hilft. Insofern muss man sagen: Wenn die Genossenschaften ein Problem haben, dann mit Sicherheit nicht, dass es hier an Beratungs- und Informationswegen fehlt.
Sicher fällt es dem einen oder anderen in diesem Hause leicht, sich zu Genossenschaften zu bekennen; uns fällt es sicher leichter als unserem Koalitionspartner. Als Regierungsfraktion haben wir die Aufgabe, etwas dafür zu tun. Ihr Antrag ist aber in weiten Teilen ein Bekenntnisantrag. Sie haben es sich zu einfach gemacht, denn es gibt durchaus Punkte, die Genossenschaften Probleme bereiten, unter anderem die Rechtsform und die sehr aufwendige und bürokratische Verfahrensweise bei der Gründung. Das findet in Ihrem Antrag aber überhaupt keine Berücksichtigung, sondern letztendlich bekennen Sie sich nur dazu, dass Genossenschaften wichtig und gut sind und fordern den Senat auf, jetzt etwas zu tun. Das ist etwas wenig für eine Regierungsfraktion, die etwas umsetzen muss. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie anstelle eines Bekenntnisantrages einen stärker handlungsorientierten Antrag vorgelegt hätten.
Ich habe mir überlegt, inwieweit man Ihren Antrag durch eine Überweisung heilen könnte, aber er basiert nur auf Bekenntnissen ohne Handlungsorientierung. Es wäre eine Möglichkeit, hinsichtlich der Rechtsform und der Gründung von Genossenschaften eine gesetzgeberische Initiative zu starten. Das können wir hier in Hamburg allerdings nicht machen, das müsste über eine Bundesratsinitiative erfolgen. Dies ist wieder einmal ein Antrag, der sehr stark auf die Bundesebene zielt.
Sie verweisen auf das Marcora-Gesetz in Italien. Natürlich kann man Genossenschaftsgründungen dadurch unterstützen, dass man auf die Auszahlung von Sozialleistungen und Arbeitslosenhilfe verzichtet und den Betroffenen stattdessen Geld zur Genossenschaftsgründung zur Verfügung stellt. Aber auch das ist wiederum ein Punkt, der die Bundespolitik betrifft und bei dem Hamburg keine Handlungskompetenz hat.
Ich bedauere es, dass Sie dieses interessante Thema als einen Bekenntnispunkt abgehandelt haben. Vielleicht sollten wir uns an anderer Stelle einmal Gedanken darüber machen, welche konkreten Handlungsschritte wir einleiten könnten. In Ihrem Antrag haben wir dazu nichts gefunden und deshalb werden wir ihn ablehnen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Immerhin, Herr Kerstan, haben Sie zugestimmt, dass es eine ganze Reihe von Schwierigkeiten im Bereich der genossenschaftlichen Unternehmensform gibt.
Wir begrüßen den Antrag der SPD-Fraktion ausdrücklich. Er zielt darauf ab, einen Prozess in Gang zu bringen, dieses bislang vernachlässigte Feld zu bearbeiten. Natürlich können Sie sich dann immer hinstellen und sagen, das sei Bundesrecht, so wie die Novellierung des Genossenschaftswesens Anfang 2000. Fakt ist aber, dass diese Novellierung die großen Hürden bei der Gründung von Genossenschaften nicht hat ausräumen können.
Wenn Sie sich die Prüfverpflichtungen anschauen, die eine Genossenschaft eingeht, und ihre steuerliche Behandlung, dann stellen Sie fest, dass Genossenschaften in unserem bundesdeutschen Wirtschaftsrecht immer noch unterprivilegiert sind. Das steht in krassem Widerspruch zu den Erfahrungen in einigen anderen europäischen Ländern.
Die spannende Frage ist, wie man das in Gang bringen kann – so jedenfalls habe ich den Antrag und den Beitrag des Kollegen Schwinke verstanden – und ob es nicht gerade für Hamburg Sinn macht, in diesem Bereich Initiativen zu ergreifen. Da finde ich den Hinweis von Herrn Schwinke auf die FDP in Baden-Württemberg passend, die das dort versucht und genau dieselben Schwierigkeiten hat.
Ich habe 20 Jahre in einer Genossenschaft gearbeitet, die in Hamburg gegründet wurde. Die Realität wird bei all diesen positiven Bilanzierungen gar nicht recht deutlich. Sie müssen das selber erlebt haben und ich glaube nicht einmal, dass mein Fall ein besonders komplizierter war. Wenn Sie in Hamburg eine Genossenschaft gründen wollen, dann brauchen Sie außerordentlich viel Geduld, Zähigkeit und Rahmenbedingungen, die Sie bei der Meisterprämie vergleichbar nicht haben.
Bei aller Bedeutung der Lawaetz-Stiftung – ich sehe das durchaus – ist es nicht das, was in dem Antrag gefordert wird
Wenn man das will, würde das wirklich Sinn machen und nicht, weil es der SPD oder den LINKEN darum geht, ein besonderes Bekenntnis zur genossenschaftlichen Unternehmensform abzugeben, sondern aus der Überlegung heraus, dass Genossenschaften gerade in Krisensituationen
einen wichtigen Beitrag dazu leisten können, Arbeitsplätze zu sichern und eine Neugestaltung der Ökonomie in Gang zu bringen. Das ist die Zielsetzung.
Es wäre deswegen naheliegend gewesen, Herr Kerstan, im Ausschuss darüber zu beraten, wie wir bestimmte Konkretisierungen vornehmen können, damit es eben nicht bei einem Appell an den Wirtschaftssenator bleibt, der bei ihm wahrscheinlich zum einen Ohr hineingeht und zum anderen wieder hinaus. Wenn wir das wirklich voranbringen wollen – das werden Herr Schwinke und die SPDFraktion nicht in Abrede stellen –, dann muss Hamburg einen Impuls setzen, damit entsprechende Initiativen auf Bundes- und EU-Ebene zustande kommen, sonst werden wir die Diskriminierung dieser Unternehmensform und des Genossenschaftsgedankens nicht aufbrechen können.
Insofern stimmen wir dem Antrag zu. Ich bin nicht der Antragsteller, aber ich biete ausdrücklich an, das noch einmal im Wirtschaftsausschuss zu behandeln – auch, um Ihnen die Skrupel zu nehmen, hier nicht einem Bekenntnis zustimmen zu müssen – und gemeinsam Konkretisierungen einzuarbeiten.– Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kerstan, das war wirklich ein bisschen dünn.
Die GAL hat noch nie irgendwelche Bekenntnisanträge in dieser Bürgerschaft gestellt. Das als Begründung zu nehmen und zu sagen, wir wollen das Thema nicht behandeln, ist zu wenig. Wahrscheinlich hat es Sie einfach geärgert, dass wir auf die Idee gekommen sind, dieses Thema zu debattieren und daran zu erinnern, dass es der richtige Weg in einer Krise ist, Menschen zu befähigen, in Selbsthilfe unternehmerisch tätig zu werden und erfolgreich zu sein. Man könnte meinen, Sie seien dagegen, nur weil das nicht Ihre Idee war.
Dass Sie dagegen sind, Frau Özkan, will ich gern glauben, weil die CDU erfolgreiche Genossenschaften wahrscheinlich als Konkurrenz für etablierte Unternehmen ansieht. Darauf zu verweisen, dass 1994 einmal irgendetwas in irgendeiner italienischen Zeitung gestanden hat, ist allerdings ein wenig dünn. Dann könnten Sie als Begründung da
für, dieses Thema nicht diskutieren zu müssen, auch heranziehen, dass die erste Genossenschaftsgründung von Raiffeisen 1830 oder 1840 erfolgt ist.