Protocol of the Session on February 24, 2010

(Michael Neumann SPD: Wo gibt es das denn? Was haben Sie denn für eine Quo- te?)

den Gewerkschaften oder Berufsverbänden. Man mag es dort anders nennen: Kreisverbands-, Landesverbands- oder Berufsverbandsproporz. Quotierung ist angebracht, wenn es nicht ausschließlich darum geht, die besten Köpfe zu haben, sondern auch darum, dass sich die Leute wiederfinden sollen. In Wirtschafts- und anderen Leistungsbereichen ist es aber produktiver, je besser die Frauen ausgebildet sind, denn es verführt immer zur Abwertung.

(Glocke)

Ich komme zum Schluss.

Es ist das Gebot der Stunde, Frauen nicht aus ideologischen Gründen oder weil es gesetzlich vorgeschrieben ist in Entscheidungsgremien zu hie

(Kersten Artus)

ven. Es ist sicher nicht das letzte Mal, dass wir hier über dieses Thema diskutiert haben.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort hat Frau Dobusch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Verehrte Frau Koop, an Ihrer Stelle würde ich mir Gedanken darüber machen, ob in Ihrer Fraktion nicht bei Debatten um solch nette Themen wie Gleichstellung eine Männerquote angebracht wäre. Ich fände das eine gute Idee.

(Martina Gregersen GAL: Wo ist denn Ihr Mann?)

Es war gestern übrigens im Internet nachzulesen, halb öffentlich, einige Mitglieder Ihrer Fraktion hätten keine Lust auf diese Debatte. Es wurde angedeutet, es sei doch besser, diesen Punkt fallen zu lassen und direkt zur weiteren Tagesordnung überzugehen, zur richtigen Politik sozusagen. Diesen Abgeordneten und allen anderen männlichen oder weiblichen Abgeordneten in diesem Hause, die ähnlicher Meinung sind, möchte ich ein Zitat der derzeit amtierenden EU-Kommissarin für Justiz, Grundrechte und Bürgerschaft, Viviane Reding, entgegenhalten:

"Solange wir einen Frauentag feiern müssen, bedeutet das, dass wir keine Gleichberechtigung haben."

Meine Herren – und vielleicht vorsichtshalber auch meine Damen –, wenn Sie sich künftig Debatten zum 8. März und zur Gleichstellung ersparen wollen, dann gibt es dafür eine ganz einfache Lösung: Entdecken Sie die Feministin oder den Feministen in sich. Seien Sie solidarisch und lassen Sie uns gemeinsam zügig und nachhaltig Gleichstellung in Hamburg verwirklichen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Lassen Sie uns eine gemeinsame Anstrengung unternehmen und dem Auftrag folgen, den uns das Grundgesetz gibt, nämlich die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu fördern und auf die Beseitigung der immer noch bestehenden Nachteile hinzuwirken.

Ich werde konkreter. Welche Versprechungen hat uns der derzeitige Senat gegeben und welche hat er gehalten? Sollte in dieser Legislaturperiode ein goldenes Gleichstellungszeitalter angebrochen sein, so ist das an mir vorübergegangen. Ich werde jetzt den Gleichstellungssenator beim Wort nehmen und ihn mehrmals zitieren. Vielleicht erinnern Sie sich, vor ungefähr einem Jahr sagte er zum Gender Budgeting:

"Wir in der Justizbehörde […] werden im Rahmen unseres Pilotprojektes das Gender Budgeting implementieren."

Eine tolle Idee. Wir haben das Gender Budgeting immer wieder angemahnt. In der Behördenveranstaltung zum neuen Haushaltswesen hieß es dann dazu auf meine entsprechende Nachfrage, es sei natürlich alles machbar, aber doch nur, wenn der politische Wille da sei.

Senator Steffen zum Stichwort Lohnunterschiede bei Frauen und Männern:

"Das Pay Gap, also die Entgeltgleichheit von Frauen und Männern, ist ein ganz zentrales Thema der Gleichstellungspolitik."

Da sind wir absolut einer Meinung. Unser Antrag zur Berücksichtigung von Lohngleichheit bei Frauen und Männern im Hamburgischen Vergabegesetz wurde allerdings glatt abgelehnt.

Der Senator zum Stichwort mehr Frauen in den Gremien öffentlicher Unternehmen und öffentlicher Verwaltung:

"Das ist natürlich etwas, das durch ein vernünftiges Instrumentarium der Frauenförderung vorbereitet werden muss, eine Aufgabe, die wir uns für die 'Arbeitsstelle Vielfalt' vorgenommen haben."

Ein gutes Vorhaben. Unser Antrag bezüglich der Quotierung in Spitzenpositionen, der letzte Woche endlich nach über einem halben Jahr auf der Tagesordnung stand, konnte aber nicht abgestimmt werden, weil die Damen und Herren noch nicht so weit waren.

(Viviane Spethmann CDU: Wir wollten mehr Informationen haben, daran lag es doch!)

Das von uns geforderte Konzept für eine Datenbank zur Erfassung möglicher Kandidatinnen für Aufsichtsräte und Vorstände: nicht da.

Informationen zu vorhandenen Weiterbildungsangeboten für Frauen, die Führungspositionen beispielsweise in Gremien anstreben: nicht da.

Eine Erfolgsbilanz derselben: überhaupt nicht angedacht.

Geschlechterparitätische Besetzung von Gremien in Hamburg: Man überlegt noch, welche Gesetze man diesbezüglich in Angriff nehmen könnte.

Die geforderte Bundesratsinitiative zur Änderung des Aktiengesetzes nach norwegischem Vorbild und die Einführung einer 40-Prozent-Quote in Aufsichtsräten: Man prüft und prüft und weiß nur nicht, wie lange noch.

Meine Damen und Herren! Norwegen kann es, Spanien kann es, die Niederlande können es, auch Belgien und Frankreich können es wahrscheinlich demnächst – worauf warten wir hier eigentlich

(Karen Koop)

noch, können Sie mir das einmal sagen? Ich bin mir sicher, wenn wir wollten, könnten wir das ganz genauso.

(Beifall bei der SPD)

Zu einer modernen Unternehmenskultur gehört das mittlerweile sowieso dazu.

Es wäre schön, wenn sich die Spielwiese, die sich die GAL eingerichtet hat – ich beziehe mich auf die "Arbeitsstelle Vielfalt" –, endlich entpuppen würde und zum Schmetterling wird, der dann auch fliegen kann. Wir hatten ja die Einsetzung einer oder eines unabhängigen Landesbeauftragten für die Verwirklichung der Gleichstellung gefordert. Ich glaube, dass die Frauen damit besser gefahren wären.

(Glocke)

Frau Abgeordnete, bitte den letzten Satz.

Solange der Berg der Versäumnisse nicht abgetragen ist, werden Sie uns Frauen hier immer wieder zum 8. März hören. Solange die Gleichstellung von Frauen und Männern nicht erreicht ist, haken wir nach. Der Ball liegt bei Ihnen, greifen Sie ihn doch endlich auf. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Elisabeth Baum DIE LINKE)

Das Wort hat die Abgeordnete Heitmann.

Herr Präsident – herzlich willkommen –, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Dobusch, Frauenförderung ist für uns Grüne ein sehr wichtiges Anliegen, das ist kein großes Geheimnis. Wenn man in die grüne Parteigeschichte schaut, dann war gerade dort die Quote von Anbeginn ein wichtiger Grundsatz. Viele andere Regelungen, die von Anfang an in der grünen Partei verankert waren, sind im Laufe der Parteigeschichte abgeschafft oder aufgeweicht worden wie das Rotationsprinzip oder die Trennung von Amt und Mandat. Aber die Frauenquote hält sich bei uns bis heute und hat dazu geführt, dass viele starke Frauen unsere Partei vorangebracht haben. Ich glaube deshalb, dass eine gerechtere Beteiligung von Frauen auch diese Stadt wesentlich voranbringen kann. Das ist selbstverständlich auch unser oberstes Ziel.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Die Fragestellung der Aktuellen Stunde ist:

"Auch nach 99 Jahren sind Frauen den Männern immer noch nicht gleichgestellt: Was wurde in Hamburg bislang versäumt?"

Auch wenn es den Internationalen Frauentag seit 99 Jahren gibt, ist doch schon sehr viel länger, nämlich seit über 3000 Jahren, etwas versäumt worden. Dass die Ausgangslage katastrophal ist, darüber sind wir uns wohl einig. Es sind kaum Frauen in den Aufsichtsräten – es gibt die berühmte eine Frau in den Dax-Unternehmen – und es gibt immer noch Ungleichheiten in der Bezahlung. EU-weit liegt der Unterschied zwischen den Entgelten von Männern und Frauen bei 17 Prozent, in Deutschland sind es sogar 23 Prozent. Das Steuersystem in Deutschland geht mit dem Ehegattensplitting noch immer von überholten Rollenbildern aus und viele Frauen stoßen leider auch im Alltag tagtäglich auf diese Rollenbilder, gerade wenn sie eine Familie gründen wollen.

All diese Probleme gibt es nicht nur in Hamburg. Allerdings haben wir in Hamburg gute Voraussetzungen, etwas daran zu ändern, weil wir jetzt einen grünen Gleichstellungssenator haben.

(Gabi Dobusch SPD: Seit drei Jahren!)

Wir haben die "Arbeitsstelle Vielfalt" eingerichtet. Frau Dobusch, sie arbeitet jetzt seit knapp zwei Monaten und wir sollten ihr Zeit geben, Dinge gründlich zu erarbeiten, damit die Ergebnisse hinterher nicht unsauber sind.

(Beifall bei der GAL und der CDU)